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1
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rö|Icneic^5
.t(j(ti4HcBrt in raitn.
H0un, 1878.
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ib UnioerritätB-iBu^ftiinblet,
itbtnlbiiKiifttagt 1».
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616060
I
StiQaUsgnieidjtiii.
Sontbt
SotntnncTung
Sinldtung.
1. Ke^Mqutfltn
3. gtftfleauns unb Qipt^nluna hi» @tofft«
I. $auptflfld.
I. Sopitel HItttetciinine.
1. (SrnritifB 9Rtä)t
2. Ocflmtti^if^c« Steigt biR jum 16. Sabr^unbtm
3. Otfttmti^il^t» 9t<4i bte 16. Sa^unbm* bis ju btr mt\ot
äßoria IficrtrienB
4. 9(ffgli4( St nimm un gen nntcr Sßaria X^crrria unb ftatftr 3o'
II. «ofiiM. ■Sitt ®(^u6 btr SqtnbcriaiTigtn.
1. Sinltitung
2. ®« eormunb
3. Xie I^ODiiltt
4. 3>ir Oli(riigrntunbfil)aft
in. Sapiicl: »cgTünbung unb entfleE|ung btr aitcrtDo
munbfdiaft.
1. ätfi^iegrunb unb jDtlalion itt BlittSnoiiiiunbt^aft
■) X({)anicntad|(^E tJoTmunbli^üft
b) ffl(f(fe1i*f SSormunbfi^afl
B&) Scr Butler, (Srogmuiitc uiib Ucgtogmutlcr
bb) Stfcljlii^c ajoimunbl^att btr ndi^llEn BtriDanbim . .
cc) Offt^li^t tQoTmiinb|i^afi bcS G^tmann« über ftint minb«
iä^riB' ftwu
c) StiAKcüi^' bflttOtt Sormunbfi^aft
9. Sutft^licgunsegrDnbt, iS|cufationegrfinb(, Stml itm bie nS^e
$flid)t unb um boe itälitic 9{edic jui SDtmunbfi^aft ....
5. DIirigMtlitfic Sonficniatian bct Sormünb«
4. ittäft unb SStrpflidjmiig, Sjoimlltibtir DOT^ufifilaent (petitio vola:
i. etfltQung mt^rttn Sjurmflnb«
s) 8(Tufung, bejit^ungentifc StpcOung nt^irnK oibcnlliditT So
mQnber
b) ecTuFung Don imitgtv^abin ntbtn bcm Saltr, bcr ÜRutlti ui
Srogmuttcr
fi46snn
— IV —
«Seite
c) 93erufun9 tton 93orinflnbeni für einjelne S^ermogen^mafTen ober
)ur IBonta^me ciitgdner dted^tegef^Sfte 139
IV. (Sa))tte(. Slntretnng ber Sormunbfc^aft 145
1. Slntretung ber Sottnunbfc^aft unb KudfieKung bed 8orinunbf(^aft«-
becrete« 146
2. 93on ber 9lnge(o6ung ber Sormünber 148
3. 8on ber €^t^erf}eaung be9 iD'Iünbel« bui^ ben 93onnunb ... 160
4. a3on ber dnüentureerrid^tung über ba0 Vermögen be« SO^finbel« . 155
V.CSQpitel. @orge ffir bte $erfon be« aHfinbel«.
1. (Sinfeitung 163
2. (Srgte^ung bes Stfinbeld überhaupt ; Steltgton, Slufent^altdort unb
i6evuf«toa^I bed änfinbel« inebefonbere 168
3. (S^el^liegung be« SRünbet« 177
4. (Sitttritt bed SJ^unbeld in ein ülofler unb in ben geißltc^en @tanb 193
5. 2)er SBaifenbienfl ber untert^finigen SBaifen (famulatas) .... 197
Vl.iSapitel. 9)ertretung be« 99^üubeU burd^ ben !6ortnunb.
^inninigung b ed t^ormunbed in bte 9ied^t«gefc^Sfte
bed 972ünbeU 201
1. müählxd Quf ba« römifd^e 9led^t 202
2. Stfidbltcf auf ba9 bentfc^e Sle^t .204
3. OePerreid^ifi^ee ffttd^t 205
a) Sf^ec^tdenttoictelung bi« jnr (9er^abfd^aft9orbnung bom 18. ge-
bruor 1669 206
b) 9{e(^t8entn)i(felung naä^ ber ©er^obfc^oftSorbnung ootn 18. ge«
bruor 1669 216
c) 92a4 bem 9{ed^te be« 18. 3a§r^unbertd bid gnm 3ofeftntf4en (&t'
feijbuc^e 223
d) 9?a(^ bem Sofeftnifd^eu &tU^hn^t 230
VII. (Sa))itel. SBrrmaltung be« Vermögen« bes äßunbeU.
1. ^orerinnerung 233
2. 9}ü(fblidt auf baS romifc^e fftt^x 235
3. 9{fl(!blicf auf ba« beutfc^e fRt6)t ; 237
4. Oeflerrft(^if(^e9 9ie(^t.
a) $om 16. Sa^r^unberte bid )nr ®er§abf(^aft9orbnung Dom 18.
gebruar 1669.
aa) 9te(^te unb I3erpfii(^tungen be« 9>ormunbe« im Sllgemeinen 239
bb) SBon ben ^t^^itn unb $fli4teu beS S^ormunbe« in iSegie^ung
auf bie Sermaltung bed ä^finbelbermögenS in^befonbere . . 245
b) Sef)immungen ber <3^er§abf(^aft«ovbnung oom 18. gebruar 1669 256
c) 3m 18. 3a§r^unberte bi« gum 3ofeftui{^en ©efe^buc^e ... 262
d) madi ber Sofefinifc^en ©efe^gebung 267
VIII. (Sapitfl. i@ormunb{(^aft«re(^nung unb SBaifenbu^.
1. (Siuleitung 274
2. SRfidtblicf auf bad römifc^e unb gemeine beutfc^e Siedet .... 275
3. Deflerreic^ifd^e« Stecht.
a) ®i« sur @er§abfcbaftdorbnung bom 18. gebruar 1669 ... 277
b) ^a^ ber ©er^abfd^afteorbnuug oom 18. gebruar 1669 ... 282
c) yiaä^ bem Siechte bee 18. 3a^r^unbert« M jum 3ofertnif4en
<9efe^bu(^e 288
d) madi bem Qefe^je ßaifer Sofefd II 291
IX.(£apite(. ^eenbigung ber Sllterdoormnnbf c^aft.
1. ®rünbe einer oöQigen Seenbigung ber StUer^ootmunbfc^aft.
a) 2)ur(^ ben 2:ob be« SOtünbeU 295
b) 2)uv4 (Srrei(4ung bed borgefc^riebenen Stterd 296
c) 'S)nxdi (Srt^eiiung ber «iUerdnac^rtc^t 299
d) 3)ur(^ 93ere§eli(^ung be« äßünbeie 301
— V —
6eite
e) S^urd^ bell Eintritt bed SRünbele in beit getfllic^eit €^tanb ober
burc^ Siblegung ber Orben9))rofefrton 803
f) 2)ur4 bie ^(angung be« iDleißerrec^te« 304
2. (gitbigung bet Sovmunbf^aft in ber $erfon bee bt9^ertgen 9$or«
munbe«.
a) 2)ur4 ben Xoh be« Sormunbe« 305
b) S)ur4 Unfa^iglett be« S^onnunbe« 306
c) !£)ur4 ben (Sintritt eine9 (Snbtennine0 ober eine Siefolutiobebin«
gung .306
. d) 2)ur4 9Bifbert)ere^eü(^ung ber al9 9$ormünberin beflellten SD^utter
ober (Srogmutter 808
e) 2)urd^ 9$ere^eli(^ung einer minberifi^rigen grau mit einem boQ«
ifi^rigen SD^anne 309
f) 2)ur(| abOption bed OJ^ünbeld 309
g) ^nxäi ein 2)ecret ber OberDormunbfc^aft megen Unraürbigteit
bed Sormmibed 310
h) (Snt(e^ung beft SBormunbe« and anberen ®rünben 314
3. !Bon ber Q3irhing ber beenbeten ^^ormunbfc^aft 315
X. (Sa)}itel. Klagen aus bem oormünbfc^aftlic^enS^er^SÜniffe.
.9le{!itution megen äl^inberiä^rigteit.
1. Klagen be9 ^MünhtU gegen ben ißormunb 320
2. Klagen bed i^ormunbed gegen ben ST^ünbel ........ 329
3. Klagen bed a72ünbeld gegen bie Oberoormunbfd^aft (actio subsi-
diaria) 331
4. SEßiebereinfe^ung bed 9J{ünbe(d in ben oorigeu @tanb (restitutio in
integmm) 334
XL (So)>iteI. $rtk)i(egien unb ^fanbre^te ber SRünbel ... 335
XII. ^aptttt 9eIo§nung ber ^Sormünber unb ber 9%edf|nungd'
aufne^mer 346
xm. (Sa))itel. 9tfi(tbti(t auf bie Sntwidefuug ber öfterrei^i«
fii^en aiterdüormunbfc^aft 349
n. $au))tpü(I.
^ormititbfdlaff ftfier l^eißesfiranfie unb ASer ^zitt^Vx^t 355
m. $au))tpüdL
9orttiiinöf($aff ftSer ^erfcQipetiber 361
IV. ^auptftücf.
^ormmtbfdlfiff fifer ^ngcBorne 365
V. $aut>tpü(f.
9oniiniibf($aft Uti jiSwtftnbt .367
VI. $ou<)t|lfi(f.
9aferrt($e ^oxmnnbf^aft
iSinleitung 373
I. (Kapitel. 92atur ber t)äterlid^en®e»a(t unb SBormnnbf^aft.
1. 9{fi(!blid auf bod gemeine beutfc^e mtä^t 374
2. Deperreic^ifd^ed ^t^t 376
II. (Sapitel. (Sntfle^ung ber üSterIi(^en d^emalt unb 93or»
munbf(^aft.
1. 2)urd^ tfitüd^t (a^eburt bed Kinbed . 378
2. 2)ur(^ Legitimation bed Kinbed 382
3. 2)ur(^ 9(nna^me an Kinbedflatt 385
— VI —
©fite
III. (Kapitel. (Snbigung ber Däterlt(i(en (^tXDaii unb 8or«
munbfc^aft.
1. 9lü(!bli(t auf ba« gemeine beutfd^e ^tä^t 300
2. mdi 5flerret4if4em Siechte 391
a) 2)ur(^ 9$oniä^vigtett bed ^inbed, venia aetatis, iBere^elic^ung,
$l6Iegung ber Orbeueprofeg unb Sdangung be0 an elfter red^ted 392
b) 2)ur4 geriti^tlic^es 2)ecret megen Unmürbigfeit be« Saterd . 395
c) 2>ur4 Smanctpation unb 9lbfmiberung ber ^auiBttnber . . . 396
IV. (Sapitel. 3nMItunb^trfung ber oaterlid^en^^or«
m tt n b f 4 a f t.
1. 9{a4 gemeinem beutfd^en Siebte 398
2. 92a4 dperret^ifc^em Steckte 400
V. (Sapitel. 91 n b e r e and ber üäterltc^en @txoalt fl'it'
g e n b e S^ i r f u n g e n 408
VII. ©auptflüd.
$er($Ce(Sf50ontittii6r(Saff A6er nnvtxt^trx^U ^etSer . 4i7
vra. s> u p t fl ü d.
^ormnti^f(Saft bt$ c^^Qcgaiteti itSer feine cSQefrau.
1. (Einleitung, 9{ädbli(f auf baS gemeine bentfd^e 9ledf|t 428
2. £)eflerrei(4if(^e« Stecht.
a) «i0 3u Kaifer 3ofef*« II. Oefe^gebung 432
b) 9^a4 bem 3ofeflnif4en (9efe^bu(^e 440
'^i^oirebc.
„ Vivunt praeterea sine ulla lege scripta, mores ajunt
se tenere veti^BtoS; quos saepe ad suum sensum vel addu-
cunt vel interpretantur."
SDttt biefen furjen SBorten \fatu Slenead ©^(diud in
feiner „Descriptio ürbis Viennensis" ben {Rec^Wjuftanb
SBiend im 15. 3a^r^unberte befc^rieben, unb er ^atte mit feinem
9u9f))ru^e fo fe^r ben Tiogel auf ben $opf getroffen, ba§ noc^
na^ }n>ei^unbert darren ber berühmte öfterrei(^if(^e SRegierung^^
faniter 3o^ann Saptift ©uttinger bon S^^urn^of fic^ bemogen
fanbr biefen (Sitat aud 9(enead ©^loiud' SBerfe feiner @amm>
tnng ber öfterrei(^if(^en Ste^tdgemol^n^eiten einjuoerleiben. .
SBad ber geleierte unb geiftreic^e ftir^enfürft über ben
Stet^t^Suftanb SBiend gefc^rieben ^atte, fonnte mit gleicher äBa^r^
^eit t>on bem ^rj^erjogtl^ume Drfterreic^ im SlQgemeinen gefagt
metben; ®ett)o^nl^eiten unb nic^t ®efe^e roaren bieOueUen
bed ^eimifc^en Sftec^te^ im 15. ®äcu(um; aud bem münb(i(^
überlieferten unb oielfac^ nic^t einmal fd^rifttic^ auf«
gejeii^uetenSanbdbrauci^e unb nic^t au9 gef(^riebenen®e^
fefeen »urbe bad 9lec|t im Srj^ersogt^ume Oefterretc^
jtt biefer ^eit gumcift gefunben.
^rei 3a^rl^unberte fpöter ^atte fid^ bad 93er]^ä(tnig oon
®runb üM umgednbert; Saifer 3ofef IL ^atte im Saläre 1786
ertlört, ba^ nur Don ber bem Sanbedfürften eigenen oberften
®eto)oIt bie S3erbinb(td^feit oder in bem orbentßc^en SSSege funb«
gemachten ©efe^e entfpringe, unb nur confequent mit biefer @r^
Mftrung loar becretirt morben^ bag gegen bie ®efe^e feine
®emol^nl^eit beftel^en bürfe, bag aüe t)or bem erlaffenen
*«
— vm —
®efe^e beftanbenen ©emol^n^eiten aufgehoben merben
ttnb bag bie julünftige Sinfül^rung fotc^er ®ett)o^m
Reiten ein ftrfiflic^ed beginnen fei. •
93on nun angefangen foltte nur ®efe^e9re(^t mit
Slu^fd^tug bed ®en)o^nl^eitdre(^te^ gelten.
!X)ie brei^unbert Sa^re öfterreic^ifc^en iReci^tdleben^ , mläft
jnjifc^en biefen beiben großen (Segenfäften liegen — bie ^üUn
dorn (Snbe bed 15. bid }um Siu^gange bed 18. 3a^r^unbertd —
finb in neuerer 3^'^ nal^eju gar nic^t bearbeitet toorben; ed üer^
bient ia bie doQfte Slnertennung, ba§ geteerte 9{e(^td^iftorifer bem
öfterreic^ifc^en dled^te bed 12., 13. uub 14. Sal^r^unbertd fo genau
nac^fojrfd^en, bie ^antl^aibingbfid^er bearbeiten unb bie ©tabtrec^te
entfig ftubiren; ed ntug auc^ aU ein ©lud angefe^en werben,
bag bie neuefte ^^it nic^t me^r bei bem 9?efultate bcr @obiftcation
ftel^en blieb, fanbern bem ®ange ber Sobificationdarbeiten fo
grünbli^ nachging; aOein bied lonnte bie Sude nic^t erfe^en, welche
baburc^ entftanben toav, bag eben bie in ber 3Ritte (iegenbe ^tit
fo menig miffenfdgaftlic^e Bearbeitung gefunben l^atte unb ba§ eben
baburd^ bie i^äben meift verloren gegangen toaxm, »etc^e bie
Sobiftcation mit bem alten Steckte derbunben Ratten.
Die große ßücfe, bereu id& txtoäf^nU, toirb aber nic^t öom
JRed^tö^iftorifer unb öom i£^eoretifer ottein ft^wer empfunben;
au(^ bem f^fterreic^ifc^en praftifd^en 3uriften gefc^iel^t ed nic^t
a(l)ufelten, bag er Dotttommen rat^Iod fic^ ber Seurt^ei(ung
be^ alteren 9te(^ted gegenttbergeftettt fte^t, unb mnn id^ geftel^e,
ba§ id^ in meiner ric^terlid^en Saufba^n felbft tt)ieberl^oIt mid^ in
folc^er 9tat^Ioftgteit befunben ^abe, fo muß id^ gleid^jeitig ^inju«
fügen, bag id^ au(^ bei meinen richterlichen Berufdgenoffen unb
jumeift auc^ nic^t im Slnmaltdftanbe eine erl|eb(ic^ größere SSenntniß
bed filteren ofterreic^ifc^en 9tec^ted angetroffen ^abe.
greilid^ muß ic^ gugeben, baß bie Srfenntniß meiner Un*
loiffenl^eit attein mic^ nod^ nic^t gu red^td^iftorifc^en @tubien auf
bem ®ebiete be« l^eimifc^en JRed^te« öermoc^t ffätu, mit njirllic^
ber Slnfang gerabe in biefer Begtel^ung fo fc^mer gu machen toav
unb aud^ nid^t ein eingiged SBerl beftanb, totl^t^ in angenehmer
SBeife gum ©tubium beö älteren öfterreic^ifc^en Siechte« hinüber*
geleitet f)&tu.
— IX —
Unermartet ergaben ftc^ aber gkoei öugere 9(nlöffe, ipeld^e
mid) nötl^igten, bie öfterrei(^tf(^e 9tec^tdent»icnttng ber testen brei
3a^r^unberte genauer gu ftubiren; {uerft mürbe ic^ burc^ einen
praftifc^en ^aü barauf gemiefen, bad aUt öfterreid^ifd^e 9ittxaM^
unb Sinftanb^red^t genauer in'd 9luge ju faffen, unb al9 id^ Dor
jtoci Sauren meine er^ö^te Slufmerffanifeit ber Pflege ber frei*
billigen ®eric^t^6arfeit }utt)enbete unb fjolgeric^tig mt(| mit bem
Snfütute ber SSerlaffenfc^aft^ab^anblung eingel^enb befc^öftigen
mu§te, füllte id^ erft fo ganj bie 9}ot^h)enbigfeit^ ein öfter*
reic^ifd^efi 9Je(^t«inftitut au« öfterrci(^if(^en Quellen gu er-
Karen unb menbete mtc^ mit 93or(iebe bem @tubium bed ^eimifc^en
ditd^M ber brei (e^ten da^r^unberte gu.
92o(^ tt)ä^renb id) mit ber Slu^arbeitung meiner ©t^rift über
ha9 92otariat unb bie SSerlaffenf^aftdabl^anblung in JOefterreic^
bef(|aftigt mar, ^atte ic^ ben $tan gefa§t, ba« S3ormunbf(^aftd*
rec^t Oefterreic^d in ben legten brei 3al^r^unberten noc^ ben
Quellen gu bearbeiten, unb bie unermartet freunbUc^ unb gütige
aufnähme, metc^e meine erfte rec^tdl^iftorifc^e älrbeit gefunben ^atte,
ermut^igte mi(^, bem 93orfa^e treu gu bleiben.
@0 märe mir nic^t im (Sntfernteften mögltt^ gemefen, an
bie Bearbeitung bed umfaffenben ©toffe« ^erangutreten, menn ic^
nic^t in ber Sage gemefen märe, bie nDt(|menbigften QueQen*
merfe gu erlangen; ber freunblit^e 3"*^***/ ^^^ ^^^ i« ^^^
^ofbibliot^ef, gu ben Bibtiotl^efen ber Uniberfitäten föien unb
®rag, gu ben ©ammlungen bed luribifc^^^politifc^en Sefeoereine«
unb be« duftigminifteriumd unb gu bem Slrc^ibe be« oberften
®ertc^tdl^ofe« geftattet morben mar, unb bie ®üte mehrerer
Sreunbe, meiere mir augerbem noc^ i^re Bäd^erfc^ä^e gur ^id^
pofition gcfteQt Ratten, festen mic^ in ben @tanb, über ein relatio
gro§ed Queßenmateriale gu verfügen, beffen 3nl^a(t noc^ eine fe^r
geringe Verbreitung gefunben l^atte.
Sät glaubte nur meine ^flic^t gu erfüUen, menn ic^ im
Sefi^e eine« fo reid^en ©toffe« öor Slüem ben 3wedf mir öor
Sugen l^ielt, ben ©tief ber ^eimif(^en 3uriften auf bie öfter*
reit^ifc^en SRet^tdquetten gu (enlen unb nac^ meinen f(^ma(^en
fträften gur Slnregung eine« grünblic^en ©tubium« beigutragen.
— X —
!£){efer bon mir ftetd bor 9[ugen gehaltene ^xotd tnugte
best Sl^aralter ber ©c^rift fel^ft mefentlic^ beeinfluffen, [a id) fal§
mi^ genötl^tgt; biefetn oberften ^toidt gegenüber manche anbere
@igenf(^often, toeld^e ic^ meiner Arbeit gerne gemünfc^t fi&tte, in
ben ^intergrunb su fteUen.
3c^ glaubte bemnod^ am beften meiner Slufgabe )u
entfpredjen, »enn ic^ meiner 9(rbeit fo biet al9 möglich
OueUenftetlen aud ben bi^^er kuenig ober gar nic^t be^
}ogenen bfterreic^ifc^en ©efe^en unb aud unbetannten
tt)iffenf(i)aft(i(^en Sßerten einderleibte, unb toenn ic^
burc^ bie f^nede ^ubticirung bed gefammetten ©toffed
anbere, fi^er tüchtigere jir&fte anregen fönnte, bem aU
not^ioenbig erfannten 3^^'^ gu}uftreben.
3n erfterer ®e}ie^ung glaubte ic^ leidjter ju nenig aU ju
Die( t^un }^n fönnen, unb menn ber geneigte Sefer mieberl^ott
finben loirb, bag ic^ im S^e^te unb namentHc^ in ben 9{oten über
bie ®renjen be« ©toffe« ^inauögegriffen ^abe, fo »irb er ber
Segler unb ben SSerftog gegen bie innere 9(norbnung ber Slrbeit
mit 9lad|fic^t beurt^ei(en unb auf mein gut gemeinte^ ©treben
jurüdfübren r für bie 93erbreitung bed bisher gar niäft
ober nur n^enig getannten SRaterialed @orge }u tragen.
!2)ie SRafc^^eit ber Slrbeit, auf tozlä^t ii) aM bem gleichen
©runbe ein fo groged ®ttDii)t (egen mu§te, burfte jioar in feiner
SBcife fo koeit ge^en, ben 3ufammen^ang ber öfterreid^ifc^en
9te(^tdentn)i(f(ung mit bem rbmifc^en ^tifit unb mit ber gleich«
geitigen 9le^tdentn)i(I(ung in ^eutfc^(anb auc^ nur einen Sugen^
blid gu oentac^Iöffigen; anbererfeitft mirb ed ber Sefer nunmehr
' begreiflich finben, loenn x6^ in meinen biedbegügtic^en Sitaten
»efentltc^ nic^t koeiter gegangen bin, al9 bie Quelfenmerle
{Ruborff'd unb firaut'd gu begießen.
!Denn einerfcitö ift 3ebermann lei^t in ber Sage, fic^ biefe
SBerle ber mobernen Literatur gu Derfc^affen, n)o er bann an ben
begogencn ©teüen bie entfernter liegenben Queßen be« römifc^eu
unb beutfc^en JRcc^te« nac^feben fann; anbererfeit« mußte e« mir
»iberftreben, ein ©crl mit fotd^en ßitaten unb Setegftelfen gu
öerfel^en, beren grünblid^e unb felbftftonbige Verarbeitung mir in
lürgerer 3"* unmöglich getoefen ttore.
— XI —
^er ^totd, nü^Iic^ ju fein unb gur SSerbrettung üon ftennt«
tiiffeu bei}uttQgen, ffat mic^ beim veranlagt, gut ^ubKcation
einer Arbeit gu fd^reiten, xotiift onf Driginalitöt rfidfic^ttic^
be9 römtfc^en nnb gemeinen bentfc^en 9}e(^te9 au(^ nic^t
ben geringften 9(nfpru(^ erVbt.
SBeitQud el^er fi&ttt mxi) ein anbetet Untftanb veranlagt,
mit bet begonnenen SItbeit innegul^atten unb ju einet ^ublication
erfi nac^ meuteren Sagten mü^famen ©tubiuntd ju [(^reiten.
9aunt loaten meine i^orfc^iungen fo meitDorgef (^ritten, bag ic^
ben Sßian meinet SItbeit feftgeftedt l^atte unb gut fublication bet
etften btei bid Diet üuffö^e in bet „^iotatiat^ieitung" gefc^titten
toax, a(« mic^ ©e. ßjceöenj bet ^ett SWiniflet !Dt/3ofef Unget
mit bet gütigen SDlittl^eilung übettafc^te, mit feine auf ba6 93ot«
munbfc^aftdtec^t Deftetreic^^ begugne^menben QueUenfammlungen
aur aSetfügung gu [teilen.
SRit bem iD&tmften üDanle emfifing ic^ bie 3Ranufctipte unb
flbetgeugte mid^ ba(b, bag bad gefammte OueUenmatetiafe einet
@ef(|i(^e bed öftettcid^ifc^en SBotmunbfd^aft^tec^ted oon bem
gtofien 9tec^td(e^tet gefammelt n)otben mat; nic^t nut fanb idj
bie äRe^tga^I bet @teQen toithtx, meiere ic^ mfll^fam füt bie btei
legten 3a^t^unbette bet Sntmidlung bed fpecied öftetreic^ifc^en
9?e(^ted gufommengettagen ^atte^ fonbetn i^ entbedte batin au^
bie (S^cet^te aM ben OueQen bed bbl^mifc^en unb mö^rifc^en
^td^M, bie ®efe^e unb ©emol^n^eiten ©teietmatfd, ftfitntend
nnb fttaind, 9{otb« unb ©übtitote unb ÜDalmatiend.
Unget'd OueQenmatetiale teic^te nic^t nut bid in bie
fitteften S^ittn gutüd, fonbetn et ^atte auc^ Stgeugniffe. bet
f($dnen Siteratut unb bet ^oefie übetoK ^erbeigegogen unb feine
^otfc^ungen t)ettieften fic^ in bad ©tubium bed gtied^tfc^en,
tömifc^en unb bed olten, mittleten unb neuen beutfd^en SSotmunb^
f(^aft0te(^ted.
X)et öftetteii^ifc^e 3utift n)itb ed (eb^aft bebouetn mflffen,
ba§ bie otbnenbe ^anb bed SDIeiftetd in ben gefammelten unb gu«
tec^tgelegten ©toff nic^t eingegtiffen ^at unb ba§ bet SSan nic^t
DoQenbet »utbe, beffen SBetffteine beteitd beatbeitet dotlogen.
— XII —
@9 gehörte aber ma^rl^aft nur ein geringe^ Ouantum @eI6ft'
fenntnig ton meiner @ette ba}u, um }u fü(|Ien^ bag ic^ — menn
überhaupt jiematd — in iebem t!a(Ie erft nai) langen Salären
mä^famen ©tubium^ bef&^igt m&re, in ben $(an be9 großen
ffierle« einjutreten uub meine ©eruf^t^ätigteit — ber ic^ bie ^tit
fflr bie Reinere Slrbeit nur mit 9Rii^e abringen fonnte — mugte
ed mir ftetd ato ungemig erfd^einen laffen, ob ic^ auc^ ttirtlic^
baju tommen tonne ^ an bie groge Slrbeit mit 9(udfic^t auf (Sr^
folg heranzutreten.
3c^ entf4)tog mic^ ba^er, bie 3Ranufcripte bed geleierten
f^orfd^erd oor(äufig einem genauen ©tubium gu untergie^en, um
mi(^ oieQeic^t für fommenbe 3^'^^^ i^ ^^"^^ grögeren Slrbeit }u
bef öligen, glaubte aber, mic^ burc^ ben grogen SBorfal t)on
ber Keineren 9(rbeit nic^t abfi^redten (äffen gu fo((en.
9luf bie bon mir in meinem SBerle aud ben OueQen ge^
gogenen Slrgumente lege id^ baö geringere ®mii)t, aU — mie
bereite gefagt — auf Slnregung gum ©tubium öfterreic^ifc^er 9{e(^td«
gefc^ic^te unb auf ^Verbreitung bid^er noc^ nic^t pubtidrter
QuetlenfteQen.
£)enn eben in ben rec^td^iftorifc^en Unterfuc^ungen mag xif
fe^r oft geirrt unb gefel^It l^aben, ba mir ia jebe Anleitung in
biefer ^egie^ung fehlte unb ic^ auc^ in ben @(^riften ®r. (^^
cetleng bed 3Rinifterd 3)r. Unger aQerbingd ben gefammelten
möd^tigen ®toff, aber no(^ feine Slnbeutungen gu beffen Seurt^ei*
(ung unb Bearbeitung Dorfanb.
SBenn iäf gum @(^(uffe nodf oerfic^ere, bag patrtotifc^e ®e«
finnung mic^ ftetd bei meiner aderbingd mü^famen Slrbeit geleitet
^at, meine ftröfte einem fd^mierigen Unternel^men gu meinen, fo bin
idf an^ nunmel^r bered^tigt, mic^ aud einem boppelten ®runbe
auf ben ©a^ gu berufen:
)Jn magnis voluisse sat est!"
@(^(og SD^a^en in 9heberöf) erreich, 18. October 1877.
^orerinnerung.
Sie $faff unb ^aftnann in intern iängft erfc^ienenen
(Kommentare }uin bürgerlid)en ©efe^bud^e ganj richtig ^ert)or«
^eben, beginnt erft ju 3ofef IL Griten ber gaben ju jerrei^en^
ber bid ba^in bad öfterreic^ifc^e 9iec^t mit bem gemeinen \>tv*
bunben ^atte.
an biefe ©emertung (at7cn fic^ »eitere (Sebonten anfnüpfen.
ÜDenn nic^t b(od in bad gemeine beutfc^e unb römifc^e SRec^t
(anfen bie göben and bem öfterreic^ifc^en Siechte }urüct, fonbprn
an ber {)anb eben biefer gäben gelangt man auc^ oielfac^ in
bad öfterreic^ifc^e "ißarticularrec^t, ober, richtiger gefagt, in bie
^articularre^te ber bie öfterrei(f|ifc^e äRonarc^ie conftituirenben
fiönigreic^e unb Sänber.
greilic^ befte^t ba ein großer Unterfc^ieb; bie ©puren be«
gemeinen römifc^en unb beutfc^en dltä^M hegen im öfterreic^ifc^en
®efe|e am Siage; bie einzelnen 9iecf)tdinftitute tragen ben gaui^en
3ttf4nitt ber gemeinrecbtü^en J)octrin, meiere jur 3^it ^^^ ^^^
luffung be« bürgerlichen @efe^buc^e($ gang unb göbe mar, unb
fobalb ein gemeinrec^tUc^ gebilbeter Sioilift, audgerüftet mit bem
Apparate ber mobcrnen miffenfc^aftlic^en gorfc^ung, ficft ber f^fte*
matifc^en Bearbeitung bed öfterreid^ifc^en Cüoilrec^ted juioenbete,
mugte eben biefer (Sine große 3uf^^i^^"^<^ti9 [i4) ergeben unb
borgetegt (oerben.
äinber^ oer^ält e« ficö mit ben ©puren ber einjelnen öftere
reichlichen $articu(arrec^te ; biefe ©puren (agen bie (angfte ^dt
oerftecft unb oerborgen, fie finb gum größten Zf^eiit aud^ ^eute
noc^ ni(^t aufgebecft, unb bie angeftrengteften Bemühungen ^at ed
geloftet, um auc^ nur in einzelnen 9?ec^tdinftituten ben 3ufammen^
lang oon Beftimmungen be^ gelteubeu d^ec^ted mit ben parti«
cularen Sanbe^rec^ten nac^gumeifen.
9luf Beifpiete $u Derloeifen ift nic^t fc^mer ; man benfe nur
an bie 93er(affenfc^aftdab^ anbiung unb au bie ^fanbrec^töpräno«»
totion unb [teile fic^ nun rec^t lebhaft oor, bag in erfter Be«
gie^ung Unger, in ber ^^meiten So^ann^ erft nac^ langen
gorf(^ungen bie genetifc^e (Sntmicfelung bed geltenben dtti^M au6
particutärer öfterreid^ifc^jer Surfet fic^erftellen fonnten.
— 2 —
Unb boc^ ift c« für ben öfterrcic^ifAen 3uriften öon ent*
fc^etbenbfter SSic^tigfeit, bie Siec^tdentiDicfetung auc^ über bie 3o^
fefinifclie ^tit gurücf gu Dcrfolgcn; gctoig trägt e« gura SBcr*
ftänbniffe be^ J^eimifc^en Stec^ted loefentUc^ bei, trenn bie einzelnen
^articularrec^te ou« bcm !Cunfel ber SSergcffenl^eit aümälig
an'd Sage^Iic^t gejogen merben.
Ratten loir auc^ nur eine fogenannte öugere öfterreic^ifctie
9tec^tdgef(4i(^te, andj nur ein einigenna§en DoQftänbiged, f^ftema--
tif(^ georbnerc« SSerjelc^niö ber öfterreit^ifc^en 9?e(^tdc|ueUen, fo
ipäre bie Ijöfung ber 9(ufga6e ungleich leichter; mit ^ilfe fol(^er
Snftrumente unb SBerfjeuge mügte bie Sludarbeitung einer inneren
iRecfitdgefc^ic^te balb gelingen, n)ä^reub bergeit biefe Slrbeit burc^
il^re 9?eu^eit ebenfo einlabet, h)te fie burc^ il^re gan} foloffale
©diroierigfeit obftöBt.
Sin einzige« SBerf ift e«, welt^eö fic^ minbeftenö bie mög-
lic^ft Doüftänbige Sammlung be« ©loffe« einer öfterreit^ifc^en
9?e(!^t«gcf^ic^te gum ^iek gefefet ^atte: ttir meinen Succa'ö
Ouftigcobff. aüein biefe« ©erf ift nic^t nur oereinjelt geblieben
unb bergeit nur me^r fe^r roenig verbreitet, fonbern e« fonn ben
9(nfpru(^ auf ein f^ftematifc^e« @ompenbium in feiner SBeife er«
lieben unb noq meniger ba« JBebürfnig nac^ einem fotc^en ent^^
be^rli(^ madien.
S« ift aUerbingö öon großem SQBert^e, bag S?ucco größere
Ocfefee, mie: „bie n. ö. ®er^abf^aft«orbnung", „ben tractatus
de juribus incorporalibus", „ben ©afe unb bie Drbnung be«
Srbredjte« ouger J^eftament'' in feinem (^ronologifc^ georbneten
SSergeic^niffe ber öfterreic^if^en ©efefee tt)ört(ic^ abgebrucft ^at,
bo§ er Don anberen ©efe^en, h)ie oon ber oberöfterreic^if(^en
Sanbe^orbnung, ben böl^mifc^en @tabtre(^ten unb mel^reren an«
bereu, minbeften« ein Sn^atwoerjeit^niß aufgenommen ^at; feine
Ü^iotigen unb Slnmerfungen, meiere er eingelnen ©efe^e^merfen, bie
er mit !Datum unb ?iamen anfül}rt, beigefügt ^at, ^aben il^ren
grogen SBert^, unb ooUenbd ^at ba« burc^ fünf ^änbe fort«
laufenbe a{pl^abetif(^ georbnete 9tegifter eine gang au^ne^menbe
©ebeutung, ba Succa in bemfelben fel^r wichtige Partien unter ein*
gelnen <Sd)(agkDorten, tDie g. Sä. eine ^ibtiograpl^ie ber dfterreit^i«
fc^en {Rec^t^gefc^ic^te unter bem Sc^tagmorte „©ibliot^e!"', abl^anbe(t»
SlQein bei aUebem ift S u c c a '6 SBerf benn boc^ nur ein
®amme(n)ert, toelc^e« aderbing« bie ^{a^forfc^ung n)efent(ic^
erleichtert, aber auc^ nic^t in einer einzigen ©egie^ung ein Se^rbuc^
erfe^t; ein ^i(f«mitte( für re(^t«gef(|ic^t(ic^e ©tubien unb !etn
(Sompenbium ber Siec^tdgefc^ic^te.
Sro^ be« (eic^t erfennbaren 9lbgange« eine« folc^en SBerle«
ift bennoc^ feit Succo'« 3uftijcobej ein SBerf mit gleicher unl«
— 3 —
DerfeHer Senben^ n)eber DoQenbet noc^ unternommen n^orben, unb
nur in me^r ober mtnber umfangreichen 3)etai(arbeiten l^at fic^
bi^^er bae (Streben nac^ einer öftei*rei(^i)c^cu 9iec^tdgefc^i(j^te
mirlfam ertoiefen.
ü£)te eben bezeichnete @rfc6einung mag nun aderbingd ti}üU
toeife bie ©c^mierigfciten erllären, toelc^e iebe rec^td^ifforifc^e
f^orfc^ung in Oefterretc^ begleiten; atlein biefe (Srfc^einung ift
eben mieber eine 2^^atfac^e, meiere Derlangeu barf, felbft erft
ertlart ju n)erben ; fie ift mic^tig genug, um nic^t ald bloö ^tfto-
rifc^ed SrgebniG regiftrirt, fonbern einer aufmerffamen JSetrac^«
titng untern)orfen in n)erben.
Dber foKte ed nic^t auffallen, bag bad bürger(i(^e ®eUii'
hnif it%t fc^on burc^ mef|r al« 60 3a^re commentirt unb inter^^
pretirt mürbe, unb bag auc^ nic^t ein ein^ige^mat ber 93erfu^
unternommen mürbe, ben ßufammen^ang ber (e^ten @ntmide(ung
mit bem ber Sobiftcation unmittelbar borangc^enben 9}ec^t«}uftanbe
nac^jumeif en ? — ©oQte ed nic^t noc^ me^r auffallen, bag im
3a^re 1877 bie ^rotofotte ber (Sefeftgebung«commiffion ijum
crftcnmale im ÜDrude erfc^ienen, unb bag erft ^eute ein ßom*
mentar auf Diefe 9{ec^t^erfenntniBqueüe DoUftänbige 9?üd[ic^t
nimmt? — SDiug eö nii^t rec^t lebhaft befrembcn, bag ber um*
faffenbfte ßobificationöüerfuc^ be« 18. Öa^r^unbert« — ber
Codex Theresianus — immer noc^ bloge« SKanufcript ift unb
nic^t }um jDrude beförbert mürbe?
9lber unfer dntereffe ge^t noc^ hinter bie Sobiftcationd^
orbetteu jurüd, ober oielme^r: ed genügen bie Sobification^arbeiten,
auc^ menn fie aQe be!annt unb gebrudt mären, unferen ^nforbe^
rungen nic^t.
S)enn nic^t baö allein unb nic^t einmal Dor^üglic^
moQen mir fe^en, mad bie ^ofrätl^e unb |)ofcommiffion9»
mitglieb er fic^ aU bad 3bea{ eined neuen 9te(^ted gebac^t
i)aben, mad fie erneuern, oerbeffern, mad fie t)on bem über«'
lieferten 9lec^t«ftoffe abftreifen moUten, fonbern mad und dor^
}ugdmeife feffe(t ift bad alte SRec^t felbft, ber langfam ermacl^«
fene unb erhaltene 9tec^tdpftanb, ber ben Sobificationdbeftrebungen
bed 18. 3a^r^unbertd unmittelbar vorangegangen ift, unb ber
oud ben älrbeiten ber ©efe^gebungdcommiffion unmittelbar unb
DoQftanbig um fo meniger mirb entnommen merben lönnen, ie
mel|r bie SKitgtieber biefer ßommiffion i^ren SSlid auf bie 3"'
fünft ald auf bie 33ergangenl^eit unb ©egenmart richten mugten.
3l\ä)t eine @rftärung ber (Srfd^einung ift ed, menn man
auf bad fpäte ßrmad^en bed reti^td^iftorifc^en @tubiumd in
Oefterreic^ ^inmeift; ebenfomenig genügt bie Slntmort, meiere bie
®tubien|)Iäne an ben llnit)erfitaten ald @rf(ärung@grunb ^erbei«
^o(t; unb mi) eine Berufung auf bae 9iatur^ ober 93ernunftre(^t,
1*
— 4 —
bem im bürgerUc^eit ©efe^buc^e ein b(eibenbed Snbenfen gefegt
tDurbe, reicht nic^t l^iit, um ber üEi)atfac^e felbft auf beit ®runb
jtt fe^en.
$at benn nic^t au(^ in granfreic^ bad ^aiut^ unb SSer^
nunf treckt ftarf gemirtt unb Dielfac^ übel gekauft? „Saren e<$ nic^t
gerabc £)cutft^lanb unb auc^ Öeftcrreic^, voeiä^t*' — nac^ ^fflff
unb ^ofmann'^ Semerfung — „bie fürchterliche Seroegung
nic^t fortgcteitet ^aben?"
903 ir miffen nic^td baoon }u er^ö^len, bag man bie 3^^^^
rec^nung geänbert, ein neued bürgerliche^ 3abr eingeführt, bie
ftänbifct)en Unterfd^iebe bid auf bie Benennung abgefc^afft, bie
allgemeinen 3)}enfc^enrec^te proclamirt unb in rafc^em Umfc^munge
eine ganje dou ®runb unb JSoben aud neue Drbnung ber ÜDinge
^ergeftellt ^ätte.
Unb bennoc^ unb tro^ atlebem ^at ^ranfreic^ ben 3"f^'^''
men^ang ber öeftimmungen bed Code civil mit bem 9?ec^te,
tcetcfied bid jur 9^et)olution beftanben t^at, beutlic^ erhalten; tro^
atlebem loeig man in ^rantreic^ genau, auf meieren alten ®e«
fcfeen unb ©etpo^n^eiten bie eingelnen Slrtifel be« Code bafiren,
Ȋ^renb eben in Defterreic^ bad dtec^t, bad noC^ mit unferen
©rogeltern geboren mürbe, und unbefannter ift, aU ba^ römifc^e
9ied|t gu ben 3^'ten 2:^eobofiu«' unb 3uftinian'«, unbefannter
atö ba« beutfc^e 9tec^t gur 3^'* ^^^ ©piegler.
Seine JReoolution, fein ölutüergießen, feine ®e^
malt trennte in Oefterreic^ be n 9{ec^tdguftanb oor unb
nac^ ber Sobification; ^unberte unb ^aufenbe öfter«
reic^ifc^er 3uriften Ratten beibe ^^afen berßntroide*
lung miterlebt, unb trog altebem fein Slubenten, menig
Erinnerung unb noc^ mentger Senntnig bed oorjofe^
finifcben 9{ec^t9}uftanbed!
i^reilic^ fann bie 3lntmort auf bieje (^rage, bie Slntmort
auf bie 8'rage, marum ber Sinfluß be« Slatur* ober SSernunft*
rec^ted bem überlieferten Siechte gegenüber fic^ fo übermächtig er^^
tt)ie«, nicftt oon ber 5Rec^t«*, fonbern nur oon ber Staaten* unb
Sulturgefc^ic^te überhaupt ert^eilt merben.
€ber auc^ ba begegnen mir einer fonberbaren grfc^einung; benn
menn man in anberen Staaten auf bie brücfenbftcn unb finnlofeften
t$rei^eit($befc^ränfungen, furg auf all' ba9 nur erbenftic^e (Slenb
^intoeifen fonnte, bad ein groger Xfitii ber mitteleuropäi)cf|en 3e«
oöltcrung im 17. unb 18. 3a^rbunberte gu erbulben ^atte (*ißfaff«
5)ofmann, @. 200), fo treffen biefe SSorauöfeljungcn eben in
Dcfterreic^ nic^t ju, um bie ^errfc^aft be« Slaturred^te« gu er*
ftären, um ed begreiflich gu machen, ha^ ein neued, menn auc^
oorgüglic^e« ©erf ba« Stnbcnfen an bie SSorgeit oermifcben,
bie gange Sntmidfelungdgefc^ic^te nic^t blo« au« bem ©ebäc^tntffe
— 5 —
bcö Solfc«, fonbcrn auc^ au« bem ©ewuBtfein ber 3uriftcn öer=^
(ofc^en fonnte.
3n ben Äönigreic^en unb Sänbern beö öflerreic^i*
fc^en ^errf^er^aufe^ mugte fc^on früher jebed natio«
nole, jebed ftönbifdie unb corporatiDe ^eben erlofc^en
fein, bcDor ein neuer Buf^^"^ ö"f^ bie Srinnerung an ben früheren
au^töfc^en fonnte, ba mir [a boc^ in anberen gefc^it^tlic^en @^em^eln
ber grf^einung fo häufig begegnen, bog f etbft ba« ererbte
©c^Ied^te unb SOIanget^afte bem gegebenen unb aufge«
nöt^igten ©efferen öorgejogen »irb.
Unb bie« ift auc^ ber innerfte, ber treibcnbe ®runb ber fonft
fo wiberfpruc^^DoUen grfc^einung; bo« eigentliche öffentlid)e ?eben
iDar in ben Königreichen unb Sanbern noc^ beut breigigiäbrigen
Sriege na^e^u erlofc^en; meber ber abel*, noc^ ber ®ürger*,
nod) ber SauernftauD njaren nia^tig genug, ein corporatioe«,
ein ftänbifcfteö 3ntereffe ^um S)urc^bruc^e gu bringen; bie »icr @up*
plementöbänbe be« Codex austriacus füllen fic^ mit einer gonj
ungeheueren ÜJienge poligeili^er SSerfügungen; ©puren eine« aBiber*
ftaube« ber Sonbftänbe gegen äenberungen be« gcltenben öffentlidjen
unb ^rioatrecftte«, welche ber erfte ^an\i be« Codex austriacus be*
malirt, welche @ u 1 1 i n g e r*« Consuetudines, welche bie bö^mifc^en
SRed^t« quellen ou« früheren 3al)r^unberten aufmeifen, finben fic^
nic^t meftr; bie Äraft, melci^e fo gebrochen war, baß fie nic^t
einmal ju {Remonftrationen ftarf genug mar, reichte umfoipeniger
3U neuen autonomen Schöpfungen ^in; miUig liegen fid) Sanb
unb 3SoIf ntc^t blo« regieren, fonbern fogar üorbenlen.
35ie ©^»äc^e, bie ©iberftanb«lofigfeit, ber nic^t einmal
bie vis inertiae innemo^nte, befäl)igte eine fräftiqe SRegierung gu
einem oiel confequenteren unb an oiet meniger 9iüdfid)t gebunbenen
S3orgeI)en, gu einem treueren t^eft^alten eine« einmal aufgeftellten
principe«, al« bie« in anberen Säubern ber ^aü mar.
6ben biefer äßangel felbftftänbigen Seben« in ben einzelnen
jlönigreic^en unb Säubern ermöglichte e« ber Segi«lation, eine
9?ei^e oon 3nftituten au« bem geltenben 9te^te gu oerbannen,
loelcije ftc^ in fielen ^oc^cultioirten Säubern ÜDeutf^lanb« bi« in
bie aOerneuefte ^tit erhalten fonnten; bie ®efc^lec4t«munbfc^aft,
VDtid^e in j£irot beftanben ^atte, bie macebonianifc^en unb oeQeia«
nifc^en®enatu«confutte, ber älb^ugbe« falcibifc^enunbtrebellianifc^en
SStert^eile«, ba« @inftanb«: unb 9tetrQCt«red)t, meiere in anberen
9?eid)«t^eilen gegolten l^atten, entfielen o^ne ÜRü^e ou« bem ©efe^e,
mä^renb ^oc^cultiuirte beutfc^e ©taaten, in benen eben oieüeic^t
be«n)egen ein äinftogen gegen geltenbe« Stecht nic^t möglid^
iDar, biefelben 3nftitute faft bi« in bie ©egenmart erhalten ^aben.
ü^a« bürgerliche iRec^t lonnte fid) eben megen ber 9Biber<»
ftanb«(ofigfett ber 92egierten }u fenem f)o^en ®rabe ber Sbftraction
— 6 —
ergeben, e« tonnte üon Dielen ^^tftorifc^en SuföHiftfeiten" obfc^en^
eö burfte [id), nac^ ben SSlnft^auungen ber bamaligen ^tit, einem
@obe^* bed ^ernunftre^ted na^e füf|(en; ed übte auf bie ^liU
unb ^3(a(j^me(t anä) ben 6influ| etne^ gläubig recipirten p^ilo^
fop^ifci)en Sted^tcd au«.
Unb eben, n)eil bod alte Stecht in ©c^mac^e erftor^
ben unb nidit burc^ jtampf übermunben mar, eben be^^
megen ^at fic^ au^ fein 9lnben!en Dermifcben fönnen,
ha^ anberenfaUd fieser erhalten geblieben roöre.
S)enn an ben Äampf, er mag in @teg ober Siieber^
tage enbcn, erinnert fid^ ber Sinjelne h)ie ba« 33olff
äßangel an Sraft a(tein lägt @r(ebted unb ®pfd|eE)ened
öergeffcn.
Slber Guc^ an eine anbere ©eite eben biefee^ 3"^^"^^*
mu§ erinnert werben; bie SRegierenben ftanben eben gu bamaliger
3eit l^oc^ über ben SWegierten; bie ßobificatoren überrogten an
^ebeutung ben ©tanb ber t^eoretifc^en unb praftifc^eu 3iiriften
Dtelfac^; mer aud Dem Sßert^e ber Sobification fetbft einen @cf)(ug
auf ben geiftigen 3"ftö"^ ^^^ 9iation unb be« 3uriftenftanbe«
gur fetben 3^it gießen mürbe, märe in ©efa^r, einen argen STrug*
fc^Iug in bie ©efc^ic^te ju tragen.
©ie«^ beftätigt bie (Sefdjic^te ber öflerreic^ifc^en 9?ec6t«»
entmictelung, meldje fic^ unmittelbar an bie ooUenbete ©efe^«
gebung anfdilog.
^iln bie ßobificiation, beren abfoluter SBcrt^ gc»i§ leichter
JU niebrig atd ju ^oc^ angefc^tagen mirb, an bie Sobification,
beren relatioer ©ert^ im SBer^öltniffe ju gleichzeitigen Seftrebungen
in anberen Staaten minbeftend ein ebenfo ^ol^er mar, f(^log fic^
ein geifttged lieben nur menig an.
S03enn anbere öeifpielc au« ber 9iec^t«gef(^tcöte jeigen, baß
an ein an unb für fi(^ unDoUtommened ^robuct ber ©efe^gebung
bie Äraft be« t^eoretiftfi unb prattifc^ mirfenben Suriftenftanbc«
fic^ unmittelbar anfd^Iog unb burc^ forifc^reitenbe Arbeit ben
geiftig gefunben ®ebanfcn be« Oefefee« aüfeit« au«bilbete unb
entmirfelte, mie mir bie« an ber Lex Aquilia be« römifdien 9ied)te«,
an ber Constitutio Criminalis Carolina in neuerer 3^it fe^en
tonnen, fo gefc^al^ in Defterreic^ nac^ bem ®rf(^einen be« bürger»
liefen ©efe^buc^e« ba« ®egent^et(.
^aum maren jene Wlänmx audgeftorben, meiere in bie 2e^
gidlation tiöftig eingegriffen l^atten, fo mar anä) ba« eigentliche
\^eben au« ber 9lec^t«entmicle(ung gemieden; al^f tobten Säxxi)*
ftaben empfingen bie meiften I^eoretifer unb 'ißraftiter ba« bürger*
(ic^e ©efe^bud^; bie Semunberung unb bie glöubige 93ere^rung
be« begebenen erfc^merten meit me^r ba« richtige S3erftänbni|
be« ©efetjc«, al« fie ba«felbe förberten; bie erfte firitif be« bürger*
- 7 —
liefen ©efe^buc^ed, ipe(d)e noc^ fünfzigjährigem gortfc^ritte unb
nad) biefem äßagftabe an ba^ iBerf angelegt rourbe, erfc^ien fofort
ate 93erurt^et(ung.
Sßer je an ber 9?i(^ttgfett ber ^ier vorgetragenen @a^e
gmeifetn moQte, bent tDoQen n)tr noc^ jn^ei Weitere Argumente in'd
®ebä(^tniB rufen.
!Die Otiten, in benen bie legi^Iotioen ?lrbeiten eben in
Älütfte ftonben, bte 3^*^^^ '" ^>^"^n 9tecöt«inftttute öfterreic^ifc^er
SSergongen^eit leicht in SSergeffen^eit gerat^en fonnten, »aren jene
3eiten, in »eichen auc^ bie ©prad^e üieler SJoIf^ftänime ber öfter*
reic^ifd^en Woxiaxä^it int SJZunbe ber ®ebi(beten unb in ber ©c^rift
))erftummten, in benen bie nationale Sprache oietfac^ in ben
®(^u(en auf ben untersten ^(a^ oerbrängt werben fonnte, in benen
e« mögliri^ »or, ben Oebanten an ^erftetlung einer getneinfaraeti
Sprache in Defterreic^ ju faffen.
@o gerne n^ir gugeben, bag man ben S3ergleic^ ^roifc^en (Sprache,
9}e(^t unb @itte p 2!obe ^e^en fann; fo riditig e^ ift, bag man üor
nicftt langer ^eit mit ber organift^en, fpontanen ©nttoidelung be«
aKcnfcfiengefc^Ut^te«, gu toelc^er ein beftimmter fclbftberoußter 3Biüe
ba« ^enigfte beigetragen ^aben fo(I^ einen ganj abfonberltdien
^ocuöpocu« getrieben l^ot: fo fe^r ift e« anber erfeit« ri^tig,
ba B ein SSolf, beffen ©ebilbete bie öeimifd)e ©prac^e ücr-
geffen ()aben, beffen ^üc^er bie 9f2ationa(fprac^e nic^t
me^r reben, auc^ bie ©itten unb ®emo()n^eiten unb
9?ed)t«uberjeugungen ber SSorj^eit nic^t me^r fräftig
crl^oltcn l^at, ha% ein fotc^e« aSolI in biefer ßntmicte*
(ungdpl^afe jebe ^unft gu felbft eigenen ©c^öpfungen auf
bem @ebiete be« 9?ec^ted t)er(oren ^at.
Unb co'.ncibirt nic^t gerabe in Defterrcic^ bie SBiberftanb«*
lofigteit, bie gläubige 9{eception fömmtlic^er neuen ®efe|e, mit bem
SBerftummen ber 9Jationalfprac^e in Dielen ßönbern?
3(ber eben, mo folc^e JBiberftanb^tofigfeit, mo fo((^e ©c^ioäc^e
Dor^anbcn, gerabe bort ift für geiftig bebeutenbe Staturen, für
einzelne miUendfröftige SOtanner ber ^oben geebnet, um ben geiftig
bebeutenbften ©c^öpfungen Singong p oerf^affen, namentli^ um
@ef e^e einpfü^ren, me(c^e ben 3uftanb ber 92ation n)ettau« überragen.
t^eiUc^ mirb bann ba« gegebene geiftige ^rot gar ntc^t
ober erft in Diel fpäterer ^tit affimilirt; freilid^ gefc^ie^t eö bann
leicht, bag nac^ bem SBegfaQe bed regiere üben ©eniefi^ bie 9tegierten
in t^ren früheren 3uf^Q^^ jurücffaQen.
3n Oefterreid) erflärt fic^ ba^er bie ©tagnation, koelt^e ftc^
an bad (Srfc^eincn be« bürgerlichen ©efetjbuc^ed anfc^log, oielfac^
aM ber ©c^mäcbe unb ber geiftigen Unbebeutenbl^eit ber ^legierten,
aud berfelben ClueQe, toelc^e bem 93erbrängen bed alten unb ber
Sinfü^rung be« neuen ^itdfte^ jeben Sßiberftanb weggeräumt ^atte.
— 8 —
9Hc^t o^tie 9(bfi(^t ^aben mir und bei biefeii (Erörterungen
längere ßtit aufgehalten.
3m ^Begriffe, recfitd^iftorifc^e Unterfud^ungen ansufteflcn,
finben mir unö gunöc^ft bemüffigt, unferen Sefern bie ©^rotcrig*'
ifeitcn bcrfelben in Dcfterrcic^ rec^t beutlirfi üor äugen ju füijren.
Slber auc^ nod) ein anberer ®runb ^at und bei ben Doran«
gefc^idten (Erörterungen etmad lönger oermei^en (äffen; bie 3Ba^(
unferer Slbljanblungen l^at fic^ üielfac^ nat^ ben oorgetragenen
©efic^töpunften gerichtet.
äßer eine öfterreic^ifc^e 9ted)tdgef(^i(^te, mer auc^ nur eine
Siec^tdgefc^iiitc eine« einzelnen ftönigreic^eö ober i^ürftentljumed
ber öfterreid|ifcf)cn ÜKonardjic ftfireiben will, mirb nic^t leicht
um^in fönnen^ mit ben ermeidUc^ älteften 3uf^änben gu beginnen;
ber älufbau ober Slufriö einer 5Recf)tögefcbi(^te mait ed eben
not^menbig, bie gunbamente tief gu legen, unb e« bürfte fic^ im
2Iflgemeinen nidjt empfehlen, einen 5lbf(^nitt berfelben, ber ctroa
erft mit bem 17. 3af|r^unberte gu beginnen ^ättc, fefbftftänbig ju
beorbeiten.
Slnberd ' liegt bie Sadje bei einem bcf(fteibencr, bei einem
Diel befc^eibener geftedten ^itle ; ^anbelt ed fi(^ nur borum, gum
SSerftänbniffe eine« fpeciellen JRecötdinftituteö beizutragen, ba fann
man auc^ bie älnforberungen an ben $(an unb Slufriß bed
®an.:;en erl^^blic^ l^erabftimmcn, ba tann man felbft mit ben he*
mußteften 3)iängeln, mit ben SÖJängeln ber gerodelten Slufgabe,
9iac^fic^t üben unb auf biefe ^lac^fid^t rechnen.
S3ei einzelnen 9?ed)tdinftituten ift ed öieUeic^t felbft geratt)en
— um *}}faff*$ofmann^d (Sleicftniffe gu folgen — , bcm le^jt*
üerlorenen (5nbe be« go^^nd eine ganj furge ©trede nadi^ufolgen,
bie 2lrbeit borauf ju befc^ränfen, eine "ißeriobe ber (Snimidelung
gu toasten, meiere bem geltenben SJec^t^suftanbe unmittelbar oor*
ouögeqangen ift, unb bem Urfprunge bed Strome« oon ber betann*
ten SDiünbung ober üon einer anberen fieberen ©teile on eine ©trede
be« Sege« entgegenguget^en.
SQßir i)aben und ju biefem ^xo^dt äb^anblungen aud bem
öfterreic^ifd^en aSormunbfc^aftdrec^te geroä^lt; mir mollen biefe«
cinjelne SRec^töinftitut, öon feiner (Einfügung in bie allgemeine
Sobification angefangen, eine furge ©trede nac^ rüdroärt« oer*
folgen unb l)offen mit biefer Unterfuc^ung bie ®ebulb unferer
Sefer nic^t alljufe^r in Slnfprudj gu nehmen.
Slber au(^ l)ier ift eine öerf^iebene 2lrt, bie Unterfuc^ungen
anguftellen, möglid); nid)t @in f^aben ift e«, ber ba« cobificirte
jRec^t mit ben^articutarredjten oerbinbet, fonbernmet^reregäben finb
e«, meiere in bie oerfc^iebencn 8anbe«re(^te jurüdleiten. "D^un fönntc
aQerbing« bie Unterfu^ung fic^ über aUe l^änber glcic^geitig
erftreden unb bie Srgebniffe fammeln; aber e« ift auc^ ber anberc
>»■:
— 9 —
9BeQ mög(tc^, bie dieifit ber eitigehten l^änber abgefonbert ju
bet)QnbeIn unb erft am @nbe auf bie gefamtnetten 9?efuUate jurüd«
gufommen.-
SOSir ffabtn abfic^tlic^ ben (enteren SBeg gemö^tt.
ffier mit meljreren geinben ju fämpfen l^at, ^at am atfererftcn
no(ft nad) bem ®runbfa§c „divide et impera" gefiegt; unb menn
tDiv an ade ©c^iDierigfciten einer rc(^t«(£|iftorif(^en Unterfuc^ung
benfen, fo toürbc un« ber 50iut^ ftnfen, menn wir un« rael|r al«
©nem ®egner gegenübergefteüt bcnten.
3 "bem ifl ed für fämmtlic^e Äönigreid|e unb Sänber unferer
^eimot fc^tücr möglich, einen beffimmten 3'^itpwwtt ju »ö^(en, oon
bem bie Unterfud|uug au^ i^n beginnen ^ätte, menn nic^t biefe SBo^l
jebee inneren ®runbe« in einem ober bem anbercn 8anbe ent*
beljren foUte; bie innere Diatur ber 5Re(^t«enttt)icfeIung eine« jeben
Sanbed foU aber, nac^ unferer SOMnung, bann über ben älnfangd«
termin ber Unterfud^ung entf treiben, wenn abfit^tlic^ bie Unter^^
fudjung nit^t auf ben äfteften befannten ober erforfc^ten 3"ftowö
gurücfgreift.
't)ie ^Ib^anblungen, meiere mir gu beginnen gebenfen, foöen
felbftftänbigc, menn aud^ fleine ^anje .fein; fie foüen gunäc^ft
nur ^iftorifc^e Unterfuc^ungen fein, menn mir freiüc^ nic^t leugnen
moQen, t>a^ in und ein praftifc^ed Sntereffe neben bem
antiquarifc^en beftänbig rege bleiben mirb.
(Sin praftif^e« Sntereffe liegt ja fid)er allein fc^on in ber
einge^enben Betrachtung bedjenigen 9iect|t«guftanbe«, ber bem gege*
benen unmittelbar ooraudgegangen ift, implicite enthalten.
35em Ouriften ebenforocnig mie bem ^^^fifer jeigt ba«
ÜDing im 3i*ftfl"^c ^cr SRu^e unb bc« öe^arren« feine innerften
unb mefentliciften @igenfc^aften, feine ma^re ^ktur.
3n ber SSeränberung erft, im uneben gibt fit^ bad
©efcn einer @ac^e funb; bie ®efc^icf)te ber (Sntftel^ung geigt
Dielfac^ am ric^tigften ben äBeg, ben ber ma^re t$ortfd)ritt gu
mähten ^at.
i:ie erfte «b^anblung foü bem ^ed^k SJieberöfterreic^«
gelten.
Einleitung.
1. ^t^HtiUttitn.
Sir ^obeii bereit« bie ®rünbe ^eroorge^oben, meiere und be^
flimniten, bic rcc^tö^iftorifc^cn llutcrfu^ungen einzelner Sftcc^tdinfti*
tute uic^t mit btn älteften erforfcftten 3^^^^" ä" beginnen, fonbcrn
einen fpätercn 3^'^^^^^^ h^^ Anfangstermine ju matten; mir
fiaben ferner auc^ bie meitercn (SrQnbe entmideft, meiere un« öer*-
anlasten, bie t)erfc^iebenen Sanbedrec^te gefonbert ju betraditeu unb
ben fc^mierigen 9Beg einer gleichzeitigen ®e^anb(ung fämmtUc^er
8anbeßred)te bei Seite gu faffen.
Xxo% aller S^ei^^it, bie mir baburd) für bie Segrengung
unfere« ©toffe« in änfprud) nehmen, barf bie felbftgetroffene
SBa^i feine miUfürtidie fein; ber 2lnfang«pun(t, mit melc^em mir
bie ®ef(^i(^te entmideln, mu§ ebenfo einen inneren (Srunb ^aben,
mie bie Au«einanber^a(tung Derfc^iebener 8anbe6rec^te, metd|e ia
gu meit gel)en mürbe, faß« man beifpietdmeife ^öl^men unb
^JDiöI)ren gefonbert befprecben moQte.
3l(d ©egenftanb ber erften SLb^anblung ^aben mir und
bad S3ormunbfc^aftdrec^t ^tieberöfterreic^d gemä^(t unb
begrengen ben geitlidien Umfang ber (Sntmidelung, bie mir in
Setrad^t gießen, auf bie ^eriobe t)om 16. bid gum @nbe bed
18. 3a^r^unbert«.
3nnere ®rünbe laffen fic^ fomo^t für bie SOBafft ber geit*
liefen, old aud^ ber örtlichen ©rengen anführen.
•Die ü)Htte be« 16. 3a^r^unbertö ifl für unfere grage be*
fonberd burc^ bie Seftimmungen ber Sieic^dpoligeiorbnung Dom
3a^re 1548 mic^tig, meiere bem SSormunbfc^aftdmcfen eine bt*
ftimmte 9?id)tung ber (Sntmicfelung angemiefen ^at; ba ein öfter*
reid^ifc^ed i^anbedgefe^ fic^ unmittelbar im 3a^re 1552 an bad
9?eic^dgefe|$ anfcblog, fo ift mo^( nic^td bagegen eingumenben,
roenn mir mit biefcm ^dtpantte uufere redjtdl^iftorifc^en Unter*
fuc^ungen anheben, unb nur ge(egen^eit(i(4 auf no^ frühere 2^^at*
fachen unb 3ttf*ö"^^ gurücf greifen; ba« Auftreten ftaif er 3ofef'«
in ber Segietation ift anbererfeit« fo entfd^eibenb, bie oon il^m
begonnene ©efe^gebung faUt fo mefentUc^ i^rem g^aralter nac^
— 11 —
mit ben fpäteren Sobificatioit^arbeiten jufammen, bag tüir mit
ooQem Steckte bie Slb^anblnng mit bem 3ofefinifd)en ©efe^e
f^ttegen, mit um fo orögerem Otec^te, aU in biefem ®efe%e ber
^articu(ari«fniud, ber bie @onberung ber ein)e(nen ab^onblungen
rechtfertigt, iDeggefaOen tft.
Die (äefeögebung be« 3at)re« 1552 ift, »ie mir fpöter fe^cn
toerben, fär bie fünf nieberöfterreic^ifc^en Canbe unb für bie ©raf*
f(^Qft@örj erlaffen »orben, unb ba« ®efc§ ffaifer 3ofef*ö tfat einen
nod) Diet n)eiteren territorialen Umfang. !t)a aber 3n)ifc^en beiben
®efefeen bie für 9Jieberöfterreic^ allein am 18. gebruar 1669 er^
faffene ©er^abfdiofr^orbnung in ber SWitte liegt, fo rechtfertigt
ftc^ bie €onberfteUung, nietete mv biefem l^anbe n)a^ren, um^
fome^r, a(d gerabe bie genannte ®er^obfd)aft«)orbnung bad
mic^tigfte unb einge^enbfte C^efe^ ift, h)e(cf)ed mir über bad 93or^
munbfc^aftdmefen befi^en, unb a(d ba^felbe auf bie ßobificationen
ber fpäteren ^tit einen beuttid) nac^metdbaren (Sinflug geübt ^at^).
treten un« in ben brei (Sefefeen aufiJ ben Sauren 1552,
1669 unb 1786 bie brei roidjtigften Quellen unferer gefc^i^tlic^en
(Sntmicfelung entgegen, fo finb mir unferem Seferfrcife nic^t blo«
eine furje öefprec^ung ber Quellen unferer 3Katerie am ©eginne
unferer 3)arftettung fc^ulbig, fonbern mir merben fitfter 9iod^fic^t
finben, menn mir einige furge ©orte über bie 9?e4ti?quellen be« öfter*
reic^ifc^en ^ridatrec^te^ tn biefer ^eriobe überhaupt t)oran)c^icfen.
(Sine etgent^ümlic^e Srfdieiiiung bed ^roDincialrec^ted bed
©tammt)ergogt^um« ift bie äugerft bürftige ßobification be« mate*
riellen ^hootrec^teö, meld)e rec^it eigentlich bi« in bie 3ofefinifc^e
3eit ^erunterreic^t; fc^lagt man bie fec^d bicfen JBönbe bed Cociex
austriacus nacJ), fo finbet man aüerbing« ga^lreic^e ®erid)t«*,
Jlbuocaten-, Appellation«*, ateoifion«* unb Sjecutionöorbnungen —
lauter ©efefee, meiere ba« ^rocegrecbt betreffen — ; man finbet aud)
einge^enbe ©efe^e über ®erg*, SBecfifet* unb Se^cnredjt; ober ba«
ottgemeine ^riDaired)t, ber Umfang jener 9?ec^t«inftitute, meiere
ben 3n^a(t ber Seftimmungen bc« bürgerlichen ©efegbuc^ed bilben,
ift na^egu gar ntc()t cobificirt.
„Die gefc^riebenen", «bie toiferlic^en Öiec^te", mit anberen
SBorten ba<» recipirte römifdje 9?ecbt unb ber mit großer ßntic^ieben«»
^eit gewahrte „i^anbtdbraud)" bilbcn na^e.^u in ben meiften ÜKaterien
be« ^rioatrec^te« bie einzigen SRec^t^erfenntniöqueUen, melct)en nur
»enige umfongreic^ere ©efefee gegenüberfte^cn.
^^ ift nic^t überflüffig, gleich am Öeginue unferer r;c^t«*
<Sd ift QÜerbing« richtig, bag bie @er^abfc^aft«orbnuug bed 3a(re« !
1669 aud) in i^tctermaif aid 9{ec^tdqiteae angejeben »iirbe , to'it bied
bie fiete Sejugna^me ber ©(^riftflrUer auf btrfcd ®rfe^ beiueifl; nt^tdbeflo- 1
toentger nar fte mit <3rfe^e«fraft uur für 9Hcberö|ierreid| erlaffen werben.
— 12 —
^iftorifc^cn Untcrfud)ungcit auf bicfe freitic^ nicfit unbefanutc J^at»
facfie ju oerweifen unb biefelbe befonberd }^n betonen; ed ift bted
umfome^r gerat^en, a(d ber ^erg(ei(^ mit ®5^men unbiDZä^ren und in
bcn bciben lefetgenannten gänbcrn gefc^riebene {Rechte geigt, Welche \idi
na^egu über fömmtttc^e äJtaterien be6 bärgevlicben diadjU^ verbreiten.
3e fc^roffer fic^ bemnoc^ in Dcfterreic^« ©tommfanbe bie
üoriofefinifc^e ^tit be« nid^tcobificirten 9tec^teö unb bic fpätere
entgegenftc^en, welche jebe n^eitcre ©ntroicfelung öon be^örblic^er
©enel^migung unb (Seftattung abhängig niadien »oüte, um fo
not^menbiger ift e« für un«, bie eingelnen größeren ®efc^e
ber Dorjofcflnifc^en ^eriobe einerfeitö, unb ben öftcrreic^if^en
„ganbt^braucf)" anbererfeitö mit einigen ©orten ju berühren.
Ser Codex austriacus 2) enthält nur brei größere ®e*
fefee, meiere in ben Umfang beö burc^ ba« bürgerliche ®efe^*
bu^ ^cwte cobificirten aügemeineu materiellen ^rioatrecbteö faüen.
ß^ronologift^ georbnet, finb biefe brei ®efefee: bie nieber^
öfterreicfjifc^e ®ert)ab|c^af teorbnung öora 18. gebruar 1669 3),
ber berühmte Tractatus de juribus iocorporalibus oom 13.
aWärg 1679*), unbberSafe unbOrbnung be«Grbred)te« außer
Seftament oom 28. a)?ai 1720 s), mWk^Uxc^ ®efe(| am26.Ü)?ari
1729 für Dberöftcrreid) *^) mit einjetnen ganj unroefenttic^en 3lb*
änberungen neu erlaffen mürbe.
^) '^cr Codex austriacus, welcher bon ^ran^ Stnton (Sbten ^tvvn oon
®u Orient herausgegeben, unb tuelc^er in IBien im 3Q^tt 1704 im ^rucle
erfd^ienen ift, enthalt Die eingflnen ©efe^e, ©erovbnunöcu unb onbcrnjeitigen
9^otUen in a(p^abetijd)er Speisenfolge. 2)iefer Codex austriacus verfällt in
i^wei Steife m\h umfaßt ber erfte 2:^cil bic S^urfiftabeu A bi« L, unb ber jiüeitc
Xfitxi bie ©u^ftQbfu M bi« Z. ®em ©erfc jclbfi i|t ein fe^r gute« S$erjeic^-
niß ber größeren im Codex austriacus enthaltenen Oefc^e beigefügt, ^n un*
feren (Sitateu bebeutet bemna(^ Codex austr. I unb II nur bie^rcet £t)etle biefe«
Dou ©uarirnt I^eraudgegebeuen SS^erte«. Stußerbem fmb oier (Buppfementebänbe
jum Codex austriacus erltSienen, meldje mir unter ber SSeseid^nung Codex
austr. @uppl.*©b. I, II, in unb IV oufü^rcn. 2)er I. ©upplementebonb ift
Don ©ebaftian ®ottIteb $erren(eben im 3a^re 1748 herausgegeben mor«
ben, umfaßt bie älteren im Codex austrlAcus übergongeneu ®efe^c unb
^erorbuungen unb enthält eine Sortfejjuug bi« mm ^atjre 1720. i23efonber«
Iefen«mertS ift bir Einleitung, meiere in red^i«§iftorifc^er ^e^ietjung bic mtc^«
tigflen ^uffdjlüffe gibt. 2)er II. @uppiement«banD, Don bemfelben ^erfaffer,
umfaßt bie 3eit Don 1721 bt« ;^um 2:obe (£arl VI. im ^a^rc 1740; er ift
1762 erf(t|ieneu. 3)er III. unb IV. @upplemcut«banb, meldjc fic^ felbft al«
V. unb VI. Sanb be« Codex austriacus bejeic^ueu, fmb Dou St^oma« 3gna)
Srct^errn D. ?Jödt gleichzeitig im 3a^rc 1777 ^craufige^ubcn rocrben, unb
umfaßt ber III. @upplement«banb bie 3ett Dom 20. October 1740, al« bem
9^egterung«antritte SDtavia S^ereften« bt« i^um legten !S)ec'ember 1768, unb
ber IV. i^upplement«banb bie ^nt Dom 1. Banner 1759 bi« legten ÜDecember
1770. ^ie (Siuleitiingen gu biefen gmei täuben ftnb unbebeutenb.
3) Codex austr. I. @. 410—427.
*) ebenba, @. Ö81— 607.
5) Codex austr., (guppt.-^b. I, @. 962—991.
6) ebenba, @uppl..ibb. II, ©. 639—583.
— 13 —
üßan iDirb nici;t fehlgreifen, toenn man Don ber Betrachtung
an^ge^t, bag bie ©efe^gebung feit je^er fic^ ienen iDIaterien bed
9tec^te9 }tterft ^ugetoenbet \^at, in benen irgenb ein größerer Sruc^^
t^eif juris publici ftedt unb bie auf eine ober bie anbere ^eife
ein öffentlich rec^tttc^ roic^tiged Snoment, inöbefonberd aud) Sigen«
t^unilic^feiten bed Sanbt^brauc^ed gegenüber bem gemeinen Steckte
offenbaren. Senn man nun bie Dorbejeic^neten filteren öfterretc^ifc^en
@efege unter biefen ®efic^t6puntt in'd kuge fagt fo ttirb fic^ bie
äßa^rbeit biefer Semerfung Don felbft bett)ätigen.
!Cad SSormunbfc^aftdmefen ift noc^ in ber Steic^^gefe^gebung
vom 3abre 1548 unb in ber öfterreic^ifc^en 2^erritoria(gefe^ebung
Dom 3o^re 1552 unter bem !£itel ^{Reform guter ^otijei" be»
^anbelt unb geregett n)orben; bie (Ser^abfd^aftdorbnung oom 3a^re
1669 trögt im SBefentlictjen ben gleichen S^arafter n)ie bie ge«
nannten ®efe^e, unb ben l^erDorftec^enbften 3^6 biefer Sobification
bilbet bie groge SBic^tigfeit, niel^e ber ftaatlic^en Uebermac^ung,
ja na^egu ber unmittelbaren ftaatlic^en ^anbtiabung be^ 93or'^
munbfd^aftdn^efend gugemenbet nirb, fomie ber gro§e Umfang non
Steckten fomo^t ald auc| ber fc^n)ere 3nl^a(t oon ^fltc^ten, toelc^e nac^
unb nac^ immer me^r auf ben @taat ober boc^ auf folc^e fociale
®ebilbe übertragen n)urben, toelc^e einem birecten @influge ber
®taatdgen)alt mit Seic^tigfeit unterlagen.
Sbenfo fctjläßt ber tractatus de juribus incorporalibus faft
immer aud bem öffentlichen in bad "il^riDatrecfit unb umgefe^rt um;
ha biefer tractatus feinem mefentlici^ften 3n^alte unb auc^ Diel«
fac^ feiner 9lnorbnung ncc!^ bem alten öfterreic^ifcben l^anbedrec^te
entstammt, n)ie folc^ed im 3a^re 1573 dou ben nieberöfterreic^ifc^en
©täuben gefammelt tourbe — eine Sammlung, auf bie tt)ir noc^
lueiter unten ^u fprec^cn fommen — , ba eben ber genannte trac-
tatus na^e}u nur fold^e SDlaterien bed gefammehen Sanbe«recf|te^
mit (Sefegeöfraft auörüftete, meiere in einem un^toeifell^aften 3"*
fammen^ange mit bem eigent^ümlic^en öffentlichen S^ec^te bed
SanbefiJ ftanben, »äl^renb bie ße^ren be« reinen ^rioatrec^te«, bie
ftc^ gleid^falld in jener Sammlung Dorfanben, Don ber Sobiftcation
immer audgefc^Ioffen ti)urben: fo ift e« f(ar, bag auc^ bei ber
ßrlaffung beö berührten tractatus ba« ©ebürfnig ber ®efefe^
gebung fic^ mirffam erujiefcn ^atte, bie mit bem jus publicum
jufammen^angenben SJ^aterien oor 9((Iem }U cobificiren, bag rüd«'
ftc^ttic^ be« reinen ^rioatrec^te« ha^ gemeine 9{ec^t unb ber Sanbt«^
braucf) ungeanbert erhalten merben foQten, unb bag minbsften«
bie 6obification«beftrebungen in biefer -SSejiefjung nic^t fräftig
burc^}ugreifen oermoc^ten.
3um Sewcife ber jRic^tigfeit unferer Se^auptung führen
»ir nur etliche litelübtrfd^riften be« genannten tractatus an,
unb ou« beren Qn^alte, ttelc^er „bie geiftlic^cn ßetjenft^aften", „bie
— 14 —
^räfentadon'', ^bie onbcren ©crecfiltoleiten eine« gcifllic^en Sel^en^
Ferren", „bic SBootJ^eien", ^bic Dorffobrigfcitcn", „bic ®runb*
obrigfciten", „bo«f ?|}funb*®riN ©tcrbrecfet unb äbfal^rt", „bic
®runbbü(^cr unb ©eiDöJ^ren", „bic 9iobatii**, „ben ^eii^vh*',
„öcrgrcdit unb SSJcingartbou", „®ejaiber unb Haltung ein^eim^
bifc^ unb toilbcr Spiere", «gif^erei unb Steuerten'' k. gum ©cgcn^*
ftanbe ^aben, tnirb ber geneigte Sefer entnehmen, n)ie h)a^r un^
fere iBcnttrfung ift, boi fic^ bie (Sobiftcalion Dor Witm ^uerft
ben öffentUd) n)tc^tigen SRaterien unb ben @tgent{)ümU(^Ietten be^
Sanbed, n)e(c^e au9 bem gemeinen 9ted)tc nic^t ju erf(ären luaren,
jugemenbet t^at
äu^ im britten öfterreic^ifci^en ®e[efce be« Codex austria-
cus, in bem neuen ®efefee über boö 3n teftaterbr cdit, tritt ber
obbejeic^nete ß^arafter ber gobification^ menn ouc^ nic^t fo ftart
l^erDor ; benn nic^t nur ftretft bie SOtalerie bed Srbredjted ftetd me^r
ate Dbügotionen- unb (Sachenrecht an öffentlich tecj^tlic^e tfragen,
fonbern bie Errungen unb ©treitigfeiten, um berentnotOen ba9
neue ®efe^ erlaffen n)urbe, begeic^nen an unb für fic^ fc^on ben
ß^orafter ber ßobificirung, toelc^e in erfter 8inie baö öffentliche
So^(, unb jn^or me^r ald bie 9?ec^te ber $riuaten, im 9luge l^atte.
üRac^t bemnac^ ha9 93ormunbfc^oftdrec^t in ^{ieberöfterretc^
auc^ infoferne eine Slu^nal^me oon ber JÄegcI, bo§ e« feit ber üßittc
beö 16. 3a^r^unbertd breimal, unb jmar in ben Sauren 1552,
1669 unb 1786 cobificirt würbe; fteUt fic^ bie ÜKaterie be« SSor*
munbfc^aftörec^ted in einen grellen ®egenfa^ gegen bie meift un>
cobificirt gebliebenen anberweitigen JDtaterien be« ^riDatred)tcö —
fo wäre ber (Schlug benn boc^ fe^r übereilt, ba§ man für unfere
älufgabe ft(^ mit ber Sefung ber ®efet^e über ba^ ^ormunb*»
fc^aftdrec^t begnügen bürfte, ba^ man nicfjt nottimenbig l^ätte,
auf bad ungefd^riebene öfterreic^if^e {Rec^t gurüdjugreifen.
®erabe für eine 9teil)e üon SDlatexien, in benen bad ^ou
munbfc^aftdre^t mit bem Obligationen^ unb (Sat^enre^te in Se^
rül^rung tritt, ermatten wir aud ben nic^tcobificirten 9ie(^tdqueQen
bie beften, bie aufflörenbften älntworten, unb ein Bearbeiter un«
fere« ©toffe«, ber ficft mit ben gefc^riebcnen ®efe(äen begnügt,
gerät^ nic^t nur in ®efa^r, biete« SBic^tige ^^n übergeben, fonbern
in bie erheblichere ®efal^r, bie gefefelic^en Jöeftimmungen felbft
fc^ief ju interpretiren.
fjür 9lieberöfterreic^« nif^tgeft^riebeneö ^articutarrcc^t ') biU
'^) 2)00 nii^tgef^riebene ^arttcularred^t ,,ber Sanbtdbrau(i^" Derbtent
galt) befonbere lBead|tung. i^efe^e, ^ratttfer unb S^eoretifer bejte^eu 1^4
Diel ^unbertmal auf ben Sanbt9brau(4, um bie (Sigentpmltc^teiten bed Öfter«
retd^ifci^en Sled^ted gegenüber bem bereit« in bie ^öt)eren ©ertc^te ooHfommen
cingebrungenen gemeinen dttditt }u begrünben. @o f^reibt fc^on @ 4 Mareen«
t^aler in feinem 1592 erfci^ienenen SBerfe „Tractatus Judiciarü Ordinis"
— 15 —
beten ©uttinger'd Consuetudines Austriacae^) ftet^ eine ber
mic^tigften Srfenntntgquellen, unb koir lonnten ed nicbt unter«
laffen, fätnmtlic^e alp^obetif^ georbnete ütitelüberfcbriften fammt
beten 3n^a(t burc^juge^en, um manc^' perftecfted Slrgi^ment, bad
ftc^ ^tnterbrein rec^t brauchbar emiefen (|Qt, auf^ufinben.
©uttinger toixh immerhin a(d eine ^au)}tquel(e gelten
mäffen; aQein oudreic^enb ift biefe QueQe nic^t, noc^ meniger
gehört beren ^enü^ung gu ben leichten 3lufgaben.
@tn reblic^er f^orfc^er tt)irb über ©uttinger'd 2Bert auc^
üon ber befifinbigeii 93rrufimg auf ben Sanbtdbraiid), unb 91 eutter in feinem
glei^ unten ju ermöl^nenben SBetfe ^offt auf eine balbige umfaffenbe ®efe^«
gebung, »el^e an bie (SteUe be9 noc^ allgemeinen, aber immer iinftc^frei*
merbenben ©enio^n^eitdrec^ted treten foOe.
^) 2)te ConsuetudiDes Austriacae ad Stylnm Excelsi Reglminis
Infra Anasum Olim accommodatae per Joan. Baptistam Suttinger de
Thnrnhof, Juris Utrinsque Doctorem, Consiliarium CaeHareum et Ex-
celsi Beglminis Cancellarium merben immer gu ben mic^tigflen Duetten
Sßcrreic^if^er S^e^tdgefd^ic^te jö^Ien. S)ie (Sntfd^eibungen Suttinger'« ftub
groSent^eil« au9 bem Cousuetudinarium entnommen morben, einem ®ebent'
bu^e, »el^ed bie nieberöflerreic^ifc^e 92egierung über olle ern)(efen feflge-
festen ©ebräut^e bom ^a^re 1654 (nad^ (Sinigen 1550) anfangen lieg unb
bad bi« iu*0 18. Sa^r^unbert fortgefe^t mürbe, ^aä^ ber C^inleitnng }um
I. @u))plement6banb bed Codex austriacus ^at ©uttinger feine in ber
SDi^itte bed 17. Sa^r^unbert« gefammelten Consuetudines austriacas nad^
feinem S^obe ald ÜJIanufcript hinter f\(S) getaffen, mel^ed lange 3^tt oon $anb
2U ^onb obgef^rieben mürbe. (Sin änonl)mu9 lieg biefe Consuetudines
breimal furj nac^ einanber in 92firnberg brucfen, unb j^mar in ben 3a^ren
1716, 1717 unb 1718. 2)em alp^obetifc^ georbneten ^crfe ifl eine ^orrebe
uic^t ooraudgefanbt, mo^l aber flnb in allen Sludgabcn ^mei Beilagen f^ugleic^
mit €^uttinger'd Consuetudines abgebrucft, nämlic^ erflen«: „Additiones
praedlctarum consuetudinum austriacamm renovatae'*, unbimeitenS : „ Aureus
juris anatriaci tractatus continens observationes selectas Authore Dr.
Beroardo Walthero cancellario Austriaco/* SBon ben bret ^u9gaben Sut-
tinger 'd ifl bie 9[u6gabe bed 3a^red 1718 bie einzig brauchbare, ma^renb
bie betben anberen oon SE)ru(ffe^lem unb finnflSrenben ^ndlaffungen mim«
mein. SBenn mir Suttinger citiren, fo ^aben mir aQemal beffen Consue-
tudines im 9Luge, mad umfome^r ^ier ^ert)orge^oben ju merben nerbieut, ald
Suttinger augerbem noc^ ein fe^r berühmte« SBert: ^Observationes
practicae, ober gemiffe <9eri<!tt9gebräud^, mie biefelben, fonberli(!^ bei bem lob*
Wditn Ianbmarfd)allif4ien Gerichte in Defierreic^ in rec^t genommen unb ge«
galten merben" — gef(!^rieben unb im 3abre 1050 bur^ ben ^xud t>tx»
Sffentltc^t ^at. 3^" "^ne Auflagen biefe« SBerfe« erft^ienen unter bem £itel
,,^emeuerte observationes practicae" in 92ümberg 1678 unb 1713. Sut*
ttn ger*« (o^e Sebeutung |ebt f^on bie oben berührte Einleitung ^um erf!en
Suppfement^banbe bed Codex austriacus mit ben Sorten ^erbor, bag SEßal«
t^er unb Suttinger megcn bielffilttg aQegirten Consuetudinario unb bei«
gebrachten Praejudiciis fafl legules }u nennen feien. 8 off in« in feinem
unten gu bejet^nenben Serfe ermähnt Suttinger'd Serf auf S. 17
8anni)a in feiner boHflfinbigen Slb^anblung non ben fämmtlit^en öflerrei*
(^iff^en ®eri(!§t9f}enen, SBieu 1767, auf S. 112 bi« 114. Suttinger mar
bi« 1662 jtanjler ber n. ö. 9?egierung (9$offiu9 S. 18).
— 16 —
tiic^t auf äBatt^er^), <B(i^toax^tntf)altx^^), niäft anf 9}eut
^) Ungleich r)ebeuteubct noc^ aU ^utttitger if) feiu früherer Vor-
gänger 93ernarbud ^alt^er, toelt^cr na^ VoHiud oom !2)octor htv ^tdfit
gum dlatft ber n. ö. 92fgieriing, imb bann im 3a^re 1556 )nm j^anjltr ber
n. d. dtegierung beförbert rourbe. ^alt^er'd (Siiiflug auf bie dfierreic^tf^e
Stec^Uentroidelung muß ein gang befonber« groger geroefen fein, obroobl gu
fetneu Sebgeiten feine @d)riftcn gewig ui^t georucft morben flnb. ^xt fc^on
be.)ogene Einleitung )uni I. 93anbe be« Codex austrlacus berid^tet, i^bag mit-
ten in bem 16. Saeculo ber Uerübmte 9^ JÖ. 9{egierung0-(San)ler ^ernarbu«
SSalt^eru« feine tractatus Juris Austriaci gefd^rieben ^abe'' unb rorifl i^m
mit @uttiuger bie erjle ^teQe unter bcn $roftifcrn an, lOoffiu« f(!^reibt
aber @. 16, bog SBalt^er fe^r oie( baju beigetragen ^abe, um bie Ste^td«
gemo^n^eiten a&gemein sugänglid) j^u machen. Is — fo f^reibt Voffiud —
quaevis jura ex patriis moribus decidenda ordinatim persecutus est, adeo-
que consuetudines in novam lucem produxit. SBte verbreitet SBalt^er'd
@(4riften ober boc^ ^c^rifteu unter feinem 92amen gemefen fein muffen,
geigt Vofftud, ber bann meiter fc^reibt: Versantur inter manus multoram
ejusdem tractatus varii, manu exarati (pro quibus tarnen, quod omnes
enndera habeant authorem , Sponsor non sum). 93offiu4 ((^. 447) ge^t
fogar weiter unb brbau)}tet, bag ba« iD^anufcript ber ^inb^agen'f^cn
ißibliot^et , melc^ed bie breige^n Xractate über bad öfierrei^ifi^e Steigt ent-
halt, oielUic^t ebenfaa« oon SBaltber ^errü^re. ®ebrucft rourbe oon
i§m nur ber Aureus juris tractatus, ber, wie bereit« ermähnt, ben Consue-
tudines oon @nttinger beigebunben, unb ba^er me§r ald ^nnbert 3a^re
md^ SSaaber'd 2:obe erfc^ienen ifl. SDie «ebeutung auc^ biefe« SSerted ^ebt
9J f f i u « mit bcn SBorten ^eroor : „Verum omnia quae ibi tractantur,
in posteriores constitutione», in tractatum de juribus incorporalibus, et
de jure suceedendi ab intestato aut puta translata aut coriecta invenies/*
äSir möchten fc^on au biefer ©teile ed al« eine nic^t unma^rf 4 einübe Wtti*
nung audfprec^en, bog Salt^er^ä (Sinflug auf bie Sanbtiafel ober Sanbt««
orbnuug bed ^ocbIöbIi(4en Srgdcr^ogtbumd Oeflerreic^ unter ber (Snnd —
beffeu mir tu ber jpäteren 92ote gebenten werben, ber grögte gewefen ifl, um«
fome^r ald ginflerwälber unb ^nbere dteaeu aud ^aü^er'« (bamaU
no(^ ungfbrudtcm) Tractatus anführen, weldie wortgetreu in ber ^anbedorb«
nung wiebrrguftnben ftub. (Sine genaue (Srforfc^ung bed Sebend unb Wirten«
«crnorb ©altber'« wäre im Sntereffe ler öficrreic^ifc^eu Ölec^töwiffen-
fc^aft febr wünfc^endwertb-
^") Joanne« @(^wartjcnt^aler, guerjl orbentlid^cr "ißrofeffor be«
(£obr^ an ber Unioerfttät in SBieu, bann 9{at^ be« iD?arfgrafen oon $)ranben-
burg unb fc^lieglic^ 9^atb unb €t)nbicud ber ©tanbe 92ieberöflerrei(^d, bilbet
in gewiffem (Einne einen ®egenfo\} gu ^altber; ^c^war^eut^aler
ifl ^unäd^fl ein 9^omanift, ber gelegentlich auf öflerreic^ifc^e ©eric^tdgebrSuc^e
gnrücffommt, wä^renb $ö a 1 1 ^ e r eben nmgete^rt bie ^ebeutung bed fe(bfi«
ftönbigen ®ewo^nbdtdred)tcd bem einbringenben römifc^en 9ted)te gegeufiber«
fieüt. lieber ©c^war^entbaler ifl befouber« gu oerg(ei(!^en: Dte (Sin«
leitung gum I. ©upplemcntdbaub bei^ Codex austriacus, bie i^n ben „für«
treffli^en ^raftifer iu Oeflerrei(^" nennt, bann © o f f i u 6 @. 17, © o n n i j a
@. 106 unb 2 u c c a, i^uflijcobfj:, Job. V, <S. 253. Sßou @(^mar|}en-
t § a I e r ftnb mehrere ^erte erfd)ienen : I. Tractatus Judiciarii Ordinis in
tres libros digistus. Francofurti 1592, oerme^rt 1613. II. Tractatus de
Pignoribus et Hypothecis. Francofurti 1694. 3)em fe(}teren Stractate finb jwel
fleine !X^ractate „de noyationibus et delegationibus" unb „tabella juris re-
praeseutationis circa successionem testatorum et intestatorum" beigegeben.
!3)iefe« SBerf ifl öugerf! feiten, indbefonbrre weber in ber SBiener Unioerfitötd'
bibliot^ef noc^ in ber ^ojbibliot^ef Dor^anben; i(^ benutze bie erfle %u0gabe
— 17 —
tcr**), nit^t auf SBeinaärtfer^^)^ J^infterlDalber*^), SSed^
mann^^), ®xtntV^), SSoffiu«!«), nit^t auf 3o^ann Ubatric^
>
au« ber ©roirr UntDerruätdbibliot^ef; ein ^toetted (S^emplar (bte neue Auf-
lage) befi^t bte Stbliotbef ber nieberöflerreic^tfc^en Sanbfc^aft.
^') @tne befonbere @teQe Derbient 3o^ann ^einrieb 9t e u 1 1 e r, faif et-
licher 9?Qt6 unb 92eQierung0fecretfir in 92ieberdßen;ei(^. @ein ^er! „Viginti
quinque tabulae juridicae, quibus accesserunt variae differentiae juris com-
munis et Austriaci'^ ^legendbnrg 1664, ifl befonber« baburc^ merfbärbtg,
bag feit biefer ßeit fxä^ in ben meißen ©griffen bad Streben tunbgibt, ben
Sanbt^braut^ bem gemeinen dttd^tt gegenüberjuflellen. 9luc^ üon biefem SBerfe,
bad f(!^on gu SB a n n t } a *d ä^ittn fe^r feiten mar. fonnte \ö^ nur gn^ei (S^em«
piaxt erforfc^en ; eine« anf ber Unioerfttöt«bib(iot§e! in <S^rag, ntiiit^ id) be-
nfi^e, ba0 anbete im fLtd^xnt ber nieberöflerreid^ifd^en Sanbfd^aft; auc^ biefe«
SBerf fel^a ouf ber Wiener ^of» unb Uniberfitatdbibliot^et. (@ie()e fibrr biefe«
SBBerf © o f f i u « @. 18, © o n n i a a @. 107, unb 2 u c c a, V. »b., @. 255.)
^2) ^en gleichen 3u'e(f roie ^ e u 1 1 e r, nur meit ft)fiematif(!^er, oerfolgt
Soanned SBetngärtler de et in ^a^bac^ , taiferlici^er unb turffirfllt(^er
baierifc^er fftatff unb ©tjnbicud ber (Stänbe Oberöflerrei^« in feiner «Schrift
nCon- et Discordantia Joris Consuetudinario Austriaci supra Anasum cum
jure communi in quatuor Institutionum libris remonstrata", 9}fimberg
1674 ; bad f&r Oberöfierreic^ gef(4rtebene SBerl ^at »egen 8enö^nng ber
<$er^abf(^aftdorbnung üom 18. gebruar 1669 für un« einen bebeutenben
®crt^. (@ie^e »offtud @. 18, ©onniga @. 106, Succa, V. ©b.,
@. 255. SÖeingörtler ifl übrigen« in Unterfc^eibnng bedienigen, ma«
Don 2anbt«braud) gilt unb tt>a« burc^ ba« römifi!^e 9{e(^t außer Uebung ge«
fefjt ttjurbe, nic^t ft(^er.)
^3) ^\fi auefü^rlic^ec a(« SßetngSrtler'« SBerf ifl ba« SBerf be« ©ene'
biet Sinflernialber, J. U. Dr. et Aulae Cremisanensis judex, nee non
Incljti Status DD. Praelatorum superioris Austriae Secretarius, welche«
unter bem £itel: ^Quatuor libri observationum practicarum ad consnetu-
dines Archi-Ducatus Austriae Superioris accomodaterum^' erfc^ienen ift; bte
iwn erflen ©finbe lourben 1687, unb in jaetter ^Auflage 1719, ber britte
©anb 1730, unb ber vierte 1762 (ni(!^tnie ©anni} a fagt 1603) in @al3«
barg gebrudt. (@ie^e ©offiu« @. 19; ©annija @. 108; Succa,
V. »b., @. 255.)
^*) S^id^tig ifl auc^ bie Idea Juris Statutarii et Consuetudinarii
stirlaci et austriaci cum jure romano collati, in quantum singula cum illo
conveniant et in quantum inde recedant be« J. U. Dr. Nicolai de Beck-
mann, Sacri Romani Imperii Equitis et Sacrae Caesareae Majestatis
Consiliarii. ©ra) 1688. 2)a« SBert if! alp^abetifc^ georbnet unb nimmt auf
Sflerretil^ift^e unb fleierifdje ®en)o^n§eiten flet« 9tüdfft(^t unb ifl auc^ fonfl
fe^r bea(!^ten«roert^. (@ie6e S u c c a, V. ®b., @. 256.)
^^) (Sinen n>efentli(!^ anbeten (£§arafter befi^t ba« ^l?heatrum Juris-
dictionis Austriacae", §erau«gegeben uon grau) 3ofef (S' r e n e f, ^octor
ber 9?e(4te, {)of- unb <&eti(^t«abDocaten in ^im, 1752. (S« ifl eine gmeite
9(n«gabe, begte^ungemeife Ueberje^ung be« $Berte« „De Jurisdictione ho-
diema ad praxin Austriacam infra Onasum'* be« älutor« 3ofef ® r e n e f
(Sater« be« granj 3ofef ©reue!). (Sin befonbere« Sntereffe bietet ba«
SSerf burc^ bie ^^üctflc^tna^me auf bie 92ec^t«oer^ältniffe ber Untert^anen,
auf totldit ba« gemeine 9led)t einen meitau« geringeren (Sinflug geübt 6at.
(eic^e «anniga @. 118; ?ucca, V. ob., @. 26K)
16) 3u ben beflrn SBerfen galten wir ba« »uc^ be« S. ^. 8 (o f f t u «),
meiere« unter brm £itel „Legum et Consnetudinum Austriacarum eorum
potissimum, quae infra Anasum vigent cum jure Romano collatio'^ im
3a^re 1772 in gmeiter iflnflage erfd^ienen ifl, beffen re4t«gef(4i(^tü(^e 92otiien
C^«rin«f9, b'fterr. Qermii nbf^aftlre^t. 2
— 18 —
!Donncr^'), enblid^ in unferer SKotcric befonberö nic^t auf San*
nigo^^) üergeffen bürfen; allein lein einjtgeö ber genonnten SBerfe
gibt eine f^ftemattfc^e Ueberfid^t be^ }ur 3^i^ geCtenben gemein
nen unb burc^ ben lüanbtdbraud^ geönberten ^td)M, unb ed
fönnte nur mit gro§er Wlüfft gelingen, aud ben genannten ^er«
len eine Ueberftc^t ber Sntmidelung be9 {Hec^ted ju gen^innen.
3um ©lüde befit^en mir ein öugerft h?ic^tiged ungebrudteö
Socument, „Die nieberöfterreid^ifc^e Vanbtafet au« bcmSa^re 1573",
n)el(^e« allen älnforberungen, bie ton fonft an gebrudte Serie
[teilen, genügt.
©c^on 8ucca erttJä^nt in feinem Suftijcobej: (Sanb I,
@. 116) biefeö SBerf, meldje« unter bem litcl „ganbt^SEafel ober
ü^anbtdorbnung bed ^öc^Iöblic^en Sr^^ergogt^umb« Defterrei^ unter
ber Snn«" erfc^ienen ift; gu yucca'ö ^dUn befanb fic^ ein
ÜRanufcript biefe« SBerfe« in ber SSSinbl^aoen'fc^en öibliot^ef;
n)ir baben biefeu @cbat^ öfterreic^ifc^er 9?e(4t0queIIe freunbUc^ au«
ber 8ibtiot^ef be<$ juribifc^^'politifc^en Sefeoereined geüel)en er^
l^alten unb ^aben bem @tubtum biefed SQierfed fe^r oiel gu
banlen.
©ie oberöfterreic^ifc^e Sanbtafel öom 3a^re 1609, »eld^e
Succa im erften Sanbe feine« SBerfe« auf ©eite 182 anführt,
mar ebenfo mie bie nieberöfterreic^ifc^e Sanbtafel gu Succa'«
3eitcn nod^ 3Kanufcript, unb beibe finb e«, !J)an! bem btü^enben
©taube öfterreicl6tfd)er 9te(^t«gefc^i(^te, l^eute nod) geblieben.
ÜDie n. ö. 8anbt«orbnung — bereu S5rudtegung mir eben bei
biefer ©elegenl^eit fe^r gerne in Slnregung bringen möchten,
ba fie öießeit^t eine« ber mic^tigftcn 3J?omente gur ^n^tanb^^
bringung einer öfterreic^ift^en 9?ed|t«gef(^it^te märe — , bicfe
8anbt«orbnung ift bie 3)Jutter be« tractatus de juribus incor-
poralibus, ift auf ba« 3nteftaterbrec^t be« Saftre« 1720 oon be*
ftimmenbem @influ6e gemefen, mug nac^ me^rfac^en Berufungen
(@. 11—20 unb 446— 449) toir bi^^er eifrig benü|jt ^aben. Succa ertoa^nt
bc«felbcn ©b. V, @. 768.
* ') Sofef Seon d. ©anwigo b. ©ajan'8 „Disquisitio de Analogia
Joris germanici civilis communis cum jure provinciali Austriaco, hnnga-
rico, bohemico, moravico et tirolensi quoad tutelam*\ SEBten 1761. ^anniga
tfi ein entfc^iebener ©egner ber ^u«Ieflung bed öflerrei(^if(^en ^tdjU9 au8
bem römifd^en ; bad gutgefc^riebene 3Bert fuc^t — roenn au(^ oft mit (Sin'
feitigleit, nat^ ber beutf(5re(^tli(%cn SBu^et (S u c c o @. 264). SSBir citiren
biefe« SQSerf in ber S^Ig^ blod unter bem 9?amen © a n n i ) a. $on bemfelben
!^utor rü^rt bie bon und bereits belogene „^odflänbige ^b^anbluug bon
ben fämmtlic^en öfierreid^ifc^en ®eri(|t«fleaeu, SBien 1767'', ^er, roeld^e auf
@. 104—120 eine fe^r brau(^bare Ueberftc^t ber öfierreic^ifd^en jluribif^en
Sitcroturgefc^td^te, unb auf @. 123—132 einen fe^r wert^boüen Sln^ang bon
ben in Oefierrei(^ geri(^tegebräu(^Ii(^en SBörtern enthält.
^^) 3o(ann Ubalrid| SDonner: @intettung gur ßenntnig bed öfler«
reici^ifd^en SRed^te«. 3 S^Ic., 1778.
— 19 —
®ntttnger'^ t)on beti ©erid^ten — ungeachtet fie niemals ®e^
fe^eöfraft erlangte — ^öufig benu^t tDorben fein unb l^at und
ben €(^(üffe( }u manchen ^eute nodj erl^altenen @tgentt)ümli(t«
fetten bed öfterreic^ifc^en ^riDatrec^ted geliefert^ n)e{c^e einen brei«
^unbertjd^rigen ^articularidmud aufmeifen ^^).
*^ S)ie (o^e Qebeutmig ber 2anbtafe(it ergibt flt^ aud fofgenben (Sr«
iDägungen:
ttfle bid^er angefahrten ^(^rtftfleOer betonen bie bo^e tBebeutung be«
®ewo^n^ett«rc4ted in Oeflerretdi. ^m übftftt^tHt^flen fc^reibt bieraber Sof«
ftu«, totid^tx, nac^bem er bad (Sinbrtngen htü römifc^en 9le(^te9 gefcbilbert
bat, auf @. 14 alfo fortffib^t : „Quamvis vero juris romani doctrinae multa
accepta referamos iitpote juriura antehac dubionim et actionum compertam
rationem ; judiciorum ordinem; mores non adeo probos antiquatos: id
tarnen laudi non dandum est istis ex Academia Juris consultis, quod
nnice juris romani insistentes doctrinae, jus patrium, cujus
principia et causas ignorabant, pene despicerent.
92unniebr gebt $ o { f i u 9 barauf über, ben ^ampf bed einbetmtf(ben
unb be« fremben S^edite« gu fcbtibent unb geigt, toxt and| btefem Kampfe ftcb
boi Sebfirfntg ber 9[ufjet(bnung be« <9en)obnbeit9re(bte9 ergeben mugte; ,,non
le^is lüde in foro contentio, cum ex una parte juris romani authoritas
assiduo propufirnaretur, ex altera ad consuetudines provocaretur patrias.
Ma^a inde judicandi difficultas , praesertim, cum tam certa non
essent consuetudinum quam le^um monumenta; majus vero
illomm ad jura demonstranda pondus. Id igitur negotii sibi datum fuisse
magistratus arbitrabantur, ut minus dubia in consuetudines illas para-
rentor testimonia".
@(blte6li(b gebt 8 f f t u d barauf über, ben befonberen ^eg gu
geigen, »elcben bie n. o. S^egterung bifdfaQ« etngefcblagen bat : Quod quidem
ab Eccelso Regimine ita effectum fuisse reperio : quotiescumque de utro-
qne jure disceptabatnr, decidendi autem rationes perspectae erant, sen«
tenUa, rationesque decidendi in tabulas referebantnr; tum vero« quando
JOB aliquod consuetudinarinm in controversiam veniebat, idque exploratum
non erat judicibus , consulebantur Status provinciales tam-
qnam jnris patrii optime gnari.
S { f t n begengt bemnacb, bag nocb int 16. Sabrbnnberte bad &t»
»obnbcitdretbt be« Sanbed lebbaft im ^emugtfein ber Sanbfiönbe toav unb
beliebt f!(b bieSfaÜ« auf bie Don 0uttinger, pag. 89, 187 unb 339, an«
gcfübrten gfiHe, betreffenb ,,bie ffttä^tt ber (Sbi^ograpbai^'® laubiger im <£oncurfe,
ha9 (Erbrecht ber ^tlcenbenten unb ba9 SSorjugerecbt be« $euratb€gute9
im (Soncurfe, in tt)el(bem bie $(u«f(büffe ber (Sbrfamen Sanbfcbaft ben Sanbt9«
brauch be|eugten".
2)ann fdbrt IB o f f i u 9 f ort : Tabulae, in quas jura ita dilucidata
referbantnr Tocatae sunt ,,Con8uetudinarium". Coeptum est hoc opus in-
stitni Ao. 1550. Sed cum huic consuetudinario posthac etiam rescripta
principnm insererentur, Über ad opus prius destinatus vocabatur (ba8 üfto«
tinenbuCb)* I^em Status provinciales tennere institutum ; tabulae autem me>
moriales, provinciales dictae sunt) bie Sanbtafel) ; referebantur quoque
in illas statuum jura praerogativae et privilegia: Initium sumpsere An.
1573. lieber biefe 8anbt6orbnung (begiebungdroetfe eine Ueberarbettung ber«
felbcn, wetcbe tnir im Zti^it angefübrt baben) f(^reibt ^ o f f i u auf @. 446 :
Tabnlae autem provinciales, quas ßibliotheca Windhageniana possidet,
nihil aliud sunt, quam quaedam collatio juris Romani cum Consuetu-
dinibus patriis, seu potius jus romanum, consuetudinibus patriis attem-
peratum. In quatuor Autem libros illae digestae sunt. In primo libro
2*
— 20 —
SRußten tDir, um für bie ganje folgenbe @nmi(fe(ung bett
SBcrtö unb bic SSebeutung ber öftcrreic^ifc^en 9te(^t«que(Icn fic^cr*
apitar de jurisdictione et jadiciis, in secundo de contractibus, in tertio de
testamentis et ultimae voluntatis dispositionibas, de successione ab inte-
stato, de jure protopraxeos, de tutelis et curatelis ; in quarto de iis, quae
in tract. de jur. incorp. ezponuntnr, praetera de praeecriptione.
<Sd !ann leinrm 3^ctfel untfTtiedcn, tag $ o f f t u d eben jene« 9Ra-
nufcri)9t oot %ngen ^atte, beffen tibfc^rift und oorliegr, ba j[a bie gange %n*
orbnung ber $9üd^er unb £tte( (aarMavf ilberetnftimmt.
Streffenb ^ebt S o f j i u « fi€tt>ov, bag btefe Sanbtafet burc^au« tein
(9efe^ roav, unb bie Einleitung }um I. ^upplementbanb bed Codex austr.
fprtc^t [id) bte«faQ« ebenfo entfdiieben au«.
„Anno 1573 — fo f(^retbt $erren(eben in ber Einleitung —
rourbe, na(^ @ utti nger^e B^^^B^^Ü» ^ie Unter^Orfi erreicht) c^e SanDtofel
errichtet, unb Anno 1629 bie Ober-Oeflerr. ober oieflei(l)t beibe reoibiret,
n>ortnnen bte ^erfaffunq ht^ Sanbe«, bie (9*ci(^tdorDuuiigen, unD *>te für«
ne^mßen unb gemetnfien ^anblungen nac!^ bem Oeflerreid^'f(t)en diente unb
Oewo^n^eiten gar orbentlic^ )ufammengetragfu unb Derfaffet ftiib."
^«ber" — fo fäbrt ^errenleben fort — „obroo^ien bie be^ben
a(0 9Heber« unb Ober*Defierret(4if(l|e ?anb*!£afeln, Principis nomine reben,
ou(^ in festeren (Generalien bie Untert^anen ba^iu angewicfen merben, fo
finbet ^di boc^ nt(^t, bog fte burc^ Sanb^-ffirfil. $ub(icatton, ^ntimation,
ober bo(!^ auf anbere ^eife legaliftret, noc^ bei beneti (Gerichten in decidendo
barauf attenbiret, au(& ni(!^t burd^ ben ®ru(f pnblici Juris morben, fonbertt
aU ein Etnrat^en unb (Snth)urff sine authoritate geblieben unb erfl na(^
langer Seit, bur(4 2anb«-fürf)r. Matiit, beffen einige ©tfltite a(« Anno 1679
tract. de Juribus Incorp unb Anno 1720 Erbrecht augrr 2Ieftament in
legem pnblicam muffen promulgiret werben.''
E« n)ar oemnac^ im 18. da^r^uuberte ba« Serougtfein rec^t lebenbtg,
bag bie mittlermeile promulgicten größeren (Srfe^e nid^t^ Slnbere« al« 9e-
panbt^etle ber alten Sanbedorbnung waren, unb &ag bemnac^ ber (Gebanfe
einer (Sobtftcatton ber gefammten Sanbedorbnung früherer ^t\t red)t lebiyaft
geroefen fein mugte.
3n ber £^at fc^eint im legten liierte! bed 17. ^a^r^unbert« bie $off'
nung beflanben }u ^oben, bog bie einzelnen £§ei(e (S^ractatr) ber Sanoe«-
orbnung raft^ nac^etnanDer ))ublictrt werben warben.
äni biefe ^emertung füt^rt un« 91 e u 1 1 e r, ber im 3a^re 1674, alfo
na(^ bem Erfc^einen ber Oer^abfc^afttiorbnung (1669) unb Dor bem (Srfc^et-
neu bed Tractatus de Juribus Incorporalibus (1679) fein ob bezeichnete« £Berf
I^er ausgegeben ^at.
9leutter f(^reibt ad Tabnlam I, 3, golgenbed: Ne autem nos cum
posteris nostris in tanta consuetudinum incertitudine diutuis fluctuare
necesse habeamns, sperandum est, quod reliqui Tractatus Ordi-
nationis Pjrovinciali s (ber Sanbedorbunng), qui jam sunt compi-
lati: nempe ille de feudis, de successione ex Testamento et
ab Intestato, de juribus incorporalibus fammt ber neuen (9e*
rid^tdorbnung sub Augustissimo Caesaris Leopoldi Imperio vi pragma-
ticae sanctionis, lucem aliquando visuri, consuetudinibus incertis normam
praescriptnri sunt. Interim fruamur Tractatibus jam promulgatis nempe
ber iS^ecuttond', Sanbgeric^td«, ^eingartv geuer^ Steüiftond-, (Gerbabfc^aft««
unb ^oügetorbnung, wie auc^ Wa9 per edicta in materia appellationis unb
fonfleu particnlariter bereit« ^ubticirt worben.
^u« btefem (Sitate 9{entter'0, namentüc^ aud ber ©teUe „quod
reliqui Tractatus Ordinationis Provincialis (ber Sanbe«orbnuug),
qui jam sunt compilatr' möchte ic^ f^liegen, bag ber Entwurf ber
— 21 —
3iifte(Ien, eine SlbkDeic^ung Don unferer Slufgabe iDogen — fo
brängt ft(^ je^t bie 9^ot6n)enbigfett in ben 33orbergrunb, in ben
oOgemcinftcn Umriffen, mit ben äußerftcn ßontourcn baö Silb ber
(SnttDicfelungdgefc^id^te bed öfterreic^ifc^en 93orniunbfc^aftdtt)efend
borsufteüen 20).
2onbe«orbnung k)oin 3a^re 1573 gu 9lteutter'd ^tittix (1674) bebeutenb txtot'u
tert roorbm luar, ba ja 9{eutter be9 Tractatus de feudis erroöt)nt, xotl<bn
oQetbitidd in ber oberöperretcf)tfc^en Sanbeeorbnung oon 1609 (rrmbirt 1629),
mc&t aber in ber n. ö. Sanbe^orbnung Don 1573 Doifam.
9teutter ermähnt fobann bie bereits promulgirten Sractate, meiere
^ttmlid) gleichseitig erloffni roorben ftnb, nomlic^: bie (5;reciition«orbiiung
00m 27. 3uli 1655 (Codex anstr. I, @. 299—309); bie 2anbgeri(^t«orb*
Bnng oom 30. 2)ecember 1656 (Codex austr. I, @. 669—728); bie SBein-
gartdorbnung üom 31. ^iigufi 1666 (Codex austr. II, @. 425—432); bie
^euerorbnung loom 1. ^ecember 1666 (ermahnt in ber geurrorbnung com
16. 3änner 1688, Codex austr. I, @. 327—334); bie 9lföifion«orbnung
oom 14. SKoi 1669 (Codex austr. II, @. 248—252); bie Oerljabfd^aftÄorb-
nitng oom 18. gebruar 1669 (Codex austr. I, ®. 410—427), unb bie $0--
lijeiorbnÄnfl üom 28. @fptcmber 1671 (Codex austr. II, @. 153—159).
SRac^bem in 16 3a^ren fo bebeutenbe (Sobiftcationdarbeiten gefc^^^en
maren, tfl ed roo^I begreiflich, baß 9leutter ben ^mifc^ au9f))ric^t, „quod
reiiqni Tractatus , qui jam sunt compilati lucem aliquando visuri
sint'^; unb bog Sieutter biefen SBunfc^ nidjt blöd au^fprec^eii, fonberu aud)
brffen (SrfüQung boffeii burfte, s^igt mo^l am beßen ber Umflanb, bag ber
Traetatus de juribus incorporalibus fünf 3a^re barauf, unb bag ba« (Erbrecht
auger Sefiament nac^ :6er^anblmigeu, roelc^e fd)on unter ^aijer Seo))olb ge*
pflogen mürben (Codex austr., Suppl.^^b. I, @. 582) im 3a^re 1720 pro
mulgirt mürbe.
@d fc^etnt und fogar Diel SBo^rfc^einlic^teit bafur t)or}uIiegen, bag
oor bem 3a^re 1669 ber $lan feflftanb, eine reoibirte n. ö. Saubeeorbnung
im Saugen mit ®efe^ed traft audgurüfltu unb }u publiciren, in melc^er ^anbee*
orbnung bie ^ert^abfc^afttforbnung bed 3a6re« 1669 nur einen Sattel )u
btiben gehabt ^ätte.
2)enn eben im 8. Siiel, §. 10 ber ©er^abfc^aftdorbnung, finbet fic^
fotgenbe mertmürbige ^teQe: ,,3m übrigen, mie ed mit ^21uffric^tung
etnee 3noentarium« i^u galten, ifl bereite inbembritten^Buc^e
biefer unferer Sanb«-£) rbnung Tit. 28 mit mehreren fürgefe^en."
2)iefe ©teQe tfl in bie (Ser^abfc^aftSorbnung offenbar tineingetommeu,
ald fie noc^ einen >Bef)anbt^eiI eined (Sntmurfed einer reoibiiteu aQgemeineu
niebctoflcTreicl^ifc^en Sanbe«orbnung bilbete, unb fte ifl flehen geblieben, na4«
bem bie Qer^abfc^oftdorbnung aus bem 3ufQ>nmeu^ange mit bem reoibirten
(Sntmnrfe ber Sanbedorbnung gebracht unb al9 ein eigene^ ®efeQ promnU
girt morben n}ar.
S)ag hit (^er^abfc^aftsorbnung bed 3o4rfd 1669 in einem reoibirten
iSutmurfe ber n. d. Sanbedorbnnng bed 3a^ref$ 1573 aufgenommen roorben
mar, fd^fiege ic^ auc^ barauf, tag in ber Saubedorbnung bed 3a^red 1573 ber
129. 2:ttel bed ni. Suc^c«, melc^er „$$on ben (^er^abfc^aften unb (Surato«
rc^en" überf^rieben if), (rbigUct) eine Sejie^ung auf bie 9{eform guter ^O'
lijci ffir bie fünf nieberöflerretc^ifd)en 2anbe nnb bie ©raff^aft Sorg oom
So^re 1552 enthalt ; ferner, bog nac^ bem (Sitate in ber ©er^obfc^aftdorb-
Dung ber 28. SDitel be« III. SBuc^e« Don bem 3nDentarium ^anbeln foU,
mätftenb in ber 2anbe6orbnung be<» 3a$re6 1573 ber betreffenbe Sitel ber
63. im UL Suc^e ift.
^ 34 ^offcr bei meinen ?efern C^ntfc^ulbigung }u finben, toenn ic^
— 22 —
an bic 9Jeic6«9e[cfeflcbung be« Oa^reö 1548, Sit. 31 —
toclc^c im SSäefentli^en im 3al|rc 1577, Sit. 32, republictrt »urbc
— fd)Io6 fic^ bic crfte umfaffenbcre SBorfc^rift über öftcrrci(^if(^c^
Sßormunbfc^aftdtDcfen an.
35a« (Sefefe öom 3o^rc 1552, welche« unter bcm Xitti
^9lömi[4er }u Ungarn unb ^e^aim k. ^üniglic^er iDlatft^tat,
(Sr^^eri^ogen ju Oefterreic^ ic. Orbnung unb 9{eformatiou guter
^nllice^ in berfelben fünff nieberöfterreic^ifc^en fiänber unb fürftlic^en
©rafffc^afft ©örfe ouffgeric^t unb öernenjert" crfc^ienen ift, geigt
ganj tlar ben 3uf^^^'ii^Qii9 ^i^ ^^^ Sieic^dgefe^gebung, tDcIc^e
ja, nac^ i^rem fpöter gu befprec^enben 3n^a(te, auc^ för bie Sanbed«"
Ferren öerbinblicf) mar.
S)cr a(te Äönig«frf|ufe — ber Schüfe, welchen, nadj bc«
ÜK ittelatter« ^o^er Sluffaffung oon be«J Röntg« JRecbten unb 'JJpittiten,
ber Äönig unb in feinem 9Jomen ber SRic^ter ben Unmünbigen in
in ben früheren ^nmerfungen rec^td^tfiorifc^en 9^ott)en einen $(a^ gönnte;
ben Si^enigften finb jene Cueden sugönglic^, beten flnffnc^ung mir fel^r oiele
^Jlü^t getoflet ^at.
&t(^tig j(l)etnt ed mir aber, fc^ou ^ter auf einen B^iM^unft ^inju«
meifen, welcher aOerbing« gan} geeignet mar, eine DoOftänDige ^anbedorb-
nimg minbefteud in bem @inne gu ©taube gu bringen, mie e9 bie ,,^er-
neu)erte Sanbedorbnung'^ SBa^mend geniefen ifl.
Sare bem öjterreic^ifc^eu ^rouincialrec^te im 17. Sa^r^unberle eine
folc^e Sammlung oöer (kobificatiou gugefü^rt roorben, fo ^ätte fid^tt bie
^lage über Unft^er^eit ber SRec^tdorbnuug im 18. ^al^r^uuberte nidit fo
ungemein burd) gegriffen; benn bie Unft(^er§ett ^atte geraig i^re Ouette in
bem ^etblaffen ber Äenntnig be« §eimt|c^en Steckte« unb in bem Umßanbe,
baß man ftd) bem römi)c4en uub gemeiueu beutfdjen Steckte gegenüber nic^t
ouf ©efc^riebene« ftfi^en tonnte, um bie (Sigrnt^ümlic^feiten be« ^eimifc^en
9te(^te« )u beiueifen.
^ber aud) ber totxtttt ©ebante fügt ftc^ gleic^fam oon ielbft au; to&tt
bie Sanbedorbnung im 3a^re 1669 mit (^efe^e6(raft publicirt morben, fo
hätten au(^ bie allgemeinen (Sobiftcation«beflrebungen im 18. 3a^r^unberte
beimeitem nic^t ben Slnflang gefunben, ber i^neu t^atfäd}ltc^ §n S^eit mürbe.
2)em cobtficirten Saubti^braud^e gegeitübcr Ijätte au:l) Da« ^^atur» unb
SBernunftred^t nic^t bie gleiche ^ac^t roie bem nic^tgeit^riebenen Steckte
gegenüber entfalten fdnnen, uub nameutlid) Ijatte ber Seflanb oerfc^iebener giem*
Itd) Doüftönbiger l^anbedorbnuugeu in Böhmen unb SJ^ö^reu, in 92teber« nnb
Oberöflerreid) eine ein^citli(:^e (Sobiftcatiou ber gefammten Steckte ber Q^rb«
lanbe mut^maglid) er^ebtic^e ©c^roierigteiteu in ben ^eg gelegt.
9laii menf^Iid)er (Stnfi(!^t maren r« oieUei(^t sufäütge Umflänbe, meiere
bie (Sobiftcation^hifl ^aifer Seopolb I. bei ber (Ser^abfdyaftdorbnung unb bem
Tractatus de Juribus Incorporalibus auf^Sreu liegen; fieser maren e« aber
i>iefe „jufäUigen Umfläube'', meldje ha^ 3^rtge beitrugen, um bie 3bee eine«
einheitlichen niaterieOen Sterte« in Oeflerreii^ )n förbern unb i^r gum @iege
öu oer^elfeu.
Sreilic^ n^Qt^ c^ erfl einer fpäteren 3eit oorbe^alten, ber 3bee ber 9te(^t9*
ein^eit ben abfoIutenSS^ert^ einzuräumen, ber i^r ftt^er bann nic^t
gebührt, menn fie ibre äJ{a(^t bagu anwenbet, um einer abflrocten (Sleic^^ett
tief begrünbete (Sigent^ümlic^ leiten in ben jtönigreii^eu unb San bem Oefter*
reid^d anfsuopfem.
— 23 —
be^ Sorten lueitefter ^ebeutung unb ben anbereti ©c^u^bebfirf«
tigen gu 2:^fil »erben liefe — gelangte in ber 9Iei(^6gefeftgebung
bed 3a^red 1548 unb in ber Sonbe^gefe^gebung bed 3a^red 1552
aunt ooOften 9[u«brucfe; inbeffen ntugten bur(^ bte SReception be«
römif(^en {Reite« einerfeit«, unb burc^ bie öefefeung ber Oeri^te
mit re^t^gelel^rten Siic^tern anbererfeit« bie t!ormen biefe« ©c^u^ed
eine Dielfac^ oeränberte ©eftott annehmen, unb e« ift eine — mir
möchten fagen — bureoufratifc^e ^u^übung biefe« ©c^u^e« fdjon
in bem Sanbe«gefe^e oon 1552 in 9lu«ft^t genommen n^orben.
2!)a« le^tgenannte ®efe6 ^at aber burc^au« nic^t ben 9(n^
fpruc^ erhoben, bie gefammte äßaterie be« 93ormunbf(^aft«n)efen«
umfaffenb ju regeln; edfoüte ja nur gettiffe 9?eformen einführen,
andere befte^enbe ©ebröuc^e befeftigen.
3mmer^in erfc^ienen bie ^eftimmungen bed genannten ®e=
fe^e« audffit^rtic^ genug, bamit bie nieberöfterreic^ifc^e Sonbtafel
im britten 9ni^t, Zit. 129, fic^ einfach auf ba«fetbe berufen
ju fönnen glaubte, fo bafe ba« Don un« belogene yitd^t^bnö) bie
SRaterie Don bem SSormunbf^oft^mefcn ex professo gar nic^t
ab^anbett, bafür aber gelegen^eitlic^ anberer 3)2aterien eine
9teii)e üon ©a^en üortrögt, welche ba« lüden^afte ®efet} be«
3a ^re« 1552 oielfac^ ergönjen.
S)agegen tritt bie ®er^abfc^aft«orbnung be« Sa^red 1669
mit bem ^nfpruc^e auf, ben gefammten ©toff bed 93ormunbfc^aft««
reifte« }u regeln, unb bie forgföltige ^bfaffung biefed ©efe^e«,
bie große 9lu«fü^rlic^feit unb Slar^eit ber ^orm fiebern bemfelben
einen ber e^renoollften ^la^e in ber öfter reic^ifc^en 9{ec^t«*
gef(^ic^te.
S)a« C9efe^ Dom 3a^re 1669 trägt aber noc^ einen anberen
ntc^t genug {u betonenben S^arafter; ba« römtfc^e Sted^t ift in
bemfelben ft^tltc^ mit Dieter ßenntnife oerarbeitet morben, unb
namentlich mirb jum ©(^u^e be« 3Rünbel« ber gefammte Slpparat
iener römif^^rec^tlic^en ^eftimmungen ^erbeigejogen , meldie hen
SD^nbel oor ©c^aben burc^ eine im 93ermögen bed SBormunbe«
gegrünbete ©ic^erfteOung bema^ren follten.
ÜDa aber anbererfeit« bie SSormunbfc^aft i^re« S^aralter«
al« tfoniilicnfac^e immer mel^r entfteibet tt)urbe, ba ber 93ormunb
immer me^r aufhörte, Organ be« Oamilienfc^u^e« gu fein
unb (S^ecutiDorgan ber na^e^u felbft abminiftrirenben Dber-
Dormunbfc^aft mürbe, fo mußte ber boppelte ©c^ug, ber bem
äßinberjö^rigen einerfeit« burc^ feine 9{ec^te auf ba« 93ermögen
be« SSormunbe«, anbererfeit« burt^ bie Uebermac^ung be« Se^teren
Don ©eile ber 9}ormunbfc^aft«be^5rbe p S^eil mürbe, überflüffig
unb ffir ben ^ormunb felbft all)u laffig erf^einen, fo baß bie
folgenbe ®efe^gebung ftet« me^r unb me^r beftrebt mar, ben
prioatrec^tlid^en ©c^u^ be« SOtünbel« in ben ^intergrunb }U
— 24 —
ftetten, ben SSormunb an iebcm fclbftftänbigen <S(^ntt gu »er*
I)inbetn unb beu S^orofter ber 93orniunbfd)aft a(^ eines im
Ttamen ber ©eric^tsbarfeit geführten Slinted QuS}ubi(ben.
Die ©efeftgebung Äaifer 3ofef« DoÜenbete ben angebeuteten
Sntwicfelungögang; bie 3bee, bic SSorrannbfc^aft an bie ©erlebte
gugie^en^ bie defc^öfte ber SSormunbfdiaft burd^ angefteUte Beamte
Dcröjalten ju laffen, »äre ber lefete confequente Schritt gctoefen, gu
weitem bie begonnene (Snttoicfetung geführt l^ätte, ein ©rfiritt, ber
frei(ic^ unb glä(f(i(^ermeife nic^t unternommen tpurbe.
S5ie öfterreic^ifc^e ©er^abfc^aftöorbnungoom IS.gebruar 1669
ift nun gtoar atterbingö im Sofefinifd^en Oefe^budje njcfentlit^ Der*'
änbert morben ; allein nic^tdbeftomeniger lägt fic^ bie 9?e(^t6continuitat
ber fpäteren ßobification gerabe nur mit 9iücffid)t auf biefeö ©cfeft,
unb meit weniger mit9iü(ffic^taufbteanberen Sanbedgefe^e, behaupten.
"Die 9?e(f|tficonttnuttät, toelc^e mir bemnac^ gerabe auf biefem
®ebiete für ba« {Rec^t unfered ©tamm^eriogt^um« in änfpruc^
nehmen bürfen, rechtfertigt in noc^ l^ö^erem (grabe bie getroffene
9lnorbnung, bog n^it ber älb^anblung über baS nieberöfterreic^ifc^e
SBormunbfcftoft^mefen ben erften $(afe einräumen.
SBenn nun freiließ ber bctaiüirte ^iai^mei« biefer unferer 85e«
^auptung erft bei ber einge^enbcn ^e^anblung beS @toffed geliefert
merben fann, fo Ratten mir ed bennoc^ für gefehlt gehalten, nic^t
fc^on am beginne auf biefe ^auptfäc^lic^e 9tic^tung ber Qntwidt^
tung ^ingubeuten unb unferen Sefern hen 5*tnger}cig ju geben, in
n)e(d)er bie ^eroegung ftattgefunben l)at.
9^ic^t bie 5)arftettung ber eingelnen 9?u^epunfte, ju meieren
bie ©eftaltung ber 9?e(^tdinftitution in oerfc^iebenen '^^afen gelangt
ift, bietet hM tieffte unb mic^tigfte 3ntereffe.
®erabe ber öetrat^tung ber 'iJemegung, beö Öebenö, ber
Sntmidelung, legen mir eine nic^t blöd t^eoretifc^e, fonbern auc^
eine berüorragenb praftifc^e ^ebeutung bei; benn eben biefer $untt
ift e«, in meldjem hit ®egenmart unb felbft iebc in 3tu«fid}t ge*
nommene i^ortbilbung bed Stec^teS nur attgubeutlic^ auf bie 93er«
gangen^eit gurüdroeift.
S. ^etifttttunq nnb ^ittffeirititg bes Stoffes.
!3)ie geitli(^e unb territoriale ^egrängung unferer älbl^anb«
lung lag minbeftend t^eilroeife in unferer SBa^t; fie mar und
bal^er ungleich leichter ald bie ^räcifirung unb @tnt^eilung bed
@toffed; unb boc^ ift o^ne entfpret^enbe @intl^eitung eine Ueber*
fic^t bed ®angen ebenfo unmöglich, mie eine formgerec^te @in<
t^eilung ol^ne ^räcifirung bed 3n^alted.
@d f4|eint und nic^t gerat^en, eine :83egriffdbeftimmung an
bie @pi^e unferer älb^anblung gu fteüen^ unb mir glauben ntc^t,
bag und biefer ©eg rafc^ gum fieberen ^itU führen mürbe.
— 25 —
Sinem boginatifd)en SBerfe !ann eine an ben (Singang ge^
pellte Definition aöerbing« bie beften ©ienfte teiften; bie @in*
t^eilung fc^lieBt fic^ einfach an bie Segriffdbeftimmung an, ber
3n^alt ber einzelnen 9Ibfc^nitte er^ött baburc^ bie erforberüc^e
Xbgr engung, unb namentlid^ lägt fic^ SlDed (eic^t audf (fliegen, »ad
ji(^ bem dn^alte bed ^egriffe^ nic^t unterorbnet.
©an) anbete Uegt aber bie @ac^e bei einer l)iftorifc^en
Unterf uc^ung ; biefe »irb ftc^ ftetd Dor 9lugen galten muffen, bag
bie äJegriffe unb beren ftellDertretenbe Sludbrücfc au(^ an ber ge^
fc^ic^tlic^en (Sntmidclung, an ber Bewegung tl^eitne^men, unb bag
eine Segriffdbeftimmung glDtfc^en ben beiben entgegengefe^ten
®efa^ren fc^manft, entipeber gu enge }u fein, unb aud biefem
®runbe nur einer einjigen $^afe ber @nttDicfe(ung gerecht }u
merben, ober aber burc^ einen allgumeiten Umfang an innerem
©ehalte — unb folgerichtig auc^ an Sebeutung für ben nelteren
SJcrtouf ber Unterfuc^ung — eingubügen.
©effer fc^eint un« eine anbere Srtoägung pm ^iek ju führen.
S« ift Dor 9lüem tlar, bag bie ältere Surgel bed particu«
laren öfterreic^ifc^en 93ormunbf(^aft<^rec^ted germanifc^ ift, unb bag
9lieberöftcrrei^ in älterer 3"t bie rein germanifcbe {Rec^t^entmicfe^
lung mitgemad^t i^at.
@benfo ift ed anbererfeitd befannt, bog auc^ in unferem
©tamm^ergogt^ume toie im anberen ÜDeutfc^lanb bad römifc^e
SRtc^t recipirt rcurbe, unb bag biefe 9teception im 16. 3a^r^unberte
eine bereite längft oollenbete S!i)atfac^e mar.
@6 ergibt fic^ bemnac^ für und bie 9iot^menbigfeit, naij
ber boppelten SBurgel unfered particulären SSormunbfdiaftdrec^ted
Umfc^au gu galten unb namentlich ienen B^ftanb mit menigeu
3ügen gu fenngeic^nen, me(cber ftc^ rücffic^tlic^ bed iBormnubfc^afte«
rec^ted in !Deutfc^.lanb im 16. 3a^r^unberte ^eraudgebilbet t)atte,
na^bem bad römifc^e Siecht längft fc^on in @c^ule unb ^ra^ie
recipirt morben mar.
SWit biefem oon gelehrten SDJännern bereit« erforfc^ten
3uftanbe merben mir bann bie Srgebniffe ber ^eimifc^en Quellen
Dergleichen unb auf biefe SBeife mo^l am beften gur ^räcifirung
be« 3n^alted unb gur Sint^eilung be« @toffe« gelangen.
{Bir bemerten l)iebei im 93or^tnein, bag mir nur ben Quellen
be« ^eimifc^en Siechte« eine befonbere Slufmerffamfeit in unferen
Sitaten gumenben moüen, meil mir eben nur in biefer ^egie^ung
iReue« unb Unbefannte« gu überliefern im @tanbe finb.
©reifen mir guerft auf ba9 ältere unb entmicfeltere Siecht
gurüd, fo offenbaren und bie Suftinianifc^en Stec^tdqncllen ben
Unterfcftieb groifc^en tutela unb cura innerhalb be«f oberen ®ottung«>
begriffe« ber SSormunbfd^aft.
— 26 —
äBar aber biefer Uutcrfcbifb im alUii römifd^en Steckte iiac^
Siuborff*« 5?emcrfun9 >) fo f^Qrf ausgeprägt, ba§ ber gemein*
f(^aft(ic^e ®attung^6egriff in bemfetben faft gar nid)t Dorfom, fo
begann f(i)on lange Dor ber 3uftinianifc^en ©efe^gebung ber ^e-
griff ber tutela ju üeralten unb in ben mobernen begriff ber
'tinian'6 ®e*
c^ieb ganj ab^
cura'fiber^uge^en, oenngleic^ freitid^ nic^t einmal 3u
fe^gebung biefen immer me^r oerfc^toinbenben Unter
guftreifen Dermot^t ^atte.
S)enn Don ben }n)ei Unterarten ber £ute( mar bie fc6on na(^
®aiuö* 3^w0"iff^^) J" f^'"^^ 3^1^ abgeblaßte ®ef(^iec^t«tutel
in'« 3uftinianifc^e 9tec^t gar nid^t me^r aufgenommen morben ^),
unb ba anbererfeitd bie cura minorum immer me^r unb met)r
fi(^ audbitbete, fo ^atte fc^on ha^ römifc^e 9lec^t eine (Sntmide^
lung angebahnt, meiere bamit enben mugte^ ba% eine gemeinfc^afi^
(ic^e 9lIter9Dormunbf(^aft bie tutela impuberum unb bie cui^a
minorum umfc^(o§.
Senn nac^ römifc^em Steckte bie tutela auf ber 93oraud«>
[e^ung beruhte, „bag S!)ertenige, metc^er feine Jtriegdbienfte t^ut,
auc^ ber poUtifc^en Steckte Perluftig ge^t, unb bag er bed^atb
ani) bieienigen pripatred^tlic^en ©efc^öfte nid^t oorne^men fann,
meiere, eben meU fie in potitifc^en ^jormen DoU^^ogen merbeu
muffen, nur 93oübürgcrn jugftngtic^ finb" *), fo mußte mit ber 93er'
änberuiig be« ^rieg^bienfte«, mit bem {Begfallen be« alten (Senfuö
unb ber ganzen öltcren 93erfaffung aud^ iene erfterma^nte S3oraud^
fe^uug entfallen.
ftam bagegeu in fpäterer ^tit 91UpS barauf an, ob Semanb
im @tonbe fei, fein Vermögen ju oerroalten unb feine ®efd)äfte
felbft ju bcforgen % fo mar e« bie natürliche golge, baß bie
tutela muliebris erlofc^, unb baß bie tutela pupillaris immer
mel^r Slemente ber cura in fid) aufnahm, bereu innerfte« ffiefen
ja eben in ber ©orge für bie '^erfon unb bie ?lngetegenl^eitcu
eine« Snbioibuum« bcftanb, meiere« für \xi) felbft gu forgen unb
fein 33ermögen gu oern^alten au« irgenb einem ®runbe außer
Staube mar ®).
SBaren eineifeit« biefe reellen tjactoren geeignet, ben im
römifc^en 9?e(^te formell aufrec^terbaltenen Unterfd^ieb gmifc^cu
STutel unb (Suratel nic^t ooUiätiriger ^erfonen immer me^r gu
*) ®a« dtet^t ber 9$ormunbf(^aft nac^ bem gemeinen in SDeiitfc^Ionb
(jeltenben 9{ed)te, emmidCett üon 2)r. Augufl griebri^ 9{uborff. 8 Sfinbe.
I. ©onb, @. 22.
2) Oaju« I, @. 190.
3) »luborff, 1. c. I. ©anb, @. 61.
*} (Sbrnba, §. 4.
») (Sben&a, §. 4.
6) ebcnba, @. 72.
— 27 —
otrmifc^fn, fo eignete fic^ anbererfeitö ber entioicfelte begriff ber
cura Dortrefflif^ ba^u, um in ber dteception bed römifc^en dtec^ted
burc^^ufc^Iagen unb um bie römift^en Unterarten ber cura, bie
cura minorum, furiosi, debilium personarum, prodigi }C. nac^
Deutfc^Ianb }u übertragen.
älber auc^ ein anbered dnftitut bed römifc^en 9te(^te9, bie
t^amiliengelDalt bed römifc^en ^au^oaterd, toetc^e im älteften
Steckte fc^roff fomo^I ber tutela U)ie ber cura gegenüberftanb;
n&^erte fid^ im Saufe ber S^it, unb namentlich in ber 3uftinianif^en
Sobiftcation, immer me^r ber cura.
Sinerfeitd n^ar nämlic^ bie e^elic^e 93ormunbf(^aft, bie
manus mariti, n^etc^e mit ber ftrengen ^orm ber römtjd^en &)t'
fc^üeßung im innigften ^ufammen^ange ftanb, bem 3uftinianifc^en
Steckte notl^n^enbigermeife entfallen ^), metc^ed ja nur me^r bie bie
manus nic^t ubertragenbe freie f^orm ber @^e erhalten ^atte;
anbererfeitd ^atte e« bie fociate unb gefellfc^aftlic^e (Sntn^idCelung
mit fi(^ pebroc^t, baß ber nct^tvenbige ßrmerb ber |!)audfinber
für ben ^au^oater immer me^r unb me^r eingefc^rönft mürbe,
baß im peculium castrense et quasi castrense, baß in ben bonis
adventitiis et materni generis neue unabl^ängige 93ermögend»
maffen ber ^audlinber entftanben, unb baß ber 93ater eben rüd«
fic^tlic^ bicfer befonberen 93ermögen0maffen na^eju gan^ bie ©teile
eined Suratord feiner unmünbigen, minberjiät)rigen unb ma^n«'
finnigen ^auöfinber übernel^men mußte ^).
@o offenbarte fi(6 bie cura, meiere erft atlmältg aud einem
t^atfac^lic^en ä3erl^äUniffe ju einem 9{ec^t@inftitute umgeftaltet
tDorben mar, aU jene ^otenj, meldte bie Svaft in fic^ ^atte, bie uev^
alternben iRefte bed antiquirten römifc^en 9{e(^te^ in fic^ auf}u^
nehmen, unb menn bie ^ülfi^Uit brr römifcben 3urifteu ed mit
fic^ brachte, bag felbft noc^ in bie 3uftinianifi^e ©efet^gebung bie
9{eil)t«inftitute ber tutela unb ber patria potestas mit übernommen
mürben^ fo mar ed ganj fkr, baß bie Steception bed römif^en
Stec^ted bei einem anberen S3olfe uon felbft bagu gelangen mußte, bie
blöd ^iftorifc^en Unterfc^iebe, menn auc^ nid^t bem 9{amen, fo bo4
ber @a(^e nac^ ob^uftrcifen unb einen einheitlichen (S^arafter bed
93ormunbfct)aft^b)efend aud^ubilben, bad feine ^auptföc^Iic^ften Sie«
mente aud ben freieren 3nfti}utionen ber cura entnommen ^atte.
(Sd fann und brmnac^ burct)aud nic^t auffallen, menn bie
SReception bed römifci)en Sted^ted in Ü£)eutfc^Ionb bie golge ^atte,
baß bie patria potestas bed {^omtlienoatere ebenfo, mie bie 93or^
munbfc^aft über äßinberiö^rige fic^ im SBefentlic^en nac^ ben
@runbfä^en ber cura richtete.
'^) «uborff, I. ©b., @. 184.
8) ©benbo @. 179.
— 28 -
Sälidtn mir nunmehr auf !Deutfc^(anb, fo beßättoen ed
bie gele^rteften Slutoritöten, bog bie alteren beutfc^en 9iec^tei^
grunbfa^e über bie 93orttiunbfci)aft fic^ im SSefentltc^en erft bann
oerönberten, nac^bem mit ber (Sinfü^rung bed fremben 9iec^ted bie
ältere ©eric^t^oerfaffiing aufgelöft mürbe unb bamit auc^ bie
eigent^ümdc^ beutfd^en ©runbfö^e über SSertretung t)or®eri(^t
Ijinmegfielen ®); benn ^atte, mie mir gteic^ unten fe^en merben,
früher bie SSertl^eibigung bed Sßünbetd unb bie baraud ermac^fene
3Sertretung beöfetben öor @tx\ö)t bae SBefen ber eigentlichen
beutfc^en äJormunbfc^aft au^gemad^t, fo mürbe nac^ bem @in^
bringen bed römifc^en 9?ec^ted in !^eutfc^(anb bie 93ermaltung
ber älngetegen^eiten beö 3)2ünbeU ate ber Hauptberuf bed
93ormunbec^ unb bie S3ertretung cor ®eric^t nur al9 eine SBtrfung
baüon betrachtet *^).
aber auc^ biefe 9lnbeutung bed Sntmidelung^ganged mürbe
nicf)t ^inreic^en, um ein DoUfommeneö 33erftänbnig bed particulären
öfterreic^ifc^en S3ormuiibf(i)aft0rec^ted in ber oon und betrachteten
3eitperiobe einzuleiten; mir [eben und üielme^r gejmungen, auf
eine anbere (Seite bed beutfc^en SSormnubfc^aftdrec^ted ^ingumeifen,
melcf)e auf ber ^ortbilbung biefed 3nftituted in !i)eutfc^lanb Don
bem maggebenbfien Hinflüge mar.
Sonnten mir im römifc^en Steckte bie tutela unb cura aU
jmci 9icd)tdinftitute l)inftellen, öon benen ba« erfle, urfprünglic^
ftreng formell audgcbilbete, immer mc^r in bie freien formen bed
i^meiten überging, fo offenbart bad beutf^e Stecht bafür einen anberen
©uatidmud im gomilienfc^ufte, beffen eigentlic^fted Drgan ber
iBormunb mar, unb im ^önigdfc^u^e, melc^er fic^ im Saufe
ber 3^'^ ii" ^^r ftctd me^r unb me^r anmac^fenben Dberoor*
munbfc^aft ^eraudgebilbet ^atte.
ft r a u t ^at über jeugenb nac^gemiefen, bag nac^ älterem beutfc^eu
9}ecbte eine 93ormunbfcfaaft nur bei folgen beuten oortam, meiere
iljrem ©tanbe nac^ frei, unb meiere, fei ed aud p^qfifc^en
ober aud recbtlic^en ©rünbcn, bie S08affen ju gebrau«
(f|en nic^t fäM9 maren ^^); Jtraut ^at bcd ferneren nac^«
gemiefen, bag ber SRünbel bed ©c^u^ed ouc^ gegen feinen 93or«
munb beburfte ^^), bog bad O^mtUen gerieft ober ber i^amilien«
rat^ Organ biefed @ct)uged mar, unb bag bemnac^ ber ^ormunb
bed älteren beutfc^en 9{e(^ted ald ba^jenige unter beii me^r^aften
^amiliengliebern betrachtet merben mug, melc^ed junäc^ft ba}u be«
^) 'S>\t ^ormunbf(^Qft nac^ ben ©runbfät^en be« beutfi^eii Stec^ted,
Don 2)r. ^tl^. X^fob. Stxavit, 3 Sänbe. I. 93anb, @. 100.
i«j Sbenba.
»1) (gbenba, @. 51.
»2) ebcnbo, e. 43 u. ff.
— 29 -
rufen loar, bie 9}ertretung ald Organ ber gongen f^antilie für eine
befttmmte $erfon geltenb }U machen ^^).
®a bie SRec^t«^ unb ß^rlofen ber toic^tigften grei^eitörec^te
entbehrten, ba f^rembe fic^ bed (familienfc^u^e^ im fremben Sanbe
nii^t erfreuten, ba übrigen^ aud^ ^äUt Dorlamen, in benen Sin«
gebornen ber t^amilienfc^u^ factifc^ nic^t nte^r }u 2:^ei( werben
tonnte, fo erkoie^ fxä^ bie auf ben ^antiltenfc^ufe boftrte Sorntunb«
f(^aft in Dielen ^äüen un}ureid)enb, unb bie fortfc^reitenbe (&i\U
nidelung ntugte bagu bröngen, ein Surrogat bed ^ami(ienf(^u^ed
ftc^ 2u ermerben.
(Sd toat nun nac^ aQen QucQengeugniffen^^) @a(^e be^
ftönig^, ben mangelnben f^amilienfc^u^ folc^en ^erfonen )u er«
fe|en, bie bedfelben ermangelten.
SBar nun auc^ biefer Stönigdfc^u^ üieQeii^t SInfangd auf
freie ©taotdgenoffen befc^rönft morben, meiere fic^ aud factifd^en
©rflnben eined t^amiUenfd^u^ed md)t erfreuten, fo umfaßte ber^^
felbe bolb f(^|on bie gfreigeloffenen^*), bie gremben^^), bie 3u«
ben^^), bie aU el^rlod gel^altenen Unehelichen ^^), bie geiftltc^en
unb firc^Kc^en Snftalten ^^), unb ed fahrte biefe 3(u0bilbung bed
fidnigdfc^u^e^ bagu, bag ber Sönig aU ber 93ormunb oder
iener ^erfonen betrachtet »urbe, kvetc^e unter feinem ©c^u^e
ftanben.
9l(d nun unter 6ar( bem ®rogen bie Iönigli(f)e ©emalt
überhaupt eine größere Sludbel^nung befommen ^atte, fo mürbe
Quc^ — mie jtraut beutlid^ audfü^rt — ber j^öntg^fc^u^ über
feine urfprünglic^en Orengen ermcttert, fo „ha^ er nic^t me^r
Mo9 ben i^amilienfd^u^ erfe^te, fonbern baß er fid^ rücffic^tdc^
aller me^rlofen 8eute neben bem ^aminenfd)u<§e fteüte^o),
fo baß ber ^önig auc^ neben ber gamilie gang in baöfelbe 9Ser^
^öltniß gu ben 93ormflnbern lam, morin bie Familie bid bat)in
allein gu il^nen geftanben l^atte, unb baß, mie früher bie ^a«
milie, fo nunmehr ber jtönig eine Sluffic^t über bie 93ormünber
übte unb bie Unmünbigen gegen biefe fc^üftte" 21).
9}ac^bem ber t^amitienfc^u^ burc^ ben jtönigdfd^u^ immer
me^r unb me^r oerbröngt morben mar, nac^bem ftc^ bie Ober«
Dormunbfc^aft ald Slttribut ber richterlichen ©emalt — mie mir
in ber gotge fe^en merben — immer me^r au«gebilbet ^atte,
") st X au t, I. eh., @. 62.
1«) (Sbmha, @. 64.
1^) (SbenbQ, e. 65
^») ebenbo, @. 70.
") (Sbenbo, @. 73.
*«) (gbenbo, @. 73.
*9) dhtVLha, @. 67.
20) Sbeuba, @. 77.
21) Cbenba, @. 82.
— 30 -^
mar ed gan^ !(Qr, bag fic^ bie Seiten bed römif^en {Rec^ted mit
me^rfac^en üDiobiflcotionen im 93ormunbfc^aft9re(^te immer me^r
befeftigen tonnten.
üDenn |e me^r bie Dormunbfc^aftü^^e ®ttOQlt fic^ in ben
^änben ber ®eri(f)te concentrirt ^atte, meiere mit ben fremben
^^ec^ten vertraut »aren, jie me^r bie Dormunbfc^aftUdje ©ematt
ben t^amilien entfoOen mar, um fo (eic^ter mu§te bie römtfc^e
älnfc^auung Don ber cura in ^eutfc^(anb (Singang finben, um fo
leichter mußten aOe jene Srten ber 93ormunb[(^aft entmeber ent«
faüen ober bocö öerblaffen, bereu ffiefen nic^t in einer ©orge für
bie $erfon unb für bad SSermögen eined fd^u^bebürftigen 3nbi«
oibuumd beftanben Ijatte.
3lud biefen angeführten ®rünben mugte bie ©eff^tec^tdoor«
munbfc^aft, meiere fic^ bi^ ba^in aud germanifc^er SQSur^et er^
Ratten ^atte, fic^ gefallen loffen, am bem gemeinen Steckte in'd $ar«
ticularrec^t gebrängt ju toerben; aM biefem ®runbe entfiel bie
beutfc^e 93ormunbf(|aft über ©eiftlic^e, unb aud bemfetben ®runbe
f troffen bieUnterfc^iebe ber tutela impuberum unb ber cura
minorum uadf ber 9?eception bed römifc^en 9itd)M in bad ein^
l)eit(ic^e Snftitut ber SlIterdDormunbfc^aft jufammen.
Slber audd anbere SBirfungen ergaben fic^ aud ben poraud^
gefanbten 'ißrämiffen.
@o tourbe ed SInfangd gar nic^t bemerlt, bag bie patria
potestas bed römifc^en diei)te9 im principe meit Don ben ®runb^
fä^en ber beutfc^en S3ormunbfc^aft be6 S3aterd abmic^, meiere 916^
meid^ungen man al9 unbebeutenbe äßobiftcationen bed römifc^en 9?ec^«
ted burc^ bie beutfc^e @itte onfa^ ^^) ; fo be^nte fic^ bie S^ormunbfc^aft
a(dbalb auf bie nac^ bem beutfc^en Siechte eined 93ormunbed nic^t
fähigen unehelichen ^inber aud; fo mugte ed enbli^ gefc^e^en, bag
ber begriff ber 93ogtei über ^rc^en unb firc^Iic^e Snftitute, melc^er
ber gleichen beutf(^en SL^urjel entftammte, fortan Don ben übrigen
9(rten ber SSormViUbfc^aft getrennt be^anbe(t mürbe.
^aben mir mit biefen menigen, ^auptfac^ßc^ ben in ben
92oten angeführten ®f)ecia(merfen Don 9tuborff unb ^raut
entnommenen 3^9^" t)ad ^i(b bed 93ormunbf(^aftdre(!^te^ f'iiji^t
mie fic^ badfelbe nac^ ber Steception bed römifc^en Vitd^M mU
midett l^atte unb mie badfelbe in ÜDeutfc^Ianb brftanb, fo merben
mir nun auc^ an bie meitere 9lufgabe herantreten tonnen, meiere
^auptarten ber 93ormunbfc^aft ft(^ mi) ber 9ieception bed
römifc^en Siec^ted in !Deutf(^(anb ermatten Ratten.
22) Äiaut, I. «b., @. 101.
— 31 —
Sraut mac^t in biefer Sesie^ung bie ÜDreit^eilung jmtfc^en
ber eigent(i(^en SSormunbfc^aft, ber fogenannten natürlichen unb
ber in ber äRitte gtDifc^en beiben (iegenben ©efc^Iec^t^dormunb^
jc^aft !2^ie eigentliche äSormunbfc^aft gerfäUt naä) $raut »weiter
in bie orbenttic^e unb bie augerorbentlic^e^ fo bag unter bie orbent^
lic^e SSormunbfc^aft Dtinberiö^rige, ©eifted« unb Qeibedfranfe; 93er^
fc^koenber unb folc^e ^erfonen, tt)el(^e fic^ freimillig unter bie
äJormunbfc^aftfteUen, unb unter bie augerorbentUc^e 93ormunbfcf)aft
(nebft onberen minber bebeutenben S(rten) bie unbelannten 9b«
»efenben unb bie no(^ nic^t geborne Seibedfruc^t faQen.
iDie notürUc^e 33ormunbfd^aft umfagt nac^ ^raut bie 83or«
munbfcbaft bed (Si^emanned über feine $rau unb bed 93aterd
über feine ebelic^en ^nber, wogegen fc^HegUc^ fid^ bie ®efc^Iec^td«
Dormunbfc^aft auf unöer^eiratete SBeiber bejie^t '^^).
$luc^ anerfennt $raut rüctfic^tHc^ biefer fömmtlic^en Slrten
ber SSormunbfc^aft, bag fic^ biefetben im 16. dal^r^unberte bereite
in ber angebeuteten Seife gefc^ieben Ratten.
@c^reiten mir nac^ biefem älu^blide auf bad gemeine 9?ec^t
jnm öfterreic^ifdden Steckte jurüd, fo fagen und bie 9}e<^tdqueüen
aUbalb, ba6 auc^ in Oefterreic^ im 16. 3a^r^unberte bie @nt«
U)irfe(ung mit ^eutfc^Ianb im ©an^en ben gleiten (Schritt ge«
Ratten ^atte.
9luc^ in Oefterreic^ ftogen toix bereite im 16. Sa^r«'
^unberte auf bie Sludbel^nung ber Sitd^te unb Sefugniffe ber Dber«
Donnunbfc^aft ; auc^ in Dcfterreic^ ift eö ber öegriff ber cura,
U)ie i^n bad römifd^e Siecht entmicfelt ^atte, ber in ber Sluffaffung
bed 93ormunbfc!^aftdmefend burc^fc^Iägt; auc^ in Oefterreict) enb«
lic^ finben fitifi bie meiften ber oorer» ahnten älrten ber SJor-
munbfc^aft bereite im 16. 3a^r]^unberte entmidelt oor.
SQad gunac^ft bie 9(Iterdt)ormunbfc^aft betrifft, fo ift
ber ein^eitlid^e ßljarafter berfetben bereit« in ber „$oüicet)orb*
nung ber fünff nteberöfterreic^ifc^en ?anbe Dom Sa^re 1572" ge*
ma^rt unb nirgenbd mel^r finbet fic^ in biefem ©efe^e eine ^in«
Reifung auf eine praftifd^e Unterfd^eibung jniifc^en 2:ute( unb
Suratel.
dm »eiteren SSerlaufe l^at aber bad öfterreic^ifc^e ^articu«
laxxtd^t ed ate eine @igent^üm(ic^feit gum bemühten 3lu«brucfe
gebracht, bag badfelbe ben gemeinrechtlich, minbeftend bem 92amen
nac^, oufrec^ter^attenen Unterfc^ieb gar nic^t anerfenne.
!X)enn ioenn bie Sleid^dpotijeiorbnungen Dom 3al)re 1548,
iEit. 31, §. 1, unb 1577, Sit. 32, §. 1, beftimmten, „ba§ ben
^npiittn unb minberiä^rigen ^inbern bid ju i^ren oogt«
23) Ärawt, ©ünb II, @. 1 u. ff.
— 32 —
barcfn (unb mannbaren) darren SSormfinber unb 93orfte^er
gegeben merben foUen" ; menn bie SSomtunbfc^aft bt€) gu ben mann*
baren Salären bed „^upiQen'' ^tutela" unb ber Pfleger bid
bal^in ;,tutor'', bagegen t)on ba an btd ju ben üogtbaren Sauren
be« „minor" bie Pflege „cura" unb ber ?}fleger „^Borftel^er"
tieiBen foQte^^), toenn ba^er nac^ ben genannten 9?eid^d))oli)ei^
orbnungen ber 9Q3ortunterf(^ieb bem reciptrten römifc^en Siechte
entfprec^enb erhalten n)erben »oüte, fo oerfögte im ©egenfa^e
baju bie nieberöfterreic^ifc^e ®er]^abf(^aft<iorbnung oom 18. ^t^
bruar 1669 25). ^^Qg giei^wie biö^ero in biefem unferm (£r^*
^ergogt^umb Oefterrei^ 3n)if(^en benen Unmunbigen unb Wlin^
ber)ä§rigen mie auc^ benen Tutoren unb Kuratoren btedfaQd fein
Unterfc^ieb gehalten morben, alfo ed noc^ ^infürau barbe^ ner«
bleiben unb bie ®er^ab« unb 93ormunbf(!^afft auff ein unb an*
bere^ big gur (Srreic^ung ber Sogtba^ren Sauren auc^ burc^*
ge^enb fomo^I auff bie ^erfo^n a(d bie ®üter oerftanben merben
foQ", unb ed ftanb biefe Snfc^auung mit ber $ra^d ber ®eri(^te
fo fe^r in Uebereinftimmung, bag ©uttin ger unter bem @c^(ag«
morte „Minorum Contractus'' eine benfelben ©runbfa^ ht»
ftätigenbe Sntfc^eibung fc^on aud bem3a^re 1652 citiren fonnte^®).
^nd) in ber fpöteren ©efeggebung ^at ftc^ bie Sin^eit ber
3UterdDormunbf4aft erhalten unb ift auc^ biefer (S^arafter, indbe«
fonbere noc^ in ber 3ofeftnifc^en ®e[e^gebung, gema^rt geblieben^
fo bag fic^ biefe (Sigent^ümlic^fcit be<( öfterreic^ifcben ditijM
auf eine breil^unbertiä^rige (Sntmidelungögefc^ic^te ftüt^en fonnte.
!Cer cura furiosi et debiliumpersonarumeru^ö^nten
nic^t nur bie $oOicet)orbnung bed dal^re« 1552, fonbern ebenfo
bie ®er^abf(f)aft«orbnung oom Saläre 1669, bie lanbmarff^aQifc^e
®er^ab|cbaftdorbnung oom 3. 3If)ri( 1727 unb bad 3ofefinifc^e
@efe^buc^, unb aQe biefe ©efe^e fennen auc^ bie cura prodigi,
beren öttere 9?egf(ung f(^on in ben SBiener ^rei^eiten oom 12. äRörg
1526 ftattgefunben ^atte.
!l)ie cura ventris, bejie^ung^meife bie 93ormunbfc^aft über
Ungeborue, finbet fi(^ ebenfaU« fc^on in ber nieberöfterreidiifc^en
®er^abfc^aft0orbnung, ebenfo in bem „®aii unb Orbnung bed Srb«
rechte« auger 2:eftament oom 3a^re 1720" geregelt, mclc^' letztere«
®efe^ aniti noc^ bie cura hereditatis jacentis unb bie cura
absentis fennt.
@(^tieg(i(^ erfc^eint bie oäterUc^e bemalt oielfac^ fc^on in
ben älteren 9{ec^tdqueQen aU eine 9lrt ber SBormunbfc^aft aufgefaßt
unb finbet fid) im öfterreic^ifd^en Siebte nirgenb«, bag bie Se^re
2*) «ubovff, I. ©onb, @. 116.
2^) 9^ ö. (Ser^abfd^aftdorbnnng , I. £tte(, §. 2.
26) 3oan ©opt, ©uttingcr, @. 610.
— 33 —
ber patrIa potestas bed römtfc^en dieä^M in t^ren römifc^en
(Sigent^ünili(|fetten ©puren jurüdDcIaffen ^ötte.
ate ©cleg biefer unfcrer ©c^auptung dtiren toir ^icr nur
Dorbe^alt(i(^ bed nö^eren 9la(6tDeifeö an maggebenber ©teile bie
$oH}etorbnung bed 3a^rei$ 1552, »elc^e bamdd fc^on beftimmt
iattt, bag ber ^e^eleibltc^e 93Qter , too ber am Seben ift ....
®er^ab fetner ^tnber ift", eine Slnfc^auung, »elc^e in ber fpöteren
SRe^t^enttDidelung ermatten geblieben ift.
IDagegen finbet fic^ im öfterreid^ifc^en Siedete bed fec^je^nten
3a^r^unbert« feine ©pur einer ®ef(l)lcd)t«tutel über un^
verheiratete Sßeiber, unb ebenfomenig mirb auf bad ä3er^ö(tni§
be« (S^egattcn ju feiner fjrau ber ©egriff ber SSormunb*
fc^aft ongenenbet.
!Dte eben in ftürje gewonnenen 9tefuttate reichen nunmehr
^in, um bie Sintl^eifung bed ©toffed feft^ufteUen.
S3ir »erben nur fo(c^e 9{e(i^t0Deri|äItmffe aU tfalle ber
SSotmunbfd^aft unferer öetrad^tung unterbieten, rüdflt^tlic^
lDe((6er fi(^ eine cura im ©inne bed fpöteren römifc^en
SRec^ted, eine© orgeuhb 93 er Haltung ber 9(n gelegen Reiten
f(^u^bcbürftiger$erfoneninDefterreic^ l^erau^gebilbet
Ijatte; unb olö »eitere« ßriterium biefer unferer 3n^alt«beftim*
mung lieben wir l^eroor, bag fic^ rü(fftd(|t(i(^ fämmttic^er
Don un« }u be^anbelnber 9lrten ber 93ormunbfc^aft
ber (ginflug ber Dberöormunbfc^aft bereit« fräftig
in unferem ©tammlanbe entwidelt ^atte.
(S« »erben ft(^ bemnac^ für unfere älb^anblung fotgenbe
Slbfc^nitte ergeben:
1. SDie aiterddormunbfd^aft; 2. bie SSormunbfc^aft über ®tu
ftedfronfe unb ®ebred)Ii(^e ; 3. bie SSormunbfcbaft über SSerfc^teen^
ber; 4. bie SBormunbfdiaft über Ungeborene; 5. bie 93ormunbfc^aft
über abtoefenbe, unb 6. bie ©ormunbfc^aft be« ©ater« über feine
e^etic^en ^nber.
3n gwei »eiteren 5!lbfc^nitten (7 unb 8) »erben »ir ber
§rage gebenlen, inwiefern in Oefterreic^ ©efc^räulungen ber ^onb*
lungdfä^igteit ber f^rauen überl)aupt unb ber (S^efrauen indbefon:«
ber« fi^ erhalten ^aben.
3um SSorau« enbHc^ »öden »ir unfere Sefer aufmerffam
mai^en, bag fo»o]^l in bie öfterreic^if(^e Segidtation a(« auc^ in
bie !£)octrtn bie römifc^e Sierminotogie in folc^en Se^iel^ungen
gebrungen ift, in »etilen bie beutfc^rec^tlic^e 6nt»i(fe{ung }u ben
römifc^en Benennungen in feiner 9S3eife me^r pagte, bag aber eben
au« biefen Unterft^ieben ber Benennung nic^t alfobalb auf eine
nngeänberte Sleception be« römifc^en 9^ec^te« felbft gefc^Ioffen
»erben barf.
C^vrlnfl^, Sflenr. Sortmmbf^aftArct^t. 3
I. ^^au^tjtüd-
'gtftersDormttttöfcftoft.
I. @Qpite(.
^Iteratermtne.
a)2e^rere SelegfteUen aM betn öfterreic^ifc^en 9?e€^te bed
a)httela(ter0, bie tDtr loeiter unten belieben »erben, }etgen gan$
beuta^, bag bQ« filtere öfterrei^ifc^e Siecht bie aRünbigfett unb
SBogtbarfeit fe^r frü^, unb jn^ar bei ^aben mit bem Dodenbeten
Dierjc^nten, bei SKöbc^en mit bem öoüenbeten gtoötften So^re,
eintreten ließ. 3m 16. 3a^r^unberte finben wir im öfter*
reic^ift^en {Re^te bereit« öiel fpätere S^ermine ber aWünbigteit
Dor; ed mar bad 9(ter don 18, 20 unb 22 Sauren entfc^eibenb.
IDiefe atterdftufen befeftigten fit^ nac^ mcljrfac^en {Richtungen im
17. 3a^r^unberte, biö enbfi(^ bie (Sefefegebung üWaria I^erefia'«
no(ft einem ft^üc^temen, im 3Q^re 1751 gemachten SBcrfuc^e, im
Solare 1753 bie atter«grenje auf 24 3a^re ^inau«f(^ob ; Äaifer
3ofef oerblieb enblic^ jtoar bei biefem fpöteren Termine, aber
e« war baö ©eftreben in feiner ©efefegebung beutli^ fic^tbar, biefe
SrUerdgrenge nur at« regelmögigen Termin J^insufteQen unb e«
bem Srmeffen be« {Richter« an^eimiufteQen, bie iebedmol not^f
koenbige ®ro6)ä^rigfeit9erf(örung noc^ weiter, {e na(^ ben Um«
ftänben be^ concreten %aüt^, gu uerlegen.
{RüdEfic^tlid^ ber 8((ter9termine mar in Oefterreic^ ftetd ba9
germanifc^e Stec^tdelement entfc^eibenb ; meber im 16. noc^ im
17. 3a^r^unberte Dermoc^ten bie 2:ermine bed römifc^en {Rechte«
ein}ubringen. S)ie ©er^abfc^aftdorbnung, welche ftc^ noc^ in ber
S)efinitton bed iBormunbfd^aftdbegnffed miaig an bie gar nic^t
me^r paffenbe «egriff«beftimmung be« 3uriften ©eroiu« *)
1) S)te <9cT6obf4aft6orbnnng üom 18. gebruar 1669 beftnirt im
1. 2:itel, §. 1 : ,,2>ie Ger^ob' ober 8ormunbf4aft a(9 ein Sted^t unb Oetoalt
— 35 —
angef(^(offen ffatte, oermoc^te im fünfte ber äUter^tcrmine ben
gefeftigten Sanbtdbraud) nid^t gu übeminben unb bie germantfc^e
Surfet be^ 9}ormunbfc^aft«re(^tei9 emie^ fic^ fort unb fort in
biefer ^ejie^ung loirffatn.
a^ ift aM biefem ©runbe and) fär unfere t^rage t)on tnU
f^eibenber ^i^txQUit, auf bie 8[(terdftufen bed beutfd^en 9?e(^ted
einige furje Slide gu merfen unb bad @tubium bed öfterreic^i«
fc^eu SRec^ted burc^ ^erbeijte^ung bed in biefer @e^ie]^ung bereite
erforfc^ten beutfc^en Stec^ted ju unterftä^en.
^raut, bem ü)ir auc^ in biefer SRaterie unbebingt fo(gen ^^),
mift pnödift barauf ^in, bog in ben ä(teften, Don ^acituö
gefdbilberten 3^^^^"/ ^i^ SRünbigfeit mit ber Sßaffenfä^igfeit bed
finaben begonnen, unb bog erft aümälig aud biefem inbtDibueden
Sermine eine abftracte älterögren^e, toetd^e bei üerfc^iebenen 33öl*
tern oerfcbieben mar, ermadE^fen fei; um ju bejetc^nen, bag 3e^
manb biefe SKterdftufe erreidft ^abe, bebienen fid) bie OueUen ber
andbrücfe ^i^u feinen Sauren lommen", ^befc^eibene 3a^re (anni
discretionis), befc^eibene läge, ©efc^eiben^eit, Satjre ber öe*
fc^eibenl^eit, fenntlidfee 3a^re, nogtbore 3a^re, munbbore SoJ^re";
fc^on in a(ten 3^^^^" machte fic^ aber ba^ ©trebcn fic^tbar, bie
8l(terdftufen l^inauö^ufc^ieben; bie a(teften ©efe^e enthielten bie
frü^eften SDtünbigfeitiStermine oon 10 3a^ren, bie fpöteren festen
bafür meift 12 Sa^re.
Sl(9 SBirfungen ber äßünbigfcit ergaben fic^ bie f^al^igfeit^
bie SBaffen ju tragen, bie bürgerliche ©etbftftänbiqleit, bie Sibed«
f&^igfeit, bad Stecht, o^ne 93ormunb oor ©eric^t gu Ilagen unb
üerttagt gu merben, bie t!ä^igfeit gum 3^u9"iff^ ^^^ Stecht, oom
93ormunbe bie ^eraudgabe feinet 93ermögen£$ gu Dertangen, bie
freie SBerfügung bed üßünbigen über fein 93ermögen, enbUc^ bad
im 9ef(^u^ung berjenigen Seut^ unb berfelben Qhnttt , xotiäit aegen t^rer
3iigenb ober anberer Urfac^en falber i^nen nnb i^ren (düter nic^t oor<
liefen fönnen." — (S« leuchtet fofoct ein, bag bie ^anbeftenfteHe 1. 1 §. 1
Dig. XXVI, I auf bie Definition ber <S>er§abf(^aft«orbnung bon bem ent»
f(^eibenbf)en (Sinfluge toax unb baß bie fBorte berfelben (Stelle : „Tatela est,
nt Seryjas definivit , vis ac potestas in capite libero ad tuendum eum,
quj propter aetatem sponte se defendere nequit, jure ciTili data ac per«
misaa" mdglic^^ wtbergegeben »erben fodte; otteitt auäi noc^ bex anbere
Orunbfa^: „Tutor personae non rei vel causae datur*' foQte in ber 2)e«
finitton infna^me ftnben; ba aber bie Sutel ober (Suratel na^ ber'^er^ab-
f(!^aft«orbnung ^nfammenfaUen foUten, fo mar ed natürtit^, bag biefed <9efeQ
bie (^er^abf^aft aU eine 8ef(^ü^ung ber $erfon unb berfelben ®üter
t)er{ianben miffen raoUte. 9{eutter (@. 3) bejiel^t ftc^ einfach auf bie SDefi»
nttion ber <9er(abfd^aft«orbnnng ; SBeingSrtler (@. 17) auf bie 2)rfinttion
be« r5mtff!^en 9le(^te9; Soffiud (@. 277) neifl nur ouf bie 9lua(ogte ber
t)ormnnbf4aftlid^en unb böterli^en ®ema(t ^tn unb Qannija (@. 21)
^olcmifirt in ironifc^er Seife gegen bie @^riftfiener, roe((^e bie römifc^e 2)e«
^nttion ffir bie heutige ^ormuubfc^aft recijyiren.
*) Äraut, I, @. 110 u. ff.
3*
— 36 —
Stecht jur (Singe^ung einer S^e, U)e((^e0 auc^ ber Sungfrau mit
bem üoQenbeten }n)ö(ften 3Q^re gu ST^eil iDurbe.
(Sin fo früher Eintritt ber äßfinbigfeit fonnte nur }U einem
fo ^öc^ft einfacl^en 9le(^t9guftanbe paffen, n)ie man benfelben bei
ben alten ÜDeutft^en flnbet^); feitbem bie 9lecöt«üer§ältni[fc öer^
midelter tturben, mu§te e^ bebenflic^ erfc^einen, bie JSinber in
fo iungen Salären fic^ felbft gu überlaffen, unb bie Derfc^iebenen
beutfc^en 93otfdrec^te faiiben ouc^ derfc^iebene 9lit«n)ege, um biefem
Uebelftanbe ju begegnen; entn)eber rourben bie ^Jßünbigfettdtermine
einfach t^inau^gefc^oben, ober e«) rourben ^roar bie "jjfönbigfeitd*
termtne bed alten 9?ec^ted beibehalten, bagegen aber bem münbig
gemorbenen Knaben geftattet, roenn er fic^ noc^ ni(^t für felbft«
ftönbig genug ^ie(t, no4 eine3^t lang einen SSormunb }u ^aben*^).
£)ie Steckte, roelc^e ben erften Seg roä^lten, »erfuhren roieber
auf Derfc^iebene 9S3eife; in einigen Steckten rourben bie ^lxtt9^
termine nur für eingelne SBirfungen ber 3Rünbigfeit, rüdftc^tli^
roelc^er bie größten Sebenten obroalteten, l^inaudgefc^oben ; in an^^
beren {Rechten rourbe bie äJtünbigteit felbft in einen fpäteren 3^it*
punft Der(egt bagegen einjetne SBirfungen ber üißünbtgfeit bei
ben früheren S^erminen belaffen; auf biefe SQSeife entftanben in
S)eutfc^lanb neue äOtünbigfeitdtermine mit bem uerfc^iebenen Sllter
Don 15, 18, 20 unb 24 3a^ren.
9lld bad römifc^e äte(^t nacb S)eutfc^(anb einbrang, roar ed
nic^t }u Derrounbern^), baß baöfelbe frü^e @influg auf bad
beutfc^e 9ie(^t erhielt; bad 3ufttntantf(^e 9t?(^t l^atte ia auc^ f(^on
bie einigen beutf^en SRec^ten t)erroanbte ^eftimmung enthalten,
ba§ nur impuberes not^roenbig einen SBormunb ^aben muffen,
bag bagegen minores nur gu eingelnen ©efc^äften eined S3or«
munbe^ bebürfen, einen aUgemeinen Sßormunb aber nur bann
erhalten, roenn fie ft(^ einen folc^en erbitten ; in üDeutfdjIanb
f(^(o6 fi(^ an biefe Siegel bed romifc^en Siec^ted bie Slu0(egung
oielfad^ babin an, bag auc^ puberes bid jur major aetas not^«
roenbig einen SSormunb ^aben muffen, unb ba§ groifc^en impu-
beres unb puberes nur ber Unterfd^ieb befte^e, ha% bei ben
ßrftcn fc^on burc^ ba« ©efcfe beftimmt fei, roer bie SSormunb»
fc^aft über fie gu führen ^abe, Mb hingegen bie Se^teren fic^ ben
ajormunb felbft roä^len bürfen.
92a(^bem bie 9{ei(^dpoli}eiorbnungen ber 3a^re 1548 unb
1577 ben @runbfa^ gebilligt Ratten, bag Pupillen .unb minber^
jährige ftinber jebergeit bi« gu i^ren mannbaren (oogtbarcn)
3; ft r u t, I, @. 132 u. ff.
*) Äraut, I, @. 144 u. ff.
^) St taut, @. 160 u. ff. 9[bmei(^enb rotrb biefer $unft bargefleOt
oon S)T. griebri^ 9lit)e in feinem SSerfe „'S^ie 9$ormunbf(^aft im beutfd^en
»et^te be« SKittcIalter«", ©. 66—68.
— 37 —
darren einen SSormunb ^aben muffen, fo ^teg bann in ber t^olge
in S)eutf(^(anb münbig !l)erieni9e, toeii^tx bie major aetas er«
reicht f^atu, unb impuberes unb minores iDurben unter bem
©attungdbegriffe ber Untniinbigen {ufammengefagt.
@pater mürbe nun ^xoax in £)eutfc^(anb oielfac^ bie äßün«
bigfeit entfprec^enb ben ©runbfägen bed romifc^en ^ec^tei^, auf
25 3Q^re ^inau^gerüdt, fo bag biefer 2:ermin old ber gemein«
rec^tlic^e angefe^en mürbe; bogegen etliieüen fic^ bennocb parti«
cuIarrec^Uic^ axibere äJJünbigfeitetermine, bit aber nur jum 2i^ei(e
bie bed alten beutfc^en {Red^ted maren.
ÜDHt biefen @ö^en fc^liegen mir ben Sßlid auf bie beutfc^e
9{e4t«entmi(felung, um und ber particularen Siec^tögefc^ic^te 92ie«
beröfterreic^d ju^umenben , inbem mir nunmehr au^ im ©tanbe
ftnb, bie ^eftimmungen bed l^eimifc^en JRec^ted mit ber gteic^^ei«
tigen f^ortbilbung bed gemeinen beutfc^en diei^M jebergeit ent«
fprec^enb in Dergleichen.
2. #e^etret(9if4e5 Jte^t 0i5 tum 16. Jaj^r^nnbette.
X)ie alten beutfc^en SRunbigteitdtermiue lamen in £)efterrei(^
noc^ im 13., 14. unb 15. 3a^r^unberte Dor; bie öfterreic^if c^e Sanbed«
orbnung, meiere Succa^ in bad 3at)r 1198 unb @enfen6erg^)
in bad 13. 3al|r^unbert oerlegt, entl)a(t in ben gmei 93erfionen,
ber gebrudten ^udgabe bed $eter d. ^iJubemig unb bem SDJanu«
fcripte bed ©rafen ^arrac^, folgenbe maggebenbe ©teile:
gubemig XLII (@. 253): „Sffienn SBatter unb SWutter
ben ^nbern abfterben, mad bie @ntt^ i^ren jSinben (äffen in
92u6 unb ©emöl^r, ba foQen f^e mit 9?u^e ^aben, oor ader
9[nfpra4 un^, bag f))e fommen ju i^ren darren, ber Aneckt ^in^
Dierje^en 3a^ren, bie 3ungfrau ^in^ {moelff Öa^ren, nad) ben
3a^ren foUen f^ antmorttjen alfo rec^t ift nac(i Sanbed ®emo^n»
^eit, mer gegen i^n nic^t gu fprec^en ^at, miü auc^ bie 3ungfran
te^t beftetten i^reö aqgen«, bad ^at nid^t ^afft ung ba<^ f^
atnen Äonmann gen^mbt. Seget \t) aber ainen mann gu il^r mad
f9 bonn lobet, ba« öat craffr."
$orra(^ LXIX (@. 253): „fficnn SSater unb (üKutter) ben
ftinbern abftirbt, mad bie QUtü 6rn ^nbern (affent in nu^ unb in
») 8 u c c a, düjHjcobej, ©onb I, @. 1. — 2 u c c o eröffnet mit biefet
Sonbe^orbnung bie Steige feiner oflerreic^if^en dtet^ttfquellen ; er f^at beibe im
Xtftt genannte ^erftonen abgebruttt.
3) ^einric!^ (S^iiflian 9aron o. @ enten b erp' « Visiones diversae
de CoUectionibüs Legum Germanicarum. Lipsiae 1765. @enteuberg
bringt btefe 2anbt«orbnung unter bem Uppenbi^ II, metc^er bie Statuta
AntiqniBsima Qermaniae VI enthaltet; bie Saubt«orbnnng ift beili^m &ber»
f (^rieben : „Jus antiqoissimam Aofltriae Seculi XIII ex Ladewigiano impresso
et Harracbiano M. 8. C. compositum. @. 212—268.
— 38 -
®etDer, bie fuQen bad boben mit ru^e, un^ [i fomnten ju Iren
doren unb [inb bie dar alfo bent Jhiec^t oirje^n 3a^r unb ber
Sung^framn {iveHf dar unb toad man mit ben befteten fo(, ba
fo( man oetrid^ait umb nemen un^ bie ^inb ju irn 3aren to*
ment ber ^nec^t aü Dorgefc^ieben ift unb m\^ bad bie 3ungt^
frame Dogtt)er njirbet."
^atit bie angebogene <SteDe ber ölteften öfterret(^if(^en San^
bedorbnung bie ällterdgrenje be^ „in feinen 3a^ren fommen"
genau beftimmt unb lourben bie „3a^re'' bei ben Anaben mit
oierje^n unb bei ben 3)2öb(^en mit gmötf angeführt, fo tonnen
mir auc^ no4 ctuf anbere fpötere Quetlenjeugniffe oermeifen, in
benen mut^magltc^ biefelbe niebere @tufe ber SDlünbigteit mit
ber Benennung ^befc^eibene Salire" bejeic^net murbc.
©0 eriüä^ntcn bie ©efefte ^Jricbric^ be« (Streitbaren für
f^ainburg aud bem 13. 3al^rl)unberte^) ,,ber befcbeibenen da^re",
fo ^anbe(te auc^ indbefonberd bie für SBien erlaffene Constitutia
Albertina Dom 8ic^tme§tage 1383^) Don ben £^inbern, ^melc^c
}U i^ren befc^eibenen Sauren fommen unb Dogtbar merben"; unb
ftedte entfpred^enb ber obbejogenen ^Terminologie be<) beutfc^en
Sled^ted bie Benennungen ,,bef(fjeibene unb oogtbare Sa^re" aU
@^nonime nebeneinanber.
iDag enb(ic^ auc^ noc^ im 15. da^r^unberte bie üßünbig«
feit unb SSogtbarfeit ber ÜJJönner mit 14 3a^ren eintrat, bemeift
bie jl{)atfo(t)e, bag itaifer ©igmunb im 3at)re 1411 ben öfter«
reic^ifc^en ^erjog Slbrec^t oon aller 93ormunbf(^aft frei unb
(ebig fprad^, inbem er barauf ^inmied, ba§ er oon ber ^er^ogen
(Srnft unb ällbert'd 9?ät^en ^unb anberen glaubhaften teuten UU'*
3) (genfenbcrg a. a. O., @. 268 ii. ff.; „Friderici Anstriaci Bel-
licosi Leges pro Heimbnrgensibus Seculi XIII quibus receutiores aliquae
adscriptae ex Cod. M. S. C. perg. Juris Provinc, AlemannicL conventns
ad Annnnciatiam. Viennae. gol. Seculi XIV. !3)ie entfc^et^enbe @te(Ie ftnbet
fl(^ auf @. 278 unb 279.
*) Cod Auatr. Unter bem ©c^Ioömorte ^3ötenef@tabt", 8b. II, @.
474. 2)ie i^teOe lautet: ,,0b ein Wlann abgebt mit £obt, e^e bann fein
^audfrau, unb baß er i^r ^inber hinter i^me (affrn, bie fit miteinauber ^aben,
unb bag bann bie grau einen anbern SDtanu nimbt unb mit bemfrlben
aud^ ftinber gewinnt, bie ftnb bann mit beit erflen ftinbern <9ef4n)ifter,
SRutter falber ; unb bag bie ftinber, bie fte bei i^ren erflen Wlann ^at, abgingen
mitSobt, e^e fie }u i^ren befc^eibenen darren fommen unb e^e fte
dogtbar mürben, ober bag fte bie Erbgüter untoerf^ombarf, unberfd^afft unb
unbermac^t hinter t^me liegen, bog bann biefelben i^üter erben uno faUen
fo0en auff beg erftcn 9}2aiin« Srbeii, mooon biefelben ®üter ^erfommen ftnb,
na4 beg Sanbtdred^t sn Ocficrrei^ unb ni(!^t auf ber ^inber (S^efc^miflert oon
SD^utter falber." — biefelbe 92e(^tdregel mirb bann für ben gaU aegrben,
menn bie grau fiirbt unb ber iDlann eine ^mette grau nimmt, unb btent )ur
Beleuchtung ber 9{e(^t«regel, bag bie (Süter immer auf ben ^tarnm faQen^
Don melc^em fte ^ertamen, meiere 9{e(^tdregel au(^ mit ben Porten : „Pateraa
pateniis, materna matemis" aufigebrü(!t mirb.
— 39 —
bermeifet fei, ba) ain gemain lantdredjt in Oefterretc^ fet), ba^
ain Satter feinen @un über Dter^ec^en Sar, bedfe(ben @und atter
nid^t Derf (Rieben müge^).''
s. #e^errei4if4€» Sle^t bes 16. Stl^tfttitoett)» 6U in bet Steform
JRaria fl^eteflens.
S)ie erften gefeilteren Seftiinmungen, meiere einen fpä«
teren 93ogtbQrteitdtermin feftfe^en, finben mir in bem ©efefee,
me((^e9 f ür SBien unter bem 12. äUör} 1526 erlaffen tomht, unb
iDel^ed im Codex austriacus unter bem ©c^Iagaorte ^SQSien'',
„ßingang neuer gre^^eiten", aufgejeicönet ift*).
Unter ber äUarginalrubril ;,^ogtbare Sa^re'' mürbe in btefem
(Sefe^e derorbnet: ,,SBo(Ien mir (bie oogtbaren Sa^re) bermagen ge«
ftelit^aben^bieilRannd^erfornauf jmeiunb)man|(tg3arrgan^
bodtomen alt unb bie SBeibd ^erfol^nen auff }manfeig 3a^r,
bo4 ber @efta(t, mo ein 3üngling ober eine dungfrau Dor ber
3eit DerJ^eurot^et mürbe, foKe biefelbe ^erfo^n, aldbolb bie in
ber (S^e be^mo^net, für oogtbar geachtet merben."
^iefe9 ©efe^ gehörte bemnac^ ^n jener klaffe beutfc^er
9ied|t0normen, meldte ben SRünbigfeit^termin ganj lategorifc^ ^in«
Qudfc^oben (mie mir fie bereite oben fennen gelernt ^aben).
S^Qdfelbe ®efe4 l^atte aber auc^ noc^ }mei fpecieUe furgere
iDtünbigfeitdtermine für beftimmte 9?ic^tungen dorgefc^rieben, unb
}mar für ben (Eintritt in ein Slofter unb für bie drric^tung eined
Seftamented.
Unter ber SRarginalrubrit ^Slöfterlic^er Singang" mürbe
oerorbnet: »3ft Unfer üßeinung: ed foQ bei a3ermet|bung Unfrer
fürftli^en fc^mären Ungnab unb (Straff niemanb fetju jtinb,
äRannd« ober SBeibdperfo^n, in bie @15fter, barinn )u bleiben,
bringen ober nbt^en; bann mo folc^e^ Jtinb oon ber SRannd-»
perfolin gman^ig, unb üon ber SBeibdperfo^n ac^tje^n 3a^r
Doltf ommentlic^ alt, unb in tin Slofter )u ge^en, unb ein
iSIöfterli^ SBefen angunemmen geneigt unb begierlic^, mag Satter
unb SDtutter, mo aber Satter unb SRutter nic^t me^r in geben
mären, bie Sreunbfc^afft barinnen ^anbeln."
Snbtic^ mürbe unter ber ÜRarginalrubril „IZBeibbd^Silber,
Zeftament unb ©efc^öfft'' Derorbnet: „Slber ^infüro foQe fein
^erfo^n, e0 feien Knaben ober Sungfrouen, nic^t ®ef(|äfften t^un
m5gen, ee fe^ benn ber ftnab jman^ig Qa\)X unb bie 3ung«
fr au ad)t)e^n da^r oölliglidien alt, unb mo fie gu benfelben
i^ren erftanbenen darren, nodi in ber ®erl§aben Rauben mären,
^) 3ofef gret^err o. formal)!, ,,Ufber a^finberifi^rigfeit» Somranb*
ft^Qft unb OrogiS^rigfeit im öfierreic^tfd^rn j^aiferpaat unb j^aifer^aufe. SBien
1808, €>. 79.
») Codex austr, II, @. 476—492.
— 40 —
foUen fie, mo fie ©ef^öfft üben iDöden, baffe(b mit SBiffen ber
©erhoben unb ber näc^ftcn ^^reunben t^un. "
9In biefe^ ®efe^ fnüpfen fi(^ mehrere Semerfungen ; eö mar
badfelbe nur für SBien ertoffen unb cd bauerte lanqt ^tit, bid
ba9.9ie(^t ber@tabt X3ten gefeftli^ed diec^t 9iieberöfterreid^9 mürbe;
ed gab ober ouc^ ben 9(nfto§ ju ber fpäter aufre^ter^a(tenen Sße^
fttmmung, bog bie S^eftoutent^münbigteit oOgemein auf einen frü^
beren Stermtn ^urütfgefü^rt murbe^ enblid^ befeftigte |i(^ auc^ balb
^er (Srunbfa^ otlgemein, bag bie 93ogtborfeit bei ben grauen
frä^er old bei ben 3)Mnnern eintrete.
91« lux (Ser^abf^aftdorbnung Dom 18. ^bruar 1669 fc^eint
aber in 9lieber6fterreid) eine DöUige Uebereinftimmung bo^l
nic^t beftonben ju ^aben, mann ber 3$ogtbarfeit0termin einzutreten
^abe unb namentlid) ift ju bemerfen, bog bie genannte ©er^abfc^aftd«
orbnung juerft ben allgemeinen 9$ogtbarfettMermin für alle @in^
mobner gleid^mögig feftgefe^t l^at, mad ganj befonberd betont
mcrben mug.
«T'ie Crbnung guter ^ott^ei für bie fänff iRieberöfter«
ret(bifcben l^anbe unb für bie ©roffcbafft ©dr^" aud bcm 3a^re
1552^) fcbetnt in er^er Sinie ben Termin oon 20 darren,
unb ^mar o^ne Unterfc^ieb be« ®efcbletbtr0, oor Hugen gelobt
)U baben, inbem fte fd^rieb: ^@d foU aud) f^ainem ^uptQeit Dor
jmain^ig lare fein €^uet äberantmort merben, angefe^en, bad
baffelb oorgeenb alter fonberliAen ;ium (icberlidien oert^uen ge^
neigt unb genaturt if), melcbe« bocb aud) nit anbtrd oerftanben
loerben foU, bann fo ber ^upiUe mit ^main^tg jare beuBlidi unb
laugen tlid er aigenfdiQfft mär, ob &r aber lieberliÄ unb oer^
tbuenlicb befunten unb gefpürt mürbe, foü il^me bie Srbfc^afft
Dor ^UK^aH unb ^^main^ici iure feinr^ erraicbien altera nic^t ein^
geOntmort merbrn, melcbc cinantirortnng oudi aUain mit 9lat^,
i^ormifirn unb trtenntniB ber Cbrigfbeit ober @^cri<bt^ unb ber
9^iitbanbler befdieben foü.''
iftt^ bieftr ^teUe erviab ficb bemnad) aU regelma§ige jRänbig^
trit^rtn^e für beibe ^efcble^bter ba» ocUoibrte 20. 3a^r,
«Kkbt ^rrni^e bd lidi &B§crnber ^fabr auf 2^ ;3a^ cr^ecft
l»n^ii (i^nnrt.
l\a^ e^ nua fein, tas bie Jlnalcciie mit ber für Sien am
li, SKär) 16:^6 erUiiene n ;fkihmmiin ji ba^a ^efäbrt bat ober mag
bie ^nobruag bci^etra^e« baben. bas bn JKanneni He Steigung
i«t ^(n«kiKnbnng fi«k eben ;a bea enräbi^tta ^ilobrea oasere:
lebcafdült ti^nnea vir c^nnanren. bo^ bie JUtrr^^ita;e Doa 2:2
v^okrta rar bd# m:irrU;te ^»±>;tt n;fe r»A ;ai 16. ^o^r*
taa^mr hrfeinjit b^m. «rcltren^ b:e j|Uerf^:ta$e i^oa 20 darren
• Ct^Kt* tP^ÄSR^r^M«* i^ai ;^:i l*Ä ^f- XXII, v««ow
— 41 —
für bod iDeibUc^e ®ef(^(ec^t erhalten blieb, &)ie bied auc^ bie
92ipber5fterretc4if^e Sanbt^orbnung Dom 3a^re 1573 im I. Säui^t,
12. XxUi bezeugt.
@o fc^rteb auc^ ©uttinger unter betn ©(^(agmorte ,,^a*
iorcnni«'*^;: „aKajotenni« in Cefterreic^ »irb bcr itad)t, ber
bad gtDeiunb^mon.^tgfte 3a^r erfüllt. Ita in causa SäaiiffoU^
möud äBatt^er, contra {Richter unb 9{at^ in Sangen(oid, meiere
Dcrmetgert, bed SBalt^er^^ ©ergaben anj^u^dten, bamit i^m
fein ©ei^aben, fein @ut mit einem glaubmürbigen Snoentario
unD ®er^abli(f|er SRec^nung einantworten foQen. ©eben 2C.
SEBann obgenonnter 9Q3Q(t()er geigen toirb, bag er ^roeiunb^manjig
Sa^re alt fe^e, roirb t^me al^bann in fein ^ege^ren geiDiÜigt
toerben ; ben 15. ©eptember anno 1545."
!i6iefe Sntfc^eibung, U)etc^e einen iungen a)Unn betraf, ^atte
nalärti(^ertt)eife bie 9llterdgrenge bed meibUc^en ®ef^(ec^td nic^t
berühren nioOen; ee ift bemnac^ bie Sntfc^eibung „aräajiorennid in
Defterreic^ toirb ber gead^t, fo bo« ^jroeiunbjtoonjigfte 3o^r erfüüt'S
ftricte auf bad niänn(icf|e ®ffc^lec^t ;iu interpretiren.
3m 17. Sa^r^unbeite n^urbe biefer burc^ bad Stecht ber
@tabt Sien unterftugte l^anbt^braucf) junäc^ft für bie Pupillen
ber ^mei oberen @tänbe gefe^Uc^ beftimmt unö bereu SSogtbar^
feit mit 22, rüdfi^tlic^ 20 Sauren feftgefegt.
Da« im Codex austriacus abgebrucfte, „für bie ^»e^eu
obern ^olitifc^en @tänbe Dom ^errn ober 9?itterftan^ erlaffene
©efeft" Saifer gerbiuanb» II. ^) enthielt unter ber ÜWarginalrubrif
„93ogtbarfeit bereu Slhnnd" unb SBetbd^^erfonen'' folgenbe $e«
ftimmung: „@o er!(aren Sir und hoä^ unge^inbert beffen attem,
fooiel bie 93ogtbarfeit anlangt, babin, bag bie SRannd^^erfonen
mit ^tt)eiunbjkt>au}ig 3at)ren, bie Seibd^^erfonen aber, fobatb fie
oere^elic^t ober fic^ in geiftl'ic^en ®tanb oerUebt ^aben, fonften
aber mit jmanjig 3a^ren bie 93ogtbarfeit, unb nic^t e^er, erreichen.''
(SnbUc^ beftimmte bie.®er^abf(^aft«orbnung oom 18. t^ebruar
1669 ^) ganj allgemein: «@in iebioebere ®er^abf(^aft enbet ficb
}um älnberten, nenn ber $upiQ, fo ed eine ^JO^annd^
$erfo^n, ^meiunb^manjig, unb toenn e« eine SBeib^^^erfo^n ift»
)»ani(ig 3a^re be« 3llter0 erfüllt ^at/ fo bag oon nun an ber
altelangfam ermac^fene Sanbtdbrauc^ allgemein oerbinblic^e 9{ec^td<»
norm für fömmtlic^e (Stnmo^ner 9lieberöfterrci(^d gemorben U)ar.
Sienn bie ®erbabf(^aftdorbnung oom Sa^re 1669 nac^ langer
3eit auf bie für bie ©tobt ©ien im 3a^re 1526 erlaffene 9?ec^t«*
') ©uttinger, Consuetudines, @. 608.
^) Codex aostr. II, @. 188, fiefje ebenfaOd auc^ «Sutttuger unter
bem ^äilaqnottt ^nppUltn (@. 628) unb unter bem (Sc^logworte 93ogt«
ba^r, e. 805.
^) (a»er§aM4Qft«orbnung, 16. Stttel, §. 2.
— 42 —
norm über bcii allgetneiuen ^JJtüubigfeit^termin gurüdgefomsnen
mar, fo gefd^a^ nic^t bad ®Iet^e für bie Seftament^tnünbigleit;
im ©egent^eil befeftigte ftc^ für bod Sanb 9iteberöfterrri(^ bad
9I(ter bon 18 darren ald bie untere ©renje ber Sieftamentd^
münbtgfeit ol^ne Unterfc^ieb bed ®ef(|lec^ted, im ®egen<>
fa^e )U bem dfec^te ber @tabt S$ten, »elc^ed biefe SKter^grenge
für bad männliche ®ef(^Ied)t mit 20 3a^ren eintreten lieg.
9IId JSSemeid unferer Se^auptung bient und }unä(^ft "SiaU
tl^er'd oberiDö^nted SBerf, melc^ed gwar erft im Id. 3a^r^un^
berte gebrucft, aber fc^on im 16. Sol^rl^unberte gefc^rieben mürbe.
SB Ol tl^ er fc^rieb im Tractatus II, Cap. IX«): ^ffielc^er
ober meiere not^ ju il^ren oogtbaren dorren nic^t fommen, ber
ober bie mag mdE)t teftiren, unb mirb in biefem gati bie Sogt*
barfeit ben 8anbtdbrauc^ nac^ auf ac^t^e^en 3a^r gefteQt. ällfo
mc(c^er finab ober 3ungfraro aditjc^n 3a^r i^rcö älter« erreicht,
ber ober biefetb mag fein ober i^r Xeftament ober legten SSJitten
oufifü^ren."
3n Uebereinftimmung ^iemit verfügte bie Sanbtdorbnung bed
Srjl^erjogt^um« Defterreic^ö unter ber @nn« üom 3a^re 1573'):
»35Jel(^e ^erfo^n gu i^ren SSogtbaren 3a^ren nit fomben, biefetb
mag nit teftiren, bie S3ogtbarteit aber mirbt in biefem ($aU bem
Sanbtdbraud) nac^ auf ac^t^e^n 3a^re gefteQt. 3Be((^er 3üngting
ober Suntfram nun feine äldjtje^n 3a^r DoQtombarlicl unb bi« auf
ben legten Sag erreicht, bie feinbt alfo bann i^rer gueter unb
äluffric^tung i^rer (e^ten SBillen t)onniä(^tig. 33oc^ [xö) auc^ ein Sßtv^
fo^n Dor el^ebemelten ält^jel^n 3a^ren in ben @^eftanb rec^tmögiger
meife begab, fo mirbt fie burc^ ben @^eftanbt na(^ Sanbte^brauc^
ftratd SSogtbar unb Sieftamentdfa^ig , ungeac^t bag ber ^eifc^laf
noc^ nidjt befc^e^en. 3)ero^a(ben mögen nit aUein bie n)irfÜ(^en
@^e(eute, fonbern auc^ Brautleute in fte^enben ^rautftanbt gegen
einanber Steftament, Donatio ca. mortis ober anberen legten miÜen
aufritzten."
^) 9B a ( t ^ e r, Aureus Juris Tractatus, in ben Consuetndines Au-
striacae, @ u t tin g ei-'0. 1718, @. 951.
") Sn. ö. ficnbWorbnung (M. 8. C.) III. «u(^, II. ZM : „SBf((^c ^cr-
fohlten nit 2:ef)treu mögen." gol. 212. Vo. SBalt^ev'i» ^nfc^aumig, ,,Dag Die
£fflainrnt«niünbiglett mit 18 Saldi en o^ne Unterf(4teb be« ®rfd)led)te« ein»
j(utreten ^abe", f^eint fe^c balb grgen bie rntgegengefe^te ^eflimmung ber
$Bienrr grei^eiten oom 12. SD'^Qr) 1526 burd^gegnffeu ju ^aben. 9leuttec
(@. 10) citirt ba0 leiste ®efe^ unb bemerhe bagu, bag „nadf bed Gualteri
notatis ber Sanb9-)6rau(^ unter ein 9Betb9* ober ST^anntf^^erfon bigfoUd
teinen Unterf^teb mad^t, fonbern bog beibe, fo balb fte ba«- 18. 3a^r er*
reicht, gültig tefiiren fönnen". ginflern^ alber, eh.JI, Obs. CXII. de testa-
mentis imperbenim, br^te^t ftc^ ouf einen Sractact SOSalt^er^d ^de Jure
Consiietudin'^ Hb. 3, tit. 2, in toelc^em wörtlid) i^ne Stelle entgolten ift,
bie niir eben au0 ber n. ö. Sanbeeorbnnng begogen ^aben.
- 43 —
T)em aufgeftellten ©runbfo^e fc^eint auf ben erften ®(i(f eine
@tefle QU0 ©uttinger'd Consuetudines gu tDtberfprefgen, bie
und folgenbe Sntfc^eibung unter bem @c^(agn)orte «^^eiber 5Eefta«
ment* überliefert^): „(Sin (Stempel, ba§ einer Sungfrauen Icfta*
ment, metc^ed fie im 17. 3a|r ibred Sltterd, o^ne ber ©ergaben
XBiffen, auc^ o^ne ber Obrigleit 3nfinuation gemacht, gu Rafften
erfannt loerben, tft in fe^en in ben SD^otioen übec bie !I)ec(aration
^nnf<4en ben SBolf^SBagner'fc^ett ®erl^aben unb äßat^iefen 8af^
fer Dorn 26. 3uli anno 1601.*'
SlBein ber ffiiberfprut^ Derft^winbet burc^ bie öon ©uttin*
ger beigefügte Seinertung : ^NB. ^Dabei aber ju merfen, bog der«
metbte Sungfrau f^on in |)e9rat^ geftonben unb dfo ex hoc
für 35ogtbar gehalten tourbe* — eine ©emerfung, bie beutUc^
^eigt, ba^ nic^t etroa bad ällter, fonbern bie beuorftetienbe SScr#
e^eßc^ung ber $u))i(Iin unb beren baburc^ begrünbete SBogtbarfeit
bie ®i(tigtett bed 3:eftamented begrünbete.
3um @(^Iuffe lönnen wir enbtic^ qüc^ nid|t derfc^n^eigen,
bog ©uttinger unter bem Sc^Iagroorte „^ogtbarteit" auc^ eine
Cntftbeibung oom 31. 3änner 1591 ermähnt ^), beren SDJotide
ben ©runbfa^ audfprec^en, „bag bie 93ogtbar!eit fid) bem
äanbtdbrauc^ nac^ auf 18 3al^re erftrede''. ÜDa »ir aber
anbererfeitd gefe^en ^aben, bag bie 93ogtbarfeit im 3a^re 1591 fc^on
auf 20 bid 22 Oal^re regelmäßig gefteUt mar, fo ^aben mir um^
fomeniger Urfac^e, in biefer (Sntf (Reibung einen principieQen SBiber«
fpruc^ gegen ben obentmicfehen ©runbfa^ an^une^men, alö einer«
feitd @uttinger ben 9lec^tdfaU, meld^cr biefen SDtotioen 3U
®runbe gelegen tft, nic^t angegeben ^at unb e^ bat)er immer
mdglie^ ift, bo§ bie j^eftamentsmünbigfeit in bem Dorliegenben
$aUe gemeint roar, unb atd anbererfeitd aucf) aud ber nieberöfter«
rei(^if4en Sanbt^orbnung bed 3a^red 1573^0) nac^^uiueifen ift,
ba§ bie Slter^grenge oon 18 Sauren nod| in anberen SBejie«
jungen entfc^eibenb mar, mie }. ®. bei ber ^upidarfubftitution,
rücf(i(^tli4 toelc^er biefe« SRf(f)tebuc^ fagte, „baß foId)c ^upittar*
©ubftitution fic^ nic^t meiter al^ auf bie 3^it ber !!Bogtbarteit er«
ftrede, unb baß aQdbatb bie ftinber i^re doUfommbar 3lc^t^e^n 3a^re
erreichen ober burc^ ^eurat^ öor biefer ^nt oogtbor »erben,
\ßid)t ©ubftitution i^r eubt erreicht ^abe unb tobt unb ab merbe.''
©ei ben öfterreic^iftften ©c^riftfteüern be« 16. unb 17.
3a^r^unbertd ^aben mir nie me^r ein ^ilnbenfen an bie äüeften beut«
fc^en SDtünbigteitdtermine entbeden !önnen; mo^( aber finbet ed
8) @ u 1 1 1 n 9 c r 0. a. O , €5. 805.
») @ u 1 1 i n 9 e r 0. Q. £)., ®. 861.
»0; >R. 3. ÖanbMorbuun^ M. S. C. HI. ©uc^ , Xit. XXVI : „5Bon ber
$u))iüar <SnbOttution unb ben Slffter Srbfc^ äfften, meiere UiiDogtbaren $^n*
ber beft^c^cn." gol. 237 verso.
-r".
H?-.
— 44 —
fi^, bag fie ft(^ bed ©egenfat^eö jtDifc^en impuberes unb puberes
be« römifci)en {Ret^tc« erinnern, eine« ©egenfa^je«, ber i^nen
jeboc^ nur ben 9lnlag gibt, bie ßigent^ünttic^teit bee öfterrcic^ifc^en
Sonbe^ret^te« rec()t beutli^ ^eroori^u^eben.
©0 fc^reibt fdion SReutter^^) ju bem ©afee: „Pubertas
piipilli Unit tutelam'' nac^fte^enbe Semerfung: „In Austria aliter
observatur: Hie enim non pubertate sed demum majoren-
nitate seil, in masculo anno 22 in foemina anno 20 eompleto
finitur tutela, eomprehensa eura^ quae uno verbo
vocantur „®er{)Qbfd)afft''. Slnalog [(^reiben SSSeingortler ^2)
unb ^edntann^^), unb bag auc^ ben ©erlebten ber Unterfc^ieb
jtt)ifc^en impuberes unb minor befannt blieb, jeigt eine (Sntfc^ei^
bung üom 23. Wxti 1652 i*), roel^e oon einem üKonne ^anbelt,
n)elc^er bte annos pupillares überfc^ritten, ober noc^ in feiner
minberiä{|rigen3citunbactualiter noc^ ber Suratel untergeben ift."
übag übrigen« — pofitiüc 3lu«na^men bei ©eite gelaffen —
bie f)anblung«fäl^igteit nad) öfterretc^ifc^em Steckte für Unmün«
bige unb 9J2inberiä^rtge gleich fe^r befc^ranft mar, werben
n)ir an feinem Drte noc^ befonber« geigen.
4. ^efe^n^e S^cflimwungen unter ^atia "S^etefltt unb jiaifer Jofef.
SBtr ^Qben bi^^er bie ^t\Xx't,'Xiwt be^anbett, in benen bie
älteren Ü)iüabigteit«termine Don 14 unb 12 3a^ren gegolten
l^aben; tt)ir ^aben bie Sntmidelung bargefteQt, me((^e f(^(tegltc| gu
einer allgemeinen JJeftfeftung ber 33ogtbarfect auf 22 unb 20 3a^rc
geführt t^at.
92o(^ mar aber ba« ©treben ber ©efe^gebunq, bie 3lUer««
grenge ^inau^jurüden, nict)t an fein äufeerfte« Snbe gelangt; ÜKario
^^erefia ^at in biefer Segiebung bie entf(^eibenbften ©c^ritte getrau.
3n)ar fcfieint Sart VI. nac^ einer bem Codex austriacus
eiuDcrleibten SSerorbnung Dom 22. Jfebruar 1740, burcft mett^e ba«
£eftament be« min ber jährigen ©rafen Xtifofdi bei Gräften er«
I|a(ten mürbe, eine ^erabfefeung be« gur !£eftaraent«erricl)tung er^
forberti(^en 9l(ter« im Sluge gehabt gu i^aben, ba „©eine ^a^ferüc^e
3Jloj[eftät im älnfcftluffe an bie (Sntfcbeibung beö fpecieüeu gaüe«
Derfic^erten, beg 9tä(i)ften quoad testamenta minorennium eine
beftanbige normam feftfefeen gu motten", allein e« ift biefe abfielt
nidjt audgefü^rt, oictme^r finb 11 ober 13 3a^re fpäter groei
®efe|e erfc^ienen, meiere — mie bereit« ermähnt — bie ©e*
fc^ränfungen ber $anb(ung«)fa^igfeit noc^ meiter ^inaudrüctten.
T)ad eifte im Codex austriaeus enthaltene ©efc^j 9)^{aria
11) SÄ Cutter, @. 4.
12) SBfinQärtlcr, @. 32.
13) ©edmann, @. öl7
1*) ©uttiiiger, <S. 610.
— 45 —
I^crepa'« öom 26. gebruar 1751 *) träflt bie Ucberfc^rift:
i^^inorennen ©c^ulbeneinfc^rönlung''; unb ift auf Unteröfterreicfi
btfc^rcUtft, mfi^renb gleic^geitige ©efe^e für bie anberen Sönber
analoge ^eftimmungen getroffen l^aben.
SDtaria SE^erefia bemerfte int Eingänge be9 ®efe^e($, „ba§
fie feitt)er nii|fä(Iig ma^rgenommen, madmaffen ^errn« unb ^iu
terftanbd mann« unb tt)eib(i(^en ©efc^Iec^td, »enn fetbe entroeber
nac^ i^ren erreichten dogtbaren darren au9 ber 93ormunbf(^aft ge<
treten ober aber bei Slbfterben i^rer Sleltern bereite i^re 33ogt«
barteit erreicht ^aben, nteiftend in ben erfteren darren nac^ i^rer
Sogtbarteit mit i^rem SSermögen fet^r äbel geba^ren, unb in tur^
ger ^^xt ba9 bon i^ren @ttern mü^fam Srmorbene gr5§tent^ei(d
burc^bringen , um baburc^ eben f omo^t Und atd bem publice ju
bienen, auc^ pro decori familiae, tteiter fort}ufommen fic^ auger
aOen ©tanb feften".
,,@ie tDoÜe ed nun jioar bei ben in ben Sanbedgefe^en aud^
gemeffenen terminis majorennitatis no(^ fernerhin gnäbigft bemenben
(äffen, iebo4 nur quoad hos effectus, bag eine majorenn ge^
Dorbene WilanM* ober Sßeibdperfon and bem ^errn^ ober 9{ttter<*
ftanbe bei feiner ober i^rer Sere^etic^ung pacta dotalia aufrichten,
mi) über fein ober i^r ä3ermögen per actus ultimae voluntatis
biöponiren fönne."
^35a^ingegen — fo fä^rt aWana S^erefia fort — »oüen
S3ir ^iemit ftatuiret unb oerorbnet {|aben, bog, totnn auc^ oer«
mög ber Sanbedgefe^e, eine 3Rannd^ ober SBeibdperfon bie oogtbaren
3a^re erreicht ^ötte, {ebennoc^ berfelbe ober biefe(be oon feinem
ober i^rem 9Serm5gen absque authoritate Praetoris, unb alfo o^ne
fold^ed üor^er bei ber gej^örigen ©eric^tdftede angezeigt unb l^ierüber
bie gerichtliche SSermiUigung ermatten }U baben, meber etroad ju
oeratieniren, noc^ folc^ed ju oneriren ober @c^u(ben }u contra^
^iren, noc^ einiget 3(ctiD«Sapital auf}ufünben unb a(fo meber einige
Contractus mutui, noc^ auc^ anbere Sontracte über 93erfc^reibun^
gen, rooburc^ eine ^erfon i^r Conditionem deteriorem mocftt,
}u ce(ebriren unb gu errichten befugt fein foUe, bid ntcf)t er
ober fie bad 24. 3a^r DoUf5mm(ic^ }urüctge(egt ^abe,
toibrigenfadd, unb ba bem }nn)iberge^anbe(t mürbe, ade bagegen
unternommenen Actus unfröftig, nuQ unb nichtig fe^n foQen.'' —
i,®(eic^mie bann auc^ ein folc^ed respectu berfenigen Slctiocapitatten,
meiere einer folc^en majorenn gemorbenen 9)hnnd« ober SBeibd^
perfon inmitteld unb bid er ober fie bad 24. 3a^r ooQftänbig
gurücfgelegt ^aben mirb, etma oon bem !Debitore felbft aufgefünbet
koürben, ebenfaUd }u beobachten fe^, bag nfimlic^ fotbane Suf«
lünbigung iebedmal de casu in casum ber gehörigen ©eric^tdfteKe
1) Cod. aüstr. @ut)pr.«Qb. III., @. 669.
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fomo^t Don bem !De&ttore, atö quc^ oon bcm Srebttore angejetget,
unb fotdied aufgelünbete @apita( ^inmieber auf eine fiebere 9(rt
mit äJoriüiffen oorgcbac^ter Oericftwflelle ongeteget »erbe."
!Dte SDtonardiin ertieg, um »eiter bem ®efe|e bie erforberti^e
©anction in geben, ^SSeftimmungen ^ gegen einen t)on bem 992tnor
ober bemßrcbitor unterlaufenen I>o(ucJ, gegen unterfoffene muc^erifc^e
^anb(ungen unb gegen eine culpa creditoris'' unb fu^r jum @cb(u{fe
fort, „bagalled, koad l^ierdorfte^enb respectuber l^o^eren ©tonbe^«
perfonen oerorbnet morben fei, fold^ed auc^ für bie Surgerftanbd«
perfonrn, mönn(td)en unb »etbUd^en ®efc^(ec^t^, fo bad 24. 3a^r
i^re« Sitter« nodj nicftt erfüllet, oerftanben »erben folle, mit ber
aOeinigen 9(u6nal^me ber ^rofeffioniften unb perfonen Dom
^anbeldftanbe, jieboc^ bergeftalt, bag bergteic^en Seuten bie Son>
tra^irung gleich nac^ erreichter 93ogtbarfeit, »enn fie auc^ ba«)
24. 3a^r i|re« Sllterd noc^ nic^t erreicht Ratten, ^mar nic^t Der«
fc^rönfet fet^n, je gleic^mo^l aber Don einer $erfon folc^er 6on«
bition bie ^anblung ober bad ©emerb nic^t anberft ald authori-
täte et coDsensu Praetoris, nämlic^ bed äßagiftrat<$ ober i^rer
refpectiDen dnftou} angetreten »erben foK^ »e(4|e Dörfer bie
@igenfc|aften unb 3nclinattonen einer fo((^en ^erfon »ot)( in
e^aminiren, fobann auf bie ©eba^rung mit bem SSermögen unb
SCreibung ber $)anblung ober ^rofeffion fleigig gu inDigiliren,
unb ba e« fic^ äuBertc, bag ein folc^er SKenfc^ mit feinem Vermögen
nic^t »0^1 gu geba^ren anfange, ex officio folc^e f^ürfe^rung
gu machen l^abe, bamit felber fein 93ermögen nic^t Derfplittere.''
SOBir ^aben oben biefe« ®efe$ afö einen f(^»a(^en 93erfud^, bie
93ogtbarfett »eiter^in audgube^nen, begei(^net unb aderbingd Der*
bient biefed ®efe^ bad i^m Don und gegebene (Spitl^eton; benn ber
(Sefe^geber, »e(c^er boc^ giemlic^ aQe actus inter vivos bem
freien @ntfc^(uffe hz^ htxtxt^ 93ogtbaren entgog, na^m bennoc^
SInftanb, ben nunmehr fo adein entf(^eibenben Termin Don 24
Sauren a(d ä3ogtbarIeitdtermin gu erftären unb ber @a(^e ben
il^r gebü^renben 92amen gu geben.
SDiffed ^albe ©efe^ ^atte ani^ nid^t (ange SBirtfamfeit;
fc^on g»ei 3al^re fpäter ertie§ ÜlRaria S^erefia ein neued ®efe^,
»e(c^ed ben äSoUiäl^rigfeitdtermin ex professo neu orbnen foÜte.
!Diefe« fpatere Oefefe ift ÜRoria S^ereften« ,,aKaiorenmtät«:f
3al^re0bcftimmung Dom 12. «prit 1763 2)."
^ie ÜRitte bed 18. Sa^r^unbertd l^atte aud^ in Oefterrei(^
ben ®ebanfen an eine Sin^eit ber Sobification immer mel^r gut
9ieife gebracht; ed foÜten nic^t nur fc^on nac^ ben 9(nfc^auungen
ber bamaUgen ^eit bie $articu(arre(^te »enigflend in ben ^aupt«
prindpien übereinftimmen, fonbern felbft ber ®ebanle, bie Staat«*
2) Cod. austr. @uppl. »b. III, @. 767.
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bürger Dor beut ©efe^e gteic^jafteUen, machte fic^ in red^t mtxh
litten Slnfongen unb S3erfuc^en geCtenb.
Unter bicfem ©efic^töpunffe mug Sltaria Ül^erefia'd ©efe^
Dom 12. april 1753 über bte SOtaiorennitätdjia^re^beftiinmung
aufgefaßt n)erben.
^ie Saiferin begrüßt ba^er im (Stngange bed ©efe^ed „aUe
unb lebe 3^rer treuge^orfamften @tanbe, Snmo^ner unb Unter»
tränen tt)e§ ©tanbd, SBürbc, 9lmtd ober SEBefend, bte in Obren
gefammten beutfc^en (Srbfönigretc^en^ i^ürftent^ümern unb Sänbern
finb" — unb gab baburc^ beutlic^ }u erfennen, ba§ ber partim»
laridmud bcr Reformen, ber noc^ im ©efe^e k)om 26. (Februar
1751 einget|a(ten föurbe, nunmehr aufpren^ unb baß nament«
U4 rüdfic^tlic^ bed beginne« ber ooQIommenen ^anblung^fö^ig^
feit ein 9ie4t fämmtli^e beutfc^en 6rb(anbe unb innerhalb bed^
felben aUe 9)2enfc^en Derbinben foQe.
S)ad ®efe^ trug im Uebrigen einen ftreng poIi^eiKcden
(S^arafter an fic^^ iraö fc^on au9 ben Singangdmorten }u ent>
nehmen ift.
ÜJJaria 5£^erefia öcrfic^crte, „baß fie unter anbercn 3^rer
9iegierung^forgcn o^ne Unterlaß bemüht fei, fotc^e t^ürfe^ungen
gu treffen, bamit bie in i^ren ©taaten befinblid^e 3ugenb mit«
telft einer n)o^l eingerichteten 3lufer}ief|ung unb Erlernung an»
ftanbiger 3Biffenf(^aften jum bereinftigen 9iu^en beö SSaterlanbed
nnb ber ftaiferin üDienfte tool^I angeleitet, ba^ingegen k)on ber ®e»
legen^eit burc^ adju frü^e erlangenbef^rci^eitin eine audfc^uieifenbe
Sebendart }u gerat^en, forgfamft abgehalten werben möge".
Die Äoiferin oerfic^ertc »eiter, „baß fie in biefer Stbfic^t im
3a^re 1751 bie ©efe^e über SOtinorennenfc^uIbeinfc^ränfung in
ben einjelnen Säubern erlaffen ^abe, baß aber bie meiftend gur
^rei^eit unb Ueppigfeit geneigte 3ugenb baburc^), baß felbe fc^on nac^
erreichtem 20., 21. unb 22. dal^re, ie nac^ Unterfc^ieb ber Sanbed»
nerfaffung, aud ber Dormunbfc^aftliciien ©etoalt unb Obfic^t au^^
trete unb über fic^ bie freie ^e^errfc^ung httommt, bie gefö^r«
lic^ften SBege unb ®e(egen^eiten Dor fic^ fel^e, einem unorbentlic^en
Seben angu^ängen, unb nid^t allein il^re k)on ®ott erhaltenen guten
®aben übet an}umenben, fonbern auc^ bie üor^er mit mü^famer
antoeifung ber ßltern unb SSormünber erlernten Sßiffenfc^aften
iDieberum gu oergeffen, folgfam fic^ gum S)ienfte bed Sanbed unb
gemeinen 9Befen6 gang untauglich gu machen".
„ÜDa nun im milbeften Slnbetrac^te, baß bie gute (Srgiel^ung
ber dugenb eine^auptftü^e bed @taated fei, biefe bagegen nic^t
Kool^I e^enber bie 93oUtommen^eit erreichen fönne aü bi« berleq
junge Seute gu reifer 93ernunftdfraft gelanget unb burc^ eine län»
gcre Slnmenbung unb Uebung fic^ gu rec^tfc^affener SSerfe^ung eined
Slmted ober gur Srh)erbung i^rer 92a^rung tüchtig gemacht; fo
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f)ait fi(^ 3^re anateftät oud tanbe^tnütterlic^er prforge betoogen
gefunben, auf ein fotd^e« bequeme 6 iDhttel fürjubenlen, kooburc^
bie aüa« frü^aeitige gteij^eit ber 3ugenb eingefi^ränfet unb allem
ba^er entfprtngenbfn Dcrberblic^enUn^eile maggebtg gefteuert merbe."
ät« biefe« bequeme SWittet ben Übeln golgeu ju früher
^anblung^fö^igfeit }u begegnen, ergab ftc^ ber a){onar(^in bie
Seftimmung, p^bag ))on nun an o^ne einiger 9}ü(fft4)t auf bie
}eitl)ero beobad^tete oerfc^icbene Sanberoerfaffung bad gänjlic^
erfüllte 24. Sebendjial^r }ur ®rog)a^rigfeit unb tioUftdnbigen
äßaiotennitöt fon)o()( für bie SD^annd« ald SBeibd « ^erfonen,
^o^en unb nieberen ®tanb6, @eiftli(^e unb 2Be(t(ic^e, mithin
nic^t aQein für ben 3lbe(, fonbern auc^ für ben Sürgerftanb o^ne
äludna^me unb burc^gei^enb« gleichförmig beftimmet, fo(gbar bie
aJhnberifi^rigfeit bi« auf bad erfüllte 24. 3o^r erftredt werben^
fein unb oerbleiben foü."
3n bem nac^folgenben Slbfc^nttte bed @efe^ed mürben bie
Uebergangdbeftimmungen feftgefe^t, me(4e im 93efent(i(^en t>on
bem richtigen ©runbfa^e ausgingen, bag biefed ®efe^ auc^ auf
jene SOitenfc^en SInmenbung finben foQe, meiere ba« nac^ bem
Sanbe^gefe^e )ur SBoQjiä^rigfeit Dorgefc^riebene 9{(ter ooUenbet, aber
noc^ nic^t bad 24. 3a^r erfüQt l^aben; and^ mürben bie Seftim^
mungen ber ®efe^e Dom dolore 1751 eingefd^ärft unb bermagen
Derfc^ärft rrbag felbft bie Don aßajorennen agnofcirte unb be^al^Ite
Don ibnen mä^renb ber üßinberjä^rigfeit contrat)irten <Sc^uIben
jeberjeit ber 6onfi«cation untermorfen merben fottten."
iDlavia 2:^erefia'd ®efe^ Dom 3a^re 1753 mar aber auc| in
anberen Regierungen mic^tig, inbem e9 einfc^neibenbe $)eftimmun^
gen über SIeftamentdmünbigteit unb (S^efdiiiegung enthielt, melt^e
auf bie gortbilbung unfered 9{ed|te0 oom Sinfluffe geblieben finb.
diüdfic^tlic^ ber 2:eftamente ertlörte junac^ft bie Sltonarc^in,
nbag fie in favore ultimarum voluntatum }ur förmlichen unb
rec^tdbünbigen (Srric^tung eined S^eftamented ^iemit in 3^ren ge^»
fammten beutjc^en (Srbfönigreic^en unb i^önbern für bad mänu'
lic^e ®efct|Ie4t bad complete 20., unb für bad meiblic^e bad 18.
Sa^r audbrüdlic^ Dorfc^reibe unb feftfe^e, auc^ anorbne, bag mit
biefem Sa^re bie Substitutio pupillaris i^re (Subfc^aft ^aben foUe".
föar burc^ biefe legten Reftimmungen im SBefentüc^en jene
diec^t^norm generaltfirt knorben, meiere bie SBiener ^^rei^eiten oom
15. viRär^ 1526 junöc^ft für bie {)auptftabt aQein enthielten, fo
[teilten ft^ bie neuen S^erorbnungen über bie (Sl)emünbigteit ge«
rabeju in einen greQen Sontraft }u bem überlieferten Siechte.
Rid }um da^re 1753 toaren nömli(^ in Oefterreic^ bie Söe*
ftimmungen bed canonifc^en ditd)M, ba§ Hßänner mit 14 unb
i^rauen mit 12 Salären eine giltige S^e unb giltige ©ponfalien
fc^liefen !önnen ■— menn freiließ nic^t o^ne Äampf — aufrecht*
■.fr
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erhalten »orben, unb eö »urbeii — »ic ttir ttjciter unten fe^en
»erben — nur priüatrecf|tlic^e Sladit^eile unb felbft ©trafen auf g^e*
ft^liegungen gefegt, »etc^e otjne ©iffen ober SQSitten ber Sttern
ober SSormünber erfolgt waren ^).
3m beraubten ©egenfa^e }u biefcm a(ten diec^tdfa^e befttmmte
nunmehr ber fünfte äibfdinitt bed und oorliegenben ©efetfe^, «.bag,
obn>Dt)l bie 93ere^elic^ung junger imit nac^ ben geiftUc^en unb
toeltlic^en Steckten g(etc^ nac^ ber annis pubertatis, j[a bie @^e«
Der(obni[fe noc^ t)or biefem münbigen ^(ter gefcf|Ioffen merben fönnen
unb bie SD2onar(^in ber grei^eit biefed eigenmidigen ®efc^äfted
unbillige ©c^ranfen gu fe^en nic^t gebenfe, bag bemnac^ ein 3Rin»
berfa^riger o^ne SinroiQigung feinet 93orniunbed, Suratord unb
ber üorgefe^ten Obrigleit feine ©ponfalta giltig contra^iren, no(^
meniger aber (S^eberebungen abf erliegen, fonbern bag aQe oon
9)2inberla^rigen o^ne fotc^e @tnn)iUigung ober ®ene^m^a(tung ge«
f^Ioffenen ^eiratdcontracte on unb für fid^ felbft null unb nichtig
feien unb barauf bei feinem ©eric^te einige 9tef(ej:ion gemacht mer^
ben foae^
f^erner iDurbe bie ^eftimmung aufgehoben, bag burc^ bie (S^e«
fc^liefung bie @^egatten oogtbar merben; ed mürbe feftgefegt, bag
eine ^upillin, menn fie einen ®ro§iä^rigen heiratet, unter bie ßuratel
i^red ©atten fomme; bog bagegen, menn beibe (S^egatten minber^
jährig ftnb, ®eibe unter ber frül^eren SSormunbf^aft oerbleiben.
Snblic^ mürbe gum ©c^iuffe bie 3$erfügung getroffen, bag
Bürgersleute }mar nac^ ber SD^eiftermerbung für ÜRaiorenne ;;u
halten finb, bog aber bad SWeifterrecftt nic^t leicht oor bem ' 20.
3o^re ertl^eilt merben foüe-*).
Ü£)ie Sludbel^nung bed 93oIItä^rigfeitdtermined auf 24 Saläre
im ^Vi]amm^xi^a\\t mit ber anberen Beftimmung ber ©er^ab«
fc^aftdorbnung bed Sabred 1669, bog jmifc^en Unmünbigen unb
9Kinberiö^rigen ebenfomenig mie gmifc^en Stutel unb Suratel ein
Unterfc^ieb fein foQe, mugte bad ^ebürfnig nac^ einem älbfc^nitt
innerhalb bed nunmel^r gu grogen S^ermined na^eju abfoluter
f)anblungdunfa^tgfeit roac^rufen; unb in ber !£^at, \t meniger bad
3) %\t im £q:te aufgefleQte ^e^auptung bebarf tnbeg ber Berichtigung,
bag nac^ bem Sanb«brau(^e nnb iiac^ ber ilReiuung berühmter ©djrift^eUer
bie (Sintoitltgung bed J^aterd gur ©iltigtett ber @^e erforberlid^ mar. $[uf
biefen $untt unb auf bie Kudlegung bed folgenben '2(bfa^e^ tommen koir
fpäter no(^ genauer ^^urfid.
^) (^ne Slutina^me ^at in ^nftl^ung ber 3uben flattgefunben ; nad^
ber 9tefu(otton oom 31. 3unt 1768 ftnb biefelbeu nic^t unter baö SD'laiorennt«
tat<))otcnt iu sieben, fonbern foflten bie Suben, mie bt«^er, grofiiä^rig werben;
na(^ biefer Seßimmung mürben fte mit 18 3a^ren grogiö^rig, ba eben btefer
S^ermin unb niemaU ber Termin oon 22 unb 20 3a§ren bei i^nen beobachtet
mürbe. @ie^e SDonner, I. «5anb, ^. 38.
— 50 —
©cfcfe e« fleftottfte, her alten pubertas, bcr aiiünbigfeit bc« römi*
[(^en Siechte«, bcfonbcre SBirfungcn gu^ufc^reiben, umfome^r mu^te
fi(^ bie I)octrin gebrängt fütjten, toeniöftcn« t^eotetif(^ einen
früheren lermtn partieller |)anblun9«fä^i9feit ju retten.
©0 bemüht fic^ fc^on SBoffiu«^), ben Siermin öon 18 bi«
20 3a^ren jur ©ebeutung eine« 3Könbigfeit«termineö hinauf»
aufc^rauben; \o fonnte fe(bft ba« ©efe^ Tlaxia 2:^ecefia'« Dom
12. aipril 1753 ni(^t unt^in, bie Sonceffion rüdfic^tUcö ber
Zieftament^münbiglett gn beftätigen, fo mußte man fic^ enbüc^ auc^
in jpäterer 3^it gebrängt füllen, bcr pofitiocn 9latur bcr ©acbc
nac^gugeben unb jmifc^en einem Snaben Don 7 3al^ren unb einem
SRanne Don 24 darren rec^tlic^e Unterfc^iebe ber ^anb(ung«fa^ig^
!eit }n ftatutren. Uebrigend toar anc^ ftaifer 3ofef be« 3^^^*^"
©efe^buc^ noc^ nic^t berufen, biefem unerträglichen unb gan^ gegen
bie 92atur ber @a(|e Derftoßenben 3uftanbe entfc^teben abgu^elfen.
Sflüdfic^tlicft ber S^e jwar mürbe in biefem ©efe^buc^e
gar fein SKterötermin fifirt, fonbern in ben §§.5- 11 bcö britten
|)auptftü({e^ lebigtic^ tiie Verfügung getroffen, ha^ eine ol^ne (Son«
fen« bed 93ater«, refp. ber 93ormunö)cbaft gefc^loffene @^e ungiltig
fein foUe; e« fonnte bemnac^ mit (Siniuilligung De« S3ater« ein 12^
jähriger Änabe ober ein 10-- bie 11 jährige« SKäbc^en i^ur (S^e fc^rei*
ten, menn fie nur bie ^ä^igfeit ^ur Seiftung ber e^eltcben ^flitbt
\)aiU, ba ja im Oefeftc (§. 43) mit einer abfonberlit^eu t^eoreti-
fc^en Sonfequenj gelehrt mürbe, bag bie ebelidje Seimo^nung bie
^auptfäcblic^fte unb mefentlic^fte $flic^t ber (Seeleute fei.
"Dagegen mürbe im §. 21 bed vierten ^auptflüde« erftärt,
ba6 Sinber, bie i^re (Srogiäl^rigfeit ni(^t erreicht Ijaben, in i^ren
^anbtungen, momit i^r 93ermögen Derminbert ober i^re ^erfon
oerbinbUc^ gemacht merben fonnte, anberen Saifen ober SD^inber«
Jährigen ooUfommen gleic^juac^ten feien, unb im §. 88 be« fünften
^auptftücfe« mürbe bie ©roßjä^rigfeit auf bie Sollenbung be«
24. Sebeneial^re« gefegt, o^ne bog oon einem ooraudgegangenen
Sermine ber 3)2ünbigfeit in bem gangen ©efe^e bie Siebe märe.
3m (Segent^eite mürbe in bem genannten ^aragrapl^e im
3lnf(^luffe an bie bie^erige 9?ec^t«cntmi(fetung bie Seftiminung
getroffen, bag bie 93ormunbfc^aft«be^örbe bie 24 3a^re alten
SBaifen auf i^r 9lnlangen groBiä^rig gu erflären ^abe , unb
e« bot biefe ®efe^e«ftelle ben Slnlag gu bebeutenben 3n)eifeln, ob
ba« !Decret be« ©eric^te« beclaratorifc^er ober nict|t oielme^r
conftitiitioer 9{atur fei, unb in j[ebem i$atle fonnte bie f)anblung«''
^) @. ^offtuS, €^.22: Homines secundnm statum naturalem sunt
vel nascituri vel nati masculi vei foemlnae; impaberes, maaculi usque
ad annam aetatis vigebimum, forminae ad anDum decimum octavum ; vel
pnberes mascali expleto anno vigesimo, foeminae expleto anno decimo
octavo; minores viginti qaatuor annis, vel majores viginti quatuor annls.
— 51 —
fä^igfeit ber $u))it(en, be^ie^ungdtoeife beren 83en)eid oom ©eric^te
auf eine meitere ^txt ^inau^ d^r^ögert merben.
!Dte gef(^ic^t(i(^e SntiDtdelung bed 9l(terdtermined in Defter^
rri(^ I|at nm bie oerfc^iebenften unb fieser intereffanten !Daten
geliefert; n)ir fonnten ftufenn^eife tt)Q^rne^men, loie bte 9l(terd»
termine be^ WliiUiaiux^ mit innerer iRot^menbigteit entfaQen unb
neueren weiter l^inaudgefc^obenen $ta^ mad^en muiten^ unb mir
fonnten fe^en, bog biefe' SSeränberung gu einer 3^'^ t)orging, in
n^elc^er ber poH^eiUc^e ®eft(^t^punft bad S3ormunb)c^aftdmefen no(^
nic^t ganj unb gar be^errfd^t ^atte.
2Bir fonnten aber ouc^ »weiter toa^rne^men; bag bie Se«
ftimmung ber 9SoQia^rigfeitdgren;(e nanientHc^ burc^ ben (Sinflug
ber 3)octtiu be^ (c^tüerfloffenen 3a^r^unberted immer me^r ben
€^arafter polizeilicher ®et)ormunbung ber emac^fenen Seute an«
nabm, bag bad <Streben ber (Sefe^gebung fi(^ beutUc^ tunbgab,
f(4tie§(i(^ no(^ jeben 24j[ö^rigen ä)7enfc^en einer genauen Unter«
fuc^ung ^u untern>erfen, ob er ed oermögen merbe, ftcf| im Seben
tteitergubringen , unb ba§ bie ®efa^r nahelag , ben oormunb^
fc^afttic^en B^^^d ^^^^ über bie burc^ bie 92atur ber ©ac^e geböte«
nen ©renken au^^ubel^nen.
ÜDiefe @ntmiclc(ung«gef(^i(^te fpenbet aber auc^ ben Sobificatoren
ttnfered bürgerlichen ®e[e^bu(^ed ein groged Hob, inbem fie }e{gt,
mit melc^er S^eid^eit bie (Sobificatoren ben überlieferten Uebelftanben
gu fteuern mugten, n)ie richtig fie ben ^ünbigleit^termin neuerbingd
in bad ®efe^ eingeführt unb mie fie fic^ bemüt)t ^aben, bie @i(^e«
rung ber ^ecl)te fc^u^bebürfttger ^erfonen mit ber not^ttenDigen
ffret^eit be^ 93erfe^re« ju Derfö^nen.
ÜDie (Sntmicfeiungdgefc^ic^te }eigt aber noc^ ein anbered 9le«
fultüt; bem alten öfterreid^ifc^en SRec^te n)ar ber SSoQjä^rigteit^^
termin oon 24 Sauren ebenfo fremb, mie berfelbe ^eut}utage fic^
in ben n^enigften ©efe^bücbern me^r finbet; ber aitt öfterreic^ifc^e
aiterdtermin oon 22, rüdfic^tlic^ 20 darren, fi^eint und gleich«
fam Don felbft auf bie in ber SRitte liegenbe 3^^^ ^insubeuten,
toelc^e non fo oielen Steckten angenommen mürbe; bie 24 3a^re
bed dfterreid^ifc^en {Rec^ted c^arafterifiren fic^ ^iftorifc^ ,,a(6 bad
bequeme Sludfunftdmittel'', um (eii^tfinnigem ©c^ulbenmac^en ju ht*
gegneh ; t^atfa(^li(^ finb aber eben biefe 24 Saläre fortmä^renber
Ü)iinber|a^rigleit }ur Unbequemlic^feit ber Parteien unb ber ®e«
richte gemorben, meiere um fo leichter aM bem geltenben Steckte
entfallen t5nnen, ald fa erfa^rungdgemög eine (ärogjö^rigfeitd'
erflarung nac^ ooUenbetem 21. Seben^jia^re taum aud anberen ald
aud fold^en ®rünben oermeigert h)irb, meiere gur (Sntmünbigung
eine« bereite ©roBiä^rigen ^inreic^en mürben.
— 52 —
^aben mir bte Se^re Don ben SKter^terminen bed öfter«
ret(^if4en SRec^ted beenbet, fo obliegt und nur nte^r bie eine Sdt^
merfung, bag burc^ bie ganje Don und betrad^tete ^tit fämmtlicbe
unDogtbare $crfonen, unb gmar ex officio, beoormunbet roerben
mugten.
!Dte Se^re bed beutfc^en Steckte«, bag @^r« unb Slec^tlofe,
bog bemna(| auc^ unel^elit^e Jtinber feinen ä3ormunb ^aben fönnen,
tt)ar mit beut Einbringen bed r5mif(^en SRec^ted aud ÜDeutfdbtanb
gefc^munben; in Oefterreic^ treffen ttir im 16. unb 17. 3aftr^
^unberte fc^on ben ®runbfa^, bag une^elic^e ftinber beoormunbet
irerben muffen, unb bie ©er^obfc^aftdorbnung Dom 3at)re 1669
gab — toie wir fpöter feften »erben — bem S5ater fogar ba«
Stecht, feinen une^e(id|en Sinbern einen äjormunb im Sieftamente
}u ernennen.
(Der @at^ enb(i(^, bag alle Unoogtbaren ex officio be^
oormunbet werben muffen, ift oon @uttinger^) oudbrüdUc^ be«
geugt, ber unter ben ©(^(agmorten ^SBaifen^^uc^d unb etliche
©c^Iüg unb 5Baifen*@ac^en betreff enb" bie grage, „Ob benen 9lrmen
ober auc^ 9lnberen, fo nun lein ©ergaben erJ^alten, biefelben ex
officio ju oerorbnen feien?** a(d ^^Sffirmatiüe" beantwortet, beftäligt.
JBenn jum ©c^Iuffe not^wenbigerweife jwifc^en ben ^upiQen
nnterfc^ieben werben mu§, welche unter ber oätertii^en ®ewa(t unb
benen, wetcde unter ber 93ormunbfc^aft sensu stricto ftanben, fo ift
^eroor^u^eben, bag bid in ßaifer dofefci ®efe^gebung ein B^^if^^
nic^t obwaltete, bag tebiglic^ bie e^eleibHc^en Kinber unter ber
®ewa(t i^rc« SJaterd feien; bem 3o|efinif(^pn ©efe^buc^e, welche«
ftc^ bie ÜRü^e na^m, bie Sted^te ber e^elic^en unb unehelichen ^inber
möglit^ft 3U nähern, be^ie^ungdweife burc^einanber^uwerfen, war
ed Dorb ehalten, auc^ biedfatle eine ^(enberung eintreten ju (äffen,
inbem e« im §.12 bed oierten ^auptftüde^ bie Scftimmung trof,
bag bem unehelichen 93ater, ^nac^ bem Hßagftabe, ald er bad
£inb unterhalte, bie oäterlic^e @ewalt gebühre, wenn er fic^
berfelben nit^t freiwillig begeben wolle".
^at bie bid^erige äb^onblung gejeigt, welche ?erfonen im
Saufe ber 3^it ob gu iungen 9l(terd eined ©c^u^ed bebürftig er«
achtet würben, fo ^aben wir nunmehr bie ^flic^t, ben @(j^u^
felbft ju betro(^ten, ber im Saufe ber 3rit bem jugenblirfien älter
t^atfö^lic^ jugewenbet würbe.
^) @uttinger, @eite 868.
— 53 —
IL ßapitel.
^tx 54iu^ itx 3lltnlreriäl)rignt*
1. f infeUitng.
@tetn tjat mit oielem ®lü(fe in feiner 3[6()QnbIung über
bad 93ormunbf(^aftdh)efen ^) ben ©ebanfen an bie ©pi^e geftettt^
bag bie 3$orinunbf(^aft intern eigentlichen Sefen nac^,
unb }n)ar ebenfogut mie bie ^erfönlic^teit, mie ein 93erfe^rdact,
Sauf, 2:auf(^ u. f. xd., ftetd ein unb badfelbe fein muffe« ba^
bemnac^ ber ®runb ber tl^atföc^Iid^en SSerfc^iebenl^eit ber äußeren
<Srf(^einung ber 93ormunbf(^aft bei Derfc^iebenen 93ölfern unb ju
öerfc^iebenen ^tiUn nicftt in beren ftet« gleichem SBefen, fonbern
in etmad außerhalb bedfeiben Siegenbem gefuc^t unb gefunben mer^
ben muffe.
dnbem (Stein biefen ©ebonfen bed Weiteren ba^in aud^
fü^rt, bog bie jebe«^malige beftimmte (^iftorifc^e) ®efta(t bed
SJormunbfc^aftdmefend, um ate organif^ed SRet^tdinftitut Derftan«
ben gu »erben, auf bie i^r ju ®runbe liegenbe ® eiellfc^aftt^^
Drbnung gurüdgefü^rt unb auö berfelben erflärt »erben müffe^,
l)at biefer ©ele^rte auc^ ben richtigen Seg }U bem tieferen 3$er«
ftanbniffe be« S5ormunb|(^aft«tt)efen« in üoüfomraen ftarer SSSeife
angedeutet.
3n ber S^^at lonnten toir fcbon bei ben bid^er bemäntelten
flbfc^nitten tDa^rne^men, bag bie SSormunbfc^aft fic^ genau an
bie @ntu)i(fe(ung bed »irt^tc^aftUc^en Sebend anfc^Iog, bag com«
))(ictrtere lE^ebeudüer^attniffe; »elc^e eine fteigenbe @u(tur nötigt«
nenbig mit fic^ braute, bie urfprünglic^e Srt be^ ©c^u^ed, ber
ftc^ auf SSert^eibigung unb Vertretung ber Unmünbigen uor ®t*
ric^t befc^rönft ^att^, ju einer umfaffenben ©orge (cura) über
bie $erfon unb bad 93ermögen bed SRünbeU umgeftalteten ; ebenfo
tonnten mir ma^rnemmen; bag bie SSoUiö^rigfeit^termine fid) im»
mer meiter l^inaudfc^oben, mad ftc^er auc^ auf n)irt()f(^aftU(^e
Urfac^en jurüctgufü^ren ift, unb bag biefed ©trebeu ber ©efe^^
gebung unb ber ©emo^nfieiten (angfam aber entfc^ieben jum
t)urcmbru(f)e gelangte.
%M ber ®efeUf(I)aftdorbnung ift ed ferner ju erKören, bai
bie gauj^e ^tit ^inburd^ bie &ie' unb 2:eftomentdmünbigIett auf
einen ))te( früheren S^ermtn geftedt mürbe aU bie DoUfommene
$anb(ungdfa]^igfeit, in<(befonbere aber a(d bie i$rei{|ett }u ben (Se*
fc^äften unter Sebenben, unb ed jeigt ftc^ ber mirt^fc^aftlic^e f^actor
^) 2)r. Soren) @tetn: ,,@tubten aud ber 9$ettoaItunflMf^re: 2)a0
9Sotniuitbf(^aft«nefen.'' 3n $)atnierr« $tertelia§r«f(^rift, 16. »b., @. 224
M 294.
2) €5tein a. a. O., @. 286.
— 54 —
fo fe^r iDirffam, bag felbft in betn, eine aQgenteine 9}orm ent^aUenben
ÜKaiorennität«ia^rebeftimmun9«*^atente üora 12. Hpril 1753 ber
©runbfo^ QU«(Qefproc^en mürbe, bog bad üReifterrec^t hit fonft ge«
mö^nd^e äSoQjiä^rigleit abfülle, eine SSerfügung^ meiere »o^I utc^t
anberd erflört roerben fann, ald bog bad focia(e ^ebürfmg, bad
Sßeifterrec^t unter Untftänben noc^ k)or bem 25. Seben^ia^re }a
öerlei^en, fidi fe^r »irffam erliefen l^aben mu§.
3n erfter Sinie isirb aber bie ©efettfc^oft^orbnung unb
beren örtUc^e unb jettlic^e Sntmicfetung bebeutenb für bie %xt,
in toelc^er ber Dorntuubfcboftlic^e ®4iu6 ausgeübt mirb, ober, wa^
melfac^ bamit ^ufantmenföüt, fär bie Organe bed ©c^u^ed,
n)el(^e bem 9J2inber)ö^rigen }ur @ette flehen [oQen.
{Benn n)ir in biefer iKic^tung einen ^lid auf bie gan}e
Don und betrachtete ^eriobe n)erfen, fo nel^men mir ma^r, bag
e« ft^on feit bem 16. Oa^r^unberte in bem (5rj^crjogtt)ume Defter*
reid^ unter ber @nnd ald Siegel ga(t bag jeber äRinberjä^rige
einen hopptUtn @(^u^, bur^ ben ajormunb unb burc^ bie
Dbert)ormunbfdE|aft, ^aben foUe.
@o [e^r aber bie 9?egel oon bem boppelten @(^u^e bie
ganje 3^tt bed 16. bid gum Snbe bed 18. 3a^rt)unbert« burd)«
bringt ebenfofel^r ift ed nic^t ju oerfennen, bag Ueberbleibfel
bed frül^eren 3uftanbed auc^ noc^ in unfrre ^eriobe hineinragen,
koetc^e ein ganj anbered Sßilb s^igen.
2Bir werben ee unten genauer fe^en, bag namentlich bei
ben oberen politifc^en ©tauben bie Sebeutung der f^amttie in
bem 93ormunbfc^aft9n'efen fic^ tange erhalten fonnte, bag ben
Unoogtbaren biefer begünftigten ©efeüfc^aft^ctaffen ^auptf&djUc^,
bann aber ouc^ ben ^Bürgern folc^er ©tobte, mid^t eigene ^rei<
Iieitdbriefe befagen, ber ©c^u^ ber ^reunb)(l^aft gefe^lid^ gefiebert
mürbe , »el^er fid) gleic^fam in bie SOtitte ^roifc^en äJormunb unb
Oberoormunbfc^aft t)ineinf(^ob.
SBtr mcrben aber auc^ weiter fe^en, bag ftufenmeife ber
(Sinflug ber i^amilie fic^ üerlor, unb bag biefe @ntmidelung g(ei«
c^en ©c^rttt mit bem S3erb(affen ber ftanbifc^en Unterfc^iebe l^ielt,
fo bog am @nbe bed 18. Oa^r^unbertd äJormunb unb Oberoor«
munbf^aft fic^ fc^on ooQfommen in bie f^unctionen ber f^amilie
get^eilt Ratten.
(Sbenfo koirb {tc^ bei ber !iDetai(bearbeitung hnxij QueQeu'
^eugniffe Kar l^eraudfteUeu/ bag bei ben nieberen ©täuben, nament<>
lic^ bei ben untertljänigen ^erfonen, bie ®ericbt«barfeiten — fei
ed Siic^ter unb 9iat^ bei ben ©tobten unb SRärften am Sanbe,
fei e« ber ©runb^err bei ben Untert^anen — urfprünglicö «itft* fo
fe^r DberDormünber atö Dielmebr SSormünber maren, bag erft
langfam ben genannten ®eric^td^erren eingefc^ärft werben mugte,
bie Slbminiftration bed Sßaifenbermögend nii^t unmittelbar felbft
Win^^'
■ >
— 55 —
in bie ^anb gu nel^men^ bog i^nen anbefohlen mürbe, einen Sor«
munb )u fe^en, toa^ bid ba^in nic^t ®ebrau(^ gemefen ju fein
fc^eint.
@o fe^en tt)ir benn, ba6 bie gleiche 9iege(; meiere fc^on im
16. 3a^r^unberte galt, einen fel^r ungleichen 3"fi^"^ I|inter fi(^
^atte , bag fic^ bie ®(eic^^eit baburd} nac^ unb na<^ ^erau«ftetlte,
bog bie oberen ©efedfc^aftdclaffen ein Organ bed @(!^u^ed oer«
(oren , ma^renb ben nieberen Stoffen ein neue^ Drgan er«
fcj^affen ipurbe.
!Dicfe gange Snimicfelung fü^rt und oon felbft auf bie
boppelte Surgct bed gertnanifc^en ^ormunbfd^aftdrec^ted gurüd,
beren mir, unter ^inmeifung auf Sraut'd oorgüglic^ed föerf, fc^on
oben gebockt ^aben.
!Dort oben fa^en mir fc^on, bog ber fjamilienfc^u^ bed
beutfc^en Siec^ted im innigen B^fammen^ange mit ber ^oQfrei*
^eit be« 3nbioibuumd ftanb, unb ba^er ift ed begreiflich, bag
namentlich bei ben oberen ©tönben fic^ bie 9{efte biefed ©c^u^ed
erhalten tonnten, nac^bem bie Oberoormunbfcbaft fic^ fc^on träftig
entmtcfelt ^atte; meiter ift ed aber aud biefer SE^atfac^e erll&r«
lic^, bag überall bort, mo bie Oberoormunbfc^aft, bad mundium
regis; fic^ neben ben Sami(ienfc^u| gefegt ein SSormunb löngft
frülier fc^on beftanben ^atte, unb bemnac^ eine 93ermengung ber
Segriffe oon 93ormunbfc^aft unb Oberoormunbfc^aft nic^t ein^
treten fonnte.
3m ®rgenfa^e gu biefem JBilbe er^eOt ed beutlic!^, bog in
ienen focialen Reifen, in benen bie 93ormunbfc^aft felbft un<
mittelbor oud bem mundium regis ermoc^feu mar, bie ®evii)t9*
barfeit, an meiere bie Sludübung biefed @c^u^ed gebiel^en mar,
urfprünglic^ bie 9iolIe bed ©c^irmüogted, bed IBormunbed über^
nehmen mugte, unb bog fie im beginne einen neben fic^ befte^en^
ben i^omilienf^u^ meber onertennen nod^ im ®eifte ber ^tit hnU
ben tonnte; ed tonn bo^er burd^aud nic^t befremben, menn ge<
robe rüdfic^tlic^ ber nieberen @tönbe ber ©egenfo^ gmifc^en $or«
munb^ unb Oberoormunbfc^oft am beginne unferer ^eriobe noc^
nic^t fd^arf ausgeprägt erfc^eint, menn mir im 16. unb 17. 3a^r^
^unbert einen Uebergongtiguftanb mo^rne^men, ber gmor bo^in
leitet, bie gefonimten ©erid^tdbavtetten nur me^r aU Dbtvt>ox»
munbfd)aftdbe^örben gelten gu laffen, ber ober felbft noc^ im 18.
3a^r^unberte eingelne Spuren ber urfprünglic^en Srfc^einung
mo^rne^men lägt.
f$affen mir bemnoc^ bie gefciiicfitlic^e (Sntmicfelung gufommen,
fo merben mir fe^en, bog bei ben oberen ©efellfc^oftdcloffen oon
ben brei ©c^u^gemolten ber Unoogtbaren bie 6ine, bie ber ^a*
milie, immer nie^r oerfiei unb im Steckte bed 18. So^r^unbertd
gänglic^ unterging, bog im ©egenfo^e ^ieju bie Untert^aneit,
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— 56 -
meiere in intern ©eriditd^errn urFpräng(ic^ ben SSorntunb ber
untert^anigcn Saifen anerfannten, ein neued Drgan, ben Don
bem ©eric^t^^errn gefegten 93ormunb, erhielten, unb bog
burc^ biefe boppelte entgegengefe^te ^eroegung bei ben oerfc^iebenen
@tänben fc^lieglic^ baö 9{ec^t fömmtlic^er (Sinn)0^ner }ufammenfte(.
3eigt ober ba« 23 er blaffen beö ßinfluffed ber gamitte übcr^
^aupt barauf ^in, bag eben biefe ^tit bod ÜDJoment ber ©taatd«
gen)a(t im ®egenfat^e }u anbercn orgonifc^en (^ematten befonberd
ftarl entn^idelt ^atte; jeigt biefe Srfc^einung in^befonbere tiax,
boB bie gefeßfc^aftüd^e ^raft ber oberen @tänbe in unferem
©tammlanbe fic^ immer me^r unb mel^r üertoren ^atte, fo barf
man auc^ Darüber nic^t me^r ftaunen, bog bad ©treben ber ®e«
fe^gebung, ba^ SSormunbfc^aftdkoefen für aQe ©tönbe gleic^ju«
matten, in Defierreic^ baju führte, jene gormen bed ©c^u^e«
auf alle ®efe(l)c^aft«claffen aii^jube^nen, »etc^e fic^ juerft
rücffic^flic^ ber nic^t DoUfreien, ber untert^änigen ^er*^
fönen, l^eroudgebübet l^atten.
3n ber Witte beö 18. So^r^unbert« ift biefe ßntmidelung
fc^on fo meit Dorgefc^ritteu, bag ber bebeutenbfte ©c^riftfteller
über bad aSormunbfc^aftömefen , Sannija^), in einem gut*
gef(^riebenen, gelehrten S3Jcr!e — baö fi^i ben ^md fefet, ba«
äJormunbfc^aft^re^t auf bie germanifcie Surfet i^urücf^ufä^ren
unb ba6 fortmal^renb gegen bie romanifirenben duriften polemi«
firt — , bag Sanni^a gerabegu ben ^iftorifc^en 3*Jfoinmen^ang
bed 93ormuubfc^aft«n)efend mit ber Familie leugnet^ bag ®au^
nija bie 93ormunbfc^aft in !X)eutf(^Ianb unb folgerichtig auc^ in
JOefterreic^ einzig iinb allein au« bem Siönigdfc^u^e herleitet, au«
bem ©(^ujje, ber ficft ja in elfter Sinie für bie Unfreien unb für
bie ^albfreien irirtfam ermiefen ^atte.
3u Saifer 3ofef be« 3^^'*^*i Reiten ift ber SBeg oollenbet;
ber gefegte 33ormunb — bie S^atiü-J^utet, meiere für bie untere
tranigen ^erfonen ba« urfprünglit^ 9totürlic^fte mar — erftarft
bei aOen @inmo^nern be« 9{ei(|e« gegenüber ber gefe^lic^en unb
teftamentarifdien SJormunbfc^aft, unb bie 2$ermögen«Dertt)altung,
meiere ber ^amiliengemalt gän^lic^ entmunben ift, fann aud) nic^t
me^r bem Sormunbe im eigenen ©irfung«freife anoertraut mer*
ben, fonbern e« erfcfteint ber SSormunb nur meljr al« ba« Organ,
burc^ meiere« bie Dbetoormunbfc^aft felbft bie i^r obliegenbe
93ermögen«Dermaltung oermirllid)! *).
3) Joseph US Leonardus Banniza. @, 7: Hanc sane supremam Prin-
cipum atque Magistratuum tutelam in Germania omni aevo viguisse et
hodiedum in viridi observantia superesse, luculenia comprobant testimonia.
*) ®annt}0, @. 6: In Germania en im omnes impuberes et mino-
res in mundio seu tutela et quidem primario ipsoram principum, atque
— 57 —
üDiefen im allgemeinen angebeuteten @nttDi(felungdgang im
Sinjeteen au^^ufü^ren, ift Slufgabe ber brei näc^f^en älbfc^nitte,
tDelc^e Don bem 93ormunbe, ber ?^amilie unb ber Dberoormunb^
fc^aft l^anbeln.
ÜDa9 beutfc^e unb ha^ römifc^e Stecht fennen beibe beftimmte
©rforberniffe, bie pr Ueberna^me einer SJormunbfc^aft befähigen
unb beren iDJangel ober Abgang nic^t nur }ur Ueberno^me einer
beftimmten, fonbern einer jeben 93ormunbfc^aft untaug«
Ud) mac^t.
9lur auf bie allgemeinen (Srforberntffe gum t)ormunbf(^aft«
liefen 9lmte, begiel^ungdnoeife auf bie abjoluten 9luC)fc|Uegung0«'
grünbe, moQen mir ^ier eingeben, inbem ed und bed ^\i}ammtn^
^anged megen geboten erfc^eint bie relatioen Sludfc^Iiegungdgrünbe
gugleic^ mit ben @;cu]ationdgrünben oorgutragen.
SRad^ römifc^em Steckte laffen ficb bie i^äUe ber abfo«
luten Unfö^igfeit gum oormunbfc^aftiic^en 9lmte unter brei ®e^
fic^t«punfte fammetn^): 1. wegen mangeinber Siec^t^ffil^ig*'
feit finb «SKaoen, unb nac^ ölterer 9?ccf)tdregel gan^ allgemein
au(4 92i(^tbürger; 2. iregen eigener @c^u^bebärf tigteit
l^rauen (mit 9(udna^me ber 3)2utter unb ®rogmutter), unmün^
bige, unb nac^ 3uftinianifd)em 9iec^te^) allgemein au(| min ber«
secondario Magistratuum existunt, quibas omnibus suprema tutela non
eo sensu competit, ac si ad principes et Magistratus solummodo consti-
tatio aut inspectio in tutores pertineret, sed qnod ipsi principes et
magistratus revera tutores sint, quorum viceet nomine tuto-
res ab ipsis constituti administrant, atqae ad reddendas rationes non
solom iis, quorum interest, sed ipsis magistratibas, tamquan supremis
tntoribus obligati sunt. — @. 19 : Nobis itaqae tutela Secandum principia
Juris Germanici civilis communis considerata est potestas in illas per-
aonas, quae nee se nee sua bona defendere possunt, primario imperanti-
bns, secundario quibusvis magistratibus competens, ut non solum tutu-
tores sua vice administraturos constituere, sed et gestorum rationes ab
lis tamquam suis vicariis omni tempore ezigere nee non negli-
gentes, qualescunque sint, nuUa praecendente suspectorum accusatione
remoTore possint. — @. 7d: Ac priino ex illo tutelae fundamento erui-
tor, omnes tutores sive pacto sive ubtima voluntate sive
lege sive Magistratus arbitrio constitutos solummodo esse
Ticarios principis atque Magistratuum eorumque nomine potius
quam proprio tutelam administrare ; qnippe quorum nomine et mandato
eam suscipiunt, quibusque etiam illos ad reddendas annuas rationes ob-
ttrictos esse, nemo inficias ibit. — @. 70 citirt enMtc^ ^anntja ba9
SBetf be« Benebtct @(^mtb: „Principia Juris Germanici'' unb beffen @teae
„ex bis vero simnl patet, in stricto sensu omnes tutores dativos esse'' —
eine ®teOe, bie benn bo(^ frlbfl 9 a n n 1 3 a ju roritge^enb uitb ba^er un«
richtig finbet.
«; »tuborff, II. ©b., @ 17—22.
2) Lex 5. Cod. V. 30 de legitima tutela.
— 58 —
iä^rige $erfonen^ erflörte 'j}erfc^u)enber uiib manche
©eifted^ unb lörperlic^ Sranfe unb ©ebrec^nc^e; unb
3. megen moratifc^er 3Rönge( enbUc^ ade tene ^erfonen Don
ber SSormunbfc^Qft audgefc^(offen, in 9iQ(ffi(t)t beren ein 93erba(^t
befielt, bag fie bie SSormunbfd^aft geroiffentod führen »erben.
SSlaä) beutfd^em 9tec^te^j maren ebenfalls junäc^ft ^ie<»
jenigen gut 93ormunbfd)aft unfähig, totli^t felbft einen 93ormunb
^aben ntugten, ba^er urfprüng(id^ ade Stauen^immer, fo bag
fetbft bie 33ormunb[c^Qft ber SDhttter unb (Srogmutter ntc^t bem
älteften unb urfprüngtic^en ®t|ftenie bed beutfc^en JRec^ted angehört
tiaben fann^); au« bemfelbcn (Srunbe waren Unmünbige («ic^t
aber folc^e ^erfonen, bie fc^on )u „ibren Sauren" aber no(^ nic^t
n^n i^ren S^agen'' gefommen toaren), ®eifte«franfe, 'ißrefe^afte,
®eift(i(^e, Unfreie (bat|er auc^ bie «a(« porige" betrad^teten
3uben), Siecht' unb S^rtofe (ba^er audj bie unel^eli^ ®f'
bornen) unb 93erfc^meuber oon iebiDeber 93ormunbfc^aft audge«
fi^toffen; in fpäterer S^it, nad) ber Sinfti^rung be« römifc^en
JRet^teö, fanben ÜHilberungen ber urfprünglic^en Strenge, nament*
Ii(4 rüdffic^ttid^ ber (S^rlofen unb ber 9lu«(änber, Singang, unb in
gotge biefer aJhlberungen ridjteten fi^ bie Seigren oon ber Sä^ig«»
feit immer mel^r nac^ bem römifc^en Siechte, xoüdjt^ benn auc^
birdbejüglic^ gemeine« 9?e(^t in !iDeutf(4tanb mürbe ^).
3n bie öfterreic^ifc^en Stec^t^queDen unserer ^eriobe ^aben
auc^ in ber 2:t|at bie rbmifc^en Se^ren über bie Sluefcbliegung««
grünbe (Singang gefunben; bo(^ fiiibet ficb meiften« au«brüdUc^
nur bie Unfäl^igfeit ber grauen«perfonen befonber« j^eroorge^obcn,
iDö^renb im Uebrigen bie gefet^Hc^en Scftimmungen fid) mit aü*
gemeinen 2lu«brü(fen: „taugliche, genugfom an gefeffene ^er fönen"
u. bergl. begnügen.
©0 fpric^t bie öfterr. ^otigeiorbnung oom 3a^re 1562 <^),
^bog beim älbgang pon teftamentlic^en ®erl^aben unb näc^ften
tauglichen *$tuet«freunbt, eine anber tauglich unb im Sanbt genueg«
fom ongefeffene ^erfon ^n (S^er^aben öerorbnet werben fofl";
ba«felbe ©efe^s') erflärt weiter, ba§ „bie ®eib«perfonen jue ben
©erbabfcftafften nit getaffen werben foQen^ e« fei benn ain Sr*
bore leiblidie SWuetter ber ^upiöen".
!Cie ®eT^abfd)aft«orbnung Dom 18. Februar 1669 be«
ftimmt^), „ba§ bie Jauglidifeit ber ©ergaben nur barin befte^e,
l>ai e« e^rlic^, Derftanbig, gewiffen^afft, unb wo e« anberft füg«
3) Stvaut, I. ©b., @. 66 u. ff.
*) ^raut, rbeiiba.
*) Ar out. I. ©b., @. 106.
^) $oIt)tiorbuung bom ^a^re 1652, gol. XIXv.
7; ffibeiiba, RoI. XXIo.
S} (^er^abfc^oftdorbnung uom ^o^re 1669, lY. Xiiti, §. 2.
~ 59 -
Itc^ fe))n fann, oermögtic^e unb atigefeffene äßönner, oud) ber
Dbri0feit, meiere fie oerorbnet minbeftend ber ©er^obfc^afft falber
unteriDorffen fe^n, unb ba fie fonflen einer anbern 3nftan^ untere
geben, ftc^ bero^atben Der^ie^en, »ie bann obfonberlic^ feiner, ber
fi(^ felber einptringen beget|rt, ober bem ^upitten ein na^mtiaffted
f(f|ulbig, )u oerorbnen ift''.
^on ber SSorfc^rift, ba§ nur SDIann^t^erfonen taugliche 93or«
münber feien, tvurbe in biefem ®efe^e luie in ber ^olijeiorbnung
üom 3a^re 1552 nur ju ©unften ber leiblichen SDiutt^r'), ^roenn
fie bie SSergerl^abung ber ^nber begehrt unb fonfteu fein Sdt^
benfen ttiber fie öor^anben ift, bem attcn ^erfommen nacö" ^^)
— eine 2lu«na^me gemacht unb i^r über i^r Sinb „bie Dber*
ger^abfc^afft" eingeräumt.
(Snbtic^ ermähnte ba^ genannte ®efe^ infoferne noc^ aud»
brüctlid^ ber SSoUiä^rigfeit bed 93ormunbed^^), „atd bem trüber
ober ben Srübern ald nec^ften ^efreunbten, roenn fie i^re
Sogt bahren 3a^re erreichen", ba« 9iec^t guerfannt XDnxbt,
bie (Sntlaffung bcd vorigen ©ergaben unb i^re ^efteüung gu ©er«
^aben il^rer no4 unmünbigen ©efc^mifter )U begehren.
Da« 3ofefinifc^e ©efe^budi Dom 11. '«ooember 1786 frf)(te§t
^oon brm mic^tigen oormunbfc^aftlic^en älmte'' aUe SBeib^per^
fönen ^^, mit Äudnaftme ber SWutter, ®roBmutter unb Urgro§*
mutter ^^), ou«. ©elc^' ße^tere bie SBormunbf^aft, »enn fie frei*
midtg iDoQen, anfuc^en bürfen, o^ne bag für fie ^ieju eine 93er^
binblic^feit bcftünbe; ferner ftnb gu jeber S5ormunbfc^aft untüc^tig^^)
aOe 3epe, meiere megen natürlicher Seib^« unb ©emüt^egebrec^en,
Sranf^eit unb unreifen ^Iterd i^ren eigenen ©efc^öften nic^t
oorfte^en fönnen, unb (Diejenigen ^^), bei Denen bie (Sefa^r einer
üblen (Srjie^ung ober einer übten 93ertDa(tung gu beforgen ift.
3ur ÜDatiO'Sutel foHen in^befonbere enblic^^*) roirflic^e
ftriegdleute unb fömmtlictie Staatsbeamte nid^t herangezogen merben.
9Son ben ©c^riftftcttern begießen fic^ SSJeingärtter ^'),
Secfmonn^^) unb SSoffiu« *^) meift nur ouf ba« römifc^e
«) dhmha, UI. a:itet, §. 2.
10) 2)iefr« alte ^crfornmen begcugt auc^ €$ u 1 1 1 n g e r, @. 279: „(Sint
SRuttrT tfl o^ne Da« Legitima Tutrix, aii(^ big^ero in Sanb $eT(ommen«,
bag fte Obergcrfeabin getoefen."
»>) XVI. Sitel, §. 7.
13) ^ofrfinifcbe« (S^eie^buc^, V. ^auptflfid, §. 27.
»5; ebenbo, §. 10.
1«) ebeiibo, §. 27.
15) ebfnba, §. 29.
10) Sbrnba, §. 28.
17) SBctngärtIcr, @. 19.
18; ©cd mann, e. 176 unb 617.
1») 8offiu«, @. 289.
— 60 —
{Ret^t, o^nc irgenbwie eitoa^ 9lcueö ^injujufügen; {Reuttcr*^)
gebenft gar nur ber Sludna^me, bag ber üRutter bte 93ormunb^
fc^aft pfte^e, o^ne bte 9iege(, baß t^rauendpcrfonen oon ber
^ormunbfc^aft audgef^toffen feien, ^u ern)al^nen, unb S3offiud
betont in^befonbere noc^, bag, obgleich biedfaUö feine ®t]t^t be«
fielen, bie iutel mit ber ^Deportation, Verbannung, mit ber 3n*
famie unb ber (eben^Ianglic^en (Sinferterung bed ^ormunbed fi(^
enbe, au^ welcher ©teile aUerbing^ auc^ ju [erliegen ift bag biefelben
Umftänbe a(6 älu^fc^liegung^grünbe allgemein auc^ rücffic^tlic^
ber nädiften SSenoanbten angefe^en mürben.
3. pie ^arnUie.
SDer @tnf(ug ber gamtlie auf bad ^Bormuubfc^afti^mefen
l^atte fid^ f4ion am beginne ber Don und gef(t)ilberten 3^'^ i^i^t
me^r fröftig erhalten; inbeffen eimö^nen fogar noc^ niel)rere ®e^
fet^e bed 18. dal^rbunbertd ber gebotenen 9tüd[ic^tna^me auf bie
greunbfc^aft be« ^Jupitlen, unb groar finb bieö jmei ©efeße, meiere
bie OberDormunbfcbaft bed tanbmarfc^aUifc^en ©ertc^ted, mithin
ben @d)ut$ über bie SBaifen ber oberen poUtifc^en Stanbe, regeln.''
®(^on im Oa^re 1751 üerliert fic^ aber, roie tüir metter
fe^en merben, bie 9tücffic^tna^me auf bie t^amilie bei ber Vor»
muubfdjaft aud ber ©efe^gebung, um nic^t mieber aufzuleben;
fie Dei'Uert fid| aud) rüdfic^tüc^ ber oberen ©tänbe, unb ed geigt
fic^ auc^ ^ier bad (Streben ber ©efe^gebung mirtfam, ba6 9te(^t
fömnit(i(^er ©taatc^bürger mög(id))t auf ben 3nt)alt jener 9{ec^td^
fäfee gurücfgufü^ren, bie für ben nieberften Staub, für bie Unter*
tränen, ^iftorif^ erma^fen maren.
©e^en mir guerft auf bad 16. 3a^r^unbert gurücf, fo
geigt fic^ beuttid) ber (Sinflug ber ^amitie noc^ im ,,3n^pru(!er SibeQ"
Dom 3al^re 1518^), in melc^em ou^fgefprodien ift, ,,bag ^infüro
bie oermaqften ^inber, mo in ber Vater uttb (Altern geben nic^t
orbentUd^ ein Sieftament fürgenommen unb gefegt, mit bereu nec^ften,
tauglichen, getippten, unoerbäc^tigen ^reunben nac^ ©eivolin^eit
bed 8anbd beger^abt, unb bur(^ biefelben ©ergaben bereu
Dbrigfeiten unb g^^wnbfc^aften, fo oft 9iot^ ift, aufrichtige
{Rechnung get^an, auct) bie ^inber mit nnorbentlic^cr äludgab gu
befc^roeren nic^t geftattet, fonbern bie (Sinfommeu gu ber ^inber
9iu| gemenbet merben fotlen".
3n gleicher Seife mürbe burc^ bie SBiener i^rei^eiten oom
12. SDMrg 1526 2) ben ©iener «ürgcrn ein ginflug ber fjamifie
20) 91 e u 1 1 e r, @. 3.
1) @uttinger unter bem ^c^Iaqniorte ,,(S^er^abeu'' brtreffenb : (S^tra*
au0 ber Sndprudifd^en StbeU de An. 1518, @. 273.
2) Eingang neuer gret^eiten ber ©tabc ^Bien Dom 12. ^ät^ 1526,
— 61 —
auf bad SSormunbfc^aftSipefen infoferne gefiebert, ..afd bie nöc^ften
^reunbe bei ber Sßere^elic^ung Derivaifter fttnber, bei ber ;\n)eiten
{)ettrat^ einer SBitttoe, bei bent Sintritt don Soifen in ein ftlofter
befragt unb bei ben Steftamenten nic^t oogtbarer ^erfonen juge«
sogen werben foQen"; enbli^ ift ^ert)or}Ul^eben, ^bag bie Siec^nung
ber SBormünber im ®et)fein etlicher i^eunb, benen bie 9te4«
nnngdlegung p Derfünben ift geprüft n)erben foQte".
^ie ^o(i}eiorbnung für bie fünf 9}ieberöfterrei(l^if(!^en 8anbe
aud bent Sabre 1552 3) ging überhaupt don ber knfic^t aud,
bag t^re bie SSormunbf^aft belreffenben Spornten nic^t pröctpitioer,
fonbern bt^pofittDer 9}atur feien, inbem fie }um ©c^tuffe bie 33er«
fügung traf, ^bag jlDar biefe Dorgefc^riebene Orbnung ftftt unb
deftiglid) gehalten unb berfelben nachgegangen unb gelebt merben
foüe"; bag aber anbererfeitd auc^ anerlannt werben muffe, „bag
ber 5£eftirer in feinem leftamente ober legten toillen feiner Äinber
unb dertaffenfc^afft ^alber^ fonbere Orbnung machen unb {|inter
fein üerlaffen "tonne" , in »eifern gaüe e« bann auc^ bei biefer
teftamentarifc^en Orbnung ju bleiben ftätte, e« fei benn, ^bag
man fpürlicbe unb augenfdieinlid^e derböc^tlic^fait unb fc^aben ber
ftinber befinbe", in welchem t^aOe bann bie ©ac^e ^jur dviäniU*
rung unb Srfenntnig ber Obrif^eit ober ®eric^t9 unb ber 9lait'
^onbfer gebracht »erben foü".
Slugerbem würbe in ber genannten ^olijeiorbnung ber nac^*
ften greunb 35orroiffen bei ber SJerfenbung ber Pupillen auger
ganbe«^) erforbert; einem ober gwei ber näc^ften greunbe
foUte bie 9?ed)nungd(egung oerfünbet werben^); ben nac^ften
i^reunben ob(ag bie ^flicbt für unmünbige unb oertbuenlic^e
^erfonen innerhalb einer 3al^re«frift ®er!)Qben ju begehren*),
unb fie mürben enblic^ aud) au^brüdü^ in bem ^^ade einoer«
nommen'), wenn ein älterer oogtbarer ©ruber bie ®üter feiner
minberiä^rigen ©eft^mifter in Seftanb nehmen woQte.
"hxt ungebrucfte nieberöfterreic^ifc^e Sanbe^orbnung oom
3a^re 1573 — mli^e, wie bereit« oben ^erüorgel^oben, bie Se^re
oon ber 93ormunbfc^aft ex professo gar nic^t ab^anbe(te, fonbern
fi4 bie^faUd nur auf bie oorgenannte ^oü^eiorbnung be« 3a^re9
1552 begog — beftimmte ^), bag, wenn felbft SSäter, meiere in
Cod. austr. 11, @. 476 u. ff. nnter ben SD'targinalrubrtten „affvlidit $eu-
rati", e. 487; „©ittib.^eurat^", @. 487; ^(5löpcrU(^er (gingang", @. 488;
,3etb0bilber Seftament unb Ocf^äfft", ig. 489, unb „(Ser^ab^u", @. 490.
3) $oIi)eiorbnung oom 3a(re 1652, J^ol. XXIII v.
*) (Sbenba, go(. XX.
*) öbenbQ, gol. XXI.
«) Qcbenba, got XXU.
') ebenbQ, gol. XXIII.
8) Sanbtdorbnung oom Saläre 1573, II. Suc^, 1. Xxtti, „SBom Jtauffen
unb Sertouffen", gol. 101.
— 62 —
Slnfe^unö beftimmter ®üter, ref^). aSermögen«iiiaffen, aufi'brücflii^
gu ®er(|a6en i^rer hinter Derorbnet morben ftnb, biefe ®fitec
Derlaufen tooüeu, ein ber(ei fiauf ,,o^ne SSoriDiffen bet nä(^«
ften ^efreunbten nnb SetDÜIigung bed ©eric^te^ itid^t fröftig
merbeti \oü\ unb bad ®cfcft »aifer JRuboIf IL bom 18. 3uli
1589, melc^ed badSeuatusConsultumMacedonianum einjc^örft^),
oerbot e9 au^brüdlic^, „einer ^erfon, loelc^e ft^, fotoie ed fid^
gel^ört, unter ber äWac^t i^rer SItern, ©ergaben ober ©e*
freunbten befinbet, auger 93orh)tffen ber @(tern, ©ergaben ober
iBefrcunbten etlüa« barjufeil^en, ober fonft in bergteit^en flauen
mit ben genannten nic^t ^anblung^fa^igen $erfonen (Sontracte
cinjugeljen".
35ie bi^l^er angefül&rten 3^WflnJff^ ßu« bcm Seginne unb
bem 6nbe be« 16. 3al)rl|unbert« jeigen Kar, bag, wenn auc^ ber
@inf(u6 ber Familie auf bie SSormunbfd^aft nic^t mel^r unge^
\6)tDaäft erhalten morben toav, eben biefer ßin^ug bem über^
lieferten {Redete entfprocften ^obe; biefe Quellenjeugniffe bürgen
und bafür, bag unfer ©tammlanb ben 3ufammen^ang ber 93or«
munbf(^aft mit ber i^amilie (ange ^tit bema^rt, )a bag fic^
ber ^eim ju bem Onftitute be6 f^amiltenrat^e« minbeften« bei
ben oberen ©tönben erl^aCten ^atte, unb bag (ebigßd^ bie ftarfe
äludbitbung ber Oberdormunbfc^aft ben lebensfähigen Reim )u
erftiden Dermoc^t l^at.
äu« bem 17. Sa^rl^unberte befiften mir, in«befonbere
bie oberöfterreic^ifc^e Sanbtafel au« bem 3a^re 1609, ein 3^«d"i6/
bag ber @inf(ug ber f^amilie auf bie SSormunbfd^aft bei ben
oberen @tönben £)beröfterrei(^d ein gan} bebeutenber mar.
3toar fteüt bie oberöfterreic^ifc^e Sanbtafel aut^ bie tefta*
mentarifc^e 2;utel obenan; ^at aber ber (Srbtaffer fein Xeftament
gemacht ober in bemfelben über bie ißormunbfc^aft nichts be«
ftimmt, fo tritt bann ber (Sinflug ber f^ami(ie l^erdor.
!t)enn „voo f^ein 3^eftament oorl^anben ober burc^ bie Sltern
feine folc^e äJerorbnung nit bef^e^en, foQen unb mögen nid^t«^
beftotteniger, (fooil Unfere Sanbleut^ oom ®raucn*=$errn*
Unb diitterftanb betrifft) bie negften 9(ngebornen ®Iut«>
freunbt, mie oon Sllterd ^erf^omen an^ för fic^ felbft alsbalben
nac^ ber S(tern 2iobfa(( unb ^egräbnig pfammen f^omen, Unber
3ne fe(bft ben tauglic^ften unb iRöc^ften ^(utdDermanbten }tt
93ormünbern Srtoa^len, 3nen bie ^upiQen fambt 3ren Srbgüt'
tern 93ermög eine« dnoentari ober toie fotc^ed benen ^upiUen
gum JBeften nu^ unb S^reulic^fte 3ln fid^ Überantworten, 93ertrauen
unb beoelc^en*^)''.
9) Cod. austr. II, @. 297.
^^).Xit Oefterrct^ifc^e Socmunbfc^aft be« 16. unb 17. 3a^rl|nnbert«.
9$on !3)r. 3o§ann <S(^en! iu SBten, 1863, @.3.
— 63 —
(Sd fattn nun mol^I mit i$ug unb Stecht angenommen mer«
ben, bag bie dieäfte bed 9be(d 92ieberöfterretct)d urfprüngli(^
}iemti(^ bie gleiten maren toU im 9?ac^barlanbe Oberöfterretc^
nnb bie ©puren eben btefed ^ittt^M ^aben mir Qud) für SSlitbn*
öfterreic^ in ben obenongefil^rten 9{ed^tdbeftimmungen gefunben.
9lud bem 17.3a^rbunberte befi^en mir ferner nod| brei anbere
©efe^e, me((^e ebenfaQd in mancher ^infic^t ber ^reunbfc^Qft bei
ber 93ormunbfc^aft gebenfen; bad ®efe| ftaifer {^erbinanb'd II. oom
2. Sluguft 1631 1^) unb bad ©efe« Saifer Seopolb'^ I. bom 28.
auguft 1664 ^2) — meiere ben ^loed l^abcn, bie S5erfenbung un-
fat^olifc^er ^upiQen au§er iianbed gu oer^inbern — menben fic^
QU6brü(ni(^ ntc^t btod an bie 9){utter unb an bie ©ergaben,
fonbem auc^ ,,an bie Sefreunbten, bie fotc^e $uptüen in i^rer
Wladit ^aben", unb bie ©cr^abfc^aftdorbnung t)om 18. gebruar
1669 enblic^ anerfennt auc^ noc^ ben gleich nö^er gu beieic^uen*
ben @influ6 ber ^amiße, namentlich auf bie dnoenturderric^tung
unb {Rechnungslegung ber äSormünber.
Die genannte ©erl^abfc^aftdorbnung, bereu romanifirenber
g^arafter einej@ntfernung Don brn ®runbfö^enber oberöfterreic^ifc^en
Sanbtafel offenbaren mugte, legte gleicbmo^l ben näd^ften greun^
ben nid^t nur bie ^flic^t auf, 93ormünber für bie i^nen oer«
manbten Pupillen gu begehren ^^), fonbern fie beftimmte aucft,
,,bag, menn (Sltern in i^rem legten ÜBiUen bie 3nt)entur audbrüd«
lic^ verboten ober bie ©ergaben baoon entbunben tjötten, bie
dnoentur boc^ nicf|t unterlaffen, fonbern unter ber t^reunb«
fc^aft aufgenommen merben foÜe ^^); bag bie ©ergaben i^re
Rapiden mit 9iat^ unb SSillen ber ^efreunbten e^rlic^
unb i^rem @tanbe gemö§ oer^eurat^en foüen ^^); bag SBaifen ber
Untert^anen^ meiere ber ^errfc^aft bie SBaifenbienfte )u leiften
fc^ulbig finb, mit SSormiffen ber Dbrigfeit, ber Überlebenben
SD^utter ober Sefreunbten in bie @täbt unb Üßärtt gu benen
©c^ulen oberSernung eined {^anbmerfd gefc^idt merben mögen ^^);
bag ben ^efreunbten obliegt, oerböc^tige 93ormünber angu^
geigen ^^), unb bag fc|liegli(^ gu ben ©er^abfc^aftdrec^nungen bie
näc^ften Sefreunbten ber Pupillen gugegogen merben
foBen" »«).
83on einer Snteroention ber ?$amilie bei bem Snfaufe ober
") Cod. auslr. II, @. 187.
12) Cod. aastr. II, @. 188.
13) (9eriabf<^aft«otbnung toom 18. gebruar 1669, 4. Stitet, §. 4.
1«) (Sbenba, 8. ^ttel, §. 6.
1») ebenba, 9. Jttel, §. 6.
1«) Qbenba, 9. Xitel, §. 6.
17) (Sbenba, 15. Sitel, §. 2.
1«) (gbcnba, 17. Xitel, §. 6.
aufe btr ®üUt unb bei btr eigent(i(^en SSermOgenstieclDat'
ift aber fi^on in btr ®ei[|Obfi$aft(>orbnung btS 3a^iee 1669
mb« rae|r bie Webe.
3[ud beut 18. Oa^r^uTiberte DCiorbnett nur ttoi^ bie ©efrfee
,bte Sanbmarf^ttüifdie 9Büifen<Me(inun8" Dom 24. JiKtm*
1725 <") unb ,bie SanbmarfE^aQ'fi^e ©ei-fjabfc^afteorbnune''
3. 3Ipn( 1727 1») bie Serftünbigunö, bejit^nnflemeite 3«'
infl btr näi^rien Jflefreunbeten jur ^rflfwns ber ÜSormunb«
lerecbnung; ee ftnb bteS aber auc^ bie (e^ten @e)e$e, toelc^e
iSinfluft ber ^auiitie auf bie SSormunbfc^aft bocutnentiren.
©cbon bie ®{|'et(e 3Ilaria X^erefia'd über bie „9Rinoretinen>
beneinfi^räntung" Dom 26. gebruar 1751 unb übet bie
ijorenniröteiatirebeftimmuiiQ" oom 12. äl))ti( 1753 übergeben
Bern)anbtf(^aft gänjlt^ auc^ in jenen Sejie^ungen, in ti)elc|en
bia ba^in eine ©nf(u§na^me gtfiiljett mar; baa 3ofefinifil)e
^bui$, neli^eS bie SierniägenSDeriDaltung auäbiittflid) an
CbetDormunbft^aft gejogen ^atte, ntugte folgerichtig bie i$a>
i grunbfäefic^ oon ieber Ongerenj in äjormunbfi^aftefat^en
Sanofont aber enlf^ieben mar bemnac^ ber Ejiftorifi^ be'
ibete gamiUenfi^u^ aue bem bfterreidiifdien SBotmunbfc^afte-
e geroicfien; am <Snbe beS 18. ^a^t^unberta Ratten fi(^ 3}or>
b« unb OberDormunbfi^ail in fammtlif^e notft erhaltenen SRec^te
i$amilie gei^eitt, unb bur^ bie Bcftimmung bee Sofefiniftben
tbu(^e8, büB bem SJorraunbe bie ©orge für bie ^erfonen,
Dormunbfi^aftlic^en ©erit^te aber bie SBermögenSvernialtunB
be. mar eine abftracte @leic^^eit für fämmllic^e Sinmo^ner un*
1 @tammlanbee ^ergeftetlt niorben.
®en öfter reicbiff^cn gi^riftfteüfrn unferer ^eriobe ift bet
lug ber Samilie ouf ba« 93ocmunbfi$oftdn)efrn fc^on aU«
®ebä(^tnjffe gefc^tnunben; immer me^r unb mefir neigt ft4
älnftcbt bea OuriftenftanbeS ba^in, bag bie Sßormunbfc^aft
[ ober minber einzig unb allein in richterlicher ünorbnung
(Sben biefer Umftanb, bet auf bie toeitere Sntmidelung ber
fggebung fo fotgenft^ioer eingtmirft ^at, legt unS bie 9!er>
lii^feit auf, nunmehr mit befonberer 3(ufmertfarafeit bec Snt'
■lung ber OberDDrmunbfdiafE felbfl }u folfltn.
Unmittelbare Ouedenjeugniffe bemeifen, bag am Seginne
16. 3a^rt)unbertd bie 93arftellung no(^ trfiftig lebte, ba| ber
— 65 -
ftönig ber SSonnunb, ber oberfte 93annunb aßet SSotfen fei; e«
fpric^t fid) biefe Stnfd^auung nic^t adeln in bem für bie @nt«
roicfefung ber Dberoormunbft^aft fo nichtigen 9?ei(^dtQgdfc^(uffe
be« 3o^re« 1548, fonbern nod^ me^r in bem öfterreid^ifd^en $or*
tiaAaxxtd^tt au«, in weld^em mir bie ftd^erften 9ludfprü(j^e finben,
bag ber ü^anbed^err fid^ aü ben ©c^u^^errn, a(d ben Sormunb
ber SOSaifen, betrachtet ^at.
®o ft^reibt bie „{Reform gutter ^olice^ für bie fünf n. ö.
gonbe oom Sa^re 1552" *), „bog bem ß^riftlic^en ft^ünig unb
9{egierenbem Sonbt^fürften in ^rafft feine« tragenben älmbt« )u«
fteen unb get)ürn mW, eine neue Orbnung be« SSormunbfc^aft««
»efen« einzuführen, unb Seopolb I. bezeichnet ftc^ im Eingänge
ber ®er6abfc^aft«orbnung at« „ben Obriften ©ergaben unb @d|u^»
{lerrn" '^) ber Don feinen ©täuben unb Untert^anen ^interlaffenen
Satfen.
S)a aber ber ftönig ober 8anbe«fürft biefen oberften ®c^u$
in eigener $erfon ntc^t ausüben tonnte, fo beburfte er ber ent«
fprec^enben Organe^ burc^ oelc^e bed Sllonart^en @(^u| ben
Saifen gugewenbet tourbe, unb biefe Organe n)aren e«, n>e(ct)e
man fpater namentlid^ unb ^auptffic^lic^ mit ber Benennung
.Oberoormunbfcftaft'' bejeicbnete.
®o fam e« benn — nac6 Äraut'« Ausführungen ^) —
baju, ha% ebenfo tt)ie bie iJanbe«^erren bie Oberoormunbfc^aft in
i^ren j£erritorien al« dmmunitätdrec^t in 3(nfpruc^ nahmen, in
gleicher SBeife ber 9tat^ in ben @täbten im Saufe ber 3eit bie
meiften Steckte an ficfi )U bringen mugte, meiere bi« ba^in oon
tatfertic^en ober Ianbe«^err(ic^en Beamten in benfelben ausgeübt
morben tDuren, unb bag ba« (gleiche rücffic^tUc^ ber Oberoor^
munbfc^aft gefc^a^; ebenfo mürbe m ber $olge bie Oberoor^
munbfd^aft a(« ein Zf^tii ber $atrimonia(geric^t«barfeit betrachtet
unb Dou ben fpäteren 9teic^«^ unb Sanbedgefe^en a(« ein teber
orbentüc^en Obriglett juftel^enbed Siecht angefe^en.
!Da aber bie OberDormunbfc^aft t^ren Urfprung am ber
tönigtic^en ®e»aU immer noc^ ableitete, fo mar ed ertlörlic^,
ba^ bie 9{eid^«ftanbe bei ber 9[u«übung ber Dberoormunbfd^aft
an bie reic^dgefe^lic^en ^eftimmungen regelmögig gebunben maren,
unb bag, abgefe^en t)on befonberen (S^emtionen, bie rei(!^dgefe|«
(iciien ^eftimmungen burc^ nachträglich ertaffene $articu(argefe(e
nid^t berogirt merben lonnten.
3)ie 9leic^«po(i)eiorbnung oom 3a^re 1548 menbete fic^
bemgemäS au^ „an aüe unb jeben ß^urfürften, ??ürften, Prälaten,
©raffen, $errn oon Slbel unb ßommunen" unb befahl i^nen, in
») »Reform guter ^oliaet 1562, gof. XIX.
^) (Ser^abfc^aftdotbnung im Eingänge.
5) Äraut, I. ©b., @. 84 u. ff.
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i^ren gürftent^ümeru, ^errfc^aftcn, Obrigfeitcn unb (Scbictcn,
im Slbgande oon teftamentarifc^en unb gefe^Uc^en 33ormünberR,
anbete taugliche ^erfonen mit bet äJormunbfc^oft gu betrauen.
gerner f(^eint, nadj Äraujt'e meiterer öemerfung *), im
^ofrec^te über Unfreie bte ^ormunbfc^aft geroö^ntic^ mcf)t
aU ($amilienfa(^e betrachtet »orben }u f^in; ed fc^eint ber ^err
bie @teUe bed ^ormunbed vertreten gu ^aben unb im ^ofgerid^te
ein älnalogon ber Oberoormunbfc^aft entftanben }u fein.
SBenben toiv und na(^ biefer S)arfteQung be^s beutfc^en
Steckte« an bie Betrachtung ber öfterreic^ifc^en 3uftanbe, fo mer«
ben mir fe^en, bag fc^on in ber ^Reform guter $oU.;\et Dom 3a^re
1552 5) bie «ürgermciftcr, JRic^ter unb SRät^e in ben ©täbten
unb 3Jiärften, bie ©runbobrigfeit unb hit ®erid)t*^errcn auf bem
l^anbe unb ber Sanbmarfc^all rücffic^tlic^ ber Sanbftänbe (l'anbo
leut^e) o[d bie regelmögigen Oberioormunbfc^aften bej^eic^net mer«
ben; in ber ®erl^abfc^aft«orbnung oom 18. gebruar 1669 ^)
bricht fc^on ber allgemeine ®runbfa| burc^, baB bie ©eric^te«
barfeifc wetdier ber SSater be« Pupillen für feine ^erfon untere
morfen gen)efen ift, ald DberDormunbfc^aft eingufc^reiten ^abe, unb
in gotge biefe« ©runbfafeeö ift baö ^ofmarfd)aüif(fte Oeric^t 9Jor*
mnnbfd^Qftdbe^örbe ber ^upiQen ber jmei oberen «Stäube, bie 9(e^
gierung rüdfic^tlic^ ber SBaifen ber 9iobifitirten unb anberer eji*»
mirter ^erfonen, ba« UniDerfitätöconfiftorium rücffic^tlic^ ber i^ra
untermorfenen ^erfonen, ber ©tabtmagißrat Sßien rüdfic^tUc^ ber
bürgerlichen SSaifen gemorben ; in gleicher SSSeife maren bie @tabte
am Sanbe, begie^ungömeife bereu ©ürgermeifter, Stic^ter unb
SRät^e Dberoormünbcr ber ^upiBen ber Sinmo^ner, unb bie
©runb^erren, benen ja nac^ bem Tractatus de juribus incorpo-
ralibus bie Untertbanen in aüen 5Rea(* unb ^erfonalfprü^en
unterworfen waren ^), Oberoormünber in änfe^ung ber Der*
maiften Untert^anen.
Sind) ba0 3ofeftnifc^e ©efe^bu^ enbtic^ ^) ^ielt an bem
©runbfa^e feft bag bie SefteDung unb :83eftätigung be« 93or'
nmnbe« bemtenigen ®eric^te jufte^e, Welchem ber Srblaffer per«
fönlic^ unterworfen war.
Snbeffen ift bie ®(eicj^{|eit gwifc^en ben Derfc^tebenen @t&n^
ben, welche fi(^ im Sofeftnifd^en ®efe^e au^gefproc^en finbet, erft
admalig erwac^fen; am Beginne unferer $eriobe finben wir, un«
geachtet ber reic^d^ unb tanbedgefe^lic^en Befttmmungen, welche
*) Ar out, I, @. 104 ff.
^) Seform flutet ^oltjet oom Sa^re 1652, go(. XIK.
'>) <9et^abf(^Qft«orbnunQ, 4. %itti, §. 1.
7) Tractatus de juribus incorporalibus, 4. Sitel, §. 1.
8) 3ofeftmf(4e <9efc(}Qebung, 5. ^auptfüid, §. 22.
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ed ben @$eri(^td^erren gur $fli(^t moditen, bei 3lbgang teftamen^
tarifc^er unb gefippter äJormünber eine IDatio^S^utel an^uorbnen,
Dielfac^ bie Snfc^auung üorivaltenb, bag einzelne klaffen Don
Sinmo^nern, toenn i^nen fein 93ormunb gefegt tonh, in i^rer
Obrigfeit ben eigentlichen SSormunb }u erbUden (jaben, unb koenn
Quc^ ber 2ienor ber obangefü^rten ©efefte im Saufe ber 3^it baju
führte, baß felbft oüen untert^änigen, oemaiften ^erfonen SSor*
münber befteltt tDurben, fo fc^manften bennoc^ bie ^el)örben felbft
in tt)rer ©tellung }n)if(^en 93ormunbf(f|aft unb Oberoormunb^
fc^oft, ein ©c^wanfen, welche« fc^liegüc^ baju führte, aüe jene
Obliegentieiten ber JOberDormunbfd^aft ouf^ulaften, meiere minbe^
ftend bei ben oberen ©tänben in ben i)önben be<) 93ormunbe^
uub ber Familie urfprünglic^ gelegen loaren.
^ei bem (anbmarfd^aUifc^en ®eric^te, bem alterten öftere
reid^ifc^en ©eric^td^ofe bed Slbetd; bei ber nieberöfterreic^ifc^en
9legierung, bei bem Unioerfitatdconfiftorium mar ed ganj natür^
lieb, bat bie OberDormunbfc^aft fic^ lange 3^it in befd^ieibenen
(Srenjen er^ielt,^ ba| in^befonbere bie SSerroaltung ber ®üter bem
SSormunbe felbft anvertraut blieb; für bie ©tabt SSJien mar min*
beftend f^on burc^ ben ,,<Singang neuer i^rei^eiten Dom 12. SDtär^
1526^ ^) entfc^ieben morben, bag ber ©tabtmagiftrat nur Ober^
oormunbfc^aft fein folle, ba t^i befonbecd befohlen mürbe, ^bag
fein $erfo^n in bem ®tabt^9tat^ fein ©erl^abfc^aft annehmen
noc^ Dermalten foUe; benn fie f ollen bie fein, bie ob ben ®er^
f|abf4aften galten foUen''.
^nberd ftellten fic^ aber bie ©ac^en rüdfic^tlic^ ber übrigen
©täbte unb a)iarfte im Sanbe unb rüdfic^ttic^ ber ©runb^
obrigfeiten.
9{ücf|t(^t(i(l^ ber le^tgenannten Obrigfeiten bringt © ut tin^
ger^o) eine ffintfc^eibung öom 30. 3uli 1653 be« 3n^atte«,
•bag ed miffentlic^ dieö)Un^ fei, ba§ bie Obrigfeit benen«
jenigen, meiere unter i^rer Suridbtction }U SBaifen
merben, entmeber ©ergaben oerorbnen foll, ober ba§
fie im entgegengefe^ten faulte felbft bie ©ergaben finb
unb folglicb bie ©c^ulb eined ©ergaben tragen muffen".
!Diefe ©teile }eigt fc^on an unb für fic^ ftar, bag bie ge^
nannten Obrigfeiten urfprünglic^ bie 9lolIe bed 33ormunbed felbft
oerfe^en ^aben, unb bag biefed Slmt i^nen auc^ Don felbft jufiel,
koenn fie ben reic^d« unb lanbe^gefe^lic^en 93orf(^riften ni(^t ent*
fprac^en unb SSormünber nic^t festen.
Sber biefe ©teile erflört auc^ bie an bereu ©teilen, mel(^e
au« früheren 3^iten ftammen, unb in benen üon einer Slbmini*
9) (Eingang neuer ^ret^etten ber @tabt tBten Dom 12. ORar) 1526
nnter ber aRarginalrnbril „(^ntfahtn". Cod. austr. II, (B. 490.
^<0 ©ntttnger a. a. £>., @. 636.
5*
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ftration ber äJ^flnbefgüter burc^ bie JDbrigfeit, Don ber ©c^utbig^
feit )ur Siec^nungdtegitng über bie don i()r geführte SSertoattung,
Don i^retn {Rechte, bad S3erniögen bed aKünbe(9 bei fic^ au be^
^a(ten, fo oietfac^ bie 9{ebe ift; turj, ed erflört biefe ©teile doQ^
fommen j[ene j^lti^^ic^^n OueQen^eugniffe, meiere Don alterd^er
eine birecte SSormunbfc^aftdfü^rung bur(i^ bie Obrigfeit — o^ne
@e^ttng eined S^omtunbed — bezeugen.
®o fd&reibt ©uttinger über bie ifroge^*), ^bei welker
Obrigfeit eine ^eurat^ömäBige 3ungfrau gu »erben unb }u oer^
^eurat^en fei, menn biefetbe an einem Orte geboren unb an einem
anberen aufergogen morben fei**, baß bie SWegiernng unterm 19.
Wlai 1559 entfc^ieben ^abe, ^bag bie Obrigfeit ber Sbucation
bie 3ungfrou bcm SWagiftrate (be« ®eburt«orte«) fteüen muffe,
bQ§ bie ^eurat^ mit 93ortt)iffen ber JBefreunbteu bann oberer oon
6rem6 unb ©tein"* unb oberer öon ©te^er* gefc^e^en folle", unb
bag, tt)enn fic^ bie ©tobte ntc^t Dergleichen fönnen, fie btefen ^atl
an bie {Regierung gelangen (äffen foUen, unb fc^tie§(i(j^ wirb benen
don ftremd unb ©tein unb benen non ©te^er aufgetragen, „fi(^
in ber 3lbminiftration melgemelbter '^upiden geitlic^er ®üter
unDermeigtic^ gu tialten''.
3lu« bem 3a^re 1565 fü^rt ©uttinger «eine »iber ben
Sürgermeifter, {Richter unb 9iat() ber ©tabt gremg unb ©tein"
erfloffene {Regierung«entf(^eibung *2) an, laut »efc^er ^bic ©tabt am
8anb a(0 Ober^®er^aben fc^utbig finb, megen i^rer gehabten
9Sertt)attung (Rechnung gu t^uu", unb ed barf und bad ^ort
„Ober^® ergaben" bie(^faQ(^ gang unb gar ntc^t irreführen, roeil
iDir bereite gefeiten ^aben, ba§ ©uttinger, unb felbft noc^ bie
®cr^abf(ftaft«orbnung öom 18. JJebruar 1669, bie äJiutter, »enn
fie bie SSormunbfdjoft fü^rt, at« ^Ober*®er^abin" begeic^netc.
Unter bem 8. ©ecember 1571 würbe gleic^fattö, na^
©uttinger'« 3fW8"iff^ ^^), entfc^ieben, «bog e« 8anb«*®ebrauc^
unb auc^ bem 9lec^te geraäg fei, ba§ ber ^upiQen ®ebü^rnu§
bei $)anben ber ®runb« unb gSogt*Obrigfeit öerbfeibe,
unb bad nic^t allein barum, bamit bie Sinber i^r ®ebüi|rnig gu
i^rer 93ogtbarfeit mit ©ic^er^eit erlangen, fonbern auc^ ber 93bgt^
^ern ba fic^ mit benen ßinbern Dor t^rer SSogtbarfeit ein Xobed«
fall gutrüge, er bem Srbret^t naö^ bei ber SSerlaffenfc^aft feine
iWot^burfft erfut^en möge".
günf 3a^re fpäter, im 3a^re 1576, mürbe bie gleiche Snt*
f (Reibung für bie ©tabt 3Bien getroffen unb i^r SRec^t anerfannt ^*),
irbadfenige, mad unter i^rer 3uridbictton auf ungeoogte ^nber
^') euttinger a. o. O., @. 281.
'2) ebcubo, @. 319.
»3) (gbenbo, @. 632.
»*) (gbenbo, @. 891.
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fäÜt, üüm }U Dergerl^aben unb in^ffinftiged }u DerantlDorten'' ;
t9 mürbe ferner in bemfelben Srtenntniffe Qudgefpro(^en, ^bag ber
@tQbt SBien um i^red fubfibiorifc^en ^eioifaU^rec^ted an erblofen
®ütern toiüen gufte^e, baö ^au^^tgut cor ber 5hnber 93ogtbarteit
nic^t Qud t^rer Suridbiction }u (äffen".
9(0 goroQarium biefer ©teUung ber Dbrigfeit gu ben
SBaifen ergab fic^ bie in ber (Sntfc^etbung dorn 19. Sluguft 1608 i^)
nieberge(egte dted^tdnorm, „bag jebe Dbrigfeit, fo fid) ber t)ö(«
(igen Slbminiftration feiner ^uppiUen, außer Srfe^ung
einiget ©erlabend, annimmt, bemfe(ben bad ©einige in ^aupt^
©ummen, antreffen unb ©d^aben gut }u machen fc^utbig ift",
ba| ferner ^% „»enn eine ^errfc^aft i^r Dbrifeit(i(fte«^ Slmt nic^t
^anbe(t, ibren ^upiUen feine ©ergaben fe^t, auf i^r @rbgebü^r^
nt§ fein Sichtung gibt, biefelbe nid^t beffert, fonbern übe( an(egt,
aggraDirt, fc^mä^(ert unb fie auc^ burc^ bie Pfleger ni^t genüge
fam oerftc^ert, bie ©rünb in Slböbung fommen (ägt unb ntc^td«
beftoiDeniger bie ®aben einnimmt, biefe ^crrft^aft benen ^u»
piUen ex capite malae vel prorsus non administratae
tutelae biüitft obtigirt wirb".
3)iefe @te((en geigen beut(id)/ bog bie ©tftbte unb ^Rarfte
am Sanbe, bog nament(t4i bie ®runbobrigfeiten fid) aUf ma^re
aSormünber ber unter ibrer 3uriöbiction üermaiften ^erfonen be-
trachteten, baft fie e« Dietfac^ unter(ie§en, ben ^upi{(en SBormünber
lu fe^en, bag fie bie ®üter berfe(ben unmitte(bar Dern)a(teten,
5Rc(^uung (egten, „$euratl)«*6ontracte'' matten k.
9Iu(^ nac^bem bie SHeic^^poligeiorbnung t)om 3a^re 1548
unb bie li^anbe0po(i}eioTbnung t)om do^re 1552 ben Dbrigfeiten
fammt unb fonber« oufgetragen l^atten, in aßen 3d((en ®ert}Qben
in fc^en, fc^eint biefed ®efe^ nic^t burc^gegriffen }u ^aben, benn
©uttinger über(iefert und jmei (Sntfc^eibungen , n)e((^e ben
g(ei(^en (Srunbfafe neu cinf Torfen muffen, eine öom 16. apri(
1573, nje((^e bem ©runbl^errn neuer(i4 anbefiehlt, ^bag er feiner
berftorbenen Untert^anen SQSaifen ©ergaben fe^en mufe"^^), unb
eine itotite^^), n)e(c^e au^fpric^t, baß aucft ben armen ©aifen
©ergaben ex officio gegeben toerben muffen.
(Sd f^eint, baß bie ®erbabf(^aft«iorbnung oom 18. gebruor
1669 auc^ in«befonbere in biefer $infid)t eine ßin^eit öerftellen
XDoüu, al« fie n)teber^o{t ben ®runbfa6 auöfpradi, baß bie ©er^
l^aben ba« Vermögen treu(ic^ obminiflriren fo((en, unb al« fie
einer fe(bft eigenen aSertt)a(tung be« ÜKünbefgute« burc^ bie non
t^r.in erfter 8inie a(0 Dberoormunbft^aftöbe^örben betrod)titen
i"^) @uttiii0er a. a. O., @. 632.
»6) (gbenbo, @. 283.
»') (Sbenba, @. 319.
^'^) &tnha, @. 868.
— 70 —
Obrtgfeiten unb ftöbtifdien Organe nidjt günftig geftimmt mar, tDOd
ftc^ indbefonbere barin audfpra(!^ ^% bap bie Dbrigfeiten dou i^ten
^Jßänbeln nid)r (eic^t ®p(b audfei^en foUen, bag, im i^aile bied
bennod) gcfc^e^e, bie Obrtgfeiten ben SOiünbetn 5 ^rocent dntereffen
ju reiben fdbulbig, unb baö i^re ®üter für eben biefe Sd)utb —
fafemeife — oer^aftet feien, eine SSerorbnung, meiere ben ®runb
ju ber burc^ baö ©efefe Dom 24. 9ioDember l7582o) für 9iieber*
öfterreidj eingeführten Octaoa gelegt ^at.
SBenn nun aber auc^ burc^ bie genannte @er^abf(^aftöorbnung
eine formelle Sin^eit l^ergefteüt n)or unb de jure hie Obrigfcit
nur met)r a(« Oberoormunbfc^aft angefe^en roerbcn fonnte, fo
ergab fid) de facto ein anbere(< ®ilb.
Der @influ6 ber ©runbobrigteit auf bie 5Bal)l be« 93ormunbe«
mar naturgemäß ein oicl birecterer al« bei ben anberen ®eric^t8»
barteiten; t>\t Sbljanblung ber 3Jfrla[fenfd)afren, meiere fid) eben
in '3iieber öfterreidj bei ben "JJat^Iäffen ber ®runb^olben ^erau*--
gebiibet ^atte unb meldie eine genaue obrigfeitlic^e (Sr^ebuug beö
gefammten 23ermögen«* unb ©djulbcnftanbeö, eine 4<ermaltung
ber 'D^ac^lafemaffe unb bie 3Scräu§erung ber iJJac^laBgüter burc^
bie Obrigfeit mit fic^ brachte, mußte ben ©influß ber ®runb^erren
auf baö S?ormunbfc^aftöffefen er^eblid) fteigern.
fiam nocö ^inju, ba^ bie Rinber felbft ber Obrigfeit Jöoifen*
bienfte ju leifteu fdjulbig waren, unb ba§, entgei^en ber 3ntention
ber ®er^abfd)aftöorbnung, bie 'pupillargelbcr na^eju allgemein
bei ber Obrigfeit angelegt mürben, fo mar eö natürlid), baß bem
®runbf)crrn, be^ie^unflöroeife bem don i^m befteüten SKid)ter, ein
oifl birecterer ßfinflujj auf bie gü^rung be«f t)ormunbfd)oftti(^en
2lmteö ^uftanb, alö bie« bei ben 'pupillarbe^örben ber oberen
Stäube ber gall mar.
Unb menn eine ®efe6gebung, meiere in ein 3^'t<i'*^^ ^^^
23ietregiererei hineinfiel, an eine neue Sobification beö 33ormunb*
ft^afterec^ted fcftritt, fo lag eö il)r fet|r na^e, ben tljatfäc^lit^
rücffid)tli^ ber ÜDiel^rja^l berßinroolincr Dorgefunbenen 3"P^"^ S"^
allgemeinen 5Regel ju ergeben, bie SSermögcnöocrroaltung beö
aSormunbeö im eigenen SDBirfungöfreife na^e^u ganj ju befeitigen
unb bie gefammte SSermögenöabminiftration in Slnfe^ung fämmt*
lieber ©aifen an bie Oberoormunbf^aften ju jie^en '-^O-
'*') ©eriobjc^oftfiorbnmifl oom 3a^rc 1669, 11. Xitef, §. 10.
^^') Sonbtafrl für bau C^rii^er^ogt^um OeOevrric^ unter Der (Snnd oom
24. Diottember 1768, Cod. austr. III, @uppl. ©b-, <S. 1282.
2») Ufber bie im a:e^te aufgepettte ©e^ouptiing, Dag bie Orunbobrtg-
feit in frütierfn Briten me^r ben Sormunb at« bie 9ormunbf(^aft9be^ötbe
repräfentirte, roaren roir aOerbingd in ber Sage, Oueüeiijeugniffe, namentlic!^
aud t^uttinger'd unf(^Q(}barem iDIatertaIr, an^ufü^reu.
Xagegen i(i bie Siteratur über biefen ^unit äugcrft bürftig; bie juri-
fiif*en 9Bcrte unferer ¥«iobe foüen ia aüe hinter bie glleic^agefc^e ber 3a^re
— 71 -
Diefen SBeg ooücnbetc bie Oofepnifc^e ©efe^gebung; i^r
3tDf<f tDar ed, fämmtlic^e OberDortnunbfc^aften in bie natürliche
Stelle bed ^ormunbed einrüden }U (äffen unb biefen eigent(td|
nur Qtd S^ecutioorgan ber 9e{|örbe ju beloffen.
'Der SJormunbfdjaftebe^örbe allein fom nunmebr
bo« 9ie(6t i^u, bo« SSermögen ber SSSaifen in befc^reiben^'^), bie
(Segenwart be9 93orniunbed mar ^iebei nid)t not^tnenbig unb ed
foüte i^m nur niefit öertee^rt werben, ber 3nDentur beiiumo^nen^s)^
bie SSorniunbfcfiaft«bel)örbe attein beftimmte ben auf bie (gr*
^ie^ung entfadenben 9(uf»anb^^), unb fie aQein ^atte bad Stecht,
bie SBaifen an einen anberen Ort innerhalb ber @rblänber ju
fenben*^*); bie SSerrooItung be« SBaifenoermögen« »urbe in mei^*
reren ®efefee«ftellen ale ®efugni§ ber aSormunbfcfiaft^be^örbe be*=
^eic^net'^^Ö unb bie 9{ecf)nungd(egung unb Prüfung mürbe in bent
Oefefec berart eingerichtet, ba§ bie in ber ®er^abfc^aft«orbnung
Dom 18. gebruar 1669 nocfi auöbrücflic^ aufre^ter^ alten e actio
tutelae directa burct) ben abminiftratiöen 35organg na^eju ganj
aud bent ©tjfteme bc« 3fec^tötnftituled oerbrängt mürbe.
SDJit bem 3ofefinif(t)en ®efe^buc^e angefangen fonnte ba«
aSormunbfd)aft«mefen meit me^r al« ein ®eftanbt^ei( be« augcr«
ftreitigen ®eric^r«Derfo^renö benn ale ein 2^eit bf« gamilien-'
recfite« betrachtet merben; e^ begonn aber aucfi na^eju gleichzeitig
mit bem 3ofefinifdjen ®efefebucfie ber Duali«muö in ber ®efefe*
gebuna, inbem Don ba angefangen bie mic^tigften materiellen
9lecfit«fä^5e unb bie im officiöfen 25erfa]^ren notbmenbigen gorm^»
Dorfcfiriften promiscue in bem cobifidrten matcrielten SRec^te unb
in ben Orbnungen über ba« außerftreitige SSerfal^ren Dorgetragen
mürben.
1548 unb 1577, imb ba in benfelben unb in ber öfterretc^tfc^rn ^olt^ei'
orbniiufl be« 3a^red 1552 bie @e^ung eine« (Ser^abfu ben Obrigtettm
aflgemcin Dorgefc^nebrn roorben mar, Ratten bie iurißtMen ^(i^rtnfteller
nic^t befonbrrfu ^iilag, ber S^age erft ju gebenfen, au9 xotid^tn Anfängen
{i(^ bie Oberoormunbfd^oft bev <9riinbobrigteiteu ^eraudgebtlbet ^atte.
^ndbefonbere feit bie !S)attD«£utel immer me^r um rt4 9f0tiffen ^atte
unb iebe ^ormunbft^aft me^r ober minber au6 obrigfeitliti^er ^efleUung ftc^
ableitete, mar fein flnlag me^r Dor^anben, auf bie aUein tf)eorettf4 roic^tige
Sntfle^ung ber OberDormunbfd^aft ber (i^runbobrigfett gurüdüugreifen.
!S)ag übrigen« unfer ber Obrigfeit unb ber $3ormnnbf(4aft«be^5rbe,
rüdftc^tlic^ ber $upiflen ber Untert^anen nur me^r bie ®runb obrigfeit Der«
jianben mevben fönne, iß feit bem Tractatus de jaribus incorporalibus Dom
13. SRöi} 1679 eine entfc^iebene ©a^e, niä^renb früher bebeutenb gefirttten
würbe, ob bie iBerger^abung ber (Srunbgeric^tdbarfeit im i^egeufa^e }ur
Orunbobrigfeit ober gar ber Sogtgerit^tdbarfeit gebühre.
22) 3nfefinif(^e« Oefeftbut^, 5. $aupt|lü(f, §. 44.
23) (Sbenba, §. 45.
2<) ebenba, 8. 61.
2^) ebenba, §. 54.
2«) ebenba, §. 26.
— 72 —
Witin bte t^olgen bed bur(^ ftaifer 3o[ef an bie ©pt^e
gefteQten ^rinciped befd^ranlten fi(^ nic^t auf bad btd^er S)ar^
gefteate.
!Dabur(^^ bag ben S3onnunbf(^aftdbf^örben bie S3erbtnb(id)«
leiten be« SSonnunbed ^auptfö(^(i(^ aufge(aftet mürben, machte [ic^
bad 9ebärfnt§ einer Oberaufflc^t, einer »eiteren Oberüonnunb«
fc^aft, rec^t eigentlich geltenb, unb menn bied bei ben ©tabt- unb
Sanbrec^ten unb bei ben organiprten 3Ragiftraten bedmegen ni(^t
fo fe^r ber ^oü voax, totil t^atföc^ßc^ bie gftujlic^e Slbminiftra«
tion bed SBaifendermögend benn boc^ nic^t t)on htn (Scripten be-
forgt merben lonnte^ fo manifeftirte fi^ bad genannte Sebürfuig
bei ben Dbrigleiten, bei ben Dominien, fe^r ftarf, unb bie ®efe^*
gebung niu§te barauf bebad^t fein, für bie eigentlich , abminiftri«
renben Organe eine neue Dberoorntunbfc^aft audfinbig ju machen.
Diefe neuen 9(uffic^tdbe^örben fanben ftc^ nun in ben
ßr ei« amtern, fomit in SSermaltung^be^örben, meiere bie ®efef^<
gebung ju miebcr^ottenmaten am ©c^Iuffe ber oon und gefc^ilberten
^eriobe }u bem 3^^^^ I^eranjog, um ben 3)lünbe(n einen fröf^
tigen @c^u^ gegen bie Obrigfeiten ald 93ormunber gu gemä^ren
unb }u fiebern.
®o befallt fc^on bad Untert^anen|)atent Dom 1. ©efitember
1781, i)lt. 23 3. ®. ©., im §. 32, ^baß bie Äreiöärater auc^ in
SBaifen«, (Suratel« unb S^eftamentdfac^en jttagen unb Sefc^merben
ber Untertfianen aufzunehmen unb ein gütltc^ed 9lbtommen jtDi-
fc^en ben ^(agenben unb ben Obrigfeiten ju oerfuc^en ^aben'' ; f o
mürbe mit ^ofbecret oom 13. 3uni 1783, Sftt. 443, an bad
inner« unb oberöfterreic^ifc^e SlppeQationögeric^t ben ^reidömtern
anbefohlen, ,,bag unter ben ©egenftönben, morüber fie bei Sbt^
reifungen t^rer ^e.^irfe Beobachtungen ju machen l^aben, auc^ bie
92ac6fe^ung gel^öre, auf meiere Slrt für bad SBermögen ber 3Rin»
berjiö^rigen unb ber 8(öbfinnigen geforgt fei, unb fo mürbe ben
Jtreidämtern aucj^ aufgetragen, bie Segung ber SBaifenrec^nungen
iVL übermac^en, bie Sinlegung ber SSaifengelber, namentlich bei
ben Obrigfeiten, ju inoigiliren*, unb namentlich mürbe ben Rrei«^
ämtern mit bem ^ofbecrete oom 14. 3uni 1784, 9. 3uni 1785,
5. October unb 27. «uguft 1787 bie ^flic^t auferlegt unb mie^
berl^o(t eingefdjärft, pr Siquibation bed ^errfc^aftUc^en SBaifen«
bermögene ju ft^reiten^^) k.
©0 febr ha^ @treben ber Sofefinifc^en ©efe^gebung, ben
@(^mer))unft bed oormunbfc^afttic^en @(^u^ed in bie Oberoor^
munbfc^aft fetbft ju oerlegen, in bem ©eifte ber bamaUgen 3^^^
gelegen mar, in bem ®eifte, ber ieber autonomen, ftaatlid^ ntc^t
'^'j @te^e %xaui (Soler o. $auer: ^rotttf^e 2)arfteaung ber in OeOec-
ret(^ unter ber (Snn0 ffir bie Untert^anen befle^enben (^efe^e. 2. 9[ufl. SGßteit
1824. II. ©b., @. 235.
•■r
— 73 —
birecte beeinflugten unb geleiteten Drganifation feinbUc^ gefinnt
koar, ebenfofe^r mug anbererfeitd bo(6 anerfannt roerben, ba§ bie
Sormunbfc^oftdbe^örben, totl6)e bie 3ofeftnifd)e ^tit bor Slugen
Ratten unb im geben Dorfanben^ fär ben ©c^ioerpunlt bergefantmten
oormunbfc^aftfic^en ©eftion ungleich . geeigneter rooren, a(d ed bie
^ente organifirten ©ertöte finb^ an »et^e iRec^te unb SSerbinbUc^*
feiten ber frül^eren SSormunbfc^aftdbe^örben in g(ei^er SBeife über-
gegangen finb.
^e ®eri(^te ber prit)i(egirten ©tänbe, meiere mit einer
relatio geringeren 3o^( ^on Saifen ju t^un Ratten, mit SBaifen,
benen ;(umeift ein factifc^ [tarier @^u6 ber f^amitie gur ©eite
ftanb, fonitten bie perfönßcl^en SSerl^öttniffe unb ben äJermögen^:»
ftanb ber ^upiUen leicht überfeinen; bei ben äßagiftraten unb
(SemeinbeD orftönben ber @tabte unb SDtärfte ermöglichte ed bie
Serbinbung gmift^en 3ufti} unb SSermaltung, ba§ gerabe bie ent«
f^eibenbften, auf bie SSormunbfc^aftdfül^rung einfiugreicbften SDIo^
mente ben betreff enben Sel^örben auc^ anbermeitig befannt fein
mußten, unb DoQenbd ben ^atrimoniotgeric^t^l^erren mar bie
ftenntni§ ber perfönlitl)en SJer^ältniffe unb be« SScrmögen« ber
^upiüen Don fetbft gegeben, ba j[a tit ^atrimonialgeric^t^barfeit
na^eju a([e mt(f)tigen 9lnge(egen^eiten ber Untert^anen in i^ren
^anben ^atte.
3ubem brachte e^ bie groge S(n^a^( felbftftänbiger Surid«
bictionen, me(c^e bie 9(n,;(a^t ber ijentt f^ftemifirten väeri^te um
bae Siebenfache übertraf, mitb fic^, a| ber SBirfungdlreid ieber
einzelnen SSormunöfc^aftdbe^örbe fic^ meift nur auf eine (eic^t
uberfe^bare än^a^t oon SBaifen unb (Suranben begog, bag bie
anbefoI)Icne gü^rung bed 93}aifenbuc^ed regetmägig eine nic^t fc^mer
ju bemähigenbe 9lufgabe in ftc^ fc^Iog, unb bog bie @ntf (Reibungen
über mic^tige 9lngelegent)eiten ber 9}ormunbf(^aftdfü]^rung ftc^ auf
unmittelbare Jtenntni§ ber mabren @ad)Iage fluten, unb bem»
nac^ bed grogen fc^riftlic^en Slpparate^ entbehren tonnten, ber
^eut^utage aufgemenbet merben mug, um in oielen ^äUen bie
SSa^r^eit burc^ 9{ctenric^tig!eit gu oerbeden.
@o fe^r ed ba^er einerfeit4( gu bebauern mar, bag bad
Sofefinifc^e ©efe^buc^ ben (Sinflug ber gamitie auö bem S5or*
mnnbfc^aftdmcfen göngUd) eliminirt ^atte, fo lonnten fic^ bie
folgen biefer ©efe^e^oorfc^rift nocf) nic^t in if)ren (e^ten @on^
fequenjen mirffam ermeifen, ba eben bie 93ormunbfcbafti3be^örben
felbft Dielfa(6 jene perföntid^en genauen fienntniffe ber concreten
aSer^filtniffe befagen, meiere eben ben ginflug ber gamilie in ber
9Sormunbf(^aft«»fü^rung fo roic^ttg er f (feinen laffen.
au(4 mar babur^, bag bie ®ertcbte fetbft bama(d noc^ nad^
perfönlitften SSer^ältniffen ber ©toat^etnmolinpr i^re ßompetena
abgegrenjt l^atten, mittelbar eine gmedentfprec^enbe Drganifation
1
— 74 —
ber OberDormunbfc^aft ongeorbnet, bejie^ungdmeife erhalten tDor«
htn, mä^renb bie ©letc^fteQung ber ©taat^bürger Dor bem
©efe^e bei und riidfic^tlic^ bed ^ormunbfc^afr^ipefend bie @on<
fequenj mit fic^ gebracht f)at, ba6 bie Senntni§ ber perfönlidjen
33er^äüni[fe bed ^upitlen Dem ®ertc^te entfallen ift, unb bog faft
nur noc^ bie 33ermögendt)ertt)attung reid)er *$u^i((en dou bem
©erid^te mit (Srfolg geleitet unb Übermacht iDerben fann.
@o roeift nac^ einer me^r^unbertjö^rigen (Sntmidelung ber
^iftorifd) erlDQC^fene {Rec^töjuftanb ber heutigen 3^** ncuerbing«^
Iräftig auf iened (S(ement bed Dormunbfc^aftUc^en @c^ut?ed gurücf.
meiere« im i?aufc ber 3^it t)on ber 3Sorraunbfc^oft forool&t wie
öon ber Oberöormunbfc^aft in ben ^intergrunb gebrannt, ja
gan^ unb gar außgeft^Ioffen tt)orben mor — ouf bie Janiiüe.
III. 6apite(.
^(grünbung unli €ntflei)ung ber <3llter0tiormunbrd|aft.
^}lux burc^ einen 9ie^tdgrunb fann eine ^erfon }u
einer beftimmten SSormunb|c^aft berufen merbcn.
Die beferirte SSormunbfc^aft ift eine rege(mä§ige ?fli(^t
be« berufenen; einige an unb für fic^ fähige ^erfonen merbcu
iebod) öon beftimmten 93ormunbfc^aft en auögefcbloff eu,
Slnbere tonnen mibcr i^ren SBiUcn jur Uebernaöme biefeö 2lmtce
nid)t gcjiDungen werben unb fönnen fic^ cfcufiren.
^Daburd), bag bie SSormunbfc^aft eine $fli(^t ift, l)ört fie
nic^t auf, au^ ein SRec^t beftimmter ^crfonen ju fein; eö tann
bemnact) ein nähere« 9ied)t auf eine beftimmte S5ormunb=^
fcf)aft folglich auc^ einen @treit über biefed nö^ere 9?ec^t geben.
Der burc^ ba« JRec^t berufene aSormunb bebarf feit ben
9teic^ötag«fc^lü[fen be« 16. 3a^r^unbertö in jebem Saüe ber
ßonfirmation ber Oberüormunbfdjaft; liegt Diefer bie aSer*
binblid)feit ob, für taugliche 3)ormunber HiU forgen, fo ift ed
natürlich, bog beftimmten ^erfonen bie ^flic^t obliegt, einen
S5ormunb für i^nen naf|efte^enbe 33iünbel ^u begehren.
gnblicft fönnen auc^ mel^rere ?5erfonen ju einer 3Sor«
munbfc^aft berufen werben, wo fobann unter biefen mehreren aSor»
münbern oerfdiiebene t^er^ältniffe obwalten fönnen.
Olacft biefen einzelnen ®efi(^töpunften woDen wir bie Grtt«
fte^ung ber a3ormunbfc^aft betrachten.
1. ^ed^tsgntnb unb l^efation ber jittm^potmuubf^aiU
Da« ältere beutft^e 9?ec^t fannte fd^on mel^rerc Delation«^
grünbe ber 93ormunbf^aft.
4^1.
— To-
xine aUgemeine {Recbtdregel berief noc^ bem ü£obe bed
Sater« — nac^ einjelnen 5Re(f)teti anij erft iiac^ bem lobe ober
bcr SBieberoereJ^elic^ung ber ÜJiulter — ben näc^ften Scftroert«
magen (%[gnaten) bed SD^ünbeld )ur 93ormunbf4aft^); biefer 93or^
nmnb ^ie§ bann n)O^I ber geborene, ber rechte ä3orniunb.
^aren ©c^mertinagen nic^t üor^anben, fo beriefen einige
9{ed)te bie Kognaten gu btefem 3(mte; anbere liegen richterliche
Sefteöung eintreten^); ©cfilüertmagen unb ßognaten fclieinen in ber
9?ei^e ber ©rbfolgeorbnung jur SSormunbfc^aft berufen roorben ju
fein^); unter mehreren gleich 9ia^en entfc^icb ba« ^ö^ere Stiter.
Vuger ben geborenen S^ormünbern anerfannten fc^on alte
beutfdie ©totuten^) geforene SJormünbcr, welche oon bem
3Soter — nac^ einigen beutfc^en JRecftten auc^ oon ber 3Jiuttcr —
beftimmt locrben fonnten ^) ; ber geforene 33ormiinb ging bem
geborenen oor^).
Sinjeine ^erfonen — namentlich 3ünglinge, meiere ^u il^ren
3oj^ren aber noc^ nic^t ju i^ren Jagen gefommen njorcn, ®reife,
JBitluen unb 3ungfrauen — fonnten fict) aSormönber mahlen').
(Snblic^ gab ed fc^on nad^ altem Stcd^te 93ormünber, metd)e
bur(^ bie Dbrigfeit gefefet luaren, toenn bie« auci) urfprüngtic^
DieUeic^t nur jur SSorna^me ein5clner gerichtlicher ^anblungen
gefc^at) »).
Sie ÜDelationögrünbe be« beutfcften Steckte« ftimmten in
Dielen fünften mit benen be« römifc^cn SRecfjtc« überein; biefer
Umftanb erflärt c«, bo§ ba« riJmift^e SRetfjt rücffid^tlic^ ber ©e--
(ation«grünbe gemeine« {Rec^t in IDeutfc^tanb mürbe ^).
©a« römifcl)e Stecht onerfannte al« regetmäßige Delation«*
grünbe Irftament, ©efefe unb obrigfeitlicfje 9Serfügung; biefe
X)reiti)ei(ung mürbe auc^ in !S^eutfc^(anb recipirt, obmo^t ftc^
augerbem eine oertrag«mä§ige SJormunbfc^oft (tutela pactitia),
ferner eine oon bem SWünbel gen)äl)lte SBormuubfdjaft in
manchen JBe,^ieI)ungen ^erau«gebi(bet , be^ie^ung^meife erhalten
fiatte.
3n 9iieberöfterrei(^ fprecften fämmtlic^e 9?ed)t«queöen oom
16. So^rftunberte bi« jum 3ofefinifd)en ©efefebucfte nur oon ber
römift^en SDreitbeitung in tutela testamentaria, legitima et da-
') Äraut Q. a. O, I. ^Pb., vg. 167.
2) ebfiiba, ^. 168.
^) ^gbriiba, @. 190.
*) ebenöa, @. -202.
^} <£bfnba, B. 208.
^) Sbenba, e. 203.
■) ebenba, e. 218.
8) ebenba, e. 221.
*; (Sbfnb^ @. 234.
— 76 —
tiva ^^) ; eine tutela pactitia tomtnt in ben OueUen nii^t Dor ;
ebenfotpenig in Stnfe^ung Slterdunmünbiger eine SBa^t burc^ ben
SWünbeP«).
Äuc^ ade öfterreic^if^en ©ddriftfteöer folgen, mit einer ein*
gigen äludna^me, ber römifc^en S)rei4ei[ung, an roelc^e ouc^ xdxx
und galten ipoUen^^).
(Sbenfo unjiDeifelj^aft ift ed na^ bem öfterrei^ifc^en Steckte
unferer ^eriobe, baß bie le^twiUige SBormunbfc^aft ber gefe^ ticken
unb biefe ber batioen oorge^t.
a) 2^eflamentartf(^c Sormunbfd^aft.
üDie älteren 9?ec^tdqueQen 9}ieberöfterrei(^d au6 bem 16.
3a^r^unberte räumten im Mgemeinen ben SItern bad Stecht
ein, in i^rrn 2ieftamenten i^ren Jtinbern 93ormünber }u ernennen.
©0 fc^rieben bie Siener t^reil^eiten Dom 12. iDIär^ 1526
unter ber Snarginalrubrif ^©er^aben'' ^), «bog bie ©ergaben in
guter Drbnung gehalten unb gefegt merben foden, ba§ nem«
blicken, mo ein Sluffric^tig förmlich 2:eftament oor Sugen,
bie fo ©ergaben in bemfetben SCeftament ben Jtinbern gefegt
(iDO fein ajJanget crft^eint) a(d ©erhoben bleiben fotfen" — unb
in Uebereinftimmung ^iemit Derorbnete bie öfterr. $o(i}eiorbnung
10) ®te ^oltgeiorbnung bed 3a^vr« 1552 fc^rribt (gol. XIX), bag %n'
fang« noc^ tefiamentarifdjen iBortnfinbern mit aOem Sletgc grforfd^t merben \otLt,
bag, XDtnn feine iQerorbnung bur<^ bie (SItern befc^eben fei, bie nä^flen au*
geboinen greunbe (got. XIX), im gaOe aber fein trflamentarifd^er (Sev^ab
nocb aud^ ein tauglicher iiöd)Per 8(ut«treunb oor^anben, eine anbete taugliche
tm Saube genugfam angefeffene $erton )um 9$ormunbe ernannt n)erben fotle.
2)ie ®er^abfc^aft«orbnung be« 3a^red 1669 f^reibt im §. 3 be« I. 2:itel« :
„S)er ©erhoben ober S^ormünber ftnb breierlei: 1. IDiejenigen, fo in einem Sefla*
ment ober anberen legten tLMUen oerorbnet, 2. ber iDtinberiä^ngen ndd^ftt
Slutöoermanbte, 3. bie fo Don ber Obrigfeit gefe(}t fet^nb."
11) (Sine ^afit be« 9$ormnnbe« fennt ba« 3ofefinif(^e Oefe(}bu(( fär
mand^e (9eifle0- unb ftörperfrante.
12) @o 9 off iue a. a. £)., @. 278: „Primo defertur tutela iis qui
a testatore ad tutelam vocati sunt, secundo proximis a^atis vel cognatis,
tertio cuique extraneo idoneo; ebenf SB e i n g ä r 1 1 e r @. 18 : Triplex est autem
tutela testamentaria, legitima et dativa. quod etiam obtinet de jure pro-
vinciali; eublic^ au(^ 6e(fman (1688) @. 518. @o anO^ 9leutter,
@. 3. 'ilnberer SWeinung ifl allein ©annija, berin feiner Disquisitio de
Analogia juris civilis Germanici cum jure provinciali Aus-
triaco etc. quoad tutela m (1761) fagt, bog in ^eutftftlanb bie tutela
antiquis temporibus vel pacto, vel lege coUata, vel a Magistrato con-
stituta ideo vel pactitia, vel legalis, vel dativa fei (@. 21), unb fonac^
(@. 67) bie tefiamfutarifcfte löormunbfdjaft be« öflcrreiciftifc^fn S»e<^te« in letuer
Se^ie^ung uad^ beu 9eftimmungen be« römifdjen 9lrd)te0 be^anbrlt roiffen »iU.
®reuef, ber bauptfö^It^ bie 'Sttä^tt ber Untert^anen im 'Suge ijat, erwS^nt
ber oerfd)iebeiien X)elfgation«grünbe gir nic^t.
') Codex austr. II, @. 490 u. ff.
^ 77 —
hu Sa^red 1552 ^, ^bog onoeng^lic^en mit adetn Dietg befe^en
nnb erfi^änbiet merben fott, ob ben ^upiUen Inxd) i^re ^U
tern inSeftamenten ober (efeten l@i den ©ergaben benennet
ober Derorbnet morben, bQ§, mo bied oerorbnet, ed bei fotc^er
ber (Sltern SSerorbnung Derbleiben foUe, ba§ aber, n)o burc^
bie (S(tern feine 93erorbnun8 befc^e^en, bie itä^ften Slgenten gur
SSormunbfc^aft berufen feien''.
Wlan tonnte — bei bem gänjUc^en ©tidfc^wetgen ber
nieber5fterrei(^if(^en 9}e(^t«queIIen ^) be^ 16. da^r^unbertd über
biefen ^unft — geneigt fein, unter bem Slu^brude (Sttern ben 93ater
unb bie SRutter gu Derftel^en; aQein ed t)Qt fc^on ftraut barauf
^ingeiDiefen % baf bad in ben SReic^dpoIi^eiorbnungen unb manchen
'^orticularrec^ten ben (Sltern im allgemeinen eingeräumte Stecht
ber tntoriB datio fo t>xti ate mög(ic^ aM bem biefen ©efe^en
jn (Srunbe (iegenben römifc^en ^ec^te interpretirt unb mit bem«
felben in (Sintlang gebraut »erben muffe, bo^ in ber beutfc^en
Sprache ber au^brud „(Sltern" nic^t fetten mit tlfcenbenten
gleich bebeutenb gebraucht »erbe, bog bo^er unter bem Slu^brude
Sltern nur ber 93ater unb oöterlic^e mönnlic^e 9(fcenbenten gu
oerfle^cn feien, unb bog folgerichtig bie SDiutter i^ren ßinbern nur
unter ber üM bem römifdien diec^te entnommenen Sebingung
einen 93ormttnb fe|en fönne, koenn fie gleic^jeitig benfetben im
2:eftamente ein 93ermögen gugemenbet ^obe.
Die 9}i(^tigfeit ber $raut'fd|en Snfc^auung für bad 9iec^t
9heberöfterreic^9 mirb ert|eb(i(^ burc^ bie (äer^abfc^aftdorbnung
Dom 18. f^ebruar 1669 unterftü^t, mel^e ben S^td ^atte, ba0
befte^enbe Stecht gu erlöutern unb gu pradfiren, unb meiere fic^
am^ in biefer ^ejie^ung ber Se^re bed römifc^en 9lec^ted Die(«
fa(^ gugemenbet ^ot.
S)ie genannte ©erl^abfc^aftdorbnung ^at nun in il^rem
gmeiten 2^ite(, loelc^er „Don ben ©ergaben, bie in einem
Zeftamente oerorbnct werben", ^anbett, nac^fte^enbe S5er*
fügungen getroffen: §. 1. „(Sin ieber aSatter, Sl^n^err ober Ur*
Xn^err tan feinen Unoogtba^rn, 92atür(ic^en unb @t)e(i(^en auc^
angeiDünf^ten jtinbern, @n(fe(n ober Ur'Sndeln, be§g(ei(^en benen
8löbftnnigen, @tummen, ^(inben ober anberen ©ebrec^^aftigen,
bie ber ^fl^Bfc^aft oonnöt^en ^aben, in feinem jfeftamente ober
legten SSiOen ®erl^aben benennen, bei »eldfen ed in aUeroeg
fein S3erb(eiben ^aben folle, fie Ratten benn barmiber erl^ebtic^e
(Sntfc^ttlbigungen eingumenben ober man befönbe unmiberfprec^«
2) «cform fluter «Polijci öom So^re 1662, Fol. XIX.
3) tSeber 9BaIt^er,no(4 @uttinger, nod^ aud^ entließ ^ien. 9. Sanbc««
OTbnnng enthalten über btefe ^unfte «eflimmungen.
*) Ätttut I, @. 260.
— 78 —
(ic^en SSerbac^t unb ®efat)r ber ftmber, in melc^em ^ade bie
©ac^en ^ur @r(äuteruno unb (Srfenntnug ber Obrigfeit unb be«
®eric^te0 geftetlt fein foUen. §. 2. Sluger obgebac^ten Sttern
!ann niemanb, au(^ fogar bie fOlntttx ober Snfrau il^ren Sin«
bern in benen anerftorbenen SSätter*, 2tn^ ober Urol^nerlic^en ober
anbermertd ^erru^renben @rbfc()afften feine ©ergaben anorbnen.
3ebocl) ift fomo^t ber SOtutter otd Slnfrau über i^re eigenen
SScrlaffenfc^aften, ben ^interlaffenen minberjä^rigen Äinbern ober
(Sncfeln ©ergaben gu oerorbnen nic^t oerkoe^rt; tpeli^e ©erhoben
aber f^mxaij burcb bie Dbrigfeit, auff Dor^erge^enbe @rfunbigung
beflättet werben foüen."
^a bie ©cr^abfctiaftdorbnung bed 3a^re0 1669 im §. 2
unter ben 6(tern nur bie männdc^en 9lfcenbenten oerfte^t unb
fogor au^brücfUc^ ber äHutter unb ©rogmutter entgegenfe^t,
n)eld|e unter bem ©orte „SItern" nit^t inbegriffen fein foüen,
fo gen)innt bie ÜIReinung, bog bie SBiener t^rei^etten bed 3a^red
1526 unb bie *ißoiiseiorbnung bed 3a^red 1552 unter bem ^orte
^Sltcrn'' cbenfati« nur männliche äfcenbentcn oerftanben ^aben,
ungleich an ilBQbrfc^ein(id)feit, unb gmar umfome^r, a(d ftraut
ben g(eid)geitigen analogen ©prac^gebrauc^ in !t)eutfc^tanb bt*
^eugt ^).
jDer SBorttaut ber ©er^abf^aftdorbnung ift übrigen^ ge«
eignet; auc^ fonft ^u SOhgDerftönbniffen 9lnlag gu geben; Dor 9l((em
raöd)ten roir einen ftarfen 3^^if^' ^^O^n, ob unter bem „än^errn"
ober ..Uran^errn'' nic^t blo^ ber oäterfic^e ©rogoater unb beffeu
aSoter gu öerftel^en feien, bo ja für ein gteid^ed Stecht ber mütter*
(ic^en Sinnen fein ©runb fprid^t, Die(me^r bie äßutter ein nöijere^
9{ed|t a(d ber ©roguater mütterüc^erfeit« ^aben müßte; fobann
muß tDof)i angenommen koerben, bag bem ®ro§oater ein dittift
gur ^efteUung eined teftamentarifc^en 93ormunbed nur unter ber
^ebingung guftefien fonnte, toenn ber 9Sater }ur ^tit be9 £obe^
be^ S^eftator^ nic^t me^r am Seben ober }ur Sludübung ber oäter«
liefen ©etoalt nic^t taug(i(^ koar, loeil ed benn boc^ gau} un»
glaublich ift, ba§ ber ©rogöater burc^ eine teftamcntarifc^e Zniti
bem 93ater bie ©etoalt über feinen @o^n ^ätte entjie^en tonnen.
!Dag übrigen^ biefe unfere Slnna^me bie richtige ift bejeugt
au(^ bie bamalige öfterreic^ifc^e IDoctrtn, koie fte und, menigften«
t)on äSoffiud, bargefteüt n)irb.
!Diefer immer fel^r beachtend loert^e 9}e(^tdge(el^rte fd^reibt
uÄmtic^ l^ierübcr gofgenbe«^):
!^) Jtraut a. a. £). I. @. 260. Hnberer iTOeraung ift 9lnborff
tt. a. £).. I. S^-r <^* 333, ») fieser no^ beutfc^em Stetste ein §ttd^t ber Sbxtter
unb ©rogmutter )ur 93ormuitb0bejleOuug be^au|)tet.
6) 93offtu9 @. 679. Eternit fttntmt au(^2)onner in feiner tm3a§re
— 79 —
^Pater avus et proavus liberis naturalibus, legitimis et
adoptivis, nepotibus et pronepotibus testamento tutores dare
possunt, qui tutelam suscipere tenentur, nisi legitime ex-
cnsentur vel periculum evidens subsit pupillorum, de quo
magistratas cognoscet. Quod tarnen consultis juris Dostri
principiis ita intelligendum est, patrem, avum et
proavum in rebus a se relictis tutorem in reliquis
bonis liberorum ut tutores legitimos sibi succes-
sores dare."
(Sd fc^eint betnnad^ 33offiud an ber ^anb bed ©eric^t^^
gcbrauc^ed anä^ bie SefteQung beö 93ormunbed burc^ ben äSater
nur in iLnfetiung ber Don bentfelben ^intertaffenen ©Qter rotrffam
gehalten )u ^aben, n)e(d)e uoettgel^enbe Interpretation {eboc^ ent-
[(Rieben bent ©efet^e miberfpnd^t^ melti^e^ Dtetmel^r im ©eifte ber
Snna^erung an bie ©runbfa^e bed Suftinianifc^en 9ied^ted ba^in
aufgelegt merben mug, bag bie Butter, ©rogmutter unb ade
nic^t rein Dötertic^en Slfcenbenten ben Sinbern nur unter ber
SSoraudfe^ung, bag fie tl^nen int Sieftamente etlvad jugemenbet
^aben^ SSormünber ju befteden berechtigt finb, kDö^renb biefe ^e^
[(^r&nfung rütffid^tUd^ bed 93aterd, Däterlid^en ©rog« unb Urgrog«
oaterd roegfödt.
!Da fcbon bie ^otijeiorbnung bed 3a^red 1552 gmifc^en
£ute( uub Suratel feinen Unterfd^ieb mad^t unb bie ©er^ab«
fd^aft^orbnung au^brüd(i(^ nur ber unoogtbaren ^nber ertDä^nt, fo
ift e« Kar, baß Äinbem bi« p bem öodenbeten 20., refp. 22.
3o^re, unb nac^ bem ©efefee be« 3a^re« 1753 bi« gu i^rem 24.
Seben^iafire, teftamentarifc^e 93ormünber gefegt iDerben fonnten;
ha% au(^ bem unehelichen 93ater unb ©rofoater ein gteic^ed Siecht
guftanb, ift nac^ bem öfterreic^ifc^en Steckte ber bamaligen 3eit
eine um fo größere Slnomalie, ald ber une^elic^e 93ater reget«
mäßig feinen natürlichen ^nbern nic^t einmal im ^eftamente
etkoad gumenben burfte^).
S3ad bie Benennung ber Xutord betrifft, fo forberten bie
ffliener ^ei^eiten oom 12. ÜBärj 1526 au^brücHic^ ,,ein aufrief*
1778 gefc^rtebeiten Einleitung gur ^enntntg öjlmret^ifd^er Steckte, I. S^^etl,
I. 8uc|, &. 13, fiberein, inbem er fagt t)a6 bei Sebjeiten bee Sater« in bem
etgentlic^en !Berflanbe fein ®er^ab, fonbem nur ein (Surotor befledt
»erben (ann.
') j3>tefe 9le(l^t«regel überlieferte bie n. ö. Sanbtdorbnung Dom Saläre
1573, 16. 2:ttel: „^rfdid^en foa tetn 9{atfirlt(^er iS^oter feine Derroaiflen une^e«
Itdien IKnber in fein S^efiamentlmeber mit einer erblid^en portion nod^ anberem
gef^äfft bebenfen, »eld^ed boc^ in etlichen gäUen j^ugelaffen mtrb, nemblid^
ivenn ber Satter foli^e une^eltt^e Jtinber oor fein ji:obt bnrd^ 2anbedfürf!Ii(^e
Segnabtgung gu bem erbret^t unb Saccesion austräcfti^ e^rüc^en unb (egittmiren
ließ, item, menn er ben une^eU<^en i(tnbern ein ^eurat^gut ober gebü^rUd^e
nnber^altnng, meldte nit fibermögig möre, oerfc^afff
— 80 —
tig förmHc^ed Seftatnenf^, unb jlDar im offenboren ^nfc^tuffe an
bie Seiten bed rdmifc^en Sted^ted; bagegen betont bie ^oltgeiorbi»
nung bed 3a^re9 1552 nur im SQgemetnen bie 9iot^n)enbtgIeit
(e^tkDtOiger Ernennung, unb bie ©er^abfc^aftdorbnung oom 3a^re
1669 fteUt audbrü(!(i4 auc^ „Xeftament ober testen SBiKen'' neben«
etnanber.
Uebrigcn« ift minbeften« ber SSater in feinem legten {BiQen
rücTfid^tlic^ ber SCnorbnung ber %xt, n)ie bie ä^ormunbfc^aft }u
führen fet, urf|)rünglic^ toenig befc^ränft gewefen; bie ^oU^eiorb*
nung bed 3a^re9 1552 röumt bem Xieftirer au^bräcllic^ bad
9te4t ein®), ^rücffic^riic^ feiner ß^inber unb ber SSerlaffenf^aft
fonbere Drbnung ju machen, bei n>e(c^er ed bann bleiben foQe",
unb felbft bie ©er^abfc^aft^orbnung oom da^re 1669 ^at noc^
©puren btefer Hnfd^auung ben^a^rt, roieroo^I bad ©treben biefed
®efefte« nic^t gu oerfennen ift, bie teftamentarifcfce ®er^abfc^oft
in il^ren Sirfungen mögltc^ft htn anberen ©er^abfc^often gleich«
}ufteOen.
!£)a6 ein teftamentarifc^er SQormunb unter einer Sebingung
ober 3^*t'&^Pii""^wng ernannt toerben fönne, ^at bie genannte
®er^abfc^aft9orbnung aM bem römifc^en Siechte ebenfalls über^
nommen ®).
!Die Konfirmation ber teftamentarifc^en 2iutoren tritt in
ben eingetnen ©efe^en immer me^r jum SSorfc^eine; bie Sßiener
^rei^etten fagen, ,,ba§ bie fo ©ergaben im S^eftamente ber Sin«
ber gefegt (wo fein SB an gel ift) bleiben foüen"; bie 'ißoli^ei*
*^) (9er^abf (l^aft«orbumi0 Dou 1669, 16. Xitti, §.5: ,,^enn ein (&txfiah mit
gewiffev ^ebingung ober auc^ auf getotffe ^txt in einem testen SBiQen »erorbnet
morbrn, iflnac^ aufgelebter 8ebtugmig ober oerloffener 3fit biefe teftameutarifc^e
®er6abf(^aft erlofi^en , ieboc^ foQ t9 bem ©cric^t angezeigt unb ber (Srfa^ ber
(9er^abf(^aft begehrt roerben."
^) !£)er (Konfirmation ermähnt rücffiti^tlic^ aller ©er^abfc^aften, a(fo
ou(^ ber teftamentarifc^en, bie ^olijeiorbnung oon 1552 mit ben SBoiten (Fol.
XX V.) : „9^erner fo Orbnen unb n)o0en mir and^, bog flt^ nun ^infüro t^etn
®er^ab, (Sr fet) gleich ^eftamentd« ober greuubfä^aft-roeig ober burd) nac^ge^
fe^te Obrit^eit oeroibnet, ber ®er^abf(^aft unbergie^e, bie Derroaltung fei)
3me benn jubor burd) btefetb Obrif^eit beüo^Ien." Unb bie Ger^ab-
f(^aft9orbnung bed Saures 1669 oerffigt im 10. 2:itel, §. 1 : „Q9 ^at ft4
niemanb eine @erbabfc^aft anjumaffen, ebe unb juDor i^me oon ber Obril-
^ett ein <9er§ab«Qrief ober anbere ^erorbnung gnfomme." UeberetnfHmmenb
flitec^en fu^ bie @(^riftfieQer au«: ^offiud a. a. O., @. 279, fagt: n^on-
firmantur omnes tutores quin etiam ipse pater," unb ^anni^a a. 0. O.
be)ei<^net eben @. 57 ben llnterfc^ieb ber römifc^en unb öfterreidjifd^en teßa«
mentarifd^en Xntti bamit, bog nac^ römifc^em Steckte ein folc^er 3|$ormunb
feiner (Konfirmation bebfirfe, unb bag ba0 <9egent^eil bei un« gelte. 2>te
i^iltigteit ber römtf(^en (Konfirmation in Oeflerreic^ be^au^tet nur ^ein«
gfirtler @. 20 mit ben Porten: «Si autem tntor a patre iilio datnr in
testamento imperfecto, non valet quidem talis datio de jure, tarnen
a judice confirmari debet".
— 81 —
orbnung bc« 3a^reö 1652 f priest fi^ in gf eitlem ©inne au«, unb
bie ®er^abf(^aftdorbnung be« da^re« 1669 unterfc^eibet iiloifc^en
Den im §. 1 be« 2. litel« bejcit^neten unb ben auberen aifccnbentcn,
unb fc^reibt rüdftc^tlic^ ber Se^teren atlein eine ooraudgel^enbe
amüiä^e 6ri)ebung Dor.
Uebrigen« ift bie ^iot^wenbigfeit ber obrigfeitlic^eii (Sonfir*
mation quc^ rücffic^tlic^ ber Dom 93ater befteüten teftamentarifc^en
iSonnünber in ben beiben ®efe|en ber 3a^re 1552 unb 1669
audbrüdtid^ oorgefe^en unb tDxxb biefe 9tot{|n)cnbigfeit oucb Don
alien ®(f|riftfteUern bezeugt.
5Die ßonfirmation be« römifc^en Steckte«, »eldie bie aufrecht*
ert)a(tung einer ungiltigen unförmlichen (e^tmidigen 93ormunbf(^aftd^
anorbnung burc^ obrigfeitUc^e ^efteUung bed ernannten SSormunbe«
jum ^totdt ^atte, ift in bie öfterreic^ifi^en ®cfe|e ber bamaligen
3eit nid^t übergegangen unb mtrb auc^ na^eju don feinem ©c^rift«
fteller al« ju Stecht befte^enb bejeic^net.
Sluc^ ber teftamentarifc^ berufene S3ormunb fann, minbeften«
na4 ber @erI)ab)(^aftdorbnung ))on 1669^^), fic^ nur aud ben
gefe^lic^ gebilligten (ärünben ber S3ormunbfc^aft entfc^lagen; toeU
gert er ftc^, bie SSormunbfc^aft }U übernehmen unb ift i^m au«^
brücfücb unb aUein in Sinfe^ung ber i^m im !£eftamente gugteic^i
aufgetragenen 93ormunbfc^aft ein li^egat ^interlaffen, fo ift er ba^
8egat ^n begehren nic^t berechtigt ^^).
@inge^enbe 93eränberungen rudfic^tlic^ ber teftementarifc^eu
@er^abfcbaft ^at ba« 3ofeftnifc^e ©efe^buc^ vorgenommen.
Offenbar t|atte bie migoerftanbene jDeutung ber ^arömie
„tutor personae non rei vel causae datur" pnöi^ft ha^ 3ofe*
finifc^e ©efefebuc^ beeinflußt, ben Unterfc^ieb jmifc^en SSormunb
unb (Kurator bem entfprec^enb ju beftimmen, bag ber 93ormunb
eigentlich nur für bie ^erfon, ber ßurator nur für ba« 9Scr mögen
be« Ijjjünbel« ju forgen ^abe.
SBar einmal biefe Unterfc^cibung gemocht, fo lehnte fic^
leicht bie ßrtoagung an, bag nur bie oäterlic^e bemalt ermächtigen
fönne, einen SSormunb für bie ^erfon bed ^ünbeld 5U benennen,
ma^renb ein Surator, ber blöd für bie 3$ermaltung bed SSermö^
gen« ^u forgen ^abe, immerhin aucl| öon anbcren ^erfonen, meiere
bem 3)2ünbel ein 93ermögen gugemenbet ^aben, benannt merben
fönne; e« tt)ar aber bann auc^ gar fein ®runb me^r oor^anben.
i'^) ®er^ab|(^aft«orbnung oom 3a§re 1669, 2. Zitti, §. 1, roo tu
^ei|t, hai e« bei ben tejlamentan{(!^en Tutoren bleiben foQe, fte Ratten Denn
er^eblic^e (Siufc^ulbigungen baroibei* einzubringen.
^0 @benba, 2. Xitel, §. 3. ,,^enn 3emanbem ein i^egat auöbrucflic^
unb aUein in ^Snfe^ung ber i^me im £eflamente ;\ugiei(^ aufgetragenen ©er^ab«
f^aft Dermac^t roirb, unb er fxd^ ber ©er^abfd^aft oevroeigert, ^at er folt^ed
^egat nic^t )u begehren. '*
:*;
■fi/*' • •
— 82 —
bod 9tec^t i^ur ^Benennung oon (Kuratoren auf bie 9)2utter unb
©rogmutter unb auf anbete älfcenbenten eingufc^rönfen, fonbern
man tonnte confequentenoeife jebem Srblaffer ba« JRec^t jur öe*
iL fteBung folc^er ßuratoren einräumen.
I)cr ^ater allein fann nac^ bem 3ofefinif(^en ©efefebuc^e '-)
burdi legten SBiüen feinen ftinberu für i^re ^erfon einen SBov*
munb benennen; biefe Benennung muß aber in einem rec^t^*
qiltigen legten SBillen erfolgen, mogegen ed feinen Un*
terfc^ieb ma^t ob bie Äinber in biefem leisten SBillen a« Srben
cingefegt ober enterbt »orben finb.
IDer ä3ater fann neben bem SSormunbe ben ^inbern auc^
im 5Eeftamente einen Surator benennen, ber bann für baö gan^e
93ermögen ^u forgen ifat, ol^ne Unterfc^ieb, mo^er ba^fclbe gefom^
men ift, roä^renb bem SSormunbe nur bie Sorge für bie ^erfon
be« >D;ünbe(0 bleibt.
$at ber 35ater bto« einen 3Sormunb benannt, fo foü biefer
audi ßurator beö Vermögen«, unb ^at berfelbe blo« einen ßurator
be« SSermögen« beftimmt, fo foU berfelbe auc^ iöormunb fein ;
ebenfo wenn ber SJoter nur einem feiner Äinber einen SSormunb
gegeben ober nur für einen I^eil bei» 3Scrmögcn« einen ßurator
benannt ^at^ foll berfelbe aud^ ber anberen ^inber Sormunb
unb ßurator beö gefauimten SSermögen« fein, moferne wegen bed
©inen ober Slnberen feine befonbere SSorfe^ung gemacht mor«
ben ift;»).
2)a8 9ic(^t, einen 93orraunb ober einen ßurator.für
bo« gcnje SJermögen ju beftcllcn, ift nac^ bem Sofefiuifc^eu
©efegbuc^e auf ben 3Satcr allein eingef (^ränft ; nac^ bem Sort^
laute bed ®efe^efi( ^aben meber ber ©rogoater noc^ bie Sßutter ein
gleic^ed Siecht. ^Dagegen mären mir mo^l geneigt, bem unehelichen
Spater na4 bem Sofefinifcben (Sefegbuc^e bad gleiche Siecht mie
bem e^elic^en ju^ufpred^en, nic^t aber bem Sßa^loater: benn nur
rüctfid)tlic^ bed une^elid^en 93aterd l)at ha^ dofefinifc^e ©efegbuc^
t^ unternommen, beffen Siechte unb 'ißflic^ten benen be^ e^elic^en
S3ater0 möglid^ft gleic^^uftellen.
grembe (Srblaffer fönnen einem Sinbe für ba« S5ermögen,
ba^ fie bemfelben im legten SBillen gugemenbet, einen Kurator be«
nennen ; boc^ gehört bann t)on bem übrigen 93erm5gen bed Stinbed
nic^td unter biefe (Suratel, menn ed gleich oon eben bem (Srblaffer
burc^ (Sc^enfung bem ^inbe gugetommen märe, auger eö märe bei
ber @dienfung audbrüdlic^ bebungen morben^^).
T^er teftamentarif(^e SSormunb gebt audj nac^ bem 3ofefi«
1^) dofefiiiifc^e« (^efegbuc^, 5. {>auptflü(f, §. 1.
15) (gbfnba, §. 2.
^*) (Jbenbo, §. 3.
— 83 —
tiifc^en ®e\e^bvL^e betn gefe^tic^en Dor, ha biefed ®e)e^ QU^brüd*
lidi oorfc^reibt bag, fofange eine teftamentarifc^c 83ormunbf(^aft ge*
^offt iptrb, ober folange ba^ 9?ed)t etned fold^en 93ormunbed toalixt,
bic änöcriDQnbten auf bicfclbc feinen Slnfpru^ ntai^en fönnen^'^).
D6rigfetttt(^e Konfirmation ift aud^ noc^ dorgefd^rieben unb
eö erlongt totbtx ein (e^ttt)iQig benannter noc^ toegen ber S3er«
roanbtfdjaft berufener SSormunb baburc^ fogfeic^ bie »irllic^e 2Jor*
mnnbfc^afr, fonbern c« mug jeber bie gerid)tli^e Äeftätigung an-
fue^en^*).
3nm ©(^tuffe ntu§ noc^ J^eroorgel^obcn »erben, ba§ baö
Oofcfinifc^e ©efe^buc^ nur ine^r mit 3>nconiequenj^ on ber tefta-
mentorif(^en ^oxm ber 33ormunbfd)aft«befteüung feftge^alten ^at;
benn »enn ber ©üle be« SSaterö ber adein maßgebenbe ift unb
bie cigent^ümlit^en 9Sorau«fefeungen be« röraifc^en Steckte« entfaßen
»aren, lag gar fein ®runb me^r üor, ber tutela pactitia ben
gingang in ha^ öfterreicl|i|(^e 9?cc^t ju loe^ren, ba ein SSertrag
in gleicher ©cife tt)ie ein SEeflamcnt ben SSJiüen be« SBatcr« funb*
geben fann-
b) ®efe^ü(^e ^ovmiinbfc^aft.
3)ie öfterreic^ifc^en ©(^riftfteüer be« 16., 17. unb 18. 3al)r'
l)unbert« bejeic^nen häufig bie DöterU^e ©eroatt fetbft mit bem
9iamen oäterlic^e aSormunbfd^aft; inöbefonberc bann, tocnn nach
bem 2obe ber SWutter bie ffinbcr beren aSermögen erben, ift in
ben (Sefc^en öorgefdiricben gemefcn, baß ber 3Kann ^t)on benen üJtüt^
terüc^en Oütern feiner unoogtbaren Äinber ®er^ab ift" i), unb e«
»irb biefe 9Sormunbf(^aft at« ein gaU ber gefeftlic^en SSormunb'
fc^aft begeic^nct.
ÜDa mir aber bie Däter(i(^e SSormunbfc^aft ob mandjer
Sigent^ümlic^feiten abgefonbert befprec^en, fo fönnen mir ^ier nur
auf iene JJäüc gefefeUc^er SSormunbfc^aft jurüdtommen, in benen,
mcgen be« eingetretenen SEobe« ober ber Unfä^tgteit be« Sater«,
anbcrc 'JJerfonen gur gefe^tic^en SSormunbfd^aft berufen merben.
yiad) biefer ©eftimmung bed eigentlichen ®egenftanbeö biefe«
äbft^nitteö fc^reiten mir gur !DarftetIung, inbem mir gfeic!^ am
beginne ^eroor^cben, baß bie gefefetic^en 95ormünber fit^ nac^ bem
9?ec^te biefer ^eriobe auf brei ^auptclaffen gurüclfü^ren f äffen:
auf bie SDiutter, ©rogmutter unb Urgroßmutter, auf bie anberen
^5} 3ofefinif(^e6 Ocfcftbuc^, 5. Sauplfiad, §. 4.
*«) (gbeiiba, §. 20.
M @o in ber ©er^abfc^aftSorbnung »om Sa^re 1669, 3. 5tite(, §. 5 :
„fBenn ^inge^en ein @^ett)eib Dor t^rem SJ^anne o^ne ^rflameut mit Xob ab-
ginge nnb f^elic^e ^inber, bie fte mttetnanber erzeugt ^äuen, oerlieffe, fo tfl
brr 3Rann in ben SO^ütt erliefen Gütern feinet iinüogtbaren ^tnber ®er^ab
nnb ©erpflfger."
6*
'. ■•,-'-rr'i.
— 84 —
nödifteu mönnli^en SSeriDanbten unb auf ben (S^egatten einer
minberjä^rigen ßl^efrau.
aa) !S)er SD^utter, (S^rogmntter unb Urgrogmntter.
S)ie öfterreic^ifc^en 9?ec^t9queUen aii9 beut 16. <3a^r^unberte
fennen aUgentein eine gefe(^(id)e ^orntunbfc^aft ber äßutter über
if|re ^inber nac^ bed 33aterd !£obe.
(Sine 5Bormunbf(6aft ber (S^roßmutter unb Urgroßmutter ift
bem filteren öfter r ei c^ift^en 9?e(^te fremb unb, toie mir »eiter
unten fe^en werben, erft burc^ ba« 3ofefi«ifc^e Oefe^bucft eingeführt
roorbeii.
@o beftimmt fc^on bte ^oHjeiorbnung bed Sa^red 1552 ^),
„bag bie ^eib^perfonen ^u ben äSormunbfc^aften nit gelaffen
werben foüen, e« fet) benn ain Srbare leibliche ÜÄuetter be« ^U'
piQen, bocf) auc^ nit anberd, old obgefc^riebenermaffen nac^ er^
f^enntniö ber Obrigfeit ober be« (Serit^tö unb ber SRait^änbler
unb mit einem SDiitger^aben'' ; fo fagt ® u 1 1 i n g e r weiter 2), ba§
,,eine äJlutter auc^ o^ne bem legitima tutrix fei, unb bag ed auc^
bi«l^er im 8anbe ^erfommenö, baß fie Obergcrliobin gemefen".
@ben auf biefe hergebrachte mütterliche (äer^abfc^aft üer«
weift enbtic^ bie ©er^abfc^aftöorönung bed Sa^red 1669 mit ben
©orten ^), ^baß, wenn ber Äinber leibliche 3)tuttcr noc^
am Öebcn ift, i^r, wenn fie bie SScrger^abung ber Sinber begehrt
unb fonften fein Öebenfen wiber fie öorlianbcn, bem alten $er»
fommen nac^ bie Oberger(|abf(^aft gebührt, baß berfelben jeboc^
oon ®eric^t au^ neben i^rer ^eftfttigung ein ober jween unoer*
bac^tige unb anftänbige üJiitger^aben au0 ber ^reunbfc^aft gu*
gegeben warben foüen, welche neben i^r fowol)( bie (Ser^abfc^aft
gu üerwalten, aU auc^ bie 9Jaittung ju fütjren ^oben".
S)ie ®erl)abfd|aft ber dJiutter t|at bie gii]ent^ümtic^teiten,
ha^ fie immer eine freiwiUige ift, unb baß bemnad^ für bie ÜDiutter
eine SSerpflic^tung ^\x ber Ueberna^me nic^t beftel)t, bann ba§ fie
jeber^eit mit ber SBieberoere^elic^ung ber ÜJiutter enbet^), enb*
lief) bag Stiefmütter gän^lid) au^gefctjtoffen finb.
G« ift nic^t 5U jweifeln, baß bie ®erl)abfG^aft«orbnung be«
^) ^oüsetorbnung öom ^aljve lö52, gof. XXIIv.
2) ©Mttiixgcr a. a. O-, @. 279.
3) ©er^abfc^aftdocbnung oom 3a^re 1669, 3. XxttU §• 2.
*) ^^Solijeiorbnung oom 3a&rc 1652, gol. XXIlv: „^o fic^ juctrug,
bag fold) iD^uettev ju ber anbetii @^e greiffen müi'be, foll <^t) Don bec fhinb
an bei' @eri)abf(^afft brmüffigt unö foUen bte Stiefmütter ^ieoon ganj aud*
nef(f)loffen fein." ^er^abfd^aftdorbnung Dom ^a^re 1669, 16. Xitti, §• 6:
„<^ec^f!eiid enbet ftd^ einer leib(id)en ÜRuttcr ©er^abfd^aft, menu fte ferner«
)ur (S^c f^rettet." @ben ba«[elbe enthält bte obeiöfterreic^tfd)e Sanbtdorbnung
oom 3a^re 1609, III. ^uc^. 43. Xitel, @. 577, meiere au^brüdac^ bie 9et«
orbnung eine« iD'titger^aben oäterlic^en Stammet oerorbnet.
— 85 —
3a^re6 1669 fic^ metfac^ rüdfic^tUc^ ber mütterßdien 33orntunb^
fd^aft an bad römifc^e ^e(i)t, h)ie ed 3uftinian fdjlieglid) burc^
bie 118. 9ioöeÖ€ feftgefcfet, ongeft^toffen ^at^); benn ou^ nac^
römifc^etn Steckte ift biefp mOtterUc^e Sßormunbfc^aft (eine tutela
extraordinaria vel irregularis) eine freilDiüige ; aud) nad) römU
feiern Siechte ge^t bie mütterliche 93orniunbfcl)Qft ber fonftigen
gefe^Uf^en unb ber !DQtiD«$ormunbfci)aft Dor; auc^nad) rötnifd^em
Siechte enblic^ erlofd^ ^ic 93ormunbfc^aft ber 3){utter burc^ bie
SSieberoere^eUc^ung ; anbererfeitd ift ed boc^ nur burc^ eine @in^
roirfung beutfc^rec^tdc^er (Srunbföge }u erflaren, bag bie mütter^
lid)e 93ortnunbfd)a(t fic^ nic^t b(o0 auf ben Ü)2unbigfeitdtermin
bed römifc^en 9{ec^ted befc^ränfte, fonbera bag fie bie gan^e
2)ouer ber Unoogtbarfeit mährte; ferner, ba§ bie groBmütterlic^e
9}ormunb|'c^aft Dor bem Sofefinifc^en ©efe^buc^e menigftend gefe^«
li(^ feine ©eltung ^atte, mieroo^I mehrere 3uriften bie praftifc^e
®iltig!eit noc^ Dor biefer 3^it oerbürgen '^).
S&enn und nun Kraut oerfi^ert, bag fc^on oor ber
Sinfü^rung be<$ römifcl;en Stec^ted in ^cutfc^Ianb in einzelnen
Sanbern bie SRutter jur 93ormunb|(^aft über i^re Sinber nac^
bed 93aterd S^obe }uge(affen mar, fo mochten loir biefe^^^ • alte
beutfc^e 9?ec^t ber äßutter für unfer Stammfanb in Slnfpruc^
nel^men.
S)enn nic^t nur bejeic^nen bie ®er^abfd)aft^orbnung te«
3tt^re« 1669 unb ©uttinger in ben obenangefül)iten Stellen
bae alte ^erfommen biefer ©er^abfc^aft, nic^t nur beftätiijt öed*
mann"), 5Reutter unb SSoffin«, bag biefe (Ser^abfdjaft allen
®ebraud)e« in Oefterreic^ unb ©teiermarf fei^ fonbern eef ^at
und namentlich auct) ®renef^) rücffic^tlic^ ber untertl)änigen
IBaifen in 92teberöfterrei(^ einen alten ©ebrauc^ überliefert, ber
^iemltc^ beutlic^ }eigt, bag 93ater unb SDiutter nacti öfter reit^ifcfiem
*) Ueber bae Oanje ift ju Dergleichen 9t üb or ff a. a. 0. 1, @. 245—265.
«; €>o SBeingdrtler o. o. £>. , @. 18: „Mater et avia tutrix
liberorum suoram esse potest" @o auc^ !S)onneT a. a.D.,®. 10: „kluger
ber 9)tntter unb (Srogmutter rorrben {eine SBetbdprrfonrn baju (jur '43ormiinD»'
fcftoft) liugflaffen."
"') )Be(tmaiin a. a. D., @. 517: „S3ann bie a^uttet ber '4$u))iaen
»iU bie £)berger^ab|d)aft (nad^ öfteireid)if(^eni Steckte) ober 92ot^*(Ser^ab«
fd^offt (na(^ fle^erifi^em Steckte) felber führen unb fein er^ebüd)e ^ebenfen
mtber fie fepnb, fo fann fte folc^e« t^un." ©ie^e aud) Sedmann unter ttm
@<41agtt)orte „vidua", e. 526; dleutier, e. 3; ^offtii«, @. 280.
^) @renef, „Theatnim jurlKdictionis austriacae'^ ^Uen 1752, fdivcibt
auf @. 265 über ben 16organg bei Serger^abuiig inttert^änigec SGßaifen : „^ab
beitrn miiiberiäbrict^u JEinbem unb (Srben im gaUe ber letbltd^ie Sater gef!orben
»är, nebfl i^rer Wlmttx ein tauglicher luo^l angefeffeuer ©erl^ab, roo aber
beebe tobt, itotx Oer^oben oerorbnet, unb im gaU bie üHutter grftorben, ber
Satter aber i.oc^ am Seben, blog allein ^u beffeu S<rtre(uug ein (^er^ab, fo
gcmetmglidy aue ber J^reunbfc^aft ju ne^mem, benannt rorrben foU."
— ^6 —
^itd^tt vücffic^tUc^ ber 33erger^abung ber ftinber praftifc^ ^iemlic^
gtei^ge^tten tourben.
£)er Sinflug ber boppelten ^rincipten brd römifcf|en unb
beutfc^en 9ie(^ted mact)t eö enbUc^ quc^ erflärlic^, bag bie Schrift«
fteder bie mutterüdje ®er^abfc^aft balb birect aud bem römifc^en
dtec^te, batb au<^ bem öfterrfid^ifc^en, rücffic^tlic^ beutfc^rei:^tlic^en
§erfomuien, ableiten'**).
Die SJormunbfc^aft ber üRutter über i^re liberi naturales,
iDelc^e 3uftinian burd^ bie (Sonftitution de dato 18. (Sal. Slpr.
530 eingeführt ^atte ^% ift wenigften« ou«brüd(ic^ nad) Oeftcrreic^
nif^t übernommen iDorben ; ebenfo tarn e^ bei unc^ nid)t t)or, bag
bie SRutter au^^brüdlic^ auf bie @inget)ung einer ^meiten @^e unb
auf bie SBcücionifcöen a*c(^ten)ot)(tbaten Der3id)ten mugte '*).
X)Q6 bie ^J)2utter burcf) bie )2Beigerung, bie !£utel ju über«
ne^men^ it)r gefegUc^e^ @rbred)t nic^t g(eic^ ben anberen gefe^«
liefen SJormünöem oerlor, ift Har, weit fie then nur berechtigt,
aber nic^t verpflichtet roar, bie S3ormun&fc^aft }u übernet)men;
übrigens ift bad gefe^Uc^e (Erbrecht ber SIfcenbenten erft burc^
ba« ©efefe über ba« 3nteftaterbrcc^t öom 28. SDki 1720 für
9lieberö|terrei(ft eingeführt roorben ^'^), mä^renb früher gen)o^n^eit«*
rec^tlid^ ber ©runbfa^ beftanb, bag @rbfc^aften ber jtinber auf
i^re eitern nic^t jurürffaüen *-^).
9) %ud bem vomifc^eu Steckte (etten bie müttfr(i(4e $3orniunbf(^aft ah:
äÜ^eingäittev a. a. £)., B. 18, bann 9$offiuo, ber @. 280 bie mfltterlidie
iBormunbfc^aft andbrüdUc^ eine legitima extraordinaria tutela nennt, qaae
praA Omnibus defertur matri, unb enblic^ SDouiier a. a. £>., @. 10, ber
brfonber« ^fiDor^cbt, bag man bie 9$ovnuinb{(^aft brr ^^uttcr unb ®xoü*
ntutter aud bfm römif^rn 9ied)te beibehalten §abe. Ruberer ^2einung ift ba«
gegen ^anntja, ber auf €>. 28 ft^reibt: „Deficiente tutela pactitia locum
obtinet legitima, quae subdividitur in tutelam maternam et agnatorum.
Tutein inaterna potior est tutelae leg^timae agnatorum, eique »ecundum
principia Juris Germanici Civilis Commanis praeferlnr, quouiam matri
non minor competit in liberos potestaa, quam patri, adeoque
in sensu Juris Germanici stricto non patria sed parentum potestas dicitur.
Haec vero potestas, com etiam in mundio sen tutela consistat, viventi-
bus parenidbus, communis est, uno vero conjoge mortuo superstiti sola
rem an et".
1^) Lex 3 Cod. Quando mulier tutelae ofticio fungi potest Y, 35.
i>) l^eraleid^e in^befonbere ieanni|(a, @. 86. I^a« (Segentbetl bemerft
16 e (f m a u u, v^. 536: ,,ISer einen @tiefnater betommt, ber befommt aud^
leicht eine (Stiefmutter."
12) @a^ uub Drbnung befl (5rbre(^tee auger !£cf)anient Dom 28. iD2ai
17-20. Cod. austr. Supp. I, <S. 962.
13) @utttnf)er unter bem (Sttlagmorte „(&t\>xtd^V* an fe^r Dielen
(Steüen. — SBaltfter, Tractatns aureus I, Cap. VII. 9?. Ö. Sanbtdorbnung
Dom ^o^re Iö73, III. )6ud), 80. £ttel. UebereinnimmenD mtro oon «Suttin»
ger, SS^alt^er mib ber Saubtoorbnunfl bezeugt, bog, bemalten, bem flberalt
§ergebrad)teu Sanbt6brau(4e nac^, bie (Srbfc^aft ber j^tnber nidit hinter ftd)
nodf ^jUvädfaHe; ber <Sa^ unb Oronung bed (Srbrec^te« auger ^eflament
— 87 —
(Sinfc^neibenbe 3(enbetutigeti ^ot quc^ ludfic^tlid) htxmüittt^
liefen 93ormunbfc^aft erft ha^ 3ofefinifc^e ®f(e^bu4 eingeführt.
93or 3lllem mürbe burdi biefe^ ®efe^ ^^) nic^t blod ber
3)iutter, fonbern anö) ber ©rogmutter unb Urgroßmutter erlaubt,
bie 2ßoritiunb)c^aft, toenn fie freitDidig tvoQen, ait}ufucben, unb ed
galt biefe SSormunbfc^aft fogar rüdftc^tltc^ folc^er 3Bai[engüter,
)u benen ber SRannedftamm aUein berufen koar unb bejfiglic^
roelc^er bie Dom ^J^anneöftamme SSerloanbten ein nö^ered 9led)t
3ur SSormunbfc^aft Ratten ^^); bod) beftanb nirgenbd eine ^flic^t
jur Ueberna^me ber mütterlidjen 93ormunbfc^aft *^).
938eiter«J orbnele Äaifer 3ofef an, ba§ bem oäterlidien ®ro§*
Dater ^uerft bie 93ormunbfd|aft gebühre, unb bag erft nac^ i^m
tit iDtutter, menn fie noc^ int ^ittibftanbe fei, ben SSorgug t)or
allen SBernjanbten ^abe*'); faü« fie ntinber jährig fei, muffe in*
beffen ein anbercr SSormunb benannt werben, ber jebodi ber
'JRutter nad) beren ®ro6iä^rtgfeit bie üBormunbfc^aft abzutreten
^abe 1*^).
Soroie bie SDtutter fic^ n^ieber Dere^elic^t, fo feien auc^ i^re
9{ed|te erlojc^en, unb menn fie nac^ übernommener SSormunb*
f^aft i^ur neuen @^e fc^reiter, I)abe fie bie äSormunbf^aft fo«
gleid) abzutreten; nur fönne fie Dor ober nac^ ber äSere^elic^ung
eine befonbere 9en)iQtgung, bie 93ormunbfc^aft beijube^alten, burd)
bie ©e^örbe erlangen ^^).
3eber SDhttter, meiere ^ur 93ormunbfc^aft gelangt, foU ein
äßitDormunb gefegt merben; miU bie SJtutter oDer erachtet bad
®md^t, xijm bie 33ern)a(tung bed SBaifengute« gan^ ober }um
£^eile aufzutragen, fo fei er aU ein magrer Surator ju be<>
tradjten; augerbem aber fei bie SDiutter bie toa^re 93ormünberin,
melcbe tit 3$erma(tung aöein in beforgen ^abe^^).
^atte eben ben ^totd, biefee alte ^erfommen, fotoie ben Otunbfo^ paterna
paternis ^u befeitigen. Serglrt(^e übrigen« au(^ mein SSSert: ,,D^otQnat unb
9erlaffenf(^aft«ab^anblung in Oefterretc^. SBien 1877'' , <a. 50 unb @. 65.
33ergletd^e hierüber )u beu Don mir angeführten B^^gniffen tndbefonbere
no4 9{eutter, @. 12, ber eine gefe^lic^e Senbening Don ber 8anbe«-
orbnnng erwartet, auf welche er befonber«^ Derloeifi, unb bie er offenbar
on biffer «Stette al« fei^r nat)e beoorfle^enb be^eic^net: „3n Oefierreic^ erben
noc^ ber ßtit, roo bie iirue Sanbtöorbnung (burc^ totld^t oiefleit^t ein anbere«
flatuirt roerben möchte) nodb nic^t pubüctrt, bie OSltern i^re ftinber ni^t, e«
Derlaffe auc^ ba9 Derfiorbene ftinb ^meibfinbige t9rüber ober nic^t. ginfler«
to alber, 11. ^u&i, ®. 607, ber ber grage eine eigene lange Observatio
inmenbrt, unb SBeingÖrtler, @. 154.
^*) 3offfiinf4e« ®efe^bu(^, 5. ^auptfiüd, §. 10.
^•') (Sbenba, §. 18.
»«) öbenba, §. 10.
»") (Sbenba, §. 11.
»'^j ebenöa, §.11.
'») öbenba, §. 12,
^^) (Sbenba, §§. 13 unb 14.
— ^8 —
Ob bod 3ofefinif(^e ®efc^buc^ auc^ ber unehelichen SDiutter
bie 93ortnunbfcf|aft äber(affen rooQte, ift in^befonbere nic^t ent'
f(^teben; boc^ fd^einen triftige ®rünbe bogegen ju fprec^en, ba
immer oon ber SBitme bie 9iebe ift, meiere bie mütterliche 9$or^
munbfc^aft gu fütiren ^ot.
bb) (Bt\t^li&it t^ormunbfc^aft ber na(^f)en $ern)anbUn.
@(|on oben l^aben h)tr ^erDorge^oben, bag, nac^ älterem
beutfc^en Steckte, nac^ bem Siobe bed iBaterd — rüctjtc^tticb auc^
ber 3)2utter -- bed ^inbed näc^fter Sc^mertmage }ur Sormunb^
fc^oft berufen koar, unb bag unter me()ieren gUtc^ 9la^en ba<f
I)öt)ere Sllter entfc^ieb.
@bcnfa09 ^oben toiv fc^on oben ^eroorge^oben, ba% bei
bem Slbgange Don ©c^n^crtmagen ober Agnaten einjelne Steckte
bie Kognaten ^ur 33ormunbfc^aft beriefen, onbere bagegen ric^ter«^
lic^e 93ormunb)ctiQftdbefleüung eintreten liegen; bog fic^ ferner bie
9?ei^enfolge ber Berufung ber Slgnaten unb (Kognaten im ©an^en
nac^ ber Orbnung bed (Srbrec^ted gerichtet }u ^aben fc^eint.
^eroorju^eben ift noc^, ta% bie ä3ormunbfc^aft bem Se^
rufenen, ebeiifo »te baö ßrbrec^t, ipso jure nac^ JRec^tdoorf^rift
anfiel, bog e^ bal^er einer befonberen 3(ntretung biefe^ tlmted
nic^t beb urftc.
9^QC^ bem Einbringen bed römifc^en iRec^ted, melc^ed jule^t
bie Slgnaten gar nic^t me^r, fonbern blöd bie Kognaten, unb
ixoax nac^ ber Drbnung bed (Srbrec^teö, ^ur $$ormunb|4aft be«
rufen ^atte ^), unb nac^bem ha^ ^eergen^ate, melc^ed nad^ altem
beutfc^cm 9ted)te in genouem 3u[ammen^ange mit ber 93ormunb«
fc^aft geftanben, fi(^ verloren t)atte, mar ed natürlich, ba6 bie
näc^ften fälligen duteftaterben, einerlei ob fie Slgnaten ober Sog«
naten roaren, ^ur 93ormunbf(^aft berufen mürben'^); nur bann
mürbe eine ^udna^me gemad^t, menn einzelne 93ermögen9maffen,
mie Sebeu'' unb ©tammgut, einer befonberen Srbrec^tdorbnung
unterlagen; inbeffen mürbe bie fic^ ^ieraud ergebenbe «Schmierig«
feit baburd) gehoben, ba§, nad) bem SBorbilbe be« römifctien Stecfi«
teö, meiere« für einjelne 3}ermögen«t^eile einen ßurator ju er*
nennen gcftattet ^atte, neben bem geroö^nlic^en noc^ ein anberer
SBormunb gugelaffen mürbe 3).
3iemlid^ analoge 93orf(^riften finben mir im öfterrei(^ifc^en
9{ed^te unferer ^eriobe mieber, obmo^l namentlich bad ©efe^ bed
3a^red 1552 einige ®c^mierigfeiten ber (Srtlärung bietet.
üDad oftbejogene „Sndpruter SibeQ'' oom 3a^re 1518, ebenfo
9{ub orf f a. Q. O. I, <B. 215; ftr au t a. a. O. I, <B. 251.
2) Äraiit, e. 251.
3) Q^benbQ, @. 252 uub 253.
— 89 —
mt hit ^rei^eiten ber @tabt SBien oom 12. SRarj 1526 l^atten
ed nic^t befonberd au^gebrücft, ob bte 93ormunb[(^aft auf bie
Agnaten ober Kognaten übergebe; benn erftered ®efe^ fagte nur,
f^bag ^infüro bie oertt>a^fteu ftinber, n)o in bed SSatter unb
(gltern geben nic^t orbentlic^ ein Sieftament fürgenommen unb
gefegt, mit bem ned}ften tauglichen, gefippten unoer bac^tigen ^reun«
ben, nac^ ©emo^nt^eit be^ ^anbd beger^abt merben foUen" ^, unb
ha» gioeite @efe^ benannte beim Slbgonge eined teftamentarifc^en 93or^
munbc« ©ieienigcn, «fo nat^ Orbnung be« 9te(^tö, foferne fie
ba^u tauglich unb gefc^icft, }u fol^er ©er^abf^aft ^) berufen
erfc^cinen".
Stnberd fprac^ fidi bie Sieform guter ^olijei für bie fünf
nieberöfterreic^ifd^en Sauber oom Sa^re 1552 auc(, inbem fie
oerfugte, »»bag, mo burc^ bie (Sltern I^ein oerorbnung befct)e^en, bie
negften angebornen (^reunbt, Setdje fonft, n)0 ed ju
fallen f^inmen folt, in bie (Srbfc^aft fteen h}ärben, ald
Agnaten gu Der L^^erl^abfci^afft oerfc^afft unb oerorbnet
»erben f ollen* *).
@^ fönnte nun faft fc^einen, al« ^abe bad ®efe^ bed 3a()«
red 1552 in ber Zi\at bie älgnaten allein, ober boc^ mit bem
SSor}uge oor ben Kognaten, berufen kooUen, unb gtoar mit um
fo größerem 9ied|te, a(d bie Sejeic^nung ber gefe^lic^en 3iormün^
ber ald Agnaten noc^ in bemfelben ©efe^e an ^n?ei ©teilen
oorfömmt.
!£^oc^ finb mir überzeugt, boB bie genannte ^oligeiorbnung bad
%$ort ^^Slgnatcn" gleid)bebeutrnb mit SSermanbten überhaupt gebraucht
babe, unb bog bie jur 3nteftaterbfolge berechtigten nöc^ften 93er^
n)anDten überhaupt unb o^ne Unterfc^ieb }n)ifc^en älgnaten unb
Sognaten, ^ur 93otmuubfc^aft berufen merben motiten.
95or allem marb nämlic^in bem genonnten ©efe^e felbftan nie^*»
reren anberen ©teilen bae Sort „Sgnat" audbrücflid^ ben SBorten
„negfler greunbt, negfter ^luettfreunbl" gleic^gefteüt "); ferner
mürben in ber obangefü^rten ©teile auc^ bie »negften angebornen
i^eunbt^ meiere, mo ed anfallen tI)ommen folt, in bie (§rb^
ft^afft fteen mürben", gur S5ormunb|c^Qft berufen, unb ed fann
feinem 3^^^if^t unterliegen, bag bie gleichzeitige Onteftaterbfolge-
*) ^uttinger, e. 273.
*) Codex austr. II, @. 490.
«} ^oli^ciorbnuwfl be« 3o^re« 1652, gol. XIX imb XIXv.
■) ^olijciorbnnng be« 3a^re« 1562, RoI. XIXv: „2Bo au(^ ainem
Slgnaten ober negflem greunbt me^r al« eine« feine« abgeflorbeuen
Sreunbt« ®ei-^abfd)afften oufertegt roovben, olfo bag er ^mo, brei ober mtfix
©er^abft^offten ber @ippf(i^oft ^a^l^er oerfeicn muefftc . . .", bann: „3m
Safle, baß t^etn tef!amenttt<^er ®er^ab, noc^ auc^ f^ein tauglicher negfler
$laett«rreunbt, fo ben Pupillen }u ©ergaben oerorbnet meiben möchte, oor*
Rauben . . . ."
— 90 —
orbnung 9Kcberöfterrcid)d — fo xotit nit^t ©tammoüter in
^rage famcn — burc^aud fc^on }n)ifc^en Slgnoten unb Kognaten
feinen Unterfd)ieb niad^te*).
Snblit^ ift Quc^ nic^t gu überfeben, bag tothtx ba9 „3nd<
prüfet SibeU" au^ bcm So^re 1^18, no(^ bie SSiiener ^rei^eiten
aud bem Sa^re 1526 eined audfc^ließenben iRec^ted ober eine«
SSoquged ber Signalen Dor hen Kognaten (Srnö^nnug machen,
bQ§ bie Sonbt^orbnung für Orfterreic^ oon 1609 bie äignaten
unb Kognaten au^brüdli^ gleic^ftellie^)^ unb bag ooQenbd bie
®ert)abfcf)aft0orbnung bed 3at)ted 1669 für bie unmittelbar nac^^
folgenbe 3^it c^n ber 9}id)tigfeit unferer Slnfc^auung feinen ^toeifei
mel^r auffommen lägt, obn)o^( eine älenberung bed Snteftaterb^
rechte« i^mifc^en ben Sauren 1552 unb 1669 nic^t ftattgefunben t^at.
!I)ad (e^tgenannte ®efe^ beftimmte nömlic^, bog, roenn bie
teftamentarifc^e 93orniunb)d)aft mcl)i pla^greift, „ber ^Hnber*
iö^rigen nec^fte ^efreunbte im ©eblüt^ mann fie an^
berft Don ber Dbrigfett tauglidi erfunben merben, in
ber Orbnung bee(@ib«9{ec^te« bie®erl)ab|ci)afft
überfic^Sunet)menf(^u(bigfe^nb'' ^% unb alle @4rift^
ftcQer biet er ^eriobe ftimmen barin überein, ba§, ben @runbfä^en
bed bamalö geroo^ntieitdrecbtlic^en, bejiefjungdnieife ben ®runbfa^en
^) ^a« Sutepoterbrec^t Stiebet öflerrei(^« finben mir im 16. ^a^r^uit-
bctt gtDetmal genau aufgezeichnet; ^uerfi in ber n. ö. Sanbtdorbnung bed
3a^re« 1573, roo e« bie ^itel 56 bi« incIurtDe 80 be« brttten ^ud^tti ein*
nimmt, uub bann in 93alt^et^d TrActatus auraens, meiner ben erflen
Sractat Dtefem (Segeiifionbe geraibmet ^at; in betben 2)arflellungen ifl im
^ef entließen ein Uutrrfd)ieb ;;mifd)en SIguaten unb (Sognaten nid)t mefjr ge-
mad)t, mit Sluena^me ber <Stamm» unb Erbgüter, meiere auf ben <&tamm
faOen toUen, Don bem fit (ertommen, bann au4 not^ rü(ift(btU(^ ber foge«
nannten „verziehenen Söd^tet bed ^erm« unb dritter flanbc«", meiere regelmäßig
zur 3utef)aterbfolge nic^t berufen mürben. 2)a0 ®efe^ übet ba« ^nteftaterb*
rec^t au0 bem 3at)re 1720 ^at augenfc^einlid) ben 3n>e(t oerfolgt, bie <£igen'
t^ümlid)!etten be« öflerreic^tfc^en Sanbtdbrauc^e« abzufc^iofic^en.
^) 9$erg(eid]e bie Sanbtdorbnung für Defüerreic^ ob ber @nu0, III. ^u4,
43. Sitcl, @. 661—564. 2)tefe9 92e^tdbu(^ ^atte augenfc^einüd) bte ^oltjet«
orbnung Don 1652 uor klugen; nic^tsbefloroeuiger uuterf^ieb bo§felbe gerabe
bezüglich ber Sroormunbuug bte ^upiUen ber oberen ©täube oon anberen
^upiQeu. 3n ^nfe^ung ber ^upiOen ber $anb(ent^ foQten bte erflen 8tute*
freunbe ba« 9lr(^t ^aben, einen ^ovmunb bed SBatfen zu ermfi^Ien.
9lnv bann, kuenn meber im £ef)omente ein <9er^ab ge{e(}t noc^ eine
fo(d)e 9QBat)l unter ben nöc^f^en ^ermanbtrn getroffen morben mar, fodte ba«
(^eiic^t bte nöc^fteu augefeffeurn dutdfreunb, bte fouflen, mo ed zn fallen
fommt, ben näc^flen Betritt zu ber (Srbfd^aft ^aben, al« ^gnoten unb
(Soguateu zu ber (^ei^abfc^aft Derfc^affen unb oeroronen.
3n 9tnfel;uitg ber $upiQen ber ©täbte, SRärfte unb ber ®runbobrig«
leiten follte bagegen bie ^^ormunbfc^aft tauglichen (^er^aben, ob fte oermanbt
feien ober mdft aufgetragen merben, unb nur ald S^ngerzeig für bie Obngteit
galt bie meitere Semerfnng, bog fie foicbc 8ürbe benn boc^ früher ben 9e*
freunbteu al« fremben ^erfouen auferlegen foUte. *
1^) C9er()abf(^aft«orbnung bom 3af^re 1669, III. 2:iter, §. 1.
— 91 —
bed im 3a^re 1720 gefe^üc^ beftitnmten dnteftatetbrrc^ted tnU
fprec^cnb, 9(gnateii unb (Kognaten, je nac^ ber 92ö^e bed ®rabe«,
^ur Srbfc^aft berufen iDiirben *•).
Unter ber gefe^Iic^en Stute! ber nöc^ften 9Sern)anbten na^ni
bie 2:ute( bed trüber« eine gan} befonbere ©tede baburc^ ein, bag
biefem bad 9iec^t eingeröunit marb, fobalb er grogidtjrig n^urbe,
(ie älbtretung ber £utfl oon beni mtttieriofile beftellten 93or»
munbe }u Dertangen, ein 9{ec^t, melc^e^ ntan ben anberen S3er<
roanbien nic^t i^ugeftanben }u ^aben fc^eint ^^).
^QB bie üermanbtf(^Qfilid}e 33ormunb)4iaft confirmirt mer^
ben mußte, ^oben tt)ir t^eiU fc^on gefeiten, t^eild merben mir
barauf pvucftommeu, menn bon ber Konfirmation indbefonbere
ge^anbfU n^erben mirb.
Senn ein SSemoubter fic^ oijnt gel)örige ®rünbe n)eigerte,
bie 93ormuiibf(baft ju übernehmen, gingen foioo^t nad) ber ^oli^ei«
orbnung be« 3abred 1552, mie auc^ noc^ ber ©er^abfc^aftd^
t»rbnung bed dal^re 1669, otte feine Slnfpruc^e auf bad 33erm5gen
be« üRünbel« Derloren*^).
firaut bat biefe Seftimmung auc^ in niedreren anberen
^articutarrec^tcn ^Teutfc^Ianbd oorgefunben; i^r Urfprung ift i^m
ni(^t befannt unb er glaubt benfetben auf ein SDtigüerftönbnig
^i) €o f einreibt Sßetngärtter auf @. 21: Hodie sublata, agnato-
rum et cognatornm differentia, quuad successiones et tntelas, promiscue
Tocantnr ad tatelam agnati et cogsati, ita quo ordine veniunt ad succes-
sionem, eo ordine ad tutelam deveniunt. — 93offtu0. <^. 280: Legitima
tntela est, cum deficiente testamentaria, proximis successoribus ab in-
testato, secnudam ordinem successionis ab intestflto de aono 1720 tatela
defertar. — D. Qanntja auf @. 42: In Austria, nee non in reliquis terris
bereditariis, post matrem tutela caedit fratri, caeterisque agnatis cognatis-
qne semper tarnen proximioribns. 9leuttet ad Tab. VII, 5, @. 12.
i)onner, &. 10, ber inbeg ein eigentlit^eö ^tdjt ber I3lutdfremibe nidit an*
erfennt.
12) ($er^ab{(t)aft«orbnung Dom 3atire 1669, 16. Site!, §. 7: ,,®ann
einer ober me^r $u))iflen ifjre l^ogtba^ren 3a()re erretd^en , alfo bog fte itjnen
nnb t^ren übrigen noc^ unootgbareu (Sefc^miftigten loo^I unb iifl^U(^ oor-
^ebtn fdnnen, fo mdgai bie oorigen (S^et^abcn entlaffen unb ber ober bie
8ifiber Ol« nfic^fle Sefveuubete, )u (S^er^abeu i^rer no(^ unmfinbigen (5^e«
fc^isifitgten oerorbnet tt)er^eu." — ^^ojfiu«, <B. 280, fpri^t in biefem gaOe
oon einer ^e^iititna fidnciaria tutela, quae mortuo patre yel avo, vel alio
tntore existente, defertar fratri perfectae aetatis facto in fratres sororesve
minorenneB^\
13) ^^olii^eiorbnung br« 3a^re« 1552, $^o(. XlXv.: „^o bie 9(gnaten
foI4 ^^er^obfc^oft nid)t onnemra, fonbern M berfelben oenvibern ttiürben.
foflen €9 ft)finfftiger (Srbfc^aft beraubt, nnb entfe^t fein." — ©erqabfc^aft«'
orbnung oom 3a()Te 1669, 8. Sitel, §. 1: „föo (folc^e (Sevf^aben) M o^nc
er^eblid)€ Urfadje beffen Weigerten, fo foden fte für i§re ^^erfo^nen ber fLiu
martung \n bet^'^upiUen C^bfc^aft oerfaUen, bo(^ beten (Srbe beffen nic^t }u
entgelten ffahtn"
vi
— 92 —
bfi8 römifd)en Stec^ted gurüdfü^ren }u foQen ^^); beutlid^ ge^t in*
beffen auö biefem SRec^t^fa^e ^eroor, bog nac^ bent öfterreic^ifc^en
dtec^te bed 16. unb 17. do^rl^unberted fc^on bie gefe^tic^e 93ot^
munbfc|)Qft ber 93ern)anbten nte^r aU eine ^flic^t, benn a(d ein
9iec^t betrachtet mürbe.
9luc^ in biefer SDtaterie mar eö mieber ba^ 3ofefimf(&e
®efe^buc^ , n)e(c^ed juerft einfc^neibenbe 9lenberungen burc^ge«
fü^rt bat.
93or äitlem ift ber ®runbfa^ biefed ©efe^but^ed ffztryor^u^
^eben^ bag bie !3)atiD«2:uteI möglic^ft bie gefe^lic^e Xutel burc^*
brechen foUe, fo bag ha^ Stecht beftimmter ^erfonen auf eine
beftimmte 33oununbfc^aft fc^arf getrennt mürbe t)on ber SSerpflic^«
tung ber £)bcrt)ormunbf(^aft, [ic^ an bie ex lege 6ere(t)tigten
^]i$er)'onen in Sßirflic^Feit ouc^ ju galten.
gür bae äJormunbfc^aft^geric^t galt junäc^ft 'iDerienige
ald ber nöc^fte pxx ä3ormunbf(^aft berufene äSermanbte, me((^er unter
benen, bie fic^ gemelbet, ober menn ftc^ feine gemelbet, unter
benen, bie bem @eric^te begannt finb, ber näc^fte mar. iDa« ®t^
ric^t ^atte biefe ^2inmelbung nid^r länger al£) burc^ Dterje^u S^age
ab}umarten.
^atte binnen berfelben fic^ ein tauglicher 93ermanbter nic^t
gemelbet ober bie 93ermanbtfc^aft nic^t ermiefen, fo mar bem be<»
fannten n&c^ften äSermanbten ober in beffen Ermanglung aud^
einem gremben bie SSormunbft^aft aufjutragen^^); ein 83ermanbter
aber, bem bie 93ormunbfci)aft oom ©eric^te aufgetragen morben
mar, fonnte fic^ berfelben au^ bem (Srunbe, ha^ er nid)t ber nöc^fte
fei, nic^t entgie^en, er märe benn in ber Sage, auf ber Stelle
einen tauglichen näheren 93ermanbten angugeigen*^).
®o fe^r burc^ biefe Seftimmungen bed dofefinifc^en ®efe^«
buc^ee einerfeitd bad freie ©ehalten ber SSormunbfci^aftebe^örDe
ermeitert merben moUte, mel^e oon nun an ntci^t mel^r be^
müffigt mar, genaue 9^ac^forfc^unQen nac^ ber @rabe^nö^e ber
^*) Stx aut 1, @. 256, meint, bag bie ©teile 1. 32 Dig. de excusa-
tionibus XXVII, 1, uiib bie ber lex 10 Dig.de regulis juris, tii lOflc^er ber ®aQ
audgefprod^en iß: nbecundum naturam est, comoda cujuscunque rei eum
sequi, quem sequunter incommoda^', ben 9{e(l^t«gnmb biefrr Stcgel bilbet;
^ietnit ftimmt auc^ ^annija übeiein (<@. 43) uuD SBctngariler (^. 21),
ber fagt: Idque summae aequitatis, qui enim seutiunt coramodum in
successionibus, sentiaut et onus tutelae, ne bona pupilli dilapidentur.
$ergl. aixd^ ^tutttx ad Tab. II, 17, <g. 3: „^tnn bie iiec^flen ^efreunbten
in Srblfit^, o^ne er^rblidje Uifoc^e ßd) in Oeßrrrric^ ber (^er^abjd^Qft mei«
gern, jo ^aben fte für i^re $erfo^i(cn, bie ^nn)armng }^l beg ^^u|)illen (Srb*
ft^offt üerfaOen, toü^ t^r<r (Srbrn bcffru uidjt gii enrgeiteu
'^) dofefinifcbee (Sefe^buc^, V. $auprftü(f, §. 6.
!•) (gbenDo, §. 9.
— 93 —
äSemanbtfc^Qft ju galten, fo fel^r anerfannte benn boc^ bad 3o'
fefinifc^e ®efe^ anbererfeitd eine 9tangorbnung ber 93erufung ber
Derf^iebenen ^eriDanbten, unb ba^er and) ein nä^ered ^ec^t ge«
»iffer ^erfonen ju einer beftimmten S5orntunbfcöaft *').
9lac^ ber SKutter — roclt^e, wie bereit« ermähnt, bem
Dfiterli(^en ©rogooter nac^ftanb — gebührte bie gefe^Hc^e 93or«
munbfc^aft iebem (männlichen)**) SSerttanbten, »elc^er jur @rb*
fotge be« Saifen ber nac^fte n)ar, o^ne 9?üdfid|t, ob bie Sßer^
iDanbtfc^aft Don Dötcrlic^er ober mütterlidier ©eite entfpringe;
toenn mehrere gteic^ notie 93ern)anbte oort)anben maren, fo foQte bad
Seriell unter i^nen motten, oDjeit aber bie SSormunbfc^aft unb
SSernjattung nur Sinem auftragen*^).
©enn nun bie SSormunbfc^aft öom ©eric^te einem gtemben
aufgetragen toorben mar, fo mürbe iebem Slnoermanbten, unb menn
ber äufirag einem entfernteren Slnüermanbten gefc^e^en, j[ebem
näheren SSermanbten, fic^ binnen einem 3at)re p melben ge^
ftattet; nac^ 9tblouf biefe« 3a^red fonnte ber befteUte Sormunb
nicftt tjerbrungen merben, ald menn 5Derienige, fo fic^ fo fpät
meibete, ein rec^tmägiged ^inbernig, megen beffen er fi^ nic^t
früher melben fonnte, erwieö ^o).
'Dem ©eric^te mar ed bagegen atlerbingd geftattet, menn ed
ba« SBJobl be« SBaifen erforberte, einen binnen biefem 3a^re ober
Quc^ nac^l)er i^m befonnt gemorbenen S3ermanbten bie 33ormunb^
l4aft aufzutragen unb ben bi^^erigen 93ormunb p entlaffen;
aud) ber äJormunb felbft fonnte, menn immer ein näherer 8lnöer*
öjanbter gefunben mürbe, feine Sntloffung begehren ^i); nur fonnte
er ^ie^u Dor Slblauf be« Sa^red ju biefer SIbtretung gegen feinen
ffiiUen nidjt »erhalten merben22).
!J)aö 3ofefinifd|e (Sefcfebud) ^at ebenfo mie bie ©erl^ab*
fc^aft«orbnung nom 18, gebruar 1669 ben iöruber ber ffiaifen
in ber ärt begönftigt, ba§ er, menn er jur ^nt ber anfangen*
ben 93ormunbf(^aft noc^ minberiä^rig mar, nac^ erreichter ®vop
id^rigfeit jeberjeit bie SSormunbfc^aft über bie noc^ minberiäl^rigen
@efc^mifter anfuc^en fonnte, meiere i^m bann aucfi mirflic^
übertragen merben mußte 2^).
^efonbere ^eftimmungen ^at enblic^ ba« Sofefintfc^e ®efe^«
bn(^ in Urbereinftimmung mit manchen anberen beutfd^en $arti«
»') 3offfimf(^e« ©efeftbud^, V. ©auptflüd, §§. 16 unb 17.
»«) ebcnba, §. 16.
^^) (Sbenba, §. 10.
20) (Sbenba, §. 6.
2^) (gbenbo, §. 7.
22) ebenba, §. 8.
") (5bcnba, §. 17.
— 94 —
cutamc^ten24) rüd(fi(^tlirf| ber ffiaifen, »clc^e „(Scfc^fef^tögüter''
befifeen, getroffen.
^eftanb nämlicft ba« (ganjc) 9Sermögen ber ©aifen in fol*
c^en ®ütern, rooju ber otleinige üRanneöftomm berufen war, fo
fottten 3ene, bie t)on bem SDianne^^ftomme fmb, Dor ben anberen,
obgleich näheren 2Ser»anbten bei ber 95orraunb|(ftaft ben SSorgug
^aben ; nur bie SWuttcr, bie öäterlic^e (Srogmuttcr unb bie 2)?utter
be^ t)äter(ic^en ©rogoaterö foQte otdbann jugelaffen merben,
toenn fie nid)t burd^ bie öom 8anbc«fürften genehmigten göttJÜi^n*
orbnungen aucgefct|(offen »oren ^^).
Senn iebod) hie SßJoifen nebft ben (Seft^tec^tegütern nodj
anbete freie ®üter l^atten, gu benen einer oon ber weibli^en
Seite ber näd^fte »ar, fo foüte biefem nic^t nur bie 3}ormuiibf(^aft
unb bie SSermaltung ber freien ®üter, fonbern auc^ ber ®e*
)d)(ed)t^ guter aufgetragen werben; biefer Sormunb war aber bann
Derbunben, jebed S3erniögen untermengt ju ermatten, aucb über
jebe 93ern)a{tung befonbere Stec^nung gu führen; unb nur bann
foüte bie SScrWattung ber ©efc^Iec^t^güter einem Sinberen bcfonber«
anoertraut werben^ wenn bie gemeinfc^aftli^e ä^erwaltung ben
SBaifen nac^t^eilig, ober fonft eine offenbare ^Wotljmenbigteit gu
einer gcfonberten SScrwaltung nor^anben mar^ß).
gaffen mir ba« Urt^eil über ba« 3ofefinifcl^c ©efeftbucft
gufammen, fo werben wir fe^en, ba§ bie 35atiö*S3ormunbfc^aft
bie gcfefeU^ie immer me^r unb me^r burt^broc^en ^at; bad SRec^t, bie
Uebertragung ber SSormunbf^aft gu oerlangen, erlofc^ für alle
SSerwanbten, mit Slu^na^me beö Sruber« (unb ber 3Äutter), nacft
einem 3a^re; baö died^t ber Dberoormunbfd^aft, einen SSormunb
unter ben entfernten äJerwanbten ober felbft unter gremben ju
wäl^Ien, trat befonber« flarf in ben SBorbergrunb, unb felbft ber
©treit um bad nähere Siecht pr äSormunbfc^aft würbe in enge
©rengen cingefc^loffen.
Äurj, bie anfc^auung, baß bie SSormunbfc^aft nic^t eigent*
Iid| gamilienfac^e, fonbern in crfter ßinie obrigfeitfic^eö 9lmt fei,
ift im 3o|efinifc^en (äefefebuc^e fc^on gur üoüfommenen JReife ge*
biegen; unb ed lann und nidfi wunbern, mehrere @(^riftfte(Ier ju
finben, welche bie fämmt(id^en üDe(ationdgrünbe auf ben einen ber
ric^terlidien öefteflung jurüdffü^ren unb S^eftament unb SSer*
wanbtfc^aft nur me^r a(« mel^r ober minber freie öeftimmung«*
grünbe ber richterlichen SBa^l gelten (äffen woQen.
^) Ar out a. a. D. I, @. 262 unb 263.
«) 3ofefiniWc6 Oefeftbuc^, V. $ou^)tpü(I, §. 18.
2«) (gbcnbo, §. 19.
— 95 —
cv) ^^efe^Uc^e ^ormunbfc^aft bed (Seemann r« über feine mtnberiä§rtge grau.
(Sine gefe^itc^e SSormunbfdjaft bed S^egatten über feine
minber jährige S^au ^at ba« öfterreid)ifc^e {Ret^t feit bem 16.
Oa^r^unberte minbeftend nur burc^ bie ganj lur^e ^tii oon 38
Öa^ren, öom So^re 1753 biö jum Sa^re 1786, gefannt.
Sor bcm (äefefee SDiaria Itjcrefien« über bie aRajorennität«*
ia^rebeftimraung öom 12. Stpril 1758 fonnte e« too^t ni(^t tcic^it
eine 95ormunbfc|aft über eine ßl^cfrau geben; benn ba« öfter*
rei^ifc^e 9{ed)t ^atte bii^ bo^in treu an bem ®runbfa|e feftge^
baben, bag SD^änner unb t^rauen burc^ i^rc $eref|e(id|ung fogteicb
Dogtbar »erben ^).
ü)Jaria SE^erefien« genannte« ©efeß ^at guerft bie entgegen*
gefegte öeftimmung getroffen unb angeorbnet, baß, „um aller ©e«
Dort^eitung unb ärglift befto fieberer Dorpbeugen, ein minber*
jähriger Sb^tnann bi« nac^ ^intertegtem 24. 3abre unter ber
Kuratel verbleiben, miti^in bemfelben bie fre^e 3lbminiftrirung
feine« SSermögen« feinerbing« geftattet, fonbern bei beffen SSer*
ebelic^ung auf 3lnfu4ien be« Sutori« Dom ®eric^te au« ein ge«
magigte« Quantum, worüber felber gu bi«poniren ^atte, au«ge''
ttjorfen werben folle".
SBeiter würbe in biefem (Sefefee oerfügt, «bag ba«ienige,
wo« respectu ber minberiäbrigcn 3Jiann«perfoncn Dcrorbnet wor*
ben, im gleichen f^aUe auf ba« weibliche ®efcb(ecbt oerftanben
werben fofle — ba§, wenn eine ^upiUin ficb mit einem majorennen
SDlanne oere^elicbet, bie bt« ba^in über fie gefül^rte ®erl^abf(^aft
aufhöre unb fie bi« gur erreid^ten neuen feftgeftedten
@ro§iä^rigfeit unter ber ßuratet i^re« Sl^egatten
fte^en, in jenem f^aUe, wo aber beibe (hatten noc^ nic^t grog«
jo^rig wären, einer wie ber anbere J^eil unter ber 5Di«pofition
feine« 35ormunbe« bi« nac^ bcm 24. 3a^rc üerbleiben foüe" -).
©c^on ba« Sofefinif^e ©cfe^but^ ^at im V. ^auptflüde,
*) ^ie B^ufiii^iTe be9 äheren öfletreid^ifc^en 9led^ted, bag bie ^eie^e«
(ic^ung ipso jure bie 93ogtbarfeit ;\ur golge ^abe, fmb öugerß laf^lxtidj. S)ie
SBtener grei^eiten üom 12. aWörj 1526, Codex austr. @. 490, ücrfügeii,
„bog, wo fin Jüngling ober ein 3ungfrou oor ber 3cit öer^eurotftet wuröe, foÜe
biefelbe $erfol^n, aiebalb bie in brv (S^e be^wol^uet, für oogtbar gehalten mer=
ben". 2)ie n. ö. Sanbt« orbiiiing üom 3af)re 1573 beftättgt biefe Siegel im
I.©uc^, 12. 2:itcl, §. 24, auf baö SDeutlic^fte. yia(^ bem im Codex austr. II. ©b.,
@. 187 (au(^ bei ©uttinger im tttiK^i^ugr, pag. 628) obgebrucften ©efe^e
t)om 2. %uguft 1631, mit welkem 2)ecret bie üogtbareu 3a^re für bie ^wei
oberen polttifd^en ©tänbe bcfiimmt Wiuben, foQten ^Bonner allgemein mit
22 Sauren, grauen aber mit 20 Sauren ober mit i^rer Sere^elic^ung grog-
ia^rig werben. 2)te <9er]^abfd)aft«orbnnng com 3a^re 1669 fiettte ba« ur-
f)ndtugU(^e 9led)t roieber l)tx unb oerfügte im XVI. Sitel, §. 4, ^,bag, wenn
ft(4 ein $uf)ia, äßann«- ober 9Beibd-$erf on, oor ber 9^ogtbarfett
ntttfiixäit ... fie and) ber ®er^abf(t|aft entbunben mereu''.
2) Codex austr. IH. @up^)t. ©b., @. 767.
■ • J>.'1
— 96 —
§. 87, biefe te^tere Seftimmung bed ®efe^e« Dont da^re 1753
tDteber aufgehoben; no^ biefer ©efe^edfteHe befreite bie 93erel^e^
Hebung ebenfaUd nid^t Don ber SSormunbfc^aft; fie ging aber ouc^ nic^t
Don fetbft auf ben @^egatten fiber, fonbem ed ^ing bei einer
oere^eUc^ten minberiä^rigen SBeibdperfon t)on ber Se^örbe ab,
fie unter ber Dorigen SSormunbfc^aft i^u laffen ober bie SSormunb'
fc^aft i^rem (S^egatten oufjutragen.
c) mdittxüüi beflellte ^orm unbfc^aft
üDie richterliche ober 33atiö*SSorniunbfc^aft entmicfelte fic^
in !Deutfc^Ianb int SBcfentttc^en an ber ^anb ber Steic^^tagd«
bef(i)tüffe bed 16. 3a^r^unbertd.
2)enn bei ben 9tömern ^atte bie Obrigteit nicbt fc^on
Don Slmt^megen einen Kurator ju befteüen, fonbern fie mußte
immer erft befonberd ba^u aufgeforbert n)erben ; bagegen
mürbe ed im frönfifc^en 9^eic^e fc^on früher ben öffentlichen
Beamten ^ax ftrengen $fli(^t gemacht, ftc^ ber iBitroen unb
SBaifen auj^une^men unb i^nen, n)enn fie beffen beburften, Don
äimtdmegen einen 33ormunb ju fe^en; bie 3bee eined bem ftönige
jufte^enben unb oon biefem auf alle Dbrigfeiten übertragenen
mundium fanb in S)eutfd|lanb balb Eingang, unb namentlich in
ben obbejogenen 9}ei(^dtag^befc^[üffen gelangte biefe dted^td-^
anfc^auung ^u einer reic^9gefe^lict)en ^i^irung, fo bog t)on nun
an bad Stecht ber Obrigfeit jur ^eftellung Don 3$ormünbern
Don 3(mtdn>egen auf biefe 9{eic^dtagdbefd)läffe geftu^t mürbe ^).
I)ic entfc^eibenbe ©teile aud ber 9ieform guter ^olijci
bee beutfc^en SReicfie« Dom 3a^re 1548, 2:itel 31, mit melc^er
bie 9{eic^dpo(iseiorbnung uon 1577, S^itel 32, übereinftimmt, lautet
folgenbermagen^):
„SOSiemo^l in ©emeinen befdjriebenen Siechten (Srnftlic^
bi^ponirt unb oerfe^en ift, ba§ ben Pupillen unb ^hnberia^rigen
Äinbern Don i^ren SSormünbern mit allem fjleiß unb Srnft für»
geftanben unb berfclben 92ut unb SBo^lfa^rt gefuc^t unb geför^
bert merben fod, So befinb fic^ boc^ DidmaUis, bag in fofd^en
@ac^en Don ben 3$ormünbern betrüglic^, oerfäumlic^ unb uic^t
mit bem glei«, mie fie ,^u tbun fc^ulbig, ge^anbelt »irb, ben
Pupillen unb ^{inberiA^rigen ju merf liefen '}^acbt^ei( unb ®i^a*
ben; Sienn aber nun ben Dberleiten jufteljet, in bem gebü^rlic^d unb
billtc^^Sinfe^engu I)aben, bamit bie Pupillen unb9}{inber)ä^rigenSin^
ber unnbetrogen unoernac^tl^eilt bleiben; @o loollen mir aUen unb
'; Äraut a. o. D. I, @. 278, unb 9iuborff a. a. O. I, @. 338
unb ff.
2) Corpus Constitatibnum Imperialium, bad ifi: %tit bed ^eiligen
9{ömtfd)en ^tid^^ Sluffgerit^te, 9{et(^d* unb SDeputationd-Sbfcbiebe oon graui
nriebnd^ (Sblen $erm d. Sub lern. 92egendburg 1575, vS. 1415.
— 97 —
Jcben g^urfürften, ?5ürften, ^räfatcn, (Stoffen, ^errn öon Abel
unb Somntunen ^iemit @rnft(ic^ aufferlegt unb befo^ten ^abett,
in i^ren gürfienttiumen, ^errfc^offten, JDbcrfciten unb ©cbieten
bermaffen SSorfel^ung ju t^un unb ju oerorbnen, ba§ ben $u^
piüen unb minbcrjäl^riaen ftinbern, ieberjeit, big fic gu i^rcn
SJofltbaren Sauren fontntcn, SSormünber unb JBorfte^cr, ba bic
il^nen Don i^ren SItern in Zt\iamtnUn ober legten SBiden nit
öerorbmet, ober i^re ongebornen iJreunbt unb SBertoanbten, fic^ ber
Sormunbf^aft, au« red^tmäßigen Urfat^cn nit untergiel^en »otten,
ober barju nit taugli^ ober gefc^icft mären, gegeben werben."
S)ie @inn)irfung ber rci4«gefeftlid)en ©eftimmungen auf
baö {Rec^t 5Wieberöfterrei4)« ift leitet nac^guweifen.
©ä^renb ba« ^3n«prucfer Sibeü'' be« 3a^re« 1518») unb
bie ©iener grei^eiten tjom 12. SDiärg 1526 4) faft nur ber tefta*
mentorifc^en unb gefefelic^en 3Sormunbfc^aft erroäl^nten, betonte
ft^on bie „SReform guter ^oüicei für bic fünff nieberöfterrcit^ifc^en
ganbe unb für bie ©raffd^aft ®öxi" oom 3a^re 1552 fe^r euer*
gif(^ bie 5Kot^tt)enbigfeit gefegter SSormünber.
@c^on ber Eingang be« (e^tgenannten ©efe^ed geigt beut«
U(^^), ba6 bie 9teic^«})otigeiorbnung be« 3a^re« 1548 bei beffen
Sbfaffung unmittelbar bor 9lugen geftanben ift; ferner kpirb in
biefem @efe|e auöbrüdUc^ oorgefc^rteben^), bag, „im t$aa( t^ain
Sieftamentti^ier ©er^ab, noc^ auc^ f{|ain taugli^er negfter $(uet0'
freunbt, fo ben ^upiüen ju ©ergaben oerorbnet itjerben möchte,
oor^anben, atgbann ain anber tauglich, unb im Sannbt genueg*
fom angefeffene $erfon, burc^ bie Obrigf^ait oben oermelbeten
^upiCen gu ©ergaben uerorbnet unb gefefet »erben fotl", — unb
bie ^flic^t gu biefer SSormunbf(^aft«befteüung trifft ^öurgermaiftr,
3) S)oe „3n«pru(fcr fiibeU" oom 3tt|rc 1518 ^anbcU nur oon ben Dom
$atcr nnb (SItem mit Xtflamtnt gefegten ©ergaben, bann oon ben n&ä^ftm
taugttc^fn, gefippten greunben ate (S^er^aben. ©utttnger @. 273.
*) Codex anstr., @. 490.
'0 3)tefer Eingang ber öjl. ^oligetorbnung, gol. XIX, tontet: „5öie-
190§( in gemeinen gefci^riebenen "Sttd^tm emftltc^ oerfe^en unb georbnet i%
bog ben $uptQen unb aßinberjä^rigen j^^inbern oon i^ren iBormünbern unb ®er«
^abcn mit aQem oleig unb traft fürgeflanben unb berfetben 9^u^ unb mot^
fart gefue^t unb geförbert merben foOe, @o f§umbt un6 bot^ in oi( wecg
glaublichen für, bag in fold^en fdi^en, oon oileu 9$ormünbern unb ®er^oben
oerfeumblt^i Sltgennü^tg auc^ mot etroa betrügUc^ unb nit mit bem oleig
anb emfl, wie @^ gu t|uen f(^u(big. ge^anbett »erben foCle, alle« ju mert«
üi^en na^t^eil unb fc^aben ber $upitten nnb SD^inberia^rigen ; bieweil aber
und al« (S^rifUtd^em j^^üntg unb 9}egterenben Sanbtfflrflen in (Srafft unfered
ttagtnben 9mbt« sufleen unb ge))ürn roill, hierin %tpüxüd^ einfe^en )uet(un
nnb Orbnung ffirjunemen, bamit biefer groffe manget abgeflett unb bie $u«
{»illen unb äRinb er jährigen j^^inber nnoernac^teilt bleiben, @o <Se^en, Drbnen
nnb tooflen mir, bag e« nun ^tnfür mit ber Sormunbfc^afft unb ©er^ab«
ff^afft ber SRinberiä^rigen nac^folgenber SD^agen gehalten werben foQe/'
6) ebenbo, gol. XIXv unb XX.
(£^9rinlf9, Sfierr. Qormnnbfc^aftflrec^t. 7
— 98 -
9{t(^tec unb 9iat in ©tctten unb äRärfliten, bie ©runbtobrigf^eit
unb ®eri(^t9^errn auf bem Sanbe unb ben Sanbrnarfc^aU in
Defterreic^ unter ber @nnd rüdfic^tßc^ ber ^upiOen ber Sanbleutl^''.
Sbenfo beftimmte bie ®er^abf(^Qft^rbnung bed Sa^red
1669 7), „ba§v roenn bnxd^ 3:eftainent ober (e^ten SBiUen feine
©ergaben gefegt, nod^ gefi))pte fjreunb Dortianben, benen bie ®er^
l^abfc^afft gufiete, ober biefelben untauglich ober außer Sanbtd
iDären, ein j[ebn)ebe nad^gefet^te] Dbrigfait^ ber ber ^uptden 93atter
untern)orfen geroefen, folcbe $u))iQen, alfobalb fie ^ieoon 9{a(^«
ric^tung erlangt, mit tauglichen ©ergaben }u oerfe^en unb im ^^alle
einer ober ber anbere abftirbt, auff Slnjeige be§ Überlebenben
SJlitger^aben, ober ba {einer oorl^anben »are, alfobalb ex officio
ben aibgang gu crfeften fc^utbig fei**, — ,,bag ferner®) bie ge=*
melbte Siauglic^teit ber ©ergaben bartn befte^e, bag ed etjrlic^,
oerftänbig, ®en)iffen^afft — unb ba e6 anberft füglich fe^n fann,
ocrmöglic^« unb angefeffene SUiänner, aud^ ber Obrigfeit, meiere
fie oerorbnet, »enigft ber ®erl)abfd^afft l^alber untermorffen fe^en,
unb ba fie fonften einer anbern 3nftQnft untergeben, fic^ berfelben
bifefaü« oerjei^en".
(£ine eigent{)ümlict)e ®eftatt na^m bie richterliche tBormunb*
fc^aftdbeftellung in allen ienen fräßen au, in meieren bid jum
16. 3a^rf|unberte bie ®runb^erren ober bie Dbrigfeiten in ben
©täbten unb SDlärften bie 3lbminiftration ber 93ormunbf(^aft felbft
oerfe^en Ratten, eine Sl^atfac^e, auf n^elc^e n)ir fc^on oben, aU
xoix oon ber Oberoorntuubfc^aft ge^anbelt, ^ingeföiefen baben.
SQSir ^aben bamald fd^on gefe^en, bag uoc^ im 17. 3a^r«
l^unberte bie Dbrigteit ald ®er^ab galt, mnn fie feine ©ergaben
fe^te ; toiv ^aben bomal^ auc^ f ci^on oon einer unmittelbaren obrig-
fritlid^en 9lbminiftration bed SQSaifenoermögend gefproc^en, meiere
ber ^Sanbt^brauc^'' überliefert ^atte, unb ed fc^eint bemnac^ bie
SBirtung ber 9{eic(d)n)Iiseiorbnungen unb ber benfelben nac^ge«
folgten 8anbe«ge|e^c in ©ejie^ung auf biefe ©er^abfc^aften barin
beftanben gu I)aben, ba§ oon nun an bie unmittelbare obrigfeit«
lic^e ^bminiftration aufhören unb t^bergeit bie ^efteUung eined
9Sormunbed eintreten follte.
SS3äl|renb bemnac^ bei ben oberen ©tanben bie 9{eucrung
eben barin beftanb, bag nic^t blod burc^ S^eftament unb 93er^
loanbtfc^aft, fonbern bei älbgang biefer £)etation$grünbe immer
unb auöna^m^lo« burc^ ben {Richter bie SSormünber berufen werben
foüten, manifeftirte fic^ bie Steuerung bei ben nieberen ©täuben
barin, bag an ©teile ber unmittelbaren Seoormunbung burd^ bie
Dbrigfeit bie Srnennung eine« SSormunbe« treten foHte.
") ©er^abfc^oftöorbnimg Dom 3a§te 1669, IV. Stttel, §. 1.
®) ebcnbo, §. 2.
— 99 —
(Sd mürbe bemnoc^, um ber ©ac^e eine anbere ©eite ob^
gugeiDinnen, bei ben oberen ©tönben ein aMgemeiner britter
S)e(ation9grunb ber SSormunbfc^Qft gefdiaffen, mä^renb bei ben
nieberen (SefeQfc^aft^ctaffen bie i>aixt)*Znttl eben oideid^t erft ein«
geführt tpurbe, bejtefettngdweife gleid^^^tig mit ber teftaraentarifc^en
mib ber gefe^Ii^en Zntti Eingang fanb.
^M biefem Umftanbe erflärt ed \x6) au(^ (eic^t, ba§ bie
rid^tertic^e SSormunbft^oftdbefteQung, namentlich bei ben Unter»
tränen, bie onberen !£)eIationdgrünbe in ben ^intergrunb bröngte;
immer mar ia, mie mir tf^tU^ fc^on gefe^en ^aben, tt|ei(d feigen
merben, bie mefentlic^e l^eitung bed 3$ormunbfc^aft<)mefenö bei ben
!SDominien geblieben; ed mar ba^er auc^ begreiflich, bag bad Stecht
ber tutoris datio Don i^nen freier unb ungei)inberter geübt mürbe
a(d bei ben oberen @tanben.
(S« ift bemnac!) auc^ fe^r erflärlic^, baß ® r ene f ^) — nac^bem
er bad SRec^t aller öfterreic^ifc^en @tönbe bargefteUt l^at unb auf
bie 93er{affenfc^aftdab^anb(ung unb bie 33ormunbfc^aft am Sanbe
bei ben untertfjänigen ^erfonen übergebt — lebiglic^ ber ICatio*
Sutet @rma^nung mai$t unb ber teftamentarifc^en unb ber oer«
manbtf(^aftlic^en SSormunbfc^aft na^eju gar ntc^t gebeult.
Uebrigenö mußte au(^ bie obrigfeitlicfte Gonfirmation fämmt*
tiefer SSormünber bain oiet beitragen, bag jeber 93ormunb al^
me^r ober minber unmittelbar oon bem SRic^ter berufen angefe^en
mürbe, mad fic^ fel^r leicht baroud ertlärt, baß ber 9iic^ter au^
triftigen @rünben fomol)! ben teftamentarifc^ al^ ben gefegtic^
berufenen Sormunb übergeben unb fe(bft befeitigen unb einen an«
beren SSormunb fe^en fonnte.
©0 fc^reibt ba^er SSoffiuö^^); „Omnis tutela a magi-
stratu defertur, quia ante delationem se tutelae immiscere
prohibitum est*'; 0. ©annija^^), ber biefe Slnfc^auung jmar
ate unrichtig bejeic^net, betont bennoc^ anbererfettd bie borjugd«
meife Sebeutung ber !6atit)^S:ute(, meiere aud ber oberften 93or^
munbfc^aft ber dürften unb iißagiftrate ftammt, (raft beren fie
ermächtigt ftnb, oertrag«imögige, gefe^(ic^e unb teftamentarift^e
Sßormünber ju übergel^en unb anbere tauglichere an beren ©teÖe
iu fe^en, unb !£)onner^^) mid ba^ Sieftament bed ßrbtafferd
unb bie äSermanbtfc^aft gar nur me^r ato 93ermutl^ungen gelten
laffen, meiere ben 9{icJ^ter beftimmen, lieber auf biefe a(6 auf
onbere ^erfonen ju greifen.
8luc^ bie (Sntmidelung ber öfterreic^ifi^en @efe^gebung ift
^) ©renet o. o. £)., @. 273 unb 283.
»0) »offitt« a. 0. D., @. 278.
") Sannisa a. a. £)., @. 53.
") 3) n n c r I, @. 9.
7*
— 100 —
immer bem einen 3^9^ 9^fol9t, bie !DatiD«!£ute( ftetd me^r
unb me^r aud}ubi(ben.
@o mußten fc^on bie ®efe^e Dom 2. Sluguft 1631 unb
üom 10. 92oDember 1634^^), meiere bie 93erger^abung unb SSer«
forgung ber ^upiQen ber oberen @tänbe in^befonbere betrafen,
ber !DQtik)«S;ute( ein Uebergen)i(j^t einräumen, ba Don nun an für
bie ^upiUen ber oberen @tänbe in feinem f^ade unfat^otifc^e
®er^aben belaffen merben foQten.
> iflo(b beutUc^er entwidette fic^ bie ^ebeutung ber ^atio«
Stute! in ber „9{eformation ber *ißupi(ten Siait Samer ber @tabt
SBien Dom 29. 9lpri( ITlö'^i^), mit tt)elc^em ®efe^e angeorbnet
iDurbe, bag felbfl ben (SItern in iebem ($aQe, toenn aud^ benfelben
ex lege bie Sormunbfc^aft gebührt, taugliche äJtitger^aben unb
nebenbei in aQen Rotten, in benen ed auf Slbfertigung ber über«
lebenben @Uern anlommt, m(b augerbem nod^ gur 9b^anb(ung
gefc^idte unb too^Ierfa^rene Curatores ad actum befteUt n>er^
ben foUen, unb übereinftimmenb ^iemtt berietet ®renef, bag
ottgemein fetbft bem übertebenben 93ater nac^ bem Sanbedgebrauc^e
ein 3Kitger^abe Dom Stic^ter beigegeben ju n)erben pflegte, bamit
bie ®eba^rung bed ÜBaterd bie entfprec^enbe 6ontro(e ^abe.
@0 fann und bemnac^ auc^ burc^aud nic^t me^r munbern,
loenn im 3ofefinif(^en (Sefe^buc^e bie T)atiD«!£ute( an ^ebeutung
aOe anberen ^etattondgrünbe überragte.
3m ®efe(e felbft mirb groar freiließ noi^ an bem ©runbfa^e
feftge^alten, bog bie ©eric^te nur bann ben SBaifen 93ormünber
befteUen foüen, menn meber ein (e^tmidiger S3ormunb noc^ ein
Xnoerroanbter Dor^anben ift^^); a((eiu bad (äeric^t ^atte burc^^
aud nic^t bie ^erbinbUc^feit, erft lange gu erfunben, mv benn
ber näc^fte SSerroanbte fei; metbete fic^ innerhalb ber erften oier«'
ge^n Stage fein SSerroanbter, fo fonnte ed a(0balb jur ^eftettung
eined t$remben an ©teüe bed 93ern)anoten fc^reiten, ber nur eine
9lec(amationdfrtft k)on einem 3a^re ^atte, nac^ beffen 9[b(auf aber
iet)en Snfprud^ auf bie Sormunbfc^aft Derloren ^atte, fo jmar,
bag fte i^m auc^ fpäter rotber feinen Saiden aufgetragen, oon
i^m aber nic^t me^r gegen ben SBiQen bed gefegten Sormunbed
begehrt »erben fonnte.
'Die (Sntmidelung unb Rudbilbung ber 3)atio-£ute{ mugte
begreiflic^ermeife bad 93ormunbf(^aftdn)efen Don @runb aud
umgeftalten. 2Bar früher atted ©emid^t barauf ju (egen, bog ber
SSermanbte, »elc^er }ur SSormunbfd^aft berufen mürbe, möglic^ft
angefeffen unb oermöglic^ fei, bag er nac^ !!t^un(ic^feit Kaution
") Codex anstr. 11, @. 187.
1*) @tabt SStener ^uj^tllen Statt (Samer St^formatton , Codex austr.,
I. @uppl. ©b., @. 787.
^^) 3o{eftntf4e« ^cfe^buc^, V. ^auptpücf, §. 22.
I
— 101 —
(eifte, fur;^, ba6 in feinem Sßertnögen ^inreic^enbe ©ic^etftedung
für etwaige Slnfprüc^e bed äRünbeto gefunben werben lönne, fo
mugte )\(Sf bie ©oc^e balb umgeftohen, nac^bem allgemein bie
richterliche 33Drmunbf(^aftdbefteUung angeorbnet »orben mar.
93on biefem Slugrnblide an trat bie $f(i(^t jur Ueberna^me
ber 9Sormunbf4aft in erfter l^inie ^eroor; oon biefem Slugenbticfe
an mnite man don manchen (Srforberniffen ber SSormiinber ab«
fe^en; man mugte namentlich auf bie Hoffnung oer^ic^ten, mög^
tic^ft begüterte unb angefeffene ^erfonen }um oormunbfc^aftdc^en
amte ^erangegogen }u fe^en^ ba eine fo große ^?enge oermög^
tiefer ^erfonen gar nic^t ^ötte gefunben werben fönnen.
9Son ba an mugte man auc^ nac^ anberen (Sic^erfteÜung^^
mittetn ber SQSaifen Umfd^au galten, wetd^e bie Kaution bed $or«
munbeö unb bad bei oermögen^Iofen Sßormünbern natärtic^er«
weife wertt|(ofe ftiUfc^weigcnbe ^fanbrec^t bed iDtünbeld am
Semlögen bed 93ormunbed erfe^en tonnten; unb ba bie Sa^(
bed 93ormunbed burc^ ba« ®eri(^t biefed für bie getroffene Sa^(
oerantwortticb machte, fo war e<» fel)r natürüc^, bag bie 9Ser»
mogendnerwattung bed S3ormunbed immer me^r eingeengt ftetd
me^r an bie Dormunbfc^aftdbe^örbüc^e Genehmigung gehtüpft
würbe, unb baß bie 9}e(^nungd(egung be^ 93orraunbed an bie
Dbrigfeit ben äRangel einer SRealcaution moglic^ft erfegen foQte.
93on felbft fc^tog fic^ an biefe geiünberte S3ermögen^Derwa(«
tnng bie weitere (Sonfequeng an, bag bad 93ormunbfc^aft«geric^t
mögiidjft beftrebt fein mu§te, oon jeber @ubfibiarbaftuna befreit
}u fein^ bag ed oon nun an nic^t me^r ben ^upiüen überlaffen
werben fonnte, etwaige 9lnfprüc^e an ben S^ormunb noc^ geen«
betet SBormunbfc^aft mit ber actio tutelae geltenb ju machen,
fonbern ha% bie Dbrigteit oon felbft JBebac^t nehmen mugte,
burc^ eine weitge^enbe ^räoentioiufti} jeben ®runb einer tutelae
actio abjufc^neiben unb bem großiö^rig geworbenen SBaifen ein
Xbfotutorium abjuforbern.
üDiefe 9(enberungen bed alten 93ormunbfc^aft«Wefend ergaben
fid^ mit um fo größerer 9lot^wenbigteit, a(d bie 93ormunbfc^aftd^
be^örbe mit ber ©ubfibiartlage belangt werben burfte, unb ba ein
(Stfa^anfpruc^ jxn biefe ®e^örbe oielfac^ eoentued auc^ ben @taatd«
fc^a^ treffen tonnte, fo war ed begreiflich, baß auc^ bie Slbferti«
gung ber großjährig geworbenen S^aifen ntc^t me^r ^rioatange^
(egen^ett ber (enteren blieb, fonbern baß ber @taat felbft ein
unmittelbare^ dntereffe baran ^atte, baß fo oiel wie möglich burc^
eine 93er}i(^tdertlarung be« abgefertigten SDtünbeld jebweber eoen«
tueUe Slnfpruc^ an bie SBormunbfc^aftdbe^örbe abgefc^nitten würbe.
Srgab e« fic^ ald entließe gonfequeuK ber gefammten 3luf«
faffung, baß bie Oberoormunbfc^aft im 9lügemeineu fic^ felbft
mit ben tleinen 91bminiftration«angelegen^eiten immer me^r unb
i
— 102 —
me^r befaffen tnugte, fo loar ed bann auc^ natürlicb, bog bie
93orinunbf(^aftdQbniiniftration bei ben Untert(|anen, loelc^e immer
me^r ober meniger in ben ^önben ber ©runbobrtgteit gelegen
Ijatte, otö Sorbilb be^ gefammten SSormunbfc^aft^roefend aufge*
faßt tDurbe, unb bag bie @ntn)i(fe(ung biefed SRec^tdinftitute« in
9lieberofterret(^ ba^in graoitirte, bad äbertieferte 9le(^t ber
Untert^anen auf bie oberen ©tanbe au9)ube^nen.
@o liegt bemnac^ nal^egu ber gefammte @(^(üffe( jur Sr«
{(arung ber (Sntmidetung bed öfterreic^ifc^en 93ormunbfc^aftd^
roefend in ber non und betrachteten $eriobe in ber HudbiCbung
ber ^ebeutung ber Oberoormunbfc^aft unb ber aM berfe(ben ab^
geleiteten iDatio^Xutel , eine Semerfung, auf n)e((^e mx nod)
öfter i^urüdfommen »erben.
2. jiusfäitie%nn^s^xünh€f fMinfMons^tünhe^ $txt\t «« bie lUlfete
iffR^t unb um das itdfetr SKe^t iitr '^oxmunbfd^tift
Sereitd in einem früheren 9luffa^e^ ald mir don bem 3Sor^
munbe im 9l((gemeinen ^anbetten, ^aben mir bie @rünbe bärge«
ftedt, n)e((^e abfolut unb unbebingt bie Unfö^igteit ^um Dor«
munbfc^aftlic^en 8[mte }ur ^o(ge ^aben.
a^ gibt aber ^erfonen, meiere, ungeachtet i^rer JBef&^igung
}ur Uebernotime einer SSormunbfc^aft, in abstracto, bennoc^ p
einer beftiinmten 93ormunbfc^aft nic^t )uge(a[fen merben foUen,
unb anbererfeitd fannte man ftetd ©rflnbe, meiere ed geftatteten,
fei ed eine beftimmte, fei ed a((e SSormunbfc^aften o^ne Unterfc^ieb
abgule^nen.
äJIan ^at bie (e^tbe^eic^neten ®rünbe, nac^ bem 9Sorbi(be be«
rdmif(^en 9?f(^ted, mit bem tarnen (S^cufationdgrünbe bejeic^net,
t)ielfa4 aber auc^ bie eigentlichen relatioen 9(u0fc^Uegungdgrünbe
unter ben gleichen 93egriff fubfumirt unb fobonn t)on excusa-
tiones necessariae; oon not^koenbigen Sntfc^utbigungdgrunben,
im ©egenfo^e ju ben excusationes voluntariae^ ben freiroiUigen
(Sntfc^ulbigungdgrünben, gef))roc^en; ^u biefer ®lei(^fteUung i^meier
an unb für fic^ heterogener Segriffe mag h)o^( ber Umftanb oiet
beigetragen t^ahtn, bag bie excusationes necessariae nic^t blöd
bem SRic^ter bad 9Iec^t gaben, ben betreffenben ^Berufenen oon ber
Ueberna^me unb felbft oon ber t^ortfü^rung bed 9[mted audju«
fc^tie^en, fonbern bag auc^ ber berufene biefe not^menbigen
(Sntfc^ulbigungdgrünbe gleich ben freimidigen ^erbeijieben tonnte,
um mit Srfolg bie Berufung }um oormunbfc^aftlic^en Stmte
ab}u(e^nen.
3n S)eutfdli(anb ^at, nad^ ftraut, ber ©runbfa^ bee rdmi«
fc^en 9{e(^ted allgemeine ®ettung erlangt, ha^ 3eber, melier )ur
SSormunbfc^aft berufen mirb, biefelbe }u übernehmen Derpflic^tet
ift, menn er nic^t entmeber ba)u überl^aupt unfähig ift, ober »enn
— 103 -
er ni(!^t gefe|tic^e (Sntfc^utbigungdgrünbe Doqufc^iigen oermag;
ate (Sntfc^ulbigungdgrünbe tourben gemeinrec^Kic^ — »ieiDO^I
mit mannigfachen SDIobificationen — btefelben anerfannt, totid^t
bo« römifc^e Siedet oufgefleUt ^atte. !Doc^ fonb auc^ fc^on ttü^'
zeitig in S)eutf41anb bie 9{eget Singang, bag bei ber Seurt^ei^
lung ber 6nt[4ulbigung<$gränbe nic^t fo fe^r auf bie 93orf(^riften
M r5mi)d^en {Rec^ted, ald auf bie 8efd^affen^eit ber Umft&nbe
}U fe^en fei^), unb e9 tann und bie 93erbrettung biefer 9lege(
untfotoeniger SSunber ne^men^ aU bie 9tei(^dgefe^e bed 16. 3a^r«
^unbertd nic^t nur ben ©eric^ten gan} aQgemein anbefohlen l^au
ten, für bie ^oormunbung föntmttic^er minberjiö^riger ^erfonen
@orge ^u tragen, fonbern auc^ indbefonbere bie Ütot^menbigleit
ber rid^tertic^en Konfirmation atter ^ormänber, bie arbitröre
@en>a(t ber 9ii(^ter, bie Sä^igleit }um Dormunbfc^aftlid^en '2lrate
}U beurt^eilen, »efentlid^ fteigern mugte.
gür 92ieber5fterrei(^ mirb man bie ^emerfung ooraudfenben
muffen, ban btd )um Srf (feinen ber ©erbabfc^oftdorbnung Dom
18. f^ebruar 1669 bie OueQen meift nur im allgemeinen Don
ber 9{ot^n?enbigteit ^anbeln, taugliche S3ormünber }u berufen, ha%
regelmäßig bie Uebema^me ber ä$ormunbfc^aft eine Sßfli^t bed
berufenen fei, unb bog nur re(!^tmägige Sntfd^ulbigungdgrünbe
)n einer 9(b(e^nung berechtigen; bagegen ^aben ed biefe alteren
Stec^tdqueUen meift oermieben, fpedeß bie uot^menbigen unb frei^
miHigen @ntfcl|ulbigungdgrünbe aufjuga^Ien, unb nur gelegen^eit>
(ic^ tourbe auf einjetne fünfte oern^iefen, meiere einer befonberen
S^ftfe^ung beburftig erfc^ienen; namentlich gab fic^ bad Sät*
fhreben in biefen QueUen funb, bie S^cufationdgrünbe eingu«
fc^rönten, um bie Verpflichtung jur Ueberna^me bed Dormunb*
fc|aftli(^en 9mted nic^t burc^ aU}ugrote 9lu9na^me ju fe^r ju
burc^brec^en.
SD^an mfirbe ba^er offenbar fe^tge^en, menn man burc^ bie
allgemeine SSerloeifung ber öfteren SRed()tdquetten auf bie ^ergebrac^«»
ten 9udf4tif§ung«« unb (Entfc^ulbigungdgrünbe fic^ fofort }u ber
Snna^me entfc^Iiegen »oQte, a(d feien fftmmt(i(^e Seftimmungen
betf ramifc^en 9iec^te9 recipirt morben, loelc^e benn boc^ in fo
Dieten JBejie^ungen ald antiquirt angefe^en merben mußten ^).
IDae 3nndbruder SibeQ^) oom 3a^re 1518 gebeult im m^
gemeinen nur ber 93erger^abung ber Ainber mit ben näc^ften
tauglichen, gefippten, unoerb&c^tigen ^reunben. S)ie SSie«
ner ^rei^eiten oom 12. SDtär) 1526^) fc^reiben oor, baß, «ivo
11
1) ftrant a. a. O. I, €^. 242; 9tubor f f a. a. O. U, @. 16.
') 2)te Se^re be< rOtnifc^en 9(ec^te« fiber Ible^mmg ber SSormunb«
f^aft fte^ 92 tt b r f f, n. »b., @. 1—210.
3) ^utttnger, pag. 278.
«) Codex ftnstr. II, @. 490.
— 104 —
btc jEefiament nic^t ©ergaben begreiffen, ober fein Xeftament Dor
äugen iDär, aMbattn bit, fo nad^ ber Orbnung ber {Rekten, fo
fern fie bargu geft^idt unb taugt ic^, gu folc^er ®er^ab«
fdliofft berufft unb bie ungebogten ftinber auf bad befte oerfe^en
iDerben foQen^ bamtt in ber ©er^abf^afft nid^td gu 9la4t^eU
ge^anbtet" — unb bie ,,$oUiceQorbnung für bie fünff nieberöfter«
reic^ifc^en Sanbe unb bie ©rafffc^afft ®örg Dom 3a^re 1552'' ^)
beftimmte enblic^ rüdfic^tlic^ ber gefeilteren äJormunbfc^aft, ba|
bie Signaten, nur menn {te untauglich finb ober genug«
fame Urfac^en ber ßntfc^ulbigung ^aben, fic^ ber S3or«
niuub|((aft entfc^tagen fönnen^ unb rüifficrtli^ ber ^atio^S^utel,
ba§ biefe 93ormunber ^tauglic^e unb im Sannbt genueg«
fam angefeffene $er fönen" fein foOen.
2:ro^ biefer int ©angen btod im SiUgemeinen angebeuteten
älu^fc^Iiegungd«, begiebung^meife (Sntfc^ulbigung^grünbe , finben
fic^ bennoc^ in ben ber ©er^abfc^aftdorbnung oom 18. Februar
1669 Dorange^enben iRec^t^queUen me^rfac^e ©teilen, toelc^e ein«
gelne StudfcbUegungd', begie^ungdmeife Sntfc^ulbigung^grünbe,
fpeciell ^eroor^eben.
©0 ermähnt ft^on ©uttinger^), ^o§ bie dt Ö. SRegie*
rung per Seot. publ. ben 8. 9pr. Ad. 1521 befc^loffen ^abe,
»ba| ©er^ab ber nit^t fe^n lann, fo ©pruc^ gu feiner Pupillen
©ut l^at'' — unb bie „^oUice^orbnung be« 3a^red 1552" ift
fic^tlid^ bemüht getoefen, bie S^ragmeite biefe« überlieferten 9}ecrt0'
fa^e« entfpre^enb gu beftimmen.
yiadi biefem ©efe^e^) foll nämlic^ nur bem nac^ften f^reunb
bie SSormunbfc^oft nit^t auferlegt n)erbeu, roenn berfelbe gu
bed Pupillen ganger (Srbf^aft unb ®ut felbft ^orberung unb
Slnfpruc^ f^atU, mogegen für ben ^aü, bog ein Sgnat nur gu
einem S^^eil bed Pupillen ®ut Slnfpruc^ ^atte, nur ein curator
in litem, um bie ©ac^e gegen ben ©erj^aben audgufü^ren, beftellt
unb ber ©er^ab aM biefem ©runbe ntc^t entfc^ulbigt fein foQ.
«3n gleicher ffieife — öerfugtc ba«felbe ©efefe^) — folle e« ge*
lalten merben, menn ein ©er^ab Don ber Oberf^eit gu grogen
ttmbtern unb fernerer 9}aig fürgenommen mürbe" — o^ne jebod^
in biefer ©teile beftimmt audgufpre^en, ob biefe ©rünbe b(o§e
freimiGige (Sntfd^ulbigung^grünbe ober äludfd^liegung^^urfa^en
fein follen.
analog Ratten bie oben begogenen SBiener ^rei^eiten be«
da^red 1526^) beftimmt Mi fein ^erfon in bem ©tabtrat^ feine
^) ^oltgriorbnung be« 3a^re« 1552, gol. XlXv. unb XX.
•) @ u 1 1 1 n fl e r, @. 279.
7) Voligeiorbnmtg oom 3a(re 1552, gol. XIXy.
•) (Sbenba.
ö) Codex austr. II, (g. 490.
— 105 —
®er^abf4Qft annehmen noc^ oertDalten foße — n>et( bie ©tabt«
r&t^e bte)enigen fein foQen, bie ob ben ©er^abfc^aften finb ; unb
nur ber 93atet* in feinem S^eftamente burfte oud^ einen ©tabtrat^
gnm 93orinunbe ernennen".
Sltö ein eigentlicher (S^cufationdgrunb n)urbe in ber $o(i}ei«
orbnung bed Sa^red 1552 ^o) noc^ angeführt, bag, „»o auc^ ainem
Agnaten ober negftem t^teunbt me^r ald aine feinet abgeftorbenen
^reunbtö ©er^abfc^afften ottfertegt morben, alfo bog Qv jtt)o,
bre^ ober mel^r Oer^abfc^afften ber ©ippfci^afft falber oerfe^en
mueffte unb eben benfelben ©er^abfciiofften aUen one fonbern
9}ac^t^eil, @(^aben unb Derfäumbnug ben ^upiQen ntc^t ftatUdien
Dorfein noc^ bie Derric^ten lönnte, aigbann bie Pupillen unb
SDIinberiarigen burcb bie Obrif^eiten mit anbern tauglichen unb
oertrauten ferfonen, ob g(ei(4tt)0^( bie ben ^upitlen nic^t ge^
frcunbt fein,nac^ notturfftoerfc^en werben foöen"; — ferner rourbe
in eben tiefem ®efefee*') bem SJormunbe öerboten, feine "ißflege*
toc^ter fe(bft jur (S^e ju nehmen, unb ba ouc^ bereite im römi«
fc^en 9{ec^te bie S^e bie Ueberna^me ber ^ormunbfc^aft ^inberte^
be^ie^ung^meife einen ^aü ber excusatio voluntaria unb neces-
Baria bilbete, fo bürfte nic^t gu jtt)etfe(n fein, bag bad ®efe^ bt9
3a^re« 1552 bie JRecbtßregcI be« römifd^en ^i^i^M betraf tigen
KDoUte. 3n gleicher 9S$eife mürben bie ©tiefoäter in biefem ®e«
fe^e au^brüdlic^ ou^gefc^toffen.
92t(^t indbefonbere au^gefproc^en, mo^I aber bem ort^o«
bo^cen, ftreng fat^olifc^en ®eifte ber ©efe^gebung entfprec^enb
mar ber ©runbfafe, bog nur tatf|oUfc^e SSormünber für fat^oUfc^e
^upiUen, ja fpöter fogar für afatl^olifc^ «^ c^riftUc^e ^upiQen be^
fteßt merben foHen.
3ln unb für fic^ mürbe fic^ biefe 9{egel fc^on au« ber $o«
ligeiorbnung bed 3a^re9 1552 ergeben, monac^ bie 93ormünber
anfänglich unb oor allen !£)ingen bie ^upitlen „in ber 6er unb
^urc^t ®otted in ber ^eiligen g^rifUic^en 9?e(igion erjie^en
foßen* *^) ; noc^ me^r aber fprec^en biefen Orunbfa^ jene (Sefefee
aud, melc^e^ nac^ ber Sludbreitung ber ©(aubendfpattung auf
Oefterreic^, ben 3^^^ t)erfo(gten, ben Sbfatl ber ^upiüen oom
magren ®lauben nic^t nur gu oerl^inbern, fonbern felbft otat^o^
(ifc^e SKünbel }ur lat^oüfc^en ftird^e jurüd^ufü^ren.
ÜDie ©orgfalt ber 9Iegierung ^at fic^ biedfadd in mieber«
Soften ©efefeen öom 2. äuguft 1631 — repetirt am 10. ^)Jo*
oember 1634 1«) — unb oom 28. »uguft 1664 ^*) au^gefproc^en,
^^ $oItgeiorbnung oom 3a(Te 1562, gol. XIXy.
'«) igbenDa, gol. XXin unb XXIIlv.
») ebenbo, gof. XX.
») Codex austr. II, @. 187.
H) Codex austr. 11, e. 188.
— 106 —
meiere bie 93erfetibung ber afat^o(tf{^en $u))itlen ber oberen @tänbe
Qu§er Sanbed verboten, begie^ung^meife unter bie ftrengfte Suf«
fic^t (teilten, mtb nantenttid) bie SBerger^abung mit afat^oltf^en
©erhoben ftrenge unterfagten, unb bie n. ö. 9legierung ^at im 3a^re
1656 in einem fpededen (^aUe befc^toffen ^^), bog felbft rficffic^ttic^
QfQt^oUf(^er ^upiUen, ^»enn man jmei Sat^oltfc^e Sormünber
nic^t l^aben fönne, bem (£at^oIif(4en ißormunbe bie Sbucotion bed
^upiQen aufgetragen merben fode, unb bai nur megen be^ ®\xt^
ein unfor^oUfc^er 93ormunb beftedt merben bürfe".
S^a| 3uben don ber 93ormunbf(^aft über S^riften doQ«
fommen au^gefc^loffen koaren, oerfte^t fic^ nac^ ber principtengetreuen
Haltung ber ©efe^gebung in biefer t^rage n)o|{ oon fetbft, fo
bog ed und ni^t befremben barf, biefen ®runbfa| nic^t erft fpecieff
au9gefprod)en p finben.
^a« bidl^er ®efagte erfc^öpft üotffommen ben 3n^a{t ber
ber ©erl^abfc^oftdorbnung bed 3a^red 1669 ooraudge^enben
9?ed}tdqueQen in biefem fünfte. X^it äugerft bürftige Literatur, bie
und aud biefer ^eriobe }U ®ebote fte^t, reicht auc^ nic^t ju, um
irgenbn)e((^e nähere detail« bed geltenben JRetftte« ^Wieberöfter*
reitfiö fid)erj«ftenen.
Um fo grögere Seac^tung oerbient bemgemag bie ©er^ab»
fc^aftöorbnung be<* 3a^re« 1669 felbft, beren tt)efcntß(^fte» ©tre-«
ben in biefer 3Raterie bed S3ormunbfc^oftdrec^ted fomo^I toit
in anberen fünften ba^inging, bem ramifd^en Siechte, rä({fi(bttt(^
ben für bie bamalige ^eit poffenben Seftimmungen bedfelben,
©efefeeöfraft gu »erleiden. .
9lu(^ biefed ©efeg betonte gmar an mehreren ©teilen lebig^
lid) im allgemeinen bie 92Qt^kDenbigfeit, taugliche 93ormünber gu
beftcUen; auc^ biefed ®efe^ mar beftrebt, bie 2!aug(ic^teit ber ge«
rici^tti(4 befteUten SSormünber ba^in gu beftimmen, „bag ed e^r«
lic^, Derftänbig, ®emiffen^afft unb ba e($ anberft füglic^ fein
tann, oermöglic^ unb angefeffene Sßönner, auc^ ber Obrigfeit^
meiere fie oerorbnet, menigft ber ©er^abfc^oft falber unter«
morfeu feien" ^®) — o^ne bie a[u«f(^tiegung«grünbe getrennt Don
ben (S^cufationdgrünben aufgug&^Ien ; bennoc^ aber lagt fid^ ein fQ«
ftemifirenbed @treben biefed ©efefeed nic^t oerfennen, inbem ein
jeigencr 2:itel ben Sntf(^ulbigungdgrünben gemibmet ift, in totU
c^em mtlt 8Iudfc^Iiegungd^ unb (Sntfc^ulbigungdgrünbe aufgejA^tt
merben.
3nbem e« un« om beften fdjeint, in biefer SRaterie ber
Segalorbnung bed ®efe^ed gu folgen, moUen mir gleich am Sbt^
'*) @ u 1 1 1 n g e r, pag. 867 unb 870.
'•) ®er^abf(^Q|t«otbnung oom 18. gcbruor 1669, IV. Xittl §. 2.
— 107 —
ginne ^eroor^eben, bag bte (S^cufation^grünbe in biefein ©efe^e
nac^ beffen audbrüdüc^er Slnorbnung nic^t to^atiD, fonbern be«
monftratio aufge}ä^(t werben ^^).
1- Sttf'^P verfügte bie ©erl^abfc^oft^orbnung ^% baß ^Uie»
nigen rec^tntögtg entfc^utbigt fein foUen, totidft bereite ein ^o^e«
alter (©ec^jtg 3a^re) erreicht ^aben, ober tocl^e mit
fteter Seibe^fc^n^ac^^eit behaftet finb; ed braucht }u bie*
fem (Srunbe n)0^( nur erinnert ju werben, bag eine in ^olge
alter« ober Sronf^eit gune^menbe Untauglic^Ieit ben 9iic^ter be«
ftimmen lonnte, t>m berufenen, rüdfic^tlid^ ^efteUten, and) totber
feinen föiUen t)on ber SIntretung ober (Fortführung ber 9Sormunb'
f(^aft au9juf(^(iegen, unb bag e« im ©eifte bed ®efe^ed gelegen
gewefen fein bürfte, bem atten ober franfen ^ormunbe ba« Stecht
einzuräumen, fic^ nid)t blo« oon ber Ueberna^me neuer, fonbern
aucb ^on ber {Fortführung bereite übernommener 93ormunbf(^Qften
ju entf(^u(bigen.
2. !Den {Weiten (Sntfc^u(btgungdgrunb bi(bete eine älr«
mut^, welche ed bem berufenen SSormunbe nid^t n)ob( möglich
machte, fic^ mit fremben ©efc^öften gu betaben*^); biefer offenbar
au9 bem römifc^en 9?ec^te entnommene ©runb^^) fc^eint inbeffen
einem weiteren ricbterlic^en (Srmeffen (Spielraum gelaffen gu l^a^
ben, weit ja — wie wir fpäter fe^en werben — bao ©treben
in ber ®er^abfc^aft«orbnung fc^on bal^in ging, bie 3<^^( ^^^
tauglichen 93ormünber nic^t gu fel^r gu befc^rönfen, oielmel^r in
Knfe^ung ber !Z)atiD«2:ute( bie 9{eaicautiou be« SSormunbed gu
befettigen.
3. ^en weiteren unb britten (Sntf c^ ulbigung^grunb hiU
beten ,,brei mü^fame, ber 9?aittung unterworfene ® er t)abf (Rafften
— fie feien gleich unter ^efreunbten ober unter fremben, ober
auc^ nur eine fe^r fc^were unb weitläufige äSormnubfc^aft" ^^).
äßit biefer (Sefe^e^beftimmung war bie ©er^abfc^aftdorb^
nung offenbar beftrebt, bie ^oligeiorbnung bed dal^red 1552
wefentlid^ gu Derbeffern, welche ben gleichen @;cufation9grunb bop«
pelt befc^ränlt ^atte, inbem nac^ blefem ©efege erft gwei ober brei
(Ber^abfi^aften, unb gwar nur folc^e entfd|u(bigten, welche ber @ipp^
fc^oft falber übernommen werben mugten.
!£)ie ^tiytiftrung ber ®efe|edbeftimmung geigt beutlic^ auf
•^) (Sbenba, VI. Stttef, §. 1 : ,,3n«geinetn ifi ein jebmeber Sogtbo§rcr
SRonn fc^ulMg, bie ju gemeiner Q3ot)(fa§rt unb ^Befc^ü^ung ber Sßatfen ge«
rriii^dibe (9er$obf(^afft, roenn er .^u berfelben beruffen toith, au^ iDtber feinem
SBiflen fiber fi^ gn nehmen, er ^abe benn nac^folgenbe, ober anbete glei(^«
magige Urfac^en gnr Sntf(^u(bigung etn^uwenben."
»•) Cbenbo, §. 2.
1«) ebenba, VI. 2:tte(, §. 2, Slbfae 2.
^<>) « u b r f f 0. a. O. II, @. 61.
21) C^er^abfc^afttorbnung, VI. £itel, §. 2, 9{b|a« 3.
— 108 —
bcn römifc^en Urfprunß gurfid^^); e« mug bal^er ani) foföcric^tig
bem römifd^en Steckte entfprec^enb angenommen merben, bag bie
3ci^( "ic^t nac^ ben ^erfonen ber ^flegebefol^lenen, fonbern nac^
ber angabt ber ju Dermattenben 93erm5gen gu 6ere(^nen mar;
übrigen^ fc^eint e^ un^, bag bad meitere Srmeffen, metc^ed bie
©er^abfcboftdorbnung bem Suchtet eingeräumt f^atu, j[ene ®ubti«
(itöten Dtelfoc^ umgeben l)a(f, tt)e(c^e fid^ im römifc^en 9{ed|te ge«
rabe in Slnfel^ung btefed @;cufationdgrunbed oorfinben.
4. Unter bem dierten @ntfd|u[bigungdgrunbe finb jene
gäße begriffen, bei »etc^en bie Sfcufotion im öffentlichen 3nter*
effe geftattet mirb'^^); mierool^l auc^ biedfaUd analoge ®eftim^
mungen im römifc^en ^ed^te Dorgefunben mürben, mußten megen
ber gänjüc^ oerfc^iebenen ä$erfaffung bebeutenbe SDtobiftcationen
bee römifc^en Siechte« in unferem ^eimatlanbc ftattfinben ^*).
S3or älUem würben bie mirfüc^en 9}öt^e bed ßaifere ober dt^*
l^erjoge ober fonft ju befonberer 33erri(^tung oerpflic^tete Seamte
unb Sebieate, bann aber auc^ bie «öürgermcifter, ©tabt« ober
5IRarft*9ti(^ter in ben 8anb«*fürftti4en ©tobten ober üRärften"
infofern entfc^ulbigt, bag i^nen o^ne erl^eblic^e Urfac^en feine
(Ser^abfc^aften, unb bei bereu (Sreignung über eine nic^t aufge^
tragen merben foUten, unb ed fc^eint, bag, im ©egenfage gu ben
ffiiener grei^eiten beö 3a^reö 1526, biefe SDiagiftrate unb öe*
amten fi(^ auc^ Don ber teftamentarifc^en Sutel e^cufiren fonnten.
!l)agegen entfdjulbigte biefer (Srunb nac^ ber @er^abf(^aftd«
orbnung au^brüdlic^ regelmögig nur a tutela suscipicnda , nic^t
aber aud| fc^on a tutela suscepta, n^eil bad ®efe6 indbefonbere
^eroor^ob , bog biefe '»ßerfonen, »enn fie ft^on oor^er eine oDer
mehrere ©erl^abfc^aften ob fic^ gehabt, ftc^ berfelben ^ernac^ o^ne
Dor^erge^enbe orbentlic^e 33erraittung ober anbermeitige 93erger*
l^abung ber Pupillen nic^t me^r entf(^(agen mögen.
5. Sinen meiteren @ntfd)utbigung ögrunb bilbete
f(^n)ere i^einbfc^aft unb SSSibermitten bed berufenen 33ormunbed
mit ben (Altern ber $upi((en, welche bid }u bereu Slbfterben ge>
KDä^rt ^at^^); biefer aud bem römifc^en 9?ec^te entnommene
®runb ^^) mar offenbar ein f^all ber excusatio necessaria;
fonberbarermeife ^at ed aber bie ®er^abf(^aft«torbnung unter(affen,
einer teftamentarifc^en Sludfc^Uegung einer beftimmten $erfon oon
ber SSormunbfc^aft {u gebenlen; ba inbeffen, mie bereittf erma^nt^
bie Sludfc^Uegung^« unb S^cufationdgrünbe niijt taicatit>t aufge«
}&^(t finb, fo ift nic^t p gmeifeln, bag teftamentarif(^e ^Mß
2*) 31 u b r f f a. o. £)., @. 68—70.
^3) ^er^abfc^aft^orbnung a. a. £)., flbfaQ 4.
") 91 u b r f f a. a. O., ^. 78 u. ff.
^^) ®ec^abf4afr«orbnung a. a. D., fih\ati 6.
2«) »luborff a. 0. O., @. 22.
— 109 —
fc^Kegnng bed Satetd ate g(et(^n)irfenbe SIudfc^Hegungdurfac^e
ongefe^en »urbe.
6. Sbtc^ t^orberungen bed berufenen 93ormunbe9 an ben
Rapiden bilben einen ^aU ber excusatio necessaria unb volun-
taria'^'); bO(4 fott, in offenbarem älnfii^luffe an bie $o(tgeiorb<
nung be« 3o^red 1552, nur eine f^orberung, begie^ungemeife ein
Slnft)ru4i an bed $uptQen ganged ®ut ober beffen mehreren 2:^ei(
t)on ber SBorntunbfc^aft au9f(41iegen, bejie^ung^tteife Don ber«
fe(ben entfc^utbtgen, mä^renb ein 9lnfprud^ ^auf einen wenigen
Xf^tii bed ^u))i(Ien ®uted gur (Sntfc^ulbigung unb @nt^ebung ber
®er^abf(^aft nit^t genugfam fein, fonbern aldbann ein curator
in litem, hit ©ac^en gegen ben ©erl^aben audjufu^ren, üerorbnet
»erben foQ'' ; ed ift fofort auc^ flar, bag bie ®er^abfc^aftdorbnung
be^ 3a^re^ 1669 bie weiterge^enben ^eftimmungen 3uftinian'0
ber SiooeUe 72 oora 3a^re 538 nid^t recipiren woKte^^); bogegen
fc^eint ee ebenfo flar, bag nac^ biefem ©efe^e eine f^orberung
auf bed ^upiQen ganjed ®ut ober auf ben mehreren Ü£^ei( be^«
felben nic^t nur a suscipienda, fonbern auc^ — minbeftend nac^
ri(^ter(i(^em (Srmeffen — a suscepta tutela au^fc^IoB-
7. @ec^d ober me^r e^eleibUc^e Stinber entf(^u(bigen ben
3Jater oon ber Ueberna^nte einer anberen SBomtunbftfiaft^*)
unb ed liat ftc^ biefer (Sntfc^ulbigung^grunb ficf)t(ic^ nad^ ben
biedfaU« beftel^enben ^riDifegten bed römifc^en 9ftec^ted ^eraud«
gebilbet ^<^) ; boc^ muffen biefe fec^« Äinber — ju benen @n(el
unb Urenfe(, ni^t aber älboptiofinber mitzurechnen finb — in bed
SSaterd @emalt unb in feiner 93erforgung fielen, h)obei freiließ
nic^t an bie patria potestas im @inne bed römifc^en 9tec^ted
geba(^t merben fann, toelc^e ja in biefem Umfange in Oefterreidi
niemals recipirt mürbe.
8. dn Sotge eined ^rioilegiumd fomo^I atö auc^ offenbar
megen ber factifc^en ^e^inberung finb bie Sotfc^after, 3(bge^
fanbten unb ^rafibenten, fo (ange fie in bed Sanbeefurften !£)ienfte
abioefenb finb, nic^t nur oon ber gefe^lic^en, !Datio* unb fe(bft
oon ber teflamentarifc^en 2utel befreit ^^), fonbern auc^ befugt,
i^re bereit« übernommenen äiormunbfc^aften gegen fc^utbige 93er^
raittung nieberjulegen.
9. Sin gleiche« $riDi(egium ift enbUc^ ben jtriegdleuten
gegeben, fo lange fie fi(^ im mirllit^en !Dienfte befinben ^^).
auger biefen neun in ber ©er^abfc^aft^orbnung be« 3a^red
27) @er^abf(i^aft«orbnuug o. a. £)., Kbfa^ 6.
2^ « u b r f f a. Q. O., @. 27.
^) (Ser^abft^aftdoTbnung q. a. O., 9(6fa6 7.
30) 8lttborff a. a. O., @. 132.
31) <9cr^abf4aft6orbuung a. a. £)., Kbfat} 8.
32) (Sbenba, ^bfaft 9-
— 110 —
1669 audbrüdlic^ aufgejä^lten 9ludf(^(tegung6% beiie^ung^kDetfe
(Sntfc^ulbtgung^grünben, ift nid^t gu atveifeln, bag no^ tnel^rere
anbete Urfac^en Q(d gleich fc^ioermiegenb erfonnt tDorben finb; fo ift
beifpieldn^eife nac^ biefem ®efe^e^^) berjenige SSormunb üerbäc^ttg,
meiner ftc^ in bie 93ormunbfc^aft burc^ ®efc^enfe ober anbere un«
giemlic^e 9){ittel eingebrangt ^at, unb &)enn biefer ®runb ben
Stifter berechtigte, ben conftrmirten ä3orntunb abjufe^en, fo er*
gibt fid) burc^ einen einfachen @c^(ug a majore ad minus,
baß berfelbe ®runb Dor ber Sonfirmation atd Sludfc^tiegnngdgrunb
gelten ntugte, mt bied übrigen^ don ber ®er^abf(^aft«orbnung
au^t^rüdlic^, n)enng(eic^ nic^t unter ben @ntfc^u(t)igungdgrünben
oufgefütjrt ift; ferner ift nic^t i^n gweifefn^ ba§ Entfernung unb
älbtvefen^eit be« 93ormunbe9 triftige Sntfc^ulbigungdgrünbe hiU
beten, bo ja ber SBormunb regeltnäßig ber Dbrigfeit, metc^c bie
®er]^abfd|oft üerorbnete, unterttjorfen fein foüte^^). Snblic^ fann
ed feinem S^ü\d unterliegen, ba§ aud^ biefed ®efe6 bie 9iein«
Gattung bed fat^olifc^en ®(auben0 ju fe^r anftrebte, um bie &*
nennung eine^ afat^o(ifd|en 9}ormunbed für fat^oUf^e 9)}ünbe(
ju geftatten; mar ed fa boc^ bed ißormuubed erfte $f{i(^t, bie
i^m anoertrauten ^upiden in bem magren lat^olifc^en (Stauben
gu ergießen ^^); burfte er fte ja nic^t außer Sanbe« an folcfie Orte
oerfc^iden, ido fie Don bem tal^otifc^en ®(auben möd)ten abge«
fü^rt nierben; roar t9 bo(^ enblic^ antti oerboten, bie ^upiQen
auf unfat^olifctie Unioerfitaten unb @c^u(en }um ©tubium gu
fc^iden ober an untat^ofifc^en Orten gum ^anbmert aufgubin*
gen^^). Ob audi für afot]^oKfc|e Pupillen fat^olifc^e ©ergaben
benannt werben foQen, ift in bem ®efe^e nic^t entfc^ieben.
5Wo(^ ift gum @^Iuffe biefer SWaterie gu ermähnen, baß bie
Unfä^igfcit ber ©tiefoäter gur SSormunbfc^aft, meldte bie ^otigei*
orbnung bed Oa^re« 1552 auc^brüdiic^ au^gefproi^en §atte, fic^
in ber ®er^abfcf|aftdorbnung bed 3a^re« 1669 ni^t me^r aM*
gefpro(^en finbet.
!J)ie öfterreic^ifc^e Literatur, »etc^e ber Oer^abfc^oft^orbnung
nachgefolgt ift, le^nt fic^ im SBefentlic^en an biefe« ®efe^ an,
inbem glcic^geitig oielfac^ auf bie SSorfc^riften beö römifc^en
SRet^ted jRüdfic^t genommen wirb; inbeffen ift au(^ in ber Site*
ratur bie Sfnftt^t oertreten, baß ein »eitere« ri(^tertic^ee (grmeffen
in 2lnfcl)ung ber ^öeurt^eitung ber äu^f^ließung«^, rüdftc^tti(^
Sfcufation«grünbe befte^e^^).
33) ©cr^Qbfd^ofWorbnung, XV. Xitel, §. 1 ; II. SCltcf. §. 1.
^) @benba, IV. Zitti, §. 2.
»») (gbenbo, IX. Xitet, §. 1.
86) (gbenba, §. 4.
") SBetngärtler a. o. O. @. 20 befpric^t bie «n«f erließ ungö-
grünbe; einge^enbec bef(^afttgt er Ttc^ auf @. 40—44 mit ben Q^cufation«*
— 111 —
SSad nun bad SBerfa^ren rüdfic^tUc^ ber S^cufationen be«
trifft, fo ^atte fic^ im römifc^en Steckte ein eigener @;cufation9«
proceg ||erQUdgebi(bet, unb fonb feit iDtarc 9lure( burc^ ben
(S^cufationdproceg feine üDeDoIution an bie bem SRagiftrate oor»
gefegte 3l))peI(ationdinftanj rae{)r ftatt, inbem bie @^cufation t)itU
me^r bei bem orbentUdien oormunbfc^oftüc^en ©eric^te Dorgebrai^t
tottbtn mu§te; bie f^orm bed (S^cufationdproceffed n^ar bagegen
immer nodti in 9tom bie eined n)Q^ren 9?ec^tdftreited geblieben,
tselc^er 2n)if(^en bem 93ormunbe unb ÜDemtenigen, ber i^n ^um
SBormunbe Dorgefc^Iogen ^atte, geführt raurbe, fo bag nac^ ge^
fd^Ioffenem 33erfa^ren ein (Snburt^eil gefc^öpft tt)urbe, gegen totU
c^e« 9ie(ftt«mittel pgelaffen waren 3^).
!Die ^eftimmungen be<^ römifc^en 9ie(^ted über ben (S^cu«
fationdproceg finb aber in Oefterreic^ niemals recipirt n)orben;
}Q)ar fönnte bie^ an unb für fic^ au9 bem gönjlic^en ©tiUfc^mei^
Srfinben, »obet SBetngärtfer cd niemals untrdagt, auf bad rötnif(^e
9te(^t gan) inflbefonöerd ^utüd^utommen unb bie öflcrveidjifd^e (^er^abfc^oft««
' orbnung au6 bem rSmtfd^en Steckte gu intecpretiren, ein Umftanb, ber uufere
Qe^auptung fe^r beträftigt, bag biefed ®t\t\i felbfl eine 9nnfi^ei'ung bed
gelttnben ffttd^U^ an ba« tömifc^e möglic^fl anflrebtc. @o ffi^rt er bie pro-
fessio artium et sdentiae, ut Medicinae, Philosophiae, Rhetoricae, Gram-
maticae aH (Sntfc^ulbigung^grunb an; fo bemertt er, bafj brei, bejie^uugd*
metfc eine, Sormunbfc^oft t)on ben meiteren !iBormunb{(^a|teu nur bann befreien,
si tatela non sit affectata; fo be^ut er bie @jrcufation ber j^riegdleute auf bie
milites coelestes aud. um ben ^rieflern einen (S^cufationdgrunb )u gewähren.
8edmann a. a. O. be^anbelt in feinem alp^abetifc^ georbneten SBerte
bie in 9{ebe fte^enbe f^rage unter ixoti ©^lagm orten : juerfl auf <S. 176
unter bem ^d^lagnorte ,,@er(ab' ober Sormunbfc^aft", bann auf @. 516
unter bem ^(^lagmorte ,,2:utela" ; fonberbarernietfe ffi^rt er nur in ber erften
@teQe bie (S;cufation«grüitbe im SBefentlit^en fibereiufHmmenb mit ber ®er*
4abf(!^aft9orbnung auf, mö^renb er in ber ^roeiten ^teQe mehrere (S^cufa-
tion«grfinbe auflägt, dleutter ad Tab. n, 18, 19, flettt nur bie ^bmei-
f^ungen bed Sanbtdbrauc^e Dom römifc^eu S^e^te bei einzelnen (E^rcufationd*
grfinben bar. 6 a n n i } a enblid^ fpric^t ft(^ über bie einzelnen (S^cufationd*
qrfinbe gar ntc^t au«, unb bei biefem @(^riftf!eüer ifl bied bie Sotge
feined gegen bafi rßmifcbe dltd^t feinbltc^en principe«. iQanniga iviD bie
gan)c Sroge ber S^utorenbefleUuug unb ber Sntoreuent^ebnng in bie alleinige
Staid^t ber Obrigfeit gefteUt miffen, fo bag er ein Stecht be« Sormunbe« auf
eiue beftimmte ^ormunbfc^aft gar ni(^t jugibt, üielme^r ber Obrigteit ba«
8ted)t üinbicirt, einen felbft giltig bedeuten Sutor o^nen)eiter8 i^u entlaffen,
»enn ftc^ tin tauglicherer ßnbet. @o fc^reibt ®anni;\a auf @. 111: Tutela
generaliter finltur, quotiescnmque Principi aut Magistratui, utpote supremis
tntoribns justa adesse causa videbitar, quod ex nullo sane alio fönte quam
ex snprema Tutela, quae in Qermania Principibiis, omnibnsque Magi-
Btratibua competit, fluere nemo non animadvertet. 3u glei(!^er SBeife fprit^t ^(^
8annt}a ouf @. 53 unb 65 ba^in au«, bag ben 9)tagifh:aten ba« ^ec^t %u*
fle^e, vertraggmägige, grfe(}(i4e unb teftamentarifc^e Sormünber gu übergeben
ober fogar na4 t^rem ^rmeffen abjufe^en unb burt^ tauglichere Sormünber
)a erfc^^cn. (93ergl. übrigen« 3o^onn Uba(ri(^ 2)onner a. a. O., 9b. I,
^ej 31 „ j^ if I f ö. 0, £).^ II. ©5,^ @. 184.
-- 112 —
gen ber öfterreic^ifc^en Stec^t^queden bi« }uni (Srfc^einen ber ®tT*
^obfc^aft^orbnung odein nic^t gefcbloffen »erben; aOein bie ftarf
l^erDortretenbe Officiatpflic^t bed fSSlaqijixaM, fflr bie SefteUung
tauglidier SSormäuber }u forgen, mac^t ed Don ^ornel^erein \i^ün
beinahe unbentbar, ba| ein (angatl^miger (SiDi())rD€e6 über bie
i^cufation geführt tottUn tonnte; }ubem bejog fid^ feit ber aü*
gemein ongeorbneten (Dotio^üCutel unb ber Konfirmation ber tefta«
mentarifc^en unb gefe^Uc^en SSormünber bie S^cufation gar nic^t
me^r rec^t eigentUd) auf 3)enj[enigen, ber ben 9Sormunb oorge'
fd^(agen ^atte, fonbern auf bie gerichtliche 93erfügung fetbft, fo
bag eine amtliche @r^ebung unb Unterfuc^ung bed (Sntfc^ulbigungd^
grunbe« bad 9^atür(tc^fte unb Slngemeffenfte roar.
3u ber Zf^at t)erfugte benn auc^ bie ®erl^abf(^aftdorbnung
be« 3a^re« 166939)^ baß, ^menn nun jemanb nac^ empfangener
®er^abfd^aftd>«3$erorbnung (fo i^me ex officio t)on ber Obrig^
feit jugefc^idt merben foUe) eine aug Dorfte^enben ober gleic^s*
ma§ig er^äbüc^en (Sntfc^ulbigungen einjubringen termeint, er, im
i^atle er ann)efenb, inner ber näc^ften 14 jungen, ber entlegene
aber inner 9J2onat^frift auff einma^I einreichen fode, n)tbrigenfat(d
er atle^, »ad bem ^upiQen nac^ fotc^er 3^^^ l^ @c^aben ge^
reicht, .)u Derantn)orten ^atte''.
i)it]e ©efe^edftede jeigt übrigen^ auc^ f(ar, baß bad (Sf«
cufation^rec^t nur rüdfic^tlic^ bed 9$ormunbed burc^ ben Ablauf
ber Dier^e^ntägigeu ober einmonatUc^en S^^ift erlofcf), bag ba«
gegen natürlich bie $ormunbf(i)aft9be^örbe in ben ^öQen ber
excusationes necessariae an biefe ?5riften in feiner SBeife ge*
bunben mar.
^ermanbt mit ber (S^cufation unb berfelben in gemiffem
@inne entgegengefe^t ift bie potioris nominatio; ebenfo fann
tti anbererjeitd Dorfommen, bag ein gefei^üc^ nä^er berufener oon
bem ©eric^te übergangen mürbe unb nunmehr bie 93ormunb|c^aft
fetbft in 9{nfpruc^ nimmt.
aSBenn nun ein entfernter berufener einen Jiöl^eren oor^
f(^(ug , ober menn umgefe^rt ein übergangener ^ä^erfte^enber
bie ^ormunbfc^aft verlangte, meiere einem älnberen übertragen
mürbe, bann trat aQerbingd auc^ noc^ nac^ ben 5fterreicf|if(^en
3^) <9er^Qbf(^aft«orbnung, VI. £itf(, §.3. ^e tng ä rtler @. 43
cttirt na(^einanber bie 8efHmniungen bet römtf^en Steckte« unb ber <3^er«
§abf(^Qft«orbnung o^ne irgenbroelij^e Semerfungen baran )u fnüpfen. 9tcut«
ter a. a. O. abroeic^enb. t^offiu« a. a. O. begießt auf @. 291 nur
me^r bie Sorfc^rift tt» (e(}tgenannten ®efe|}e« ; :^ o nn er a. a. O. @. 12
ebenfo. Jteiner ber genannten ©(^riftfleHer (ot inbeffen einen ä^ti^tt, bog
nur me^r eine DfftctalDer^anbfnng unb nic^t ein eigentlicher ^roceg flott-
flnben fönne.
— 113 —
®efe^en be« 16., 17. unb 18. da^r^unbertd bie ^DUiiid^U'xt eined
Streite« über bie ^flic^t gur Ucbernafjme ber 3Sorntunbf(^aft
bf)ie^ung9metfe über bad 9{ed)t auf biefelbe, ^eroor; unb e« mug
au(b nad^ f&mmtti(^en öfterreic^ifc^en @efe^en biefer ^eit ber (^ad
eine« folc^en (Sonflicte^ entgegengefe|ter 3ntereffen ald fe^r mo^t
mogKÄ jugegeben koerben.
dmtnerl^in ift ed aber auffaUenb, ba§ tveber bie ^otijei«
orbnung bed So^red 1552 nod^ bie ©er^abfc^aft^orbnung irgenb^
meiere {)tnbeutung auf bie potioris nominatio enthielten, unb ba§
in ben (enteren (Sefe^en fpecied nur bad ditift ber SD^utter unb
be« Sruber« ^ert)orget|oben murbe^ eine S3ormunbfd)aft Dor SKIen
in Snfpruc^ ^u ne^men^ be,;\te^ung9meife bie Slbtretung ber Don
3(nberen gefüljrten aSormunbfc^aft gu »erlangen ^o).
(&^ erflärt fid^ bad @c^n)eigen ber QueQen über biefen
fvmtt aber nidit etma baraud, a(d ob bie brei 'Delationdgrünbe
ber äJonnunbfc^aft nid)t etma ein nä^ered Stecht ober eine nähere
^flic^t }ur äJormunbfcbaft begrünbet ^ötten^ f onbern einfach au9 bem
Urnftanbe, bo§ bie Dfficialt^attgteit bed SSormunbfc^aftdric^ter^,
melier bad entfcfjeibenbe SBort bei ber Sonfirniation ^^n fprec^en
^atte, ben ©trett über nähere« Stecht unb nähere ^ftic^t }ur
^ormunbfc^aft n)efent(i^ oereinfac^te unb proceffuale f^ornten
biefed Sonflicte« entgegengefel^ter 9(nfprfic^e nic^t auffomnten ließ.
Dagegen ift e« mo^f fe^r merlroürbig unb ©iditig, {(crüor*
^ufteben, baß ber (Streit über bie Dberger^abfc^oft ^wif^^" ^^^*
reren 35ormunbfc^aft«be^örben in gorm eine« förmlichen Siecht«*
ftreited gefüfjrt tterbe, unb fomo^l ber Codex austriacus ald auc^
5 ut tinger führen eine 9Jei^c folc^er Öuriöbictiongftreitigfeiten
meift aud'bem 17. 3a]^r^unberte an, in welchen bo« 9?ec^t jur
äb^anblung ber S5crlaffenf(^aft unb jur SSergcr^abung ber Äin*
ber Dbject beö Streite« mar**!).
@« erttärt fic^ aber freiließ biefer Sampf um baö 9tecf)t
jur äSergerl^abung ber ^inber barau«, ba§ manchen äSormunbfc^aft«^
beworben ein fubftbiarifc^e« Srbred)t an bem Vermögen ber Sin*
ber i^ugeftanben ^at, unb für ein foft^e« SRecfit ber ©tabt ©ien,
fomie für ba« gleiche ditäjt ber ®runb* unb SJogt^erren finb tt)ir
in ber ?age, auf Queüenjeugniffe gu oermeifeu •*2).
40) @er^abf(^aft0oi'bnimg oon 1669, III. 2:tter, §. 2: ,,3fl ber ^inbeu
leibliche Butter itoc^ ant Sebcn, fo gebührt ibr, wenn fte bie ^ergerbabung
begehrt — Dem ölten ^crfommen nat!^ — bie Oberger^obfc^aft", unb XVI.
Xittl, §. 7: „SSenn einer ober mehrere $upiaen ibre 93ogtbabrn 3abre er*
reicben, atfo, bag jie ibnen, unb ibren flbrigrn noc^ unbeoogten ©efc^roifligten
»o§l unb nü^U(^ oorfle^en fönnen, fo mögen bie Dortgen ©ergaben entfaffen
unb ber ober Die SrüOer ald nö(^flc ^efreunbte ^u ©ergaben i^rer no(^ min«
berifibrigen ©efd^mtfltgten oerotbnet werDen."
«) Cod. austi-. I, <S. 608—636 ; S u 1 1 i n g e r a. a. O-, @. 694 u. ff.
*^ <6uttinger f^reibt unter bem (Sd^Iagmorte ,,Obrtg(ettücbe ÜD-
(£ 1 r I n « f 9j üflcrc Qsnniinbf c^aft^rt^t. 8
-- 114 —
£)a^ 3ofefinif4f ©efe^buc^ ffat bte ®runbfö|e über au«=^
f(^(te6ung unb (S^cufation ber ^ortnünbet neu geregelt unb ben
(Streit um ba« nähere SRec^t, bejiel^ung^iDeife um bie nähere $flid^t
)ur 93ormunbf((aft, ebenfaQ« einer Umgeftaltung unterm orfen.
9Ba« bie Su^fc^Iiegungdgrünbe betrifft, fo bejeic^net
bad Sofefinif^e ®efe^bu(^ ade SBeibdperfonen (mit auc(na|me
ber äßutter, ®ro§mutter unb Urgroßmutter) a(d jur Sormunb-
f(!^aft untouglic^; ferner ade iene ^erfonen, meiere megen natür«
U^er 2tiM^ ober ©emütb^gebrec^en, Sranf^eiten ober unreifen
alter« i^ren eigenen ®efc^äften nit^t öorfte^en lönnen^^); in
Slnfe^ung ber relattoen Sludfcbließung^grünbe begnügt fid) bagegen
biefed ®efe6, allgemein iene ^erfonen q(9 unfö^ig )um oormunb^
minifiTQtion ber $u))iaen" auf <3. 632: „(S9 ifl 2anbt«'<Sebrau(!^, aut^ beiieu
Steckten (jrntfig: bag ber ^upttlen (Sebü^riuig bei ^anben ber <9runb« unb
^4ogt>Obrtgfett oerbletbe, unb bag md^t allem barum, bamit bte fttnber
i^re ®ebü$ruug )u t^rer 93ogtbarfett mit ^^tc^er^ett erlangen, fonbem aud)
ber Sogtben, ba ftd^ mit benen ^inbern t)or i^rer 93ogtbar(eit ein Sobed*
fati jutrüge , er bem (Srbrec^t noc^ bei ber 93er(afTung feiner
9^ot^buvft erfud^en möge." ÜKotiD einer ©entern^ oom 8. ^ecember 1671; —
netter auf @. 891 unter bem @4IogU)ortr ,,^er @tabt Sßien @rbre(^t be»
ireffenb": „Qt9 if! »iffentltt^en 9anb» unb ^ierbefre^ten (Stabt'^rau^«, baß bie
üon SBien, road unter ibrer duridbictton auf ungeoogte jltnber faßt, fte aQein
ju verger^aben unb in9 Ifinfftige ju oerantmorten fc^ulbtg, bei tt)rl(i6em €$tabt
brauc!^ unb i^ren gre^^eiten fte billig gu (aub^aben. Unb ba« um fo oiel
me^r, bog, n)o ^iertn benen »on SBien (Siugriff befc^f^e, bag fotc^e« gegen
anbern einen fe^r 4o(^ präiubicir(td)en unb nacbt^eiligen Eingang mattet.
Ueberbie« auc^ bie Don SBien auf ba« (Sxh'^tdii in specie befreiet, unb bei
biefem lOOO fl. fo Diel interefßrt, ba bie Stint tv nngeoogt flücben, unb feiner
<3ettd greunb, fo erben fönnten, Derlieffeu, bog i^nen folc^ ®elb al« <Srb*(og
^eimftele, begn)egen fte au« ber Urfa(^en befugt fein, ber $aupt ®ut Dor
i^r ber Stlnhtx Sogtbarteit au« i^rer ^uri«biction uic^t ju (äffen." Sbjc^ieb
Dom 14. fLptd 1576.
^enn nun freilidft in bem legten 9bf(^ieb auf bie Constitatio Alber-
tina bom Si(^tmegtag 1382 (Codex «ustr. II, @. 473) fliUfc^meigenb Der*
roiefen ifl, fo lögt fid| oieUeid^t benn bot^ uid^t in flbrebe flellen, bog in
^nfr^ung ber unuogtbaren ^inber bie Oberoormunbfc^aft al« 9}e(!bt«tttel be«
(Srbred^te« angefe^en mürbe. 2)eutli(^ erbeQt ber behauptete Buf^^mmen^ang
{(Wifc^en bem Kampfe um ba« n&^rre,9{e(^t )ur Obergerbabfc^aft unb bem
fnbftbiären (Srbrei^te brr OberDormunbfcbaft au« Sedmann, ber unter bem
SBorte „urbes", @. 548 u. ff., fagt: ,,PolIet Magistratus civicas uon ®rfi^
la authoritate, bag fte fe^nbt oder Satter unb SD^utter-Iofen unmfinbigen Sfir-
ger ^nber Ober Öerbaben, för melt^e fte gebfi^renbe Sorforge ratioue pu-
blici ofücii tragen muffen, bamit fie mit guten ©ergaben Derfeben merben,
bie bann aUe 3abr ffir i^nen i^re richtige Sled^nung, megen ber Oer^ab«
fc^afft ablegen muffen, ad conservanda pupillomm bona et fraudes tutomm
tempestive prftcavendas ; pro illo oneroso officio b^t Surgermeifier
unb 9tat( bi^r in ber ©te^rifc^en $aubtf!at <8rfi^ ba« commodum b^egegen
bnrcb ba« prioilegtrte <S^tabt*(Srb^9{e4t/ bag menn bie ungeüogteu SKnbrt ofne
S(ut«freuube flerbcn, fo ffiOt i^nen ber Derflorbenen pupiQn (5rb#(i^ut o(«
(Srb'lag b^im; eben biefe« priyllegium bat au (^ ein löblid^er ®tobt-9(atb ber
bo(bberfibmten ftat^ferl. 9lefiben)|labt SBienn.
") Sofefinifc^e« <9efe(}bu(^, V. ^auptftüd, §. 27.
V »'
— 115 —
fc^aftlic^en Slmte ^u bejetdinen, bei benen bie ©efabr einer übetn
ober bem @tanbe ber SBaifen nic^t angemeffenen Srjie^ung t)or«
^anben ift ober ber ißerbad^t einer Übeln S^erloaltung befte^t^^).
®pec(e(t n)erben al<i einjelne Sludfc^liegung^grünbe ntebrere
fünfte aufgeführt, meiere einer genauen ^rdcifirung beburften;
fo tonxht indbefonbere ^unac^ft bed üici^M bed SSaterd gebac^t
beftintmte ^erfonen im legten SBiUen Don ber 33ormunbfcbaft
au^jufc^Iiegen, eine Seftimmung, »elc^e no(^ bie ©er^abfc^aftd^
orbnung bed dal^re^ 1669 nicbt enthalten ^atte^^).
jßie ^rioilegien beftimmter ©tänbe würben im Sofefinifc^en
@efe^bu(^e eingefc^rönft; nur ben n}irfli(^en Striegdieuten unb
fammtlic^en @taat«beamten foQte oon ben ©ericfeten leine 93or«
munbfc^aft aufgetragen n^erben; nur biefen ^erfonen ftanb, um
if)re<» ^erufed SBillen, bad dtedit ^n, eine teftamentarifc^e ober
^efe^fi^e Berufung jur 5Bormunbfc^aft abjule^nen ; bagegen ^atte
bad früher beflanbene ^rioitegium ber Sürgermeifter, @tabt«
unb 2Rar!tric^ter int 3ofefinif(^en ©efe^buc^e aufgehört*®).
3m bemugten ®egenfa^e }um römifd^en Steckte foQte fünf tig*
i)in 9}iemanb me^r megen mic^tiger älnfprüc^e unb @c^u(bforbe»
rangen an SBaifen oon ber 93ormunbjc^aft audgef(^(offen merben
ttO(^ ft(^ bamit entfc^utbigen fönnen ; nur mar ber Setreffenbe
f(^u(big, bie ^efc^affen^eit ber ©ac^e bem ©eric^te getreulich
Qnju^eigen, mibrigend i^m bie erl^altene S3ormunbfc^aft miebec
obgenommen mürbe.''
!£)agrgen mürbe aQerbingd ein ftreitiger älnfpruc^ bed
Sormunbed an ben SilJJünbet unb bed 9J2ünbeld an ben 93ormunb
a(9 SudfcfjHegungdgruub be^eic^net, melc^er natürtic^ermeife erft
mit ber Seenbigung beö ©treite« aufhörte ^^).
S)ie eigentlichen Sntfc^ulbigung^grünbe (excusa-
tiones voluntariae) mürben ebenfo mie bie 9lu<^fc^Iiegungdgrünbe
im @efe^buc^e nur beifpieldmeife aufgejöl^lt, inbem jmei allge«
meine ©runbfö^e ben einjelnen ÜDetailbeftimmungen Doraudge«
fenbet mürben.
SSorerft mürbe nömlicii a(d Sntfc^ulbigung überhaupt begeic^«
net, menn 3emanb aud ber SSormunbfcbaft ma^rfc^einlicj^e ®efa^r
ber 9{ac^t^eil gu befürchten i^at] fobann mürbe befonberd ^eroor«
gehoben, ba§ aQe Urfa^en, megen melc^er bie SSormunbfcbaft
ni(|t aufgetragen merben foU, atd @ntfc^ulbigungdurfac^en }ur 9b«
le^nung angeführt merben fbnnen, menn bie Sormunbfc^aft 3e«
manben bennoc^ aufgetragen morben mar^^).
**) 3ofeflnif4e« ®efe|}buc^, V. f)au^t|iä(«, §. 29.
**) Cbeiiba, §. 29.
*8) ebeubo, §. 28.
*T) Cbfnbo, §. 30.
*^) Cbenbo, §. 31.
8*
— 11« —
ä3eifpieUn)fife ivurbeii noc^ fotgcnbe (Snti'c^ulbigung^grünbe
aufgrgät)lt:
1. !Da« crrciditc Sllter oon 60 3a^ren ^«).
2. Sine nott)iveubige^ entn^eber mirflid^e ober erft beuor«
fte^enbe älbroefen^eit, roeic^e ieboc^ nur für bie ^tit, ate fie
bauert, entfc^ulbißt*").
3. Der 33Qter, weldicr fünf unöerioröte Sinber ober unter
feiner Dbforge ftef)enbe Snfel ^at, ift ebenfaUd entfc^utbtgt, unl>
ift in biefrm "ißuntte bad 9^ed^t ber ®erf)Qbfc^aft^orbnung oer«
änbert unb präcifirt ttiorbcn^').
4. (Sine ^emonbem fc^on aufgetragene^ aber n)eit(öuftge unb
befc6n)erUc^e ^^ormunbfc^aft entfc^ulbigt uon ber ^n^eiten; auc6
fönnen Don minber n)i(()tigeu 3$orntunbf(^aften me^r ald bret
^iemanbem miber 2&tUen aufgetragen merben.
9teu ift bem 3ofefinif(^en ©efe^^buc^e aud) ber ®runbfa^,
baB bie Urfac^en, iDelc^e a suscipienda tutela entfc^utbigen, auc^
^ur ^Jiebcrlegung ber bereit« übernommenen SSormunbfc^oft ^in*
reichen ^'-).
SBa« bad ^erfa^ren betrifft, fo ift i^mifc^en ben ^udfc^tie^
gungdgrünben unb ben @(cufationdurfa(^en gu unterf (Reiben.
21U obcrfter ®runbfa^ wirb ^ingefteüt, boB einem bctanntcr*
maßen Untauglichen bie 93ormunbfc^aft gar nic^t aufgetragen xotx^
ben foU^^). !ba n)eber ein le^tmiQig benannter noc^ ein inegen
ber S5erroanbtf(^aft berufener äSormunb bur(^ bie ©erufung felbft
bie mirflid^e 33ormunbfd)aft erholt, fonbern ba 3eber erft bie Qe*
ric^tlic^e ^eftatigung nacbfuc^en mug^^), fo fc^Uegt fic^ hieran
bie iDeitere ^eftimmang, bag einem befanntermagen untauglichen,
menngleic^ burd) ba« Sieftament ober burc^ tie 93er)panbtf(^oft
berufenen, bie ä3ormunbfc^aft ebenfaU« ntc^t aufgetragen, fonbern
ber Sluftrag an einem 9lnbercn erlaffen unb in biefem Sluftrage
megen be« @rften bto« im äHlgemetnen fic^ auf er^eblic^e Ur^
fachen belogen ujerben foU; erft h)enn ber äludgefd^loffene barüber
©efc^mcrbe füljrt, fei iljm bie Urfadie feiner äu^fcftlieBung burd^
orbentlic^en ©cfc^etb befanntgumac^en ^^), welcher ^efc^eib bann
burc^ bie gen)öl)nlic^en 9iec^t«mittel angefochten merben fönne.
9iüd|td)tlic^ be« @(cufation«proceffe« fommt Dor Slüem in
erinnern, baß jebem 33ormunbe, o^ne Ünterfc^ieb, »enn er gleich
einer fremben ©eric^t^barfeit untermorfen toäre, ber Auftrag un*
4ö) 3ofefinif(^ei> ©eiel^biic^, V. ^Quptpüd, §. 32.
6ü) (Äbenba, §. 32.
5') (Sbenba, §. 33. •
") &tnta, §. 34.
^) ebcnbo, §. 35.
'->*} ebenba, §. 20.
Ä») öbfnba, §. 86.
— 117 —
mittelbar üon ber 93orniunbf4Qft«be^5rbe gemacht unb i^m barin
i^ur Sntreiung ber SSormunbfc^aft eine Dierje^ntägige, ober nenn
biefe 3^it n^egen ber Entfernung ju turg n^&re, eine Der^ältni§«
mSfige i^rtft, bo(^ o^ne aüe (Srftredung, befttmmt »erben foQe ^^).
@ben binnen biefer Dier}e{)ntögigen ober n)eiteren ^rift ^at
nun ber S3orniunb enttt)eber bie SBormunbfc^aft an}utreten ober feine
@ntf(^ulbigung0urfacbe, unb l^ätu er beren metjrere, aQe jugleic^
bei ber 93ormunbf(f)aftdbe^orbe an^^ubringen ; ift aber ber S3ormunb
einer anberen ©ericbtdborfeit unterworfen, fo ift ed genug, roenn
er hn brr 93orniunbf(^aftdbe^5rbe bloö bie Srflörung, bag er
ft4 entfc^ulbigen tt)oUe, bie Sntfc^utbigungdurfac^e felber aber
binnen eben ber ^^rift bei ber eigenen ^e^örbe anbringt, melc^e^
®erid)t bann auc^ über beren 3u''^"9li4t^it i^ erfennen ^at*^^).
fifor ift ed, bog bie @r^ebungen über ^eftanbunb bie 3^''
(öffigfeit ber Sntfdjutbigungdurfac^en im amtlichen Sege unb
burc^au« nic^t in ber f^orm eined iRec^tdftreiteiS^ erfolgt.
3luger biefen S)eftimmungen über bie t^orm ber älu^fd^He»
gung, be}ie^ung9meife Sntfc^utbigung ber ^ormünber, enthalt
haii Sofefintfc^e ©efe^bnc^ anbere Seftimmungen über ben ©treit,
mel(^er amifc^en ;\n)ei ^erfonen in ber boppelten {Richtung m5glid)
ift, iiiDem eniinebcr ein SBormunb bie einem anberen 93orraunbe
übertragene 93ormunbfd)aft a(d fein 9?ecbt in 9Infpruc^ nimmt
ober umgefe^rt feine 93erbinbli(^feit baburd) ab,^un)a(i^en trachtet,
bog er eine anbere $erfon namhaft mac^t, tt)e(ctie in näherer 9(rt
^u biefer ä>ormunbf(^aft berufen ift.
Die Öeftellung be« Oeric^te« foü in erfter Sinie, namcnt»
(t(b in 3(n|'el)ung ber gefe^lic^en 93ormunbfc^aft, ein bloge« $ro-
Diforium begrün ben ; ttenn fein ^Teftament Dor^anben ift, ober im
2)eftamente ein ^iormunb nic^t befteOt ift, i)at nömlic^ bad ®e^
xid^t nic^t Icinger aU oierje^n Zaqt auf bie 3lnmelbung gur
SSormunbfcftaft ju loarten; na(^ bem SSerfaufe biefer (Jrift ^at
bad @eri(^t jenen SSerwanbten gu mahlen, ber unter ben 9ln«
melbenben ober unter ben bem ®eri(^te befannten 93ern)anbten ber
näiftfte ift *»).
3ft nun bie SSormunbfc^aft einem i^remben aufgetragen, fo
fte^t jebem SSerroanbten, — ift ber Sluftrag on einen entfernten
SSerh)anbten erfolgt, fo fte^t jebem röteren 93ermanbten bad Siecht
ju, ftc^ um bie 93ormunbf^aft gn melben; biefe Snmelbung ^at
aber innertjalb Sined 3at)red gu gefc^el^en, unb ift jebenfalle bad
(Bericht nic^t oerpflidjtet, fie fpater gu berüdfic^tigen ; nur loenn ein
re(!^tm&giged ^inbernig gegeigt mirb, n)egen beffen bie ?lnmetbung
**) SoffpmWc« Oefe^but^, V. ©auptprf, §. 36.
&^) Sbriiba, §. 37.
M) «benba. §. 5.
— 118 —
früher ntc^t möglich luor, roirb biefelbe quc^ nadi 3(b(auf Sine«^
3a^re« angenommen ^•).
Umgefe^rt tft aber bad ©eric^t on biefe ^v\\t nic^t gebun«
ben, nnb ba^fetbe fann mann immer fpftter einem näheren 93er^
manbten, begie^ung^meife einem SSermanbten nber()aupt bie 93or^
munbfc^aft auftragen unb ben bid^erigen 93ormunb enttaffen®^). S)er
©treit um bad nähere diti^t üur ^ormnnbfc^aft mirb aber ebenfalls
ntc^t im oen)ö^n(id)en ^rocegmege geführt, fonbern oiefme^r ber
@ac^Der^olt ämtüc^ erhoben unb entfc^ieben.
^re^t ]\(if umgefel^rt ber ®treit um bie Stbmätjung ber
$f(id)t gur Uebecna^me ber 33ormunbf(^aft, fo fommt nac^ bem
Sofefinifc^en ©efe^buc^e ^u bemerfen, bag ein ^ermanbter, bem
bie äJormunbfc^oft aufgetragen mirb, fic^ au^ ber Urfac^e, bag
er nic^t ber näc^fle fei, ber SSormunbfc^aft nic^t entjie^en (onn,
er mare benn im @ranbe, auf ber <SleOe einen näheren angujei^
gen*^); bogegen ift ber SSormunb immer befugt, uac^bem er
einmal bie Sormunbfd^aft übernommen f^at, feine @nt^
laffung ^u begehren, mann immer ein näherer Slnoermanbter ge^
funben mirb*^-).
9iur mä^renb be« 3a^rgange« folt ber SSormunb jur Mtvt^
tung ber äJormunbfc^aft nic^t Dcr{|alten merben; menn [eboc^ beibe
93ormunber bamit aufrieben finb, ober totan noc^ nic^tö in ä3or«
munbfc^aft^gefcbäften ge^anbe(t morben ift, ober menn ba^ 9Bo^(
ber Sü^aifen bie Abtretung oI)ne 3luff4ub forbert, fo ift ed ber
6e^örbe überlaffen, aud) unter bem 3a^re }u einer älbänberung
ju fc^reiten ^^).
Da« 3ofcfinifd)e ®efefebuc^ ^ot burc^ biefe öeftimmungen
bie Tlad^t bed ri(4terlid)en (Srmeffend mefentUt^ er^5[)t ; ber
©treit über ba« nähere Stecht, be.^iet^ungdmeife über bie nähere
^flic^t jur 9$ormunbfc^afti3übernat)me ^at nun audbrücflic^ beu
Sbarafter eine« ^rioatrec^t^ftreite« verloren unb bie £)fftcta(^
t^ätigteit ted 9iid)ter« ift t<i, meiere bie erfprberlic^en @r^ebungen
t>eranftaltet unb fc^üeglid) ;;ur Sntfc^eibung f(^reitet.
^eroor^u^eben ift nur nodj, ba^ aud) nac^ bem Sofefinifc^en
®efcgbud)e ber Sruber bai^ Stecht l^at, uac^ erreichter ©roBJä^rtg^
teit bie 93ormunbfc^aft über feine minberjä^rigen ©efc^ioifter }u
begehren, fo ba§ ber injmifdien befteüte Sßormunb entlaffen mer»
ben fo(I.
''^) ^ofeftnifc^e« @efe^bu4, V. ^aiiptftüd, §. 6.
6») (gbcnba, §. 7.
«») (gbenbo, §. 9.
") iSbenbo, §. 7.
c3j Sbfnba, §. 8.
— 119 -
@(^ou an mehreren @te(ten fa^en mir und genöt^igt, iene
QneQenjeugniffe aud bem öfterreic^ifcieti yitdfU angujiei^en, toel^e
Don ber obrigfettlid^en Seftüttgung ber S3ormünber ^anbeln.
i)>^unnie^r obliegt ed und, biefen ®egenftanb im 3ufammen^
fjange barsufteQen unb bie früher t^eilmeife unb }erftreut angefügt«
ten SelegfteUen auf @tnen $untt }ufammenjutragen.
SBenn ouc^ bie erften ©puren einer obrigteit(ic^en Seftetlung
Don 93ormünbern in Oefterreic^ U)eit über bad 16. 9a^ri)unbert
jurücfreic^en, fo ^at fit^ bennod) bie Sc^re, baß ieber SSormunb,
er fei burt^ leftamcnt, JRe^tdfafc ober burc^ ben 9ii(^ter berufen,
ber obrigfeitlidien Sonftrmation bebürfe, aud) in 9Jieberöfterreid)
nur an bie 9tei4dtagöbefd)lüffe ber 3a^re 1548 unö 1577 über
bie {Reform guter ^olijei angefc^loffen.
t)ie entfc^eibrnbe ®teUe ber eben bejogenen Sieic^dgefe^e,
^bQB ein iegUd^er aSormünber, er fei gleich S^eftamentö*
loeiB t)erorbnet ober bur(^ bad 9tec^t Der diic^ter
gegeben, fic^ ber 93ormunbfc^Qft ntt^t unterhielten foll,
bie aSerroattung fe^e i^me benn guoor burc^ bie Obrig«
feit becernirt unb befohlen" — bilbete in ganj 35eutf4lanb
bcn ®runb gur (Sntn)ide(ung ber ^e^re oon ber fogenannten
„Confirmatio juris germanici", unb foTOoljl biefe reidjd-
gefetjlic^e Sieget, rate ouc^ ber in ben 9tei(^dgefe^en ^iefür an-
gegebene ®runb, ^bamit bie Pupillen unb minberiö^rigen
Sinber unbetrogen unb unoernot^töeilt bleiben", fe^rt
»ieber^olt in ben öfterreid^ifcf|en Stec^tdqueUen rateber, roel^e ben
belogenen JReic^ögefe^en nacbgefolgr finb unb biefelben gum SSor^
bilbe genommen ^abeu.
3)ie hnxij bie genannten 9?eic^dgefe^e eingeführte 6on<
firmation unterfc^ieb fic^ eben burd^ ben pie^t ^eroorge^obenen
Bioect Don ber Konfirmation bed römiid)en 9ied)ted ^), welche baju
bienen follte, bie a}iänge(, meldje bei ber teftamentarifc^en @r*
nennung ber äSormünber ftattgcfunben l^atten« gu feilen; folge«
richtig mußte na^i ben beutfc^red)t(i(4en 8eftimmungen iebedma(
eine Unterfui^ung ber 'iJerfon bed 3Sormunbe« unb feiner Umftänbc
ooraudge^en, roö^renb bie Konfirmation bed römifd)en diec^ted,
menn bie SJormunbdbefteQung t)om SSater ausgegangen loar, bie
XaugUf^feit be« SSormunbed nic^t noc^ befonber^^ unterfuc^te;
es gehörte folgerichtig nac^ bem römifc^en Steckte bie Konfirmation
noc^ i^ur ^eftellung bed ä$ormunbe9, mö^renb ber beutfc^rec^t^
\ii)ti\ Konfirmation bie SefteQung bed SSormunbed ooraudgegangeu
fein mu^te.
$anb bie Obrigfeit bei ber Unterfuc^ung, mel^e ber Kon«
1) »iHborff tt. a. C, I. «b., @. 312-334.
— 120 —
firmation Dorau^ge^en unb tDe(c^e ber 9Sovtnunb ftetd nac^fuc^en
mugtr, bog bie ernannte ^erfoii untaugßc^ fei, fo burfte unb
mußte fie bie untaugliche ^erfon übergeben unb eine anbere
•iBerfon an beren ©teUe jur ißormunbfc^oft berufen, mä^renb fie
fretUcb anbererfeitd o^ne gehörigen ®runb i^re Seftötigung nic^t
Demeigern bnrfte.
^efonberd mug noc^ l^etDorge^oben toeihen, bag aOe $anb^
langen, meiere ber 93ormunb t)or ber erfolgten ^eftätigung oor»
na^m, regelmäßig nichtig unb nac^ einjelnen beutfc^en Statuten
aud^ noc^ mit ©träfe bebro^t n^aren, fon)ie bag bie ^eftatigung
fic^ nic^t b(od auf bie teftamentarifc^ ernannten ober burc^ SRec^t«^
fa^ berufenen, fonbern — nad) bem Haren SBortlaute ber 9iei(^«*
polijeiorbnungen — auc^ auf jene 95ormtiuber bcpg, meiere
bereite Dom 9?i(^ter befteQt morben maren, mien)oi)( rüdficfetlic^
ber l^e^teren ^efteQung ober iBefiättgung meiftend ber 3^^^ ^^^^
nic^t öon einanber getrennt fein fonnten, fonbern in eine ^anb-
(ung }ufammenfte(en.
Senn roiv un^ nac^ biefem Slide auf ba« gemeine Stecht ^^),
an bie Quellen unfere<( {)eimatlanbe0 menben, fo tritt und cor
Slüem bie ^olijeiDerorbnung be* 3a^red 1552 entgegen, meiere
— 4 3a^re nac^ bem öieicftcgefefte bc« 3a^re^ 1548 erfc^icnen —
bad le^tere fic^tlic^ /;um Ü)tufter unb SSorbiibe genommen l)atte.
äl« oberften 3"^^* bejeic^net audj bicfeö ®efe(^, „baS bie
Rapiden unb lIHnberjörigen ^inber unDernac^tailt
bleiben" ^);, ferner »irb, in offenbarem Slnfdjtuffe an bie JReicftd*
gefeite, beftimmt, „bag fid^ nun ^infüro f^ain ©er^ab, (Sr
fei) gleich Jeftament« ober greunbf c^afftroeiß , ober
burc^ unfere nac^gefefete Obrif^ait ocrorbnet, ber
®erl^abfc^afft unberjiel^e, bie SJerwaltung fe^ Smebenn
juDor burc^ biefclb Dbrigftjait juerf^ent unb be*
üol^ten" *).
^{ic^tdbcftomeniger fc^einen benn boc^ bie ^el)ren bed römi^
fc^en Steckte« in 9Jieberöfterreicö bereite bamal« fo fefte SSBurgcl
gefoßt 3U ^aben, bag bie ^eftätigung teftamentarifd;er 9$ormünber
ni(^t9 t)ie( me^r a(cf eine Formalität fein foUte, inbem bie ^olijei«
orbnung beftimmte, bag, menn @(tern in i^ren !£eftamenten
ober legten SQiiQen ben Pupillen 93ormünDer ober ©ergaben
benannten, ed bei folc^er ber (Sltern 93erorbnung bleiben foUe —
unb fo^in bie Slauglic^feit teftamentarifc^ ernannter ÜSormünber
nic^t ber gleich ftrengen Prüfung unterworfen, mie bie^ bei ben
burd^ 9ied)tdfa^ unb ®erid^t berufenen SSormünbern befohlen
würbe.
3) ftraut a. a. &., I. 8b., @. 234 u. ff.
3) Sleform guter $o(i}et Dom 3a^re 1552, gol. XIX.
<i (Sbenba, go(. XXv.
— 121 —
£ie Konfirmation fc^etnt im Uebrigen nac^ bem (^rfc^einen bed
3efel^ed bed da^red 1552 in ber ^ropd nic^t bem gerini^ften
3n)eife( begegnet gu ^aben, minbeften^ fonnten mir in fämmt-
liefen uon @utttnger angeführten (fntfc^eibungen nic^td entbeden,
mad auf bad ®egent!)et( fcbüegen laffen fönnte^).
^ie ©rfefee über ber »^upiUen 33erger^abung unb ä^er^
forgung'' oom 2. äuguft 1631 (repetirt am 10. 9loDember 1684)
unb oom 28. Sluguft 1664 fteigertcn ba« 5Re(^t ber SBormunbfd^afte^
be^örbe, felbft teftamentarifc^e SSormünber aud)u)ci)lte6en, rec^t
roefentlic^, um namentlich ben Slbfall ber ^upiUen oom magren
®(auben ,^u oer^inbern, unb tonnten ^u ber in ber öfterreic^ifc^en
l^iteratur vertretenen ^nfcbauung btnieiten, ba§ jebe SSormunb«
fdjaft in richterlicher fflefteüung »urjle^).
(Singel^enb mürbe bie (Konfirmation ber ißormünber in ber
©er^abfcbaft^orbnung oom 18. ^^ebruar 1669 geregelt, ed gibt
fi(^ aber auc^ in biefem fünfte haii Streben biefed ®efe%ee( funb,
bie ©eftimraungen. beö römifc^en SRedjtc« möglic^ft, feinem ©^fteme
anjupaffen.
9$or ^Uem ift bie aUgemeinc SSerfiigung ^eroorgu^eben,
^ba§ ix(b 9{iemanb eine ®er^abfd)afft an^uniaffen t)abe, e^e unb
3UOor i^me oon ber Obrigfeit ein (Ser^abbrieff ober onbere 45er*
orbnung jufommen*' ') — allein baoon, baß ber (Ser^ab felbft um
bie ^eftätigung nac^fuc^en muffe, ift in bem ©efe^^e feine ©pur
met)r ;^u finben, fo bag rücffic^tlicb ber oom 9?ic^ter befteüten
93orniünber bie ^ÜefteQung ober ^eftätigung in (Sinem Slcte
^ufammen fielen.
^efonbere ^eftimmungen über bie Konfirmation finben fic^
namentlid) unb in offenbarem 3lnfd)luffe an bad römifc^e 9?ec^t
rücffic^tlic^ ber teftamentorifc^en 3$ormünber. @foenfo loie bad
römifc^e Sfec^t angeorbnet ^atte, bag, menn ber rechtmäßige SSater
ober oäterlic^e Slfcenbeut ben 9}ormunb ernannt batte, berfelbe
in iebem t^aUe au^ 9}efpect gegen bie oäterlic^e Slnorbnung of|ne
Unterfuc^ung ber "ißerfon unb feiner Umftänbe ju beftätigen fei, —
ebenfo beftimmte bie (Serbabfc^aftdorbnung, bog ed bei ben oom
Sater, 3l^n{)errn unb Ura^n^errn benannten ©ergaben ,rin allemeg
fein SJerbleiben ^aben folle, fie Ratten benn bamiber er^eblic^e
(Sntfc^ulbigungen eiu/^umenben, ober man befanbe unmiberfprec^«
ticken äJerbac^t unb ©efal^r ber ftinber, in melc^em gatl bie ©ac^en
^nv Erläuterung unb (Srfenntnug ber Obrigfeit ober bed ©eric^td
gefteüt fein follen* ^), — roö^renb „bie oon ber SWutter unb Slnfrau
^) ^Reform (\\\itv ^olii^et Dom 3a6ce 1552, gol. XIX.
«) Codex austr. II, @. 187 ii. 188; ©uttiiigct a. o. O. , @. 628.
"0 (Sn^abfcbaftöorbnung, X. X'ittl, §. 1.
8) §. ö, 1. 6, Dig. de confirroando tutore vel curatore XXVI, 3;
(Ser^abfc^aftdorbnung, II. Stitel, §. I; ftraut a. a. O., I. ^b., ®. 237.
— 122 —
ernannten (Ser^aben nur auf Dor^erge^enbe Srf unbigung btft&ttet* ^),
unb ,,bie nä(^ften Sefreunbten, nur n^enn fie anberft tauglid^
erfunben n)ttrben'', jur Sormunbfc^aft berufen »erben fo(len-^<>).
£)er 9{ed)td^uftQnb, noie i^n bie ®er^abfc^aft0orbnung in
biefent "fünfte gefc^affen fjatu, blieb im ©angen bid }um 3ofefi«
nifc^en ©efe^bucbe votientlid) unoeränbert; freiließ trat aber in
me^r fachen im Codex anstriacus abgebrudten SSerorbnungen bie
9SorfteQung Don einer giemtic^ arbiträren SRoc^t ber SSormunbfc^aft
bei ^efteUung ber Sormünber ftart in ben Sorbergrunb.
@o Derfügte bie ^@tabt fijien $u))i(Ien SRait- Sammer«
Steformation'' nom 29. üpril 1715, „bag nadi Slbfterben ber
Altern ben I)interlaffenen $upi(Ien, menn au4 fci)on eined oon
ben Überlebenben @(tern, bem bie SSormuubf^afft feiner Stinber
ex lege gebührt, Dor^anben ift, nic^tdbeftomeniger SDiitger^aben
Derorbnet merben foQen, e^ möre benn <Sac^e, bog bie Serftor«
bene in bie fibertebenbe Son^^erfo^n ein fonberti^ed Vertrauen
bidfaQ« gefe^et unb ber ©tabt'Slat^ bamiber feine abfonberUc^e
3)ebent(i(^teit ffätte" '^), unb ed jeiate biefe 93erfüguiig gau/^ f(ar,
rvit fe^r mon geneigt mar, ber gericbtlic^en ^cfteQung, rücfft^ttid)
ber richterlichen Konfirmation bed 93ormunbe9 bie übermiegenbfte
Sebeutung etnguröumen; fo enthielten ferner bie ,,3nftruction für
bie bei bem Sanb^äRarfc^aUifc^en ©eric^t in Satfen<@a(ben
oermenbeten 9iec^nung0*^errn unb 9ted)nungd«9Iufne^mer oom
24. april 1725" ^^) unb bie „Sanbmarfc^aßifc^e Oer^abfcftaft«*
orbnuug nom 3. Slpril 1727" i^) beutlidie ©puren Don ber ftet^
gefteigerten Officialt^ätigfett bed Dormunbfc^aftlic^en ®eric^te«,
meiere e« begreiflich erfcbeinen laffen, bog bie gerichtliche ^ra^d
unb bie S^octrin ben Sted^tdgrunb bed oormunbfcbaftlidjeu 'Amtt^
immer me^r unb me^r aM ber richterlichen ^efteüuug ableiteten
unb — roie mir bereit« früher ^eroorge^oben ^aben — Steftament
unb SRec^tdoorfc^rift nur al« me^r ober minber entfc^eibenbe
Seftimmungdgrünbe für bie ricf)terlic4e S3ormunbfc^aft«beftellung
bejeic^neten.
®e^en mir auf bie öfterreic^tfc^e Literatur btefer tf^age
über, jo oerbtent ee {Beachtung, bag Seingdrtler, ber noc^ im
17. 3a^r^unberte fcftrieb, ber Konfirmation im neuen ©iniie nur
in älnfebung ber gefe|^lict|en Sormünber ermähnt; benn in %n«
fe^ung ber teftamentarifciien Tutoren bult er ftd) im SB3efentlic^en
gan} an bie Vetren bed römifc^en {Rechte« unb folgerichtig auc^ au
bie in bemfelben normirte Konfirmation nic^t giltiger (e^twiUiger
0) ®er6abf4oft«orbnuiifl, II. Xitel, §. 2.
<o) (Steuba, Ul. Xitel, §. 1.
11) Codex austr., I. @iip|)(. 8b., @. 787.
12) Sbenba, II. e>uppU ißb., ^. 372.
'3) Cbenba, e. 427.
— 123 —
Srnetiniing, uitb rficffic^tUc^ ber gertd)t(ic^ beftedten 93ormünber,
Don »eichen er unter bem Zittl „de Atiliano tutore et eo qui
ex lege Julia et Titia dabatur'' ^Qube(t, fte( i^m nac^ D^t
beftr^enben ^rajcid Seftedung unb Sonfirtnation pfantmen ^^).
'iDagegen f(^reibt f(^on SSofftuö^^): „Omnis tutela a magi-
stratu defertar, quia ante delationem se tutelae immiscere
prohibitum est", — inbem er offenbor bie SefteQung mit ber Con«
firmotion Denoec^felte. (Sbenfo beruht e« auf bem gleichen SRtgoer«
ft&nbniffe, mennSSoffiud ^®) meiter fdjreibt : „Coufirmanturomnes
tutores, quin etiam pater: quia tutela omnis decreto magi-
stratus defertur: cum inquisitione autem, qui a matre,
avia aut extraneo dati sunt." 93of)iud ^at an biefer ®iüU
bie ®er!)abf(^aft0orbnung fo aufgefaßt, oU ob blod bei ber tefta»
mentarifd^en 93ormunbfc^aft — roenn fie nid)t Dom 93ater au^
georbnet würbe — eine Unterfuc^ung ber ßonfirmation ooran*
ge^en mö§te.
S)en richtigen @tanbpuntt nimmt in biefer ^rage JBannija
ein, »eitler ") bie ßonfirmation fämmtlic^er 35ormünber — auc^
ber rtt^terlit^ beftettten — burc^ ben Haren ^inroei« auf ben
Sortlaut ber ®er^abf(^aftdorbnung begrünber, bagegen au^brüd«
iid) ben 3rrt^um miberlegt, ald feien bed^alb aüe 9$ormänber
al0 S)atto^Slutoren an.pfe^en *^), »ogegen 3o^ann Uba(ri(!^
Donner abermat« fc^on bie bi^cretionöre ©emalt ber 93ormuub«
fc^aft^be^örbe fo ftart betont, baß bie ^ebeutung felbftftänbiger
Detation^grünbe beinahe gan} üerfd^roinbet ^^).
3u ber Don SSoffiuö unb ÜJonner oertretenen anficht —
nelc^e, nac^ Sraut^d Sitaten, aud) in ^eutf^lanb bebeutenbe
Sn^änger gä^lte^*^) — mochte in ^Jicberöfterreic^ aut^ »ieber ber
Umftanb oiel beigetragen l^aben, bog ba^ Siecht ber Untert^ancn ben
größten Sinflug auf bie fpötere Sf?ec^tdentmide(ung ausgeübt ^atte,
unb boB eben bei ben Unter trauen, nac^ bem 3^u9"iff^ ® r enefd ^'),
ber (Sinflu§ ber Dbrigfeit auf bie ©eftellung ber SSormünber ber
na^eju aOein maggebenbe mar, fo ^n^ar, bag biefer ©c^riftfteUer/
al0 er im S3erlaufe ber 'iDarfteUung ber ^erlaffenfd)aft^abt}anb(ung
auf bie 93ormunbfd)aft ju fprec^en fömmt, ber oerfc^iebenen De(a^
tion^grunbe gar nic^t me^r gebenft, fonbern lebiglic^ bie obrig*
teittic^e SSerfflgung atö (Srunb ber S3ormunbfd)aft<$beftcUung be^
^eic^net.
»*) ©eingartlcr a. a. O, <5. 20, 21-24.
<3) SBoffiu« a. a. O., e. 278.
1^) (fibrnda, @. 279.
'^) 8anni)a a. a. O., 6- «52.
*^) (Afbenba, @. 71.
*<) 2)onner o. a. O., @. 9.
'^^) ftxaut 0. a. D. I, @. 287.
-') ©renef a. o. D., @. 265.
.TT K\-,
— 124 —
!X)ad 3ofeftmfd)e ®efe|$buc^ iiat ebrnfoK^ bie (Konfirmation,
aber nur mel^r für bie teftantentarifc^ benannten iinb megen bet
S5ernjanbt|cf)Qft berufenen Sßorniüuber aufre(^terl^alten ^^), »ä^renb
rüdfic^tlic^ ber obrigfeitlic^ beftedten SSormänber bie Sonfirtnation
)(l)on in bem 21cte ber ^efteUung entbalten ift ^^).
£)ie Sonfirmation ber teftamentarifc^ ober gefe^Iic^ berufe^
nen SSormünber gefc^irl^t noc^ bem dofefinifc^en ®efe|e nicbt oon
9(mt^n)egen, fonbern mug t)on biefen S3ormänbern nac^gefuc^t
n)erben; über bie ber (Konfirmation oorauege^enbe Unterfuc^ung
ift übrigen^ im 3ofefinif(^en (S^efe^buc^e nic^t^ entbalten, fo bag
^illle« bem richterlichen ßrmiffen an^eimgefteüt war'^*).
4. Ste^f ttttb "^etpftlAinn^, '^cxmünhn vorjtifi^ragett (petitfb rolan-
taria et necessarla)*
3n innigem 3u)'auinien^ange mit ber burcb bie 9ieic^c<gefe^e
eingefä()rten fubfibiaren ^eftetlung oon 93ormunbern für alle auf
anbere Sltt nidit beger^abte $u))iUen unb mit ber gleictifaUd aü^
gemein eingeführten Konfirmation fömmtlic^er 3$ormünber ftaiib
bie ermeirerte 9Jorforge bed @taate^, nunmehr auä) fämmtltdje
i^äde notljmenbiger ^ormunbfdjaftdbeftedung gu erlunben.
!E)iefe^ Streben Ijat in Cefterrcid) am beginne unfercr ^e*
riobe ju einer meit au«>geDel)nten Sln^eigepflic^t gefüt)rt^ n)a^renb
an bereu @nbe bie Sntmideluug be« dnfiitutee ber ä3erlof(en«
fc^aftdabf^anblung jur t^olge gehabt ^at, bag eine befonbere 9ln«
;;eige beftimmter ""^erfonen regelmäßig nic^t me^r not^menbig mar,
bamit bie 93ormunb[c^aftebe^orbe oon bem ^ebürfniffe ber ®€«
ftellung eiued 93ormunbe^ ^Jlacbric^t erhalte, fo bag bie petitio
necessaria ^uerft aud ber ©eric^tdprapd unb fd^üegUc^ bann
aud) aui^ ben ®efe|}en entfallen fonnte unb quc^ entfiel.
®e^en wir in biefer JDiateric — mie bie« not^menbig ift
— auf ba« römi|ct)e SRec^t ^urüdE, fo werben tt)ir feften, baß nacft
bemfctben bie @rt^eilung oon Tutoren unb Kuratoren regelmägig
eine postulatio üorau«fe(jte, »eldje in bin gälten, mo ber Pflege«
befohlene eine« eigenen Eitlen« unb $anbe(nd fä^ig mar — tute
bei grauen unb bei puberes minores viginti quinque annis
— regelmäßig üon biefem felbft aufi^geften mußte, fo boß äTnfang«
nur inbirecte ein B^^^'^Q ^^F ^^" '^flegebefoblenen geübt merben
fonnte, um i^n }u ber für britte "ißerfonen nott^mcnbigen ßrbit»
tung t)on 93ormünbern gu oermögen.
S33ar bagegen ber Pflegling fetbft nicftt im «Staube, fic^.
•-^2) C^offpiiif^c« ©cfepbii*, §. 20.
") (gbeiiba, §. 22.
2*) (gbcnbo, §. «0.
— 125 —
einen 93orniunb ju erbitten, |o tvurbe bie (Srbittung d« eine
causa popularis angefef)en, fo bog Seber au0 bent 93o(te roie
bei aden pablicis ober populariis judiciis i^ieju berechtigt mor^).
9(u§er biefen (Srunbfö^en über bie fogenannte petitio vo-
lantaria »aren tiac^ bcm lömifc^en dlediie Derfc^iebene ^erfonen
oeipflicbtet, S3ormunber für Pflegebefohlene )u erbitten, unb jnmr
traf biefe SSerpflic^tung bie Stutoren ber nmabig geioorbeneu Su«
ranben unb beren Srben, t$reige(Q||ene be« SSaterd be«( Pflege«
befohlenen unb — »o« un« ^ier am meiften intereffiit — bie
^^erivanbten bedfeiben.
SOßar ed fd/on in früheren 3^i^^n bed römifc^en 9ied)ted an»
erfannt bag Kognaten bed ^flegUng^ inofficio^ — unoerroaubt«
ft^aftlid^ — ^onbeln, »cnn fie i^m feinen SSormunb erbitten, fo
mürbe bur^ eine epistola bed (Septimiu^ ©eoerud bie ^InU
ter 3u biefcr petitio unter bem angebro^ten 9ied)tdna€^t^ei(e
Derpf[icf)tet, bag fie im entgegenftc^enben ^ade nid)t bad Siecht
Ijüben foüe, bie 3nteftaterbf(^aft i^rer ®öl|ne fid) ju oinbiciren,
unb 2i^eobofiud unb S3alentinian ^aben in ^ortbilbung biefe«
@rnnbfa^ed aUe j^nx @uccejfion eine« Pupillen berufenen $er«
fönen, roenn fie i^m feinen j£utor erbeten ^aben, aller ®uccef«
fiondrec^te oerluftig erfiart, »enn ber Rapide in ber Unraünbig^
feit fiirbt, ttelc^e ©träfe 3ufttnian in feinen Onftitutionen für bie
'JRutter nodimato au^^gefproc^en i)at^).
!£>ie 9?ege(, bog für münbige U)tinberiä^rige ein ^Bormunb
erft erbeten merben muffe unb o^ne biefe :^itte nic^t befteUt
merbe, ift in ÜDeutfc^tanb feit bem 9ieic^dtagdbef(^luffe bee(
3al)red 1548 geipis nimmermehr }ur (Geltung gefommen, ba
mi^ bemfelben ben iDhnberiä^rigen ieberjeit bi^ ju i^ren Dogt«
baren 3a^ren SSormünber befteüt werben foUten, bamit fie un*
betrogen unb unDernacftt^eilt bleiben — allein uic^t^beftomeniger
finb bie ©trafen auf Unterlaffung ber petitio uecessaria auc^
in iDeutfc^Ianb recipirt morben^^), n)ien)o^( biefelben burc^ ben
(Sinflug ber !Doctrin unb ^ra^id unb burc^ bie neue ©efejjgebung
in !beutfd)[anb entmeber mieber abgefd)afft ober in getinbere Der«
manbelt mürben *).
^articutarrec^tlic^ mürbe inbeffen in £)eutfd)(anb bie ^fli^t
jur (grbittung oon SJormünbern außer ber ü)lutter, ben SSer*
manbten unb S^egotten, auc^ noc^ anberen ^erfonen, bem 9{ic^ter
be« Orte«, ©eiftli^en, ÜDorfgertc^ten, 3"nftätteften, 3Jac^barn,
^audgenoffen, ^anblung^gefellfc^aftern unb anberen 9}}itbärgern,
^) 9{iiborff a. a. O., I. eh., @. 206.
2) (Sbenba, e. 418.
5) Ar out 0. a. O., I. »b., @. 278 u. ff., bcf. @. 279.
*) «uborff 0. a. D., I. ©b., @. 436.
— 126 —
loelc^e mit bein SBater bed Untnünbigen in n&^erer SSerbinbung
geftonben Ratten, aufertegt*^).
i}la6) biefer turgen ÜDarftedung bed römifc^en yitd^M
unb feiner 9teception in ^Deutfc^Ianb ^) obUegt e« und, an bte
9{ec^tdqueQen unfered {)eimatlanbe9 ju gelten unb gu fe^en, intoie^
ferne bie 8e^re be« römifc^en Weckte* recipirt rourbe unb fi(^ er*
galten fonnte.
@d ift in biefer Segie^ung abermatt bie $o(igeiorbnung bee
3a^re0 1552 ^eroo^u^eben, meiere bie Seigre Don ber petitio
Decessaria bed römifc^en 9?e(^ted recipirt ^at unb mtli^t beut(i(f)
jeigt bag bie auf Unterlaffung ber petitio im römifc^en 9{e(6tc
gefegten ©trafen beftötigt mürben, ungead^tet gletc^a^itig ben ®e«
rid^ten bie S3erbinbli(^teit auferlegt mürbe, non ^mtdmegen für
bie SefteQung tauglicher SSoimunber @orge ;;u tragen.
^ie ^ie^erge^örige @teüe au0 ber bejogenen "^otiieiorb«
nung lautet:
,,@d foden auc^ in allen ©ert^abfc^afften unb Suratore^en,
bie 9){äerter, fonberlicb tnann f^ fi^ mit anberer S^e be^
l^eqraten, unb ain ieglic^er negfter i^reunbt uerpunben fein, ben
Dumunbigen unb uert^unnlic^en perfonen in iard f^rift, ©ergaben,
ober 6uratore0 bei ber Obrif^eit ober ®eric^t, unb ben 9?ait^
^anblern gu begern, aüed bei oerlierung t^ünfftiger Srbfc^affr.
Ob fic^ au(^ guetrug, bad ainer feiner @^ne beraubt, unb mit
fc^äbtic^er unfinnigf^ait beloben mürbe, foU ed ^ie negft obbe^
fc^riebener maffen mit bedfelben perfon unb ©nettem gehalten
unb ge^anbelt merben^). '^
!Die petitio necessaria finbet fi^ auc^ bei @uttinger in
mehreren dntfdieibungen mieber, fomie in Siatt^er'd tractatuä
aureus, beffen SBert in Dielen fünften oon bem ma§gebenbften
@influffe auf bie fpätere ®efe^gebung unb namentlich auf ben
®eri(t)tdgebrau(^ geblieben ift.
@o begießt @ut tinger unter bem @4tagmorte ^Inventarii
Beneficium" eine (Sntfc^eibung oom 1^. SRai 1526, meiere aM*
f priest, boB, i^menn eine SBittib nac^ Slbfterben i^red äRannd
tein 3nDentartum aufrid)tet, unb benen ftinbern teinen
fter^aben begehrt, fie alle ©(ftulben bega^len müjfe''®), unb ffial*
f|er fc^reibt im 2:ractatud III, Sap. XV, über benfelben ®egen«
anb Rolgenb^'e«!: „(&^ begibt ftc^ gu me^rmatö, bog bie ungeDagten
*) Äraut 0. a. O.., I ©b., @. 280; «uborff o. o. O., I. ©b.,
e. 436.
^) !S)iefe gan^e Wlattxit ift bei 9tuborff a. a. O., I. 9b., @. 406
h'\9 437, unb bei Sttaut, I. 8d., @. 278—284, be^anbclt.
^) ¥olt}etorbiiung Dom ^a^ce 1662, gol. XXIIv.
*^) ^uttinger a. a. O., @. 369.
— 127 —
fiinber, fonberlic^, loenn fie im 8anb ni4|t befreunbt fe^n, lang«
fam toerger^Qbt merben, tnittlermett b(etben bie SRütter in i^ren
@fltern unabgefertiget, nu^en, iDürten unb gebrauchen biefetbe
3nn^alt t^rer 93ermäd^t, bie i^nen bie ^lu^ung bi« p t^ter 9b<
ferttgung gegeben. SBeli^e« i^nen aber bermaffrn nic^t geflattet
fein foU, fonbern bieSSittib ift fc^utbig, benf^errn 8anb«
raarfc^all seitlich anjutangen, benen ftinbern ©ergaben
gtt oerorbnen, unb bei benenfelben barob i^u fe^n, bamit fie abs
gefertiget merbe, benn xoo fie foI(^e<( ni4|t t^öte^ unb a(fo Der«
faumen foQ, bie Abfertigung an i^r frlbft ermunbt, fo ift fie fc^ul«
big, flc^ mit ben ftinbern bi§ )U if^rer SJogtbarteit, ober mann
fie mit ©crtjaben oerfe^en merben, um bie S(bnu^ung, fo oiel
bereu mittler 3^^^ eingenommen, )u öergleic^en" ®).
Sßenn ouc^ ©uttinger unb SBalt^er auf bie unterfaffene
petitio anbere §i>l9(n ald bie be0 römifc^en diente« fe$en, fo ift
e9 benn boc^ feinem B^^if^I untermorfen, bag bad 9le(^t ber
i^olijeiorbnung bed dal^red 1552 ftc^ ungeänbert erbidt, ba {a
aucb bie Sanbe^orbnung '}{ieber5fterrei(^9 oom 3abre 1573 im
III. Suc^e, 129. 2:itel, au^brüctlicb bie genannte ^olijeiorbnung
al^ bad in SSormunbfc^aftdfacbfn muBgebenbe ®efe^ bezeichnete ^^),
o^ne in biefer JBegie^ung einer Hb&nberung gu gebenten.
^k ®er^abf(^aft«orbnung bed da^re« 1669, bereu mefent^
(ic^fted ©treben ed gemefen ift, bie Seftimmungen bed romif4)en
SRe^ted na4i Sßdgli^teit mit ®efe|f0fraft audguftatten, ^at aber«
mald bie petitio necessaria unb bie auf bie Unterlaffung im
römifc^en Steckte gefegten ©trafen mieber^olt, ungeachtet bereite
früher fc^on ein deric^tdgebrauc^ fic^ befeftigt ^atte, melc^er bie
petitio in ben meiften t^öQen entbebrtic^ machte unb — na^ bem
3eugniffe ber ©c^riftfteller — bie auf bie Unterlaffung ber petitio
necessaria gefegten ©trafen nacfe unb nac^ auger Uebung fe|te.
^ie entfdjeibenbe @tet(e ber (Ser^abfc^aft^orbnung lautet
folgenberma^en ") :
„!£)amit ein jebmebere Obrtgfeit bie Pupillen allfobalben
erfahren/ unb gebübrenbe XnfteQung berentmegen machen lönne,
ift eine lebe Seiblicbe« ober ©tieff^^^utter, »ie auc^ bie ne^ften
^efreunbten, bie 9Baifen anjugeigen unb benenfelben ©ergaben,
mofern i^nen burc^ SCeftament ober anberen Seiten SBiUen {eine
') SBalt^er a. a. £)., Sractatu« III: ,,Qte e« mit 9b ferttgung ber
Stttfrauen bet) benen üoit 9bel nnb 9erm*€^tanb, nat^ ^rauc^ bed (Sr^«
()er;iogt{)uine Oefterrei^, gehalten mirb." (Eap. XV (@uttinger, @. 971),
»elc^e« dapiiti bte Ueberfd^rift trägt: ,,2)ie Sittib tfl f^ulbig, ben itinbern
na4 9bf}frbnng i^ce« ^an^mirt^«, Orr^aben gu begehren, im gaU bie greunb
ober Dbngfeit barinn faumtg mfiren."
10) ,,$anbttaffet unb Sanbtorbnung be9 (Sr^-^er^ogt^um« Oefierreic^
niüer ber (Snn« tton 1573", gol. 321t.
11) Oer^abf^aft^orbnung, IV. 2:itel, §. 4.
— 128 —
Derorbnet toorben^ Don ^tit i^rer S^iffenfc^afft a(foba(ben gu ht*
gern fc^ulbig. Da aber fe(be^ unb jmac bie Sinmefenben (öngft
fec^d. 9Bo(!^en, bie ouffer Sanbed entlegenen aber breq Tlonati),
fo((^ed anfielen liegen, foQen fie, ba fo((^e 9la(^läffigfett ber
Cbrigfeit JEunbbar würbe, oon berfelbeu/ nac^ Sefunb ber ©oc^en
unb Umbftänben, nidtül^rUc^ geftrafft »erben: unb manu e9 bie
anmefenben Sefreunbten nac^ oerfloffenen fec^d SSoc^en, no(^ bre^
SDtonatl^, bie auger Sanbd Sbroefenben aber nod) fec^d anbere
!S2onat^ barüber anfteben liegen, unb feine rec^tmöffige (Snt|(^uU
bigung begmegen ermeigUc^ für^ubringen f)atten: fo foUen fie bar«
burc^ ben tünfftigen SlnfaU ber ^upitten Srbfc^afft mic auc^ ba«'^
ienigc, wa« ilinen etwa öon folcber Pupillen SSatter, SKutter ober
anberen ßttern auffteigenber Öinie oerfc^afft worbcn, üerlo^ren
^aben.''
(Sine ^fiiiit jur Slnjeige würbe fenter ani) in ber ®er^ab*
fc^aft«orbnung, XIII. Sitel, §. 1, ben ÜKitgert)aben ober ben
(Srben eine« ®erl)aben auferlegt, wenn gelterer geftorben war.
ß« fc^eint, wie bereit« l^eröorge^obeu würbe, biefe ©e*
ftimmung niet)r ber 9ln^ängti(^feit an ba« römifc^e ditd^t, al«
bem ©ebürfniffe ber ^raj-i« entfprungen gu fein, ba ein anbere«
3nftitut fic^ gleichseitig fc^on entwicfelt ^atte — bie ^Jerlaffen^»
)c^aft«ab^anb(ung mit aügemein eintretenber 3uri«biction«fperre,
weld^e 9lmt«^anb(ung ben beftcn 9ln(ag bot, fogleic^ üon älmt««
wegen bie 9?ot^wcnbigteit einer 9Sormunbf4afl«bcfteüung ju er*
t)ebeu.
9iac^ ©uttinger '■'^) war 3U Slnfang be« 3at)rc« 1655 ba«
äBatfenbud) bei ber Siegierung in SBien errid)tet unb f(^on ben
22. gcbruar beft^Ioffen worben, bog man öon allen ®erl|aben,
fo üiel mau bereu erfahren fann, ®eri(^t abforbere, wie Diel
Pupillen uor^anben, in welchem ^Iter unb welcf)er ^onbition fic^ 3eb«
Weber befinbe, wo fie erlogen werben 2c.; au« bem folgenben
3a^re 1656 erwähnt ©uttinger etlicher grageftücfe in 5Baifcn*
fachen, unb unter biefen ben Antrag, „bag e« gut wäre. Wenn
bie @pcrr*Sommiffarien in i^rer SRelation ocrmelbetcn, ob unb
wa« für Pupillen üor^anben wären", unb biefer äntrag würbe
ouc^ gebiaigt unb am 29. Wlai 1656 beffen 3$olljug ber „San^tei"
per decretum, oufßctragen ^'0 ; am 10. 3uli 1656 würbe ein
^Icnarbefc^tug ber ^Regierung gefagt, ^bag bie @perr*@ommiffarien
iebergeit bti ber @perr um bie ^ißupillen, ob bereu Dor^anben,
unb wa« e« mit i^nen für eine Sefc^affenlieit ^abe, fragen, wie
auc^ bie S^eftamente, wofern bereu Dor^anben, abforbern unb
ber {Regierung ein^änbigen foüen" ^^), unb am 26. 3uli 1656 würbe
12) ©uttinger, @. 866.
>3) ebcitba, ©. 869.
'*) (Sbenbfl, @. 771.
— 129 —
noc^ beutltc^er anbefohlen, ^hai bei SSotne^ntung ber Sperre,
bie Sperr« (Sommtffarien aüe^^tit bad S^eftament, }um f^oQe eined
Dor^anben, abf orbern, fic^ quc^ erfunbigen, ob unb mie üie( ^u-
piUen ^intertoffen »urben, n)te alt fie fe^nb unb mie fie mit
9}o^tnen ^eiffen** i«).
Siefe Sefc^Iüffe ber nieberöftertetc^ifc^en Stegierung filierten
bo^^u, bag bie Sperrrelatton, ebenfo mie ^eut^utage bie SlobfaU^^
Qufnat)nie, bie regelmäßige 33eran(a[fung }ur ^ormunbfc^aftd'
befitellung iDurbe, unb baraue erflart ed ftc^ nun, bag bie auf
bie Untertaffung ber petitio necessaria gefegten Strafen außer
Hebung famen, »eil regelmöBig fcf)on burc^ bie geftetgerte Offi«
cia(t{)ätigfeit ber ©eric^te bei ber 3}er(affen[c^aftdab^anblung ber
gleiche ^toed einfacher unb fieserer erreid^t mürbe.
Slu0 biefem ®runbe fann ed un^ auc^ nid^t mel^r tounbern,
ha^ neber bie obbegogene ^Stabt SBien Pupillen 9lait Sammer«
9{eformation Dom 29. Slpril 17 lö'', nod^ bie ^.lanbmarfd^aQtfc^e
Ser^abfc^aft^orbnung oom 3. Slpril 1727* ber petitio neces-
saria me^r ermahnen, obmo^I gerabe bad erftbegogene ®efe^ fi(^
mit ber attgemeinen a3erger^abung ber "ißupilten fel^r einge^enb
brfc^äftigte.
3tu^ bie Literatur über biefe O^^age lägt und ben äSerfaU
ber petitio necessaria ertennen.
3mar fc^tieb noc^ SBeingartler^«) (1674), baß notEi*
»enbigertoeife bie üJhitter für i^re Äinber unb ebenfo oüe gur 3nte*
ftaterbfc^aft ber $upiQen berufenen, fon)ie bie i^nen • pupiQarif^
fubftituirten ^erfonen, benen ^upiüen einen SSormunb begehren
muffen, unb oud| SSoffiud^')- begog bie Don unß oben er*=
iDä^nten Stellen ber ®er^abfct)aft^orbnung unb bejeugte, baß gefe^«
lii^ bie Strafen auf Unterlafjung bicfer ^flic^t noc^ aufrecht be*»
ftanben; allein nac^ ä3offiud' B^^Qi^iff^ W^^ f^on bamals bie
ün^eigepflic^t ber 93ermanbten nal^egu aüe ^ebeutung oerloren,
,benn ba bie Seiten nic^t o^ne Sobtenbefc^au begraben merben
burfen, fo mürben gmeimal in ber ^oc^e !£obtenIiften angefertigt,
&)e((^e an bie competenten SDlagiftrate oerfanbt mürben; biefe
fenbeten bie Sperrcommiffäre ab, meldte in ber Sperrretation über
bad SBorl^anbenfein Don SSaifen berichteten unb Don ben in Saifen«
fachen üerorbneten Statten mürben fobann bie 33orraünber oon
»mtömegen befteflt".
®renef^^) be^anbelte im Slnfc^fuffe an biefe ©eric^tdübung
bie 93ormunbfc^aft9befteüung nur me^r ald einen befonbcren 2:^eil
ber 93er(affenf(^aft«ab^anblung unb ermähnte nic^t einmal me^r
^5) euttinger, @. 866.
*«) SBfingärtler a. q. O., @. 24.
»T ißoffiu« Q. a. £>., @. 281.
1») ©renet a. a. O., @. 264.
C^orinlf^, ?flcrr. 8«nnunbf(^aft«rr^t. 9
— 130 —
einer befonbereii Slnjeigfpfddjt ber SDfutier oöer 3iiteftütetbEn, ba
K il)m beiDnbeiS um ^anbe, IDO fic^ bie ^Jfac^loOtperce tfi l'einei
i^eit no^ gan) ftienge et^alten ifattt, ganj unbiiitbar Dortomnitn
tnugte, bag bei bitfem ^n(a(fe nic^l iämmtUi^e Saifen erhoben
nierben tonnten.
3o^ann Ubalric^ tConiier enbltt^, bcr fein von unS an«
gejogenea lüSerf im So^re 1777, mithin au^ no(^ ju einer
3eit, ba bie (Ser^abfc^aftdorbnuiig Dom 16. (^cbruar 1669 galt,
ff^rieb, fagt au<ibrüdlt(^ '^), bog eS nic^t tnc^r notEjraenbig fei,
ba% bie 5D(utter einen ®erl)aben etbiKe — wie bieS in ber @er'
^abfcbaftSorbnung oorgeft^rieben fei — , bü auf bem 8anbe jebe
Obrigfeit itire UnterC^anen fenne, uitb nenn iemanb Unbetanntet
ftürbe, e6 bei ber SRegietutig, ober faUs er ein ÜJIilitär märe,
bafelbft angejeigi nierben mttffc, unb ba anbecerfeit« in SSien alle
äJerftorbenen cor bem Segräbniffe befc^aut unb bie ^cff^aujettet
an alle @eri(^tefteUen übetbradjl merben muffen, roelc^e au? ben«
felben ganj leid)t erfe^en fömien, nb eine i^rem ©eric^täbejirte
untergeorbnete ^ßerfon barin befinbli{ö fei.
9ia(^ biefet burd) ben @eri(^tägebraui^ etfolgien ftiUfdiroei'
genben ?luföfbung ber petitio necessaria ift e« feljr begtetflii^,
bag bae ^ofefintfc^e ®ef egbuc^ ^*') ben ©eric^trn auftrug, „bei 'Hn'
legung ber Sperre übet atle Uraflönbe bet 93etftorbenfn, bie in
2(nfe^en ber f)intertaffenen Sinber Dbet ber doh i^nen geführten
^ormunbft^afleii eine Sßorfeljung forbern, genaue ^ai^ric^t einju>
jie^eu, unb ba§ ber ^iutter, ben ®rDgeltern unb anbeten
Sßermanbten itroar unter eigener Haftung aufgetragen nierbe, ben
iobfall beö 2jQtet9, befoubetö inen« er außer ber ©eri^tebarteit
bei Se^ürbe geftorben ift, fogleic^ als er benfelben betannt miib,
bem @erii^te anjujeigen, ita^ aber eine ^flic^t, einen ^ou
munb für bie äSoifen gu begehren, biefen $erfonen meber
aufectegt no^l an bie Untetlaffung ber Slnjeige ber aSer-
luft bee 3[nteftaterbie(^teä getnüpft toutbe*.
S)aä ißciblaffen unb Sßerfi^minben ber petitio necessaria
ftonb gejeigterma&en in bem entfi^iebenflen 3"f''t'ii>i^i^°t9E ^i'
ber (Sntwirfelung befl 3nftituteö ber ^Bertaffenft^aftöab^aublung
in Defterrei(^; biefelbe gefteigerte Officiatt^äiigfeit, welt^e ben
9ta(i|Iag bee SSerftotbenen buct^ einen auegebilbeten ®erict|t8'
gebrauch ber Sßert^eilung buri^ baä ®eri(^t unterisarf, menbete
fii^ im 18. 3a^tl]unberte auc^ bem 93ormunbf<f)aftStiiefeci ju, unb
wenn es als ermiefen gelten tonn, bat bte S5eclaffen((|oft«'
— 131 —
Q6^anb(ung fi(6 in 92teber5fterreicf) in il^rer ootten (Strenge )U<
nai^ft bei ben 9io(t)läffen ber Untertfjanen l^eraudgebilbet unb erft
K)on, biefen au« fi(6 auf fammtUc^e SiniDo^ner biefed Sanbe6
au^gebe^nt ^atte^^), fo tann man fic^ anö^ nii^t me^r mun«
bern, bag bie ©runbfö^e über bie 93ormuubfc^aftdbefte((ung, totld^t
bei ben ©runbobrigfeiten adgeniein Derbreitet maren , ob bed
innigen 3ufo^^^i^^^"9^^ )inifd)en 3lb{|anblung^pflege unb 93or«
ntunbfd)aftfifn)efen aud) eine ^lu^breitung erfuhren unb in ben
fpateren allgemeinen ®erid)tdgebrauc^, fomie s^m XtjeiU in bie
©efe^gebung, übergingen.
Suf biefe Seife erflärt fic^ au(^ i^iftorifc^ ber iebem öftere
reictfifd^en duriften befannte 3ufQinin^"b^n9 ^^^ genannten beiben
9{ec^tdinftitute, ber 93ormunbfd)aft nömlid) unb ber S3er{affen«
fc^aft^ab^anblung in Oefterreid), unb ed inirb auc^ einleuchten,
ba^ eine 9{eDifion bed geltenben 9?ec^ted in Slnfe^ung be« einen
3nftttute« ntd|t inol^t möglich ift, o^ne ani^ an eine dteform be«
feiten heranzutreten.
5. ^cfteftnu^ mtPttxn l^ornt&nber*
S!)a« Dormunbfc^aftüc^e 9lmt fann Don einem ober mel^reren
SSormünbcrn gleic^jcitig ocrfcöen werben ; im (enteren gatte fpric^t
man öon 3)?itger^aben, contutoree, concuratores, tt)ct(^e unter*
finanber »ieber in ucrft^iebenen 3}erl)ä(tniffen fte^en fönnen;
einen befonberen gaü ber üKitger^abfd^aft bilbet jene, toüd)C
neben ber überlebenben SDJutter icber^eit, nacft beutfc^em 9?ec^te
Dielfac^ aber aucb neben bem fiberlebenben Später angeorbnet n)urbe.
äugcrbem finben fic^ öielfatfe augerorbentlic^c SJormünber,
fei e« wegen ©e^inberung be« befteütcn SJormunbeö, fei eö für
eingelne Sermögen^maffen unb ®üter beö Pupillen, fei eö für
einzelne ^anblungen unb ©efc^afte.
92a(^ ben angebeuteten ©eftc^tdpunften wollen wir nun bie
^age im (Sinjelnenbefprec^en.
a) lerrufun^, be)if(ung6n)eife i^eflellung mehrerer orbent'
Üd)tx 9$ormünber.
öei bem großen Sinfluffe, welchen ba« römifdie 9?e(^t auf
bie Sludbübung beö öfterreic^ifdien Sormunbfc^aftöwefcn« au«*
geübt ^at unb bei bem fic^tlic^en Streben be« ®efefte« oom 18. ge*
bruor 1669, feine öeftimmungen mögUc^ft bem ©ijfteme be«
romif^en 9?e^te« anjupaffen, erfd)eint e« noüfommen angemeffen,
bie il^rage an bie ©pi^e lu ftetlen, inwieweit fc^on nac^ bem
^0 (S^orinflft), 9{otanat unb Serlaffenfci^aftdab^anblung. Sien 1877,
6. 35 u. ff.
9*
— 132 —
römifc^cu 9tc(i)tc mel^rerc ^erfoncn gfcic^mägig jur aSerroaftung
bed t)ormiinbf(^aftU(^en Slntted ^erongegogen metben fonnten, unb
an biefe grage bie gioeite p reiben, inroiemeit bie cinft^Iägigcn
©eftimmungcn bc« römifdicn SRcc^te« Singang in J)eutf(^(anb
gefunbcn ^aben.
9(^a(^ röraifc^em 9?cd)tc gcloö^rten fämmtli(^e Detationö«
grünbc ber SSormunbfc^Qft bie SDiöglic^fcit, bog für einen Üßünbet
mehrere 35ormünber befteßt würben. 9n 8lnfef|ung teftamentarifc^er
aSortnünber erllärt fi(^ bie« in«befonbere au« bem SRecftte bc«
grblQfler«, über ba« Wedjt ber SSormunbfc^aft unb über bie äu«^
Übung be«fetben miUtürlic^ ;;u oerfügen; biefem ©runbfafee ent*
fprec^enb, tonnte ber Srblaffer nic^t blo« bie !£utef ber f^amilie
gänglic^ entgic^en unb biefelbe fremben ^crfonen übertragen, fon*
bem er burfte ani^ mcbrere SJormünber ernennen, bie Slbmini*
ftration unter benfelben nac^ ^Regionen ober na(^ ©efc^äft«*
gmeigen t^eilen, bie ^u«äbung ber 93ormunbfc^aft einem Siutor
göngtic^ ent^te^en, fo bag biefem bto« iflamt unb @^re eine«
2^utor« (tutor honorarius), aber feine actioen iJunctionen gu*
ftanben; e« tonnte ber Jeftator ^erfonen ernennen, bereu JRat^ au(^
bie SSormünber einholen foüten, unb gwar burften biefe ^erfonen
foroo^t SßitDormünber (tutores notitiae causa dati) a(« auc^
^rembe fein unb e« tonnte ber 2:eftator enbttc^ auc^ bie "Axt unb
SBeife ber SSertoaltung ber 93ormunbfc^aft burc^ einen ober
mel^rere 93ormünber noc^ nö^er beftimmen*).
3ur gefe^tic^en SSormunbfc^aft tonnten ebenfaU« mehrere
^erfonen jugleid^ berufen fein, unb gwar fotoo^I gur agnatiftften
Q(d gur cognatif^en SSormunbfc^aft; ba nämlic^ bei ber ÜDetation
nur bie ®rabe«na^e ben ä3orgug gemährte, n)urben mehrere gteic^
nal^e 3{gnaten, rüdfi^tlic^ Kognaten, gontutoren unb @oncura^
toren, unb erft öuftinian beftimmte für biefen %aü, ba§, tüenn
mehrere im felben ®rabe mit bem Sßünbel oerroanbte ^erfonen
Dor^anben finb, fie beim dube^ gufammentommen follten, melc^er
au« it)rer üRitte einen ober mehrere „©erente«", fo öiel beren er*
forberli(^ finb, ern)ä^(te, iDorauf bann bie anberen in ba« 93er«
^äUniß bloßer SI|rent)ormünber traten 2).
(gnblic^ tonnte auc^ bie S3ormunbf(^aft«be^örbe mehrere
S!utoren unb Kuratoren für einen Pflegling oerorbnen, ba fie ya
felbft ein meit au«gebel^ntere« 3efteQung«rec^t at« ber Seftator
fiatte^).
3m (Segenfa^e gum römifc^en 9?ec^te lannte ba« beutfc^e
SRec^t urfprüng(i(^ nur bie Berufung, begie^ung«n)eife Seftcttung
1) »iiborff a. a. O., I. ©b., ©. 286.
2) (Sbenba, @. 210 unb 244.
3) Sbcnba, @. 376.
— 133 —
eine^ 9Sorinunl)e^ für einen Pflegling; bteö galt namentlid^ tüd*
fic^tli(^ ber fogenannten ^rec^ten Sormunbfdjaft", ber fogenannten
„gebornen SJormünber''; ©aren nämlii^ jh)ei gleich na^e ©cuttert*
magen, be^ie^ungdmeife Kognaten, bor^anben, fo entfc^ieb rücf:'
rt(^t(i(^ ber 93oruiunbfc^Qft bad l^ö^ere W,ttT, unb ebenfo U)Qr t9
bei ben anberen Wirten ber ^orntunbfc^aft 9?ege(, bag ftetd nur
6in SSormunb berufen mürbe*).
'jlu^ fpötcren 3^^^^"' ^ud ^^^^ ^^- unb 15. Sal^r^unberte,
fü^rt jebocb ftrout mehrere S^ueQen^eugniffe an, bag felbft gmei
unb üier SSerkpanbie gleic^jeitig jur SSormunbfc^oft berufen mur«
ben, unb namentli^ intereffirt und ber biedfalld belogene ^efc^lug
be0 Statte« unb ber ©ürger Bremen« au« bem 3a^re 1416,
iDonac^ iebe« ^inb i^ei 93ovntünber, einen oon ber Dätertic^en
unb ben anberen »on ber ntüttertic^en (Seite, ^aben foUte.
3n gleicher Seife bringt ^raut QueKengeugniffe au« bem
13. unb 14. 3a^r{)unberte bei, benen gufolge fomo^I Dom SSater
a(d auc^ t)om ©eric^te mehrere SSormünber für biefelben ^JRünbel
befteUt »erben fonnten.
3n Oefterreic^ unter ber 6nn« fc^eint im 16. 3al)r^unberte
bie gleidjgeitige ©efteüung mehrerer 3Sormünber ein »eit oerbrei*
teter ©ebrauä) gewefen ju fein, n)elc|em bie Oefefegebung —
unb ipie wir fctien toerben, teineötoeg« mit burc^greifenbem @r*
folge — gu fteuern öerfuc^te.
®o fc^rieb fc^on bie oftbegogene ^oligeiorbnung be« 3a^*
re« 1552:
^9{ad)bem tvir au(^ erinnert tuerben, ba« ^e gu geiten
ben ^upiden me^r, al« ain ®er^ab oerorbnet mer«'
ben, unb mir aber bei un« genebigclic^ bebend^en, 2ßo oit ®tx*
{)Qben fein , ba« nuer merer Derl^inberung unb gerrütlic^ait
baroug erfolgt, unb ber Pupillen notturfft, aug urfac^en ba«
ainer one ben anbern nic^td ^anbeln mellen, nic^t bermaffen, mie
ed fic^ gepürt, gel)anb(t, unb oerric^t mirbet, ©o mellen mir,
bad bie Dile ber ©ergaben abgeftellt, unnb gu ainer ©er^abfd^afft
allein ain ©er^ab, ober mo bemeglic^ urfac^en oorljanben, auf
ba^ maift groen fürgenomen unb oerorbnet merben" ^).
(£e f(^Io6 fid) biefe ©teüe be« genannten ®efefee« un*
mittelbar an bie ^eftimmungen über bie gefe^Iic^e 9$ormunb^
fc^aft on unb e« fann mo^l feinem B^^cifet untermorfen fein,
bag bie teftamentarifc^e Srnennung mehrerer ©ergaben babur^
*) Ar out 0. Q. O., I. ©b., @. 224.
5) ^olijetorbnung be« 3a^re« 1652, got. XIXv. SBergl. ßanbtafel für
Oeperre^ ob ber (gnn«, lU. »b., 43. 5tU., @. 666, welche ^öt^flen« 3 Oer-
^aben ^u befleOen gemattete.
— 134 —
UintetDtq^ cingefc^ranft tverben tootitt, ba ja me(me^r ber @4(ug«
fa^ biefed ©efe^e^abfc^nitte^ bem j£eftator ba9 adgemetne 9?e(^t
einräumte, ^in feinem ieftament ober legten toißen feiner ft^inber
unb Derlaffenfc^aft t|a(ben, fonbere Orbnung gu machen ... bei
ber ed bann auc^ bleiben fotle", — unb unter biefem meitgejogenen
Greife ber Sefugniffe fidler ba9 Stecht, teftamentarifc^ mehrere
33ormünber gu berufen, begriffen fein mußte®).
Sldein auc^ in ^nfe^ung ber gefe|}(id|en unb !DatiD«2:ute(
fi^eint bie SSerfügung ber ^oltgeiorbnung nic^t burc^gegriffen }U
^aben; n)enigftend überliefert und @uttinger eine Steige Don
(£ntfc^eibungen, n)elct|e bad ÜBor^anbenfein mehrerer Sormünber
beftatigen.
@o mürbe in einem ^roccffe jttifc^en benen „ffiotffragerift^en
(SBoIf^©agner'fd)en) ©ergaben unb ÜJZattWu« goffer^' am 26.
3uU 1601 entfc^ieben, ba§, n)enn einem Pupillen bie executio
testamenti aufgetragen mirb, beffen ©ergaben bie S^ecution
über fic^ nef)men muffen^); fo mürbe ferner mit Urt^eit Dom
1. September 1637 in einem ^roceffe gegen bie Srben jmeicr
©erl^aben au^^gefproc^en, ^bag ber ©er^ab, me((^er nic^t ab*
miniftrirt, für feine äJiitgerbaben ju fte^en unb t>tn ^upiüen
SRec^nung ju t^un ft^ulbig ift"^); fo entfc^ieb enblid) bie 9le*
gierung am 27. 3uni 1656, „ba§, roenn gmeen ober me^re
©ergaben finb, einer adein bie Se^en ber ^upiUen nic^t em*
pfangen fann, er l^abe benn Don feinen 3Ritgcr^aben eine ab«
fonbertidie ©ematt baju" ^), — unb ed jeigen fomo^I biefe al« diele
anbere bei ©uttinger angeführte (Sntfc^eibungen, meiere gegen
mehrere SJ^itger^aben gefällt mürben, baß ber ©ebrauc^, einem
^upißen mehrere ©ergaben ju beftcUen, ein fc^r üerbrcitcter ge*
mefen fein mußte.
3a aU uac^ ber im 3a^re 1655 erfolgten Slufric^tung bed
äSSaifenbuc^ed bei ber nieberöfterreic^ifdien 9{egierung me^rfac^e
tl^rageftüde in SBaifenfac^en ber {Regierung jur ^eantmortung
Dorgelegt mürben, jeigte ed fic^ gang beutlic^, baß ber ©ebrauc^,
mehrere ©ergaben ju befteUen, nod) me^r über^anbgenommen I)atle.
@o mürbe in einem biefer ^^rogeftüde gefragt, ^ob neben
ber 9)iutter ein ®erl)ab genug fet)e'', unb bie Slntmort lautete;
,,@iner ift genug, menn aber bie äßutter ad secunda vota
fc^reitet, müßte nod^ einer fein"; — in einem gmeiten 3rfl9^ftä<fe
mürbe um Erläuterung gebeten: ^ob, menn ein ®er^ab fturbe,
ber überlebenbe attein ©erl^ab derbleiben foüe" — unb biefe
Srage mürbe nerneint unb aufgetragen, „baß ein anberer ©er^ob
^) Volt^eiovbnung be« 3a^re9 1552, gol. XXIIIv.
') ©Httinger a. a. O., @. 815.
^) öbenbo, (5. 277.
9) (gbenba, @. 279.
— 135 —
ex officio Derorbnet ober Don ben Sefreunbten Dorgefc^Iagen
toerben f oü" ; — cnblid) tourbc rud fid)tlicl) mehrerer Sut^erifc^cr ^u*'
piüm au^bxMlid) betont, „bag, n)enn man ntc^t {loei Sat^o*
(ifc^e ©erhoben ^aben fönne, ntan boc^ minbeftend @inen Sa«
i^oUfc^en ©ergaben befteQen unb biefem bie ßbucatton ber $erfon
anoertrauen, itnb bem Untat^oUfdjen nur bie SIbntiniftration bed
®utc« belaffen foUe" *»).
Sonnte fic^ bemnac^ bie $o(t^eiorbnung bed Sal^rcd 1552
in biefer fjrage bem hergebrachten ,,8anbt«brauc^" gegenüber leine
burc^greifenbe ©ettung oerfc^affen, fo fann e^ und ntc^t me^r
mnnbern, bag bie ©er^abfc^aft^orbnung bed Sa^red 1669 feine««
megd me^r fo energif^ mie bad ®efe^ beö 3a^red 1552 bie
Seftellung eined einzigen (Serl^aben gur Siegel erhoben loiffen
moQte; rüdfic^tücb ber teftamentarifc^en 3}ormunbfc^aft mürbe
bem 93ater audbrudlic^ bad Stecht eingeräumt, feinen Sinbern
„©ergaben" gu benennen ^^); bie ®erbabfrf|aft ber näc^ften ^e*
freunbten ging oon felbft auf ber äKtnberjia{)rigen näc^fte ^t*
freunbte im ©eblüte über, unb bie ®er^ab)ct)aft$orbnung enthielt
nic^t nur feine Seftimraung barüber, ha% unter mef)reren gleic^
nal)en Sefreunbten ba« l^ö^ere Sllter ober bie ricfaterlic^e S3a^I
entfc^etbe, fonbern ed lägt iid) eben au« biefem ®efe|e mit Se^^
ftimmt^eit fc^Iießen, bafe mehrere gfeic^ nal^e SSermanbte gemein*
fc^aftltd^ gur SSormunbfc^aft berufen mürben ^^j; bie rict)tertic^e
änorbnung lonnte fc^lieg(id) ..einen, gmeen ober me^r ©erl^aben''
beftimmen, je nac^bem ba« 2}ermögen be« *ißupißen befc^affen ober
meit Don einanber entlegen fei, unb nur fomeit mürbe ber ric^ter^
litten ©efugnig, mefjrere ©ergaben ju fefeen, eine ©efc^ränfung
auferlegt, „baß bie Dbrigfeit bat|tn gebad)t fein fofle, baß fie
beren fo menig ol« möglich oerorbne" ^^), eine gefeftlic^e ®e»
ftimmung, meiere fd|Iießlic^ fic^ benn bodi nur an bad Slrbitrium
bed 9iic^terd menbete.
10) ©uttinger a. a. O, @. 868—870.
11) @eT^abfc$afteorbnun0, II. Xxttl, §. 1.
12) (Sbenba, §. 2 : ^er »e»et6 imferer ^e^auptung, bog mehrere
gleich na^e ^ermanbte gtetc^seittg gur ä^ormunbfc^aft ex lege berufen tour«
ben, liegt gunäc^fl int §. 1 bed britten Xittli, xotldjtv gan) oUgemein oer-
orbnet, baß bed iD^tnberiäijrigen md)fit ^efreunbete im @eblüte in ber Orb«
nung be« (Srbrec^ted bie ^^ormunbjc^aft )u übernehmen fdiulbig ftnb, o^ne
bag in bem ©efe^e eine (Sriäutemng enli^alten roöre, neld^er Umftanb gmt«
ff^en mehreren gleich na^en ißeTWanbten ben tKudfc^Iag gebe. Sfloäf beutli(^er
erbeut aber unfere ^ebau^tung au9 bem §. 7 be« 16. !£:itel«, in roelc^em
auibröcfltc^ gefagt n;irb, ,,bag, n^enn ein ober meistere $upillen i^re
Sogtba^ren äa^re eneic^en, alfo bog fte i^nen unb i^ren übrigen no4 nnbe^
üogten ©efc^nifirigten Xüo^t unb nü^^li^ oorfie^en (5unen, bie Dorigen <9er«
baben entlaffen nnb ber ober bie !6rüber ald netbfte 3)efreunote ju
©ergaben i^rer noc^ minberiä^rtgen <^efd)R)ifirigten ocrorbnet werben mögen".
13) @er§oMd)afteorbnung oon 1669, IV. Kiicl, §. 3.
— 136 —
3n ber Xfyxt begegnen tx>\x au(^ einigen ber ©er^ab»
fc^aftdorbnung folgenben ®efe^en unb 93erorbnungen, meiere im
Codex austriacus obgebrudt finb, unb int ©eric^t^gebrauc^e
me^rfac^en ^eftimmungen, xotid^e Don ber 93orou6fe^ung aud''
gelten, bog regelntätig einem ^upiQen mehrere ©ergaben beige*
geben mürben.
®o \pta(ti fc^on bie Steformotion ber ^©tQbt föien $u<
piflen 9?ait*Sammcr oom 29. Slprit 1716" i^) allgemein t)on einer
SDIe^rjal)! oon ©erhoben, unb ed tritt biefe SD^atfa^e um fo
flarer fjerDor, alß felbft ben überfebenbcn gltern, SJater ober
äUutter, regelmögig unb gong befönbere göQe abgerechnet, ftetd
ein SDtitgerl^ab beigegeben merben foQte; unb ®renef, metc^er
bad SSormunbfc^aft^ioefen bei ben ©runbobrigfeiten barfteUt, fftht
ee gang befonber« ^eroor, baß in jebem galle, mo beibe ®tcrn
ber ^upiDen oerftorben finb, jn^ei @erl)aben gleichzeitig Derorbnet
toerben muffen *5).
3m entfc^iebenen ©egenfa^e gu bem überlieferten 9?ec^te
ftanb in biefer ^ejtel^ung bad Sofefinifc^e ©efe^buc^ , melc^ed
regelmögig nur (Stnen Sßormunb beftettt miffen moUte.
I)er (Srblaffer fonnte jmar auc^ noc^ biefem ©efefee tu fei*
nein leftamente nic^t nur ben Äinbern für i^re ^erfon einen
33ormunb, fonberu auc^ für i^r ä3ermögen eine aubere ^erfon
al« (Surotor ernennen ^<5); au4 enthielt ba« Oofeflnifc^e ©efe§
bie auöbrücftic^e 3)eftimmung, bag« ber Sieftator bie SSormunb*
febaft unter Ü)ie^rere öcrt^eilen lönne ''); bagegen foUte bie gefc^*
lic^e unb !DatiD<^93ormunbf(^aft rege(ma|tg nur me^r auf @inrn
93ormunb faden unb bem ©eric^te, bie 93ormunbf(4aft unter
3Ke^rere ju oertl^cilen, nur unter ber einjigcn 33orau«fe<jung ge*
ftattet fein, wenn e« bie 3^^f*i^^iiii"Ö o^«^ SOöeitläufigfeit bcö
SCBaifenoermögen« ober bie ®efc^affen|eit ber oorfaüenben ®e*
fc^öfte erforberle.
äu« biefer ©efc^ränfung fowoftt mie au« ber ferneren ain*
orbnung be« ©efefee«, baß bei mehreren 9Sormünbern für ben
eigentlichen ^Derjenige gu galten fei, bem bie ^erfoncu ber SBaifen
ono ertraut morben ; ferner bag bie Uebrigen nur alö (Suratorcn be«
SSermögen« ober alö ©el^ilfen angufe^en feien ^^), mirb man mit
") Codex austr. I. @up|)I. ©b., @. 787.
'^) (dienet a. a. £)., @. 266, melc^cr ou(^ aufü^rt, bog neben ber
fiberlebenben äf^utter iebe^ett ein ®er§ab mit ben genjö^nli^en Sefugniffen,
unb andi neben bem fiberleben ben $ater, memt auc^ mit befc^rftnften 9e-
fugmffen, Derorbnet merben foQe.
^^) 3ofefimfd|es ©efe^bu^, Y. ^au^itflfid, §. 1.
^"0 (Sbenba. §. 76.
IS) (Sbenba.
9
— 137 —
«
9?e(^t fc^Iiegen mflffen, bag bad 3ofefinif(^e ©eje^buc^ im SBc^
fentiic^en beftrebt toar, bad 9[mt bed 93ormunbed einem einzigen
ä)2anne Qu^utragett, unb bog mehrere beigeorbnete 93ormünber faft
nur in Slbfic^t auf beftimmte SSermögen^maffen ober mit WXd^
fic^t auf beftimmte ©efc^öfte oerorbnet merben burften.
@o toar ed benn abermals bad 3ofefinifc^e ©efe^buc^, xotU
d>e« bem überlieferten ganbeöbrouc^e, ber ber ©erufung mehrerer
^erfoneit }ur SSomtunbfc^aft fo fe^r günftig geroefen toar, ent^
gegentrat, unb man roirb bemnad^ ben heutigen 3uft^>i^/ melc^er
foft audno^m^Iod nur me^r bie 9lmt($fü^rung burd) Qinen 93or^
munb fennt, unb in n)el(^em bie gletc^jeitige Berufung mehrerer
Sormünber ju ben ftußerften ©ctten^eiten \ä%\t, auf ba« Sofe«*
finifc^e ©efe^bu^ ate bie biedfadd öltefte Slec^t^queae, jurücf^
führen muffen.
b) Berufung oon iD^itger^aben neben bem I6ater, ber iDtitttei*
unb (Srogmutter.
©0 fe^r bie Literatur be«^ oft erreich ifc^en Siebte« nac^ ber
JReception bee römifc^en 9?ec^teö beftrebt gewefen ift, bie römif^c
Terminologie auf fflmmtlic^e ^eimifc^e ^ec^t^oer^ältniffe anju^
toenben; fo fe^r in 9iec^t«büc^ern unb in berSiteratur, unb namentlich
in ber le^teren, oon ber oöterlic^en ©emalt in einer SBeife gcfproc^en
tourbe, welche ba« aWigoerftänbuig einfeiten fönnte, al« fei bie
prioatrec^ttic^e älb^ängigteit be^ ülius familias bed >römtfd|en
9?e(^te^ in Defterrei^ recipirt morben — fo entfc^iebcn m\x%
ed bennot^ bicfec roraanifirenben ©pracftnjeife gegenüber auf*
ret|ter^alten »erben, baß bie öfterreicbif^en Oefefee baö SBer^ält*
ni§ beö SSaterö gu feinen Äinbern wefentlic^ nad) bem überliefere
ten beutfc^en Stetste aufgefaßt ^aben, bag bei ben bebeutenbften
©(^riftftellern, SSoffiuö unb öannisa, bie oätcrlidie ®en)alt au«*
brücflic^ aU SDiunbium begeid^ner, baB oielfac^ jened S3ermögen,
»el(^e« ben ^upiüen oon ber früher oerftorbenen iDiutter ange*
fallen ift, gang befonber« ^eroorgel^oben unb in biefer Segietiung
oon einer 35ormunbfc^aft be« 95aterö in sensu stricto, öon einer
eigentlichen oöterlit^en SSormunbfi^aft, gefprot^en wirb.
!JDen beutUc^ften Seleg biefer 9lnf^auung gemährt ber Um^
ftanb, bag bem SSater nac^ bem 9te(f)te be« 17. unb t^eitmeife
no(^ be« 18. da^r^unbertd oielfad^ ein ^htoormunb beigegeben
n)UTbe.
3n)ar bie ^oKgeiorbnung beö 3a§re« 1552 enthielt über
bie ©eiorbnung oon SKitgerbaben für ben 93ater noc^ nic^td,
loelc^' Se^terer, ,,n)o fi(^ guetragt, ba| unoogtparen ^tnbern 2)2üe»
terlic^e ober anbere aigene (Suetter erblichen anfallen, auc^ o^ne
erf^entnuS ber Dbrigfeit ®er^ab ift"i)- «öein ft^on tn ber
^oligeiorbnung, %e\. XXIIv.
-..rr
— 138 —
©er^abfc^oftdorbnung be^ 3a^red 1669 »urbe e^ ber Srlenntnig
ber Obrigfeit Dorbe^a(ten, ob bem über(ebenben 93ater SRitger*
^aben ju^uorbnen feien, unb DoQenbt^ menn ber S3ater jur jtceiten
(S^e fc^ritt, foQte bie Dbrigfeif in (Srroägung gießen, ob i^m
QUd ben muttertidien ^efreunbten ein ^Htger^ab ju objlun'
gtren fei 2).
!t)iefe Stec^tdanfc^ouiing erl^te(t fic^ aud^ im 18. 3al^r^un<
berte burdige^enbd ; bie „@tabt Pupillen diait Sammer 9{eforma«=
tionoom 29. Slpril 1715" oerorbnete fc^on ganj allgemein, ba§, wenn
uud| ein (£(terntl^ri( dor^anben fei, bem bie 3$ormunbf^aft feiner
^nber ex lege gebül^re, nid^töbeftomeniger 3)2itger^Qben oerorb«
net merbcn foQen, ed fei benn, bag ber oerftorbene (S^egatle in
ben Ueberlebenben ein gan^ befonbered S3ertrauen gefegt, unb
bog bie Obrigfeit boh^iber nic^td eingumenben ^ötte, unb ©renet
be^eidinete ed ate feftftel^enben ©ebrauc^ am Sanbe bei ber
^eoormunbung untert^änigcr SBaifen, ha^ bem S3ater jieberjeit
ein äßitgerl^ab beigegeben merbe^).
3Rit bem ©^fteme bed Sofrfinifc^en ©efe^buc^e^ ^) koar
ein 3Ritger^abe neben bem SSater mo^( nic^t me^r vereinbar;
ber 93ater fjatte /^mar auc^ nac^ biefem ®efe(bu(^e rüdfic^ttic^
bed 93ermögend feiner ^inber bie ©teUung eine^ 93ormunbed
unb burfte fic^ bal^er o^ne gerichtliche SinantiDortung bed ünb«
liefen SSermögend nic^t anmoffen; ed fonnte auc^ ber ä3ater t>on
ber 93ern)a(tung megen grober ä3erf(^u(ben entfernt toerben, allein
für einen IDhtger^aben mar bennoc^ im 3ofefinifc^en ©efe^buc^e
fein 9iaum , meil ba^fetbe ben @inf(ug ber gamilie auf hie
93ormunbfc^aft^fül^rung gänjHc^ au&gefd)(offen ^atte, unb ber bem
^jjater beigeorbnete 3}{itgerl^abe fomo^l nac^ ber ©er^abfc^aft^««
orbnung bed 3a^red 1669, mie auc^ nac^ bem oon ®renet
bejeugten ®eric^t«gebrauct)e, meift „au« ber mütterlichen gi^eunb*
fc^aft", a(fo gemiffermagen a(9 9?epräfentant ber gamitie/ ange^
fe^en mürbe.
Sa« bie S3ormunbfc^aft«fü^rung burc^ bie äRutier betrifft,
fo l^aben mir fc^on oben ()ert)orge^oben, bog nac^ aden 9lec^td«
quellen biefer ^eriobe ftetd ein ober mehrere äßitger^aben ber
^tutter ftönbig ^ur Unterftu^ung i^rer ^eruföpflic^ten beigeorb«
net mürben.
^ie ^olijeiorbnung bed 3al^rr« 1552 (ie§ bie äßutter pr
93ormunbfc^aft äbert)aupt nur »»nac^ @rfenntnig ber Oberfeit ober
beö Oeric^t» unb ber 9taitl^anbler unb mit einem SKitger*
Ijabengu" ^); bie ©er^abfc^aftöorbnung, meiere, eben fo mie mehrere
^) ©er^abfc^Qftdotbnung, III. X\tt\, §. 5.
3) ® r c n e f Q. 0. O., @. 266.
*) Sofefinift^e« ®cfe|jbii(^, IV. ^ouptnüdf, §§. 22—25.
^) $o(i)etorbimng bom 3a^re 1652, go(. XXIVv.
wjr^
— 139 —
anbere öfterreic^ifc^e 9{e(^t^queUen, bie mfitterlic^e ©er^abfc^oft
auf ein atted Sanbe^^erfontHien jurüdfü^rte^)^ Derorbnete, bag ber
9ßutter ieber}cit Don ©ericbt aud neben i^rer $eftöti()ung ein
ober ixotx unt)erb&(^tige SRitger^aben aud ber t^reunbfc^aft }u»
georbnet n^erben foUen, n^etc^e neben i^r fokDo^t bie ®er^abf(^Qft
gunerroatten old auc^ bie iRaittung ju führen ^oben, unb bie ge«
fatnmte Literatur unb $ra^d bezeugt, Dag ber 9){utter bte SSor:»
munbfc^aft^fä^rung niemals allein beioffen mürbe, fo bag felbft
bie Weform ber ffiiener Pupillen SRoitfamnier öom 29. ä^jril
1715 ^), toelcfte ed bem Srineffen be« ©eric^te« an^eimftcüen
moUte, in befonberd berucffi(^tigimgdn)ürbtgen t!aUen ben einen
flberlebenben S^egatten oQein jum ®erl)aben }u benennen, rüd«
fic^t(i(^ ber ®er(|abfc^aft ber SD^utter nid^t bur^gegriffen }u ^aben
fc^etnt.
!Dad dofefinifc^e (Sefe^bucb, n)el(^ed auger ber ä)2utter auc^
no(^ bie ®ti)g:> unb Urgrogmutter pr Sßormunbfc^aft julieg,
Derorbnete ebenfaQd bie Seiorbnung eined SJHtuormunbe^, meieren
bie 3Kutter oorfc^Iagen fonnte, ben aber ba^ ®eri(f|t ^u beftättgen
unb, xoo eö eine eigene SBa^l traf, oorjugdroeife aud ben äln«
oertoanbten gu n7äl|len ^atte^).
!£)iefem 9)iitDorntunbe fonnte fott)O^I bie 3Rutter ald auc^
bad ®eri(^t bie SSermögendüermalturg auftragen; bann xoax er
aber eigentüd) nic^t me^r SRitDorntunb, fonbern Kurator, ber
ber SSorntunbfc^aftdbe^örbe für bie gefammte ©eba^rung mit bem
äRunbelüermögen Derantn7orUi(^ roar^).
c) Berufung oon ^ormünbern für einzelne ^^ermögeudmaf fen
ober iur ^Borna^me einjelnei dtec^t^gef c^dfte.
3Re^rfac^ fommt ed im öfterreic^ifc^en 9?ecbte Dor, bag neben
ber Daterlic^en unb ber orbentlic^en 93ormunbfd)aft ein auger*
orbeniUc^er SSormunb für beftimmte 93ermögendmaffen ober für
beftimmte 93ermögendbeftanbtt)ei(e, beftellt n)urbe.
3n erfter «inie »ar ed bie recipirte Se^re be« Slerritoriat*
principe«, tt)el(^e eine 93ormunb)c4aftdbefteIIung in einem ber @rb«
fönigreic^e unb Sauber auf bie in einem anberen (Srblanbe ge-
Ugenen unbemegüc^en ®üter nic^t audbe^nen lieg; befag ba^er
ber $upiQe unbemeglic^e ®üter in mehreren Srblanben, fo ent^
ftanben don fetbft üerfc^iebene SSermögendmaffen, n)elc^e mög-
lic^erkueife Don jti)ei Derfc^iebenen 33ormünbern oermaltet würben,
^) (Ser^abfciiaftdorbnuug, III. 2:tte(, §. 2; oerg(. auc^ ©uttinger,
@. 279; ©edmonn o. a. £)., <S. 617.
") Codex austr. I. @uppf.*©b., @. 787.
«) 3ofefiiiifc^e« Oefe^bu^, V. ^auptflücf, §. 13.
^) Sbenba, §. 14.
— 140 —
namentlich aber iebergeit unter Dem ©c^u^e unb ber Oberauffic^t
jmeier Derfc^iebener 93ormunbfc^aftdbe^örben ftanben.
filar (prac^ fi(^ fc^on über biefen $unft bie (Serl^abfc^aftö»
orbnung beö 3a^redl669 an^, me((^e aber bennoc^ am^ beftrebttoar,
bad ^efultat gu ergtelen, bag Don ben oerfc^tebenen 93ormunb«
f4aft«be^örben biefelbe ^erfon ^um SSormunbc befteüt »erbe,
unb j^toax eben jene ^erfon, toelt^e bo« ©eric^t, unter wetc^era
ber Sobfall be« SSater« beö Pupillen gefc^e^en ttor, ium 33or*
munbe beftedt l^otte.
!Diefeö ©eric^t foflte, ^»enn ber ^upiüe in JBö^men unb
SDMl^ren ober in anberen Sänbern gelegene ®üter l^at, barob [ein"
— toie fitft baß ©efefe au«bräcft — , ^bomit fol^c ®ert|oben
Derorbnet »erben, »iber meiere bie anberen Sanbeßobrigfeiten
fein biUige^ Sebenfen ^aben fönnen, unb eß foQte biefe Dbrig«
feiten burt^ regelmäßige (Sompagfc^reiben erfuc^en, bag fie i^nen
bie in biefem Sanbe oerorbneten ©ergaben, gegen Ceiftung beffcn,
»aß adborten ge»ö^nli(^, aud^ »oQen belieben (äffen" ^).
@ß ift auß biefer ©teile f(ar unb beutUd) ju erfe|en, bag
eß nur guter SBiüe ber Obrigteit beß anberen Sanbeß »ar, ben
Don ber ^erfonalinftan^ beftedten SSormunb au^ in älnfe^ung
beß dnter i^rer Ourißbiction gelegenen ©uteß ju ernennen unb
eß fonnten auf biefe SBeife für einjelne ©ütcr, rücffit^tlit^ ©er*
mögenßmaffenr mehrere 93ormünber befte^en, »e((^e Don einanber
unabl)öngig unb Derfc^iebenen OberDormunbfc^aften Derant»ort«
lic^ »aren.
5Daß Oofefinifc^e ©efefebut^, »etc^cß einerfeitß ;^war bie
9iecl)tßein{|eit in ben öerfd^icbeneu Königreit^en unb Sänbern be*
reitß lebliaft anftrebte, »ar anbcrerfeitß bcnn boc^ nic^t bajn
gelangt, bie in ber ©er^abfc^aftßorbnung niebergetegte älnfc^auung
5U burti^brec^en.
äuc^ nac^ bem Sofcfinifc^en ©efe^e erftretfte fit^ bie SSor*
munbfd)aft nur auf bie 93er»a(tung beß in ber ^rooin} befinb«
liefen SSermögenß ''^), unb »enn bie SBaifen ©ütcr in mehreren
^robinjen l^atten, fo ftanb ber Se^örbe jeber ^rouinj baß 9le(ftt
}u, über baß barin gelegene ©ut einen Kurator gu beftellen^).
9lur fomeit f)atte baß dofefinifc^e ©efe^buc^ eine 9lb»ei(^ung
Don bem früheren 9ie(^te eingefül^rt, bag ber (e^tmiUig benannte
93ormunb unb ber nac^fte Slnoermaubte, »enn er in biefer $ro«
i^inj tauglich befunben »urbe^ ben SSor^ug l^aben foHte, »ogegen ber
in einer ^roDinj üon bem ©eric^te beftetite S5ormunb
auf bie 3Ser»aItung ber in einer anberen ^rooiu} gelegenen
©üter fein öoraüglic^eß SRec^t ^atte.
1) Oci^Qbfc^QftÄorbwuiig, IV. XittU §. 3.
^) 3ofefiiiifd)e« @eff<jbu4, V. ^jouptpüct, §. 23.
— 141 —
Sber auc^ bann, n)enn in ben tne^reren ^roDinjen eine
nnb biefelbe ^erfon gum 3$ormunbe beftcUt ivorben toax, mugte
nad^ bem Sofefinifc^en ©efe^e iebe SSenvaltunq befonberd gefä^rt,
bie 9?e4nung jur ^e^örbe jieber $roDin} gelegt unb burfte bad
9$ermögen einer ^roDinj mit bem SSermögen ber anbeten $ro«
Din^ nic^t vermengt iDerben, road jeboc^ nic^t ^inbern foQte, ba§
ber Ueberf^ug ber Sinfünfte in einer, jum ©eften ber Söaifen in
ber anbeten ^rooinj Dern)enbet merben mochte '^).
3lber auc^ noc^ einen anbeten ®runb führte ba^ 3ofeftnifc^e
@e|e^buc^ an, aue roeldjem neben bem orbentlic^en regelmäßigen
ein außerofbentlic^er SSormunb für beftimmte ®üter beftellt roer*
hen foiinte.
Siennnamlic^ bad3$ermögen0eined9){änbe(6 and ® ef c^Ie c^t^»
gutem, ju benen ber alleinige äßanne^ftamm berufen
mar, unb aa^ freien (Sütern beftanb, bann foUte bem nä(^ften
Sern^anbten, menn er auc^ Don ber n)eib(icf|en @eite DertDanbt
©ttr bie SSormunbfc^aft unb äJcrtüaltung nic^t nur über bie freien,
fonbern auc^ über bie ©efc^Mt^güter anüettraut merben ^),
wä^renb, »enn ber aJJünbel nur ®ef4l(ec^t«güter ^atte, bie SJer*
»anbten oom SDhnnedftamm Dor anberen, obtDo^t näheren Ser^
»anbten, ben 93otsug l^atten^).
@d foQte aber febed biefer beiben äSermögen nic^t nur üom
äSormunb unoermengt erhalten unb über j[ebe SSermaltung be>
fonbere SRed^nung gefüt|tt n)erben, fonbern, menn bie gemein«
fc^aftlic^e S3eriDa(tung bem SBaifen nac^t^etlig ober fonft eine
o^enbare Ü^or^menbigfeit ju einer gefonberten SSermattung Dor^an«
ben mar, foQte bie ä3ormunbfct|aft, be^ie^ung^meife bie Sermaltung
über bie ©efc^lec^t^güter, einem 3lnbeten anoetttaut merben.
aber nic^it blo« für einzelne SJcrmögenömaffen,
fonbern auc^ für beftimmte ®efc^äfte lonnten fc^on na<^
älterem {Redete fpecietle SSormünber ober ßuratoren
be|m SDtünbel beftedt m erben, unb ebenfo tonnte bie Ernennung
anfeerorbentlic^er SSormünber toegen einer üorübergel^enben S3er*
^inberung bed orbentlic^en SSormunbed eintreten.
üDie ^oligciorbnung be« 3al)refif 1552 traf bieöfaü« fc^on
bie SSerfügung, bog, wenn ein Slgnat ju einem i£^ei( be«
@ute« be« ^upilten Slnfpfuc^ l^ätte, biefer Umftanb jur Snt*
fc^ulbigung bed ©ergaben nic^t ^inreic^en, fonbern ein curator
in litem beftellt merben folle, ber bie ©ac^c gegen ben ©erl^aben
auÄjttfu^ren ^ätte^), unb au« eben biefer ©teile mirb man mit
^) Sofefintf^e« OefefebiK^, V. ©au^tpüd, §. 24.
*) ebcnba, §. 25.
*) Cbenbo, §. 19.
^) (ähtnhQ, §. 18.
^ ^olijeiorbnung, gol. XIXv.
— 142 —
Stecht fc^liegen muffen, bog eine fo((^e SuratordbefteQung auc^
erfolgen burfte unb tnugte, menn nac^ angetretener 93ormunb'
fc^aft fic^ ein {Rec^t^ftreit ito)ifc^en bent SOtunbet nnb bem 9$or«
munbe ergeben foßte.
(SbenfaQd auch ein augerorbentlic^er ^orntunb, ein @u^
rator, foHte bent SDtitnbel gegeben n)erben, menn ber näc^ftberufene
^ermanbte )3on ber Dbrigleit gu grogen 9(enUern ober gu einer
großen 9leife fürgenommen toürbe ^), unb auf analogen ®rünben
beruhte ed, menn bie äßutter — n)e(c^e ya audj Öberger^abin
mar — na(^ ber $oli}eiorbnung burc^ (anbere) ©ergaben abge<
fertigt, begtet)ungdmeife i[)r älnfprudi an bad SSermögen i^red
(i^egatten flargcftcüt toerben foüte®).
^ie ®er|abfc^aftdorbnung Dom 3af)re 1669 machte t)on
bem Steckte, befonbere äJormünber unb Kuratoren gu befteUen,
einen nod^ au^gebe^nteren ©ebrauc^, meieren inbeg bie fpatere
$ra^i^ noc^ met|r erweiterte.
95or Slttem foUten nac^ biefem ®cfefee bie ber SÄuttcr bei»
gegebenen SSitger^aben allein hit 9lbfertigung ber a){utter Don
ber aSerlaffenfc^aft beforgen ^^) unb fie waren in biefem ebcnfo
wie in bem weiteren i^aUe al0 augerorbentUc^e 93ormünber angu^
feljen, wenn fi^ fonft ©trittigfeiten gwifc^en ber SJlutter unb
ben ^inbern ereigneten, in benen bie ^itger^aben allein ber Sin*
ber 9totl^burft auf ba<$ Sefte gu beobachten Ratten.
®ang analog J^attebieOberoormunbfc^aftnac^bem genannten
(äefet^e ben unüogtbaren Sinbern auc^ bann befonbere ®ert)abeu
^ur älbt^eilung gu oerorbnen, wenn bie gur gefeglic^en 9$ormunb«
fc^aft berufenen bogtbaren trüber ))on ben unDogtbaren noc^
nic^t abgetl^eilt waren ^^), unb auc^ aud biefer ©efetjedbeftimmung
tonnen wir f^ließen, bag iebed 9te(^tdgef(^äft, welc^eö gwifd^en
bem S3ormuiibe unb bem SOtünbel wa^renb ber Stauer ber ä}or^
munbfd^aft gefc^loffen werben follte, 3lnla§ gur ©cftellung auger*
orbentlic^er 93ormünber unb Kuratoren werben fonnte, wie bied
für ben gall, al« ein geringfügiger ^roceg gwifc^en bem SSor*
munbe unb ben "ißupillen beoorftanb ober obfc^webte, audbrücflic^
öorgcfc^rieben würbe ^2).
^ugerbem aber führte bie ©er^abfc^aft^orbnung noi} eine
befonbere 3lrt augerorbentlic^er ä3ormünber ein, welche fic^ in
Defterreid^ fobann ungemein ft^nell öerbrcitete.
@d würbe bem ©erbaben geftattet, wegen fc^werer 3itö)t^^
fü^rungen gegen britte 'JJerfonen einen befonberen curator ia
8) ^oltseiovbnung, RoI. XIXv.
») C?bcnba, gol. XXllI.
^ö) Oer^abWafMorbnnng, III. Xitel, §. 3.
") (gbcnba, III. Kitel, §. 9.
") ebmba, n. Xüel, §. 2, 6.
■
— 143 -
litem gu begehren, Q)e(d)er Kurator bann gegen biQige ^eftaßung
pgeorbnet ronrbe, um für bie SRcc^töfül^rungen gu forgen, unb tücU
(ber fobann biefelben neben ben anbeten ©ergaben }u Dertreten
^atte *3).
35a aber im beginne ber Sntiüicfetung ber SSerlaffenfc^aft«*
ab^anbUtng in Oefterreic^ biefed 9Serfal^ren noc^ ein bunted ®e«
menge contentiöfer unb officiöfer ©eftionen iDar; ba tndbefonbere
int 3^9^ ^^^ älb^anblung nid^t blöd über bie Slctioforberungen
an bie 93erlafjenfd^aft, fonbern auc^ über bie miberftreitenben
(Srbrec^tdanfprücbe gwifc^en ben Parteien Der^anbelt unb ent»
fdjieben tuurbe, fo fonnte ed nic^t fet)(en, baB bie ©ergaben eben
uie(fad) bie ^erlaffenfc^aftdabl^anblung aU eine ber fd^meren
9{e(it«fü()rungen betra^teten, für »el^e bie ©er^abfc^aftdorbnung
bie Seiorbnung eined Suratord ad actum geftattet ^atte.
3a, ed fc^eint bei ber form(ofen ©eftaltung bed 9lbt)anblung9«
mefend im 18. Sa^r^unberte, ber (gebrauch, Kuratoren jur 9lb'
^anblung minberjä^riger ^erfonen neben ben 93ormünbern ju be«
fteQen, ein fo allgemeiner gemorben gu fein, bag balb eine 9}eil)e
üon SSerorbnungen bie ^efteUung biefcr Kuratoren ber ^ormunb^
fdjaftdbe^örbe gur $fltcbt mad^te, unb bag fic^ biefe (Einrichtung
bid in bad 19. 3abr^unbert erl^alten fonnte.
Sin berebted B^uG^iß liefert bafür fc^on bie „@tabt SBiener
^u|)itlen SRaitfammcr {Reformation üom 29. Slpril ITlö'' ^^), n)eldjc
tiar Dorfc^rieb, bag in allen fällen, mo ed auf bie Slbfertigung
ber Überlebenben @ltern anfomnte, jur 9lb]^anb(ung gefc^ritten
unb n)O^Ierfa{)rene curatores ad actum beftellt unb bei folc^er
ab^anb(ung 9lUed für bie *tßupi(Ien U)o^I beobachtet merben foUe.
92oc^ beutlic^er aber fprac^en ftc^ bie gleic^(autenben (Sbicte
ber nieberöfterreic^ifc^en ^Regierung öom 31. 3anner 1760 unb
ber obberennfifc^en Sanbed^auptmannfc^aft Dom 17. a)2ai 1760
au«^*), nac^ benen jieber^eit neben ben 93ormünbern befonbere
Kuratoren gur 93erlaf[enfc^aftdab^anbtung für minberjä^rige @rben
befteQt merben mugten, fo bag Don nun an am beginne ber
SSormunbfc^aft regelmäßig neben bem orbenttic^en noc^-ein außer«
orbentlic^er 5Bormunb t^ötig loar.
T)a9 3ofefinifc^e (äefegbuc^ ^at bie ^efteüung eigener 3lb»
^anblungöcuratoren nicf)t befonberd aufgenommen, bagegen ^at
badfelbe ganj allgemein oorgefcfirieben, ba§, roenn gmifc^en bem
SBormunbe unb ben SBatfen 9ted^tdftreitigfeiten entftanben finb,
ben SEBaifen ein befonberer Vertreter beftetlt »erben muffe, weicher
13) @ev^abf(4aftdorbHung, XU. Sitel, §. 4.
") Codex austr. I. ©uppI.-Sb., @. 787.
1^) 2)icfe (Sbtcte kourben bem ^erfaJTer au9 bem %v^xnt be« oberßen
<Sftcrt(^t«^ofed fteunblic^ ^ur 2)tdporitton gefteHt.
— 144 —
in^iDifc^en in bie ttoden ^flic^ten bed SSotmunbed eintrete; ba§
bad ®(eic^e ftatt^aben foQe, unb loenn in anbeten gerichtlichen ober
augergeric^tlic^en ^anblungen megen bed mitunterlaufenben SSor^
t^ei(ed be^ SSomtunbed bad 3Bol^( ber Si^aifen QU§er ^c^t gelaffen
merben fönnte^^); enblic^ »urbe im Slnfc^Iuffe an biefe ^eftim«
ntung bie »eitere SSerfügung getroffen, ba§, wenn jroifcften me^*
reren ißaifen, bie ber Obforge bed nämlichen 33ormunbed über«
geben ftnb, 9lec^tdftreitigfeiten entfte^en ober fonftige ©efc^öfte
DorfaQen, n)0 beiberfeit^ ^ort^ei( unb <Sc^aben entftauben ift, feiner
öon beiben ffiaifen oom 35ormunbe oertreten, fonbern einem jeben
ein eigener SSormunb gegeben »erben foüe").
9(d gan^ finguläre Seftimmungen muffen jene 93erorbnun*
gen be;\eic^net werben, welche für bie gälte ertaffen »urben, »enn
ein 9RünbeI eine ^anbtung ober ein Sergmerf, be^ie^ung^weife
Sergwerföant^eile, befag.
3n 3(nfe^ung beti$ erften ^aüt^ ffatu bie 93erorbnung über
„^anbIung«fortfü^rung in ben SSerlaffenfc^aften" öom 28. Sänner
1765 ^^) bcftimmt, ba6 ber SWitger^abe, »elc^er ber SKutter juge*
orbnet fei, fa(td berfelbe nic^t bem ^anbel^ftanbe einoerteibt xoäxt,
niittelft ber commercieüen 55e^örbe im ^anblnng^mefen befonber«
geprüft unb fobann einem Kurator gtei^ in @ib genommen roer«
ben müffc; für ben gtoeilen ^JoU »ar burc^ bie f)of betrete Dom
15. December 1783^9) unb uom 9. 2ßai 1785 20) beftimmt morben,
t>a%, »enn ber 85ormunb gur guten 5Ber»a(tung eine« Sergmer!«^
Dermögen« bie erforberlicfien gä^igteiten nit^t bcfifte, i^m ein bcrg»
njerföocrftänbiger Slffiftent gur SSermattung ber Sergtoerf«*
eutität beigegeben merben muffe.
3Bir fönnen auc^ biefe äßaterie nic^t ft^Hegen, o^ne eine furje
allgemeine Semerfung jum ©c^tuffe beizufügen.
jDa« yiti^t, wie e« fic^ im 3o fefinif djen (Sefefebucfee abge*
fc^Ioffen ^atte, f^Iog in oerfd^iebenen dtic^tungen einen ®egenfa^
gegen bie frühere {Rec^i^entmicfetung in ft(^.
bleiben mir }unäc^ft bei ber 93ormunbfd^aftdbefteC(un9
ftefjen, fo fe^en mir, ba6 ficö in Defterreic^ lange 3^it noc^,
na^bem ber Sinflug ber gamitie auf ba« 33ormunbfc^aft«mefcn
:^u oerblaffcn begonnen Ijatte, ber burc^ ba« (Sefe^j be« 3o^re« 1669
geftüfetc ®ericf|t«gebrauc^ ber Seftettung mehrerer SSormünber
erfjalten fonnte, melcfier ©ebrauc^ e« bem ®eric^te gleich fe^r er*
möglicfite, eine augenblictlic^e öe^inberung beS einen 93ormunbe0
»0) 3ofefiniMe« @c|e(jbuc^, V. ^auptpcf, §. 63.
17) (äbcnba, §. 64.
IS) Codex austr., @uppl..©b. IV., @. 677.
10) 3. ®. 6. 9^r. 221.
*") 3. @. @. mv. 425.
— 145 —
gu überfeben, ba ja ber aabere SSormunb in biefem ^aQe bie
Steckte be« ^Dhlnbeld ival^ren fonnte.
3e me^r bie fpatere ©eric^tdprajcid aM ber ^meiten ^ö(fte
bed 18. So^r^unbertd bie ^efteUunQ mehrerer üBormünber au§er
Uebung fegte, je entfdiiebener im 3ofefinifc^en ©efegbuc^e bie
9{egel betont mürbe, bag nur (Sin 9$ormunb ben ^upiCfen ge^
geben »erben foQe, um befto bringenber mugte [ic^ ba^ Sebürf«
ni§ augern, fßr beftimmte ^ätle ber Se^inberung, ber Untaug^
(ic^feit ober ber mangeinben befonberen f^a^igtett beö beftettten
@inen Sßormunbed augerorbentUc^e SSormünber ober Kuratoren
auf furj^e ^^\t für beftimmte Oeft^äfte ju ernennen.
t^r biefe augerorbenttic^en ^ormünber galten aber felbft«
t)erftanb(i(^ burc^aud nic^t bie regetmägigen £)e(ationdgränbe ber
äSormunbfd^aft; i^re 3efteQung mar ein 3lct bed rein richterlichen
6rmeffen9, bad auc^ in ber 9ludmal)( mol^I nur geringen ^e^
fc^rftnlungen unterm orfen mar.
@o manifeftirte fic^ benn auc^ in biefer Se^ie^ung mieber
bie SSic^tigfeit ber üDatio«Xutet im öfterreic^ifc^&n 9iec^td(eben,
bie ^ic^tigfeit, meiere i^ren oberftcn ®rünb in bem ttmftanbe
^atte, boB bie 93ormunbfc^aft na^e^u ganj aufgehört ^atte, ^a*
milienfacbe }u fein unb audfc^UegU^ a(d JObject ber freimiUigen
®eric^tdpflege angefe^en mürbe.
IV. gapitel.
^ntretung ier Bormunifdiaft.
SBar nad^ bem öfterreic^if^en Siechte unferer $eriobe ein
Sormunb für einen Pflegebefohlenen beftetlt unb confirmirt, fo
mugte er bie 93ormunbfc6aft antreten; bie ^(ntretung beßanb in
einer SBillenderUärung bed ^J3ormunbed, biefe(f 9lmt übernehmen ju
moUen, metd^e mo^l auc^ ftiQf^meigenb abgegeben merben fonnte.
ÜDie Slntretung ftanb j[ebo(^ mit me[)reren an bereu $anb«
(ungen im mefentlic^en 3u[^^^^n^^^9^/ ^^^ meieren mir im
(Sinjelnen fprec^en muffen.
aSor 3l(lem mürbe bem SSormunbe eine Urtunbe über feine
Seftellung, ein obrigfeitIi(!^ed beeret, bad fogenannte S^utorium
ober Kuratorium/ au^gefleUt, eine öffentliche Urfunbe, meiere }u
feiner Beglaubigung biente.
©obann mußte ber 3Sormunb fc^on feit langer ^eit einen
@ib ober boc^ ein feiertictied SSerfprec^en oblegen, bad 9(mt ge«
miffen^aft führen }u moUen, unb oielfacf) mürbe neben biefem
@elöbnij|e eine ßaution gcforbert; enblic^ ftanb mit ber äntre*
tung ber 93ormunbf(^aft bie (Srric^tung eineö 3noentar^ über
— 116 —
bad ^upidarDermöoen unb uielfac^ auc^ befjeu ©ic^erfteKung burc^
@iegeiung unb geridjtlit^e 1)eponirung bed (Selbed unb ber
@c^ulbbrieff im 3ufam]tien^ange.
SSon biefcn Ocgenflänbcn moücn ttJir nunmehr im Singclncn
^anbeln.
1. jlittrdttttg ber ^0tmnubf4^afi unb Jttts^effimg bes 7onittttibf4aft5T
SRit ber burc^ bte 9{ei(^dpo(igeiorbnungen bed 16. ^a^r^un^
bcrt« eingeführten unb in Deftcrreit^ recij)irten obrigfeittitfien Son*
firmation fämmtlic^cr SBormöuber ftonb bie Slu^ftcUung einer ©c*
fteUungöurfunbe an ben SSormunb im innigften 3ufammenöangc
— tnett^e Urfunbe bem römifc^en {Rechte in biefer SBeife öoÖ^
fommen fremb mar.
3)a3 2)ecret, ba« über bie Sonfirmatiort ht^ SBormunbe«
Don ber Dbrigfeit ausgefertigt mürbe, ^ic§ lutorium ober ßu*
ratorium unb biente ba^u, ben 93ormunb t}or (äeric^t gehörig
^\x legitimiren 1).
Diefe« Dorau«gefd^idt, ift e« natürlich, baß fic^ bie erften
©puren be« ÜCutorium« im öfterreicbifc^en SRedjte autft erft in ber
*ißo(i}eiorbnung bed 3a]^reS 1552 ftnben, me((^e [a au^ ^ter bem
Dier 3a^re früher erfloffenen 5Reic^«gefefee gefolgt mar.
Slusbrücflid^ mürbe jmar einer befortberen 8efteIIung«urfuube
an ben SSormunb in biefem ©efe^e nic^t ermö^nt; ba badfetbe
iebo(^ t)erfügte, „ha% bie S3erma(tung bem SSormunbe burc^ bie
Obrigfeit beccrnirt unb befohlen fein muß**, fo ift e« natürlid^, bafe
biefer ©efe^l in gorm eine« fc^riftlic^cn auftrage« erfolgte, qu«
melc^em fic^ eine üBefteQungSurtunbe für ben 83ormunb i)eraus^
bitten mußte 2).
^tntüäjtx fc^rieb aber fc^on bie ©erl^abfc^aft^orbnung
üom 18. gebruar 1669 üor, baß fid^ S^liemanb eine ©er^abfc^oft
anjumeffen l^abe, ^el^e unb juoor i^me üon ber Obrigfeit
ein ®er^ab*Srieff ober anbere 95erorbnung gugefom*
men fei", unb e« mar bie Sluöfteüung beö ©ecrete« nac^ biefem
©efe^e fd^on fel^r mic^tig, meit ac^t ober oier^e^n S^age nai^
bcffen SniuüviXii — je nac^ beö 9ii(^ter« ©utbünten — bem
©ergaben bie S5erantmortung ber Oer^abfc^aft jugerec^nct mcr*
ben foüte^).
1) Äraut I, @. 241; »luborff II, e. 213.
^) ^oli^eiorbnung üon 1662, gol. XXv. ^ad^ ben im Uebrigen aii9
biefer ^oti^eiorbnung entlehnten 93efHmmung ber Sanbt^orbnung- Oejlerreic^«
ob ber (Snnd (III. S3b., 43. Z'\t, @. 669), roaren bie teflamentarifd^en 9or«
münber, bann bte »on ber greunbfc^aft erfornten ©ergaben ber ^upiSen bt9
^errn« unb S^itterßanbe« ^tecon aufgenommen.
3; ®er§abf(^aft9orbnung, X. £ite(, §. 1. $ter kourbe no(^ titdbefonbere
benimmt, baß ber Termin Don 8 bi9 14 !£:agen nad^ Bu^eClung be^ $or-
— 147 —
lieber bie f^orm unb ben 3n^a(t bed 2!utoriumd enthielt
aber auc^ nod^ bie ©er^abfc^aftdorbnung nidjtd 9ta^ere0, unb
erft bie „@tabt SSien Pupillen Siait Sammer ^Reformation'' Dom
29. atpril 1715 ocrfügte in biefer ©esie^ung, ^ba§ füro^in aßen
befletlenben ©ergaben orbent(td|e Decreta cum succinta instruc«
tione, toie fie \\6) }u oerl^alten ^aben, nebft ^et^rucfun^ ber 9[n«
ja^I, 9ta^men unb Stltcr« i^rer ?iH)iüen, jugefertigt njerben
fotten- ■*).
yiid^t au^bxüälid) in biefem ®efe^e oorgefe^en, mo^( ober
fe(bftt)erftanblic^ mar ed, bag ber iDiutter unb bem ^J92itDorniunbe
gteic^fadd Decrete jugefertigt rourben.
Dagegen »irb beni ffiater »o^l fein folcfte« !J)ecret auöge^
ßedt morben fein, meil er jia au(^ ^one erl^enntnug ber Dbrifait
feiner unüogtporen Sinber (Serl^ab war".
35ie öfterreid;ifcöen ©cftriftfteüer unferer ^eriobc betonen
l^on aUgemein bie 9lot^tt)enbigteit bed üTutoriuntd ''^) ; namentlich ift
e^ @Qnnt)a^), ber ben 3ufo^nien^ang bed !£utoriumd mit ber
Sonfirmotion fammtUc^er 3$ormünber fe^r genau lannte unb l^er«
Dor^ob.
Do« 3ofefinifc^e @efcfebucb') fogte einfoc^, bog iebem 93or*
munbe bei bem. Antritte ber 93ormunbf(^aft Don ber SJormunb^
f^aftdbe^orbe eine gerichtliche ^egloubigung^urfunbe ert^eilt tütv*
ben foQe, bomit er ftc{) boburc^ aQer Orten gehörig ou^«
tteifen fönne.
mutbfc^aftdbecreted ber (öngfle fei, nac^ beffeit S(b(aufe bem Ger^aben bie
Serantnortung toeaen ber l^ormunbfd^aft mitgerechnet merbeit muffe. 2)te9
lonnte aud^ nod) früher eintreten, nenn ber 93ormunb ft(^ noc^ oor (Sr^altung
be« 2)ectete« bte 93ormunbf(4aft angemaßt (atte, ober kvenn bie ©a^e feinen
Süiflanb gelitten trotte, in roetc^rm gaUe bem ^er^aben bie i^erantmortung
»on ber Bett ber erfleu Snmagnng ober ber aufgetragenen ®er^abf(^aft
(aifo unmittelbar oom Beitpunfte ber Buftetliing be« 2)ecretf«) oblag.
*) Codex austr. I. @u)ppl.-©b., <S. 787.
^) ©etngärtler a. a. O., @. 21; 2)onner o. a. D., @. 11 (ber
f^on ben Sn^alt bed !S)ecrete« fe^r öl^nlic^ mit bem ^eute gebrau(^(id^en
angibt, „bog ber Sormur.b bie j^inber d^riftlid^ ju ergießen unb i^re <9üter
a(0 ein emftger Qaueoater t^w oermalten (abe"}*
^) ISanntga a. a. D., @. 68: ^Cnm omnes indistincte tutores Jure
Germanico civili communi nee non provinciali terrarum hereditariarum
coDfiimatione indigeant, facile quivis Intel Hget, eos, qui tutelae nomine
in jndicio agere contendunt, se qua tutores esse confirmatos, per tutorium
vel curatorium probare debere. Non enim sufficit ad le^itimationem tuto-
ris productum testamentum, quo tutor datus est, nee demonstrata sangui-
nis propinquitas, nee formula pacti, sed opus est produetione tutorii."
6. 69: „Nemo sane pro tutore prius habetur, nee qualiscunque tutela
ullum Bortitur effeetum, quam Magistratus, dato tutorio, potestatem aus-
cipiendae tutelae tutoribus testamentariis pariter, ac legitimis et datiyis
concesserit"
^; Dofeftntf(^ce Oefeljbuc^, V. ©ou^Jtflüc!, §. 67.
10*
— 148 —
(Sin näherer 3n^alt biefer Urfunbe mar tDebec in btefem
®efe|e noc^ in bem patente dorn 9. September 1785, 9ir. 464
3. ®. B; totlt^t^ bie Onftruction für bic Suftijftcaen jum (Segen*
ftanbe ^atte, entl^alten.
2. '§0n bn jlngrCdditiig der 90f«ittitber*
!X)a bie öfterreic^ifc^en SRec^tdqueQen ouc^ Dtelfac^ Don einer
juratorifc^en (Saution bed 93ormunbed reben , biefe aber ber
©idjer^eitebefteüung burc^ ben 93ormunb pgerec^net roerben mug,
fo ^at man uoQenbd äld)t ju geben, bie amt(i(^e Slngelobung ber
SSormünber nid)t mit ber juratorifc^en (Kaution gu oermec^feln.
9Bad bie eigentliche ^flic^tenan gelobung burc^ ben 9$or«
munb betrifft, fo mar biefelbe bem älteren r(3mi)(4en mie bem
älteren beutfc^en Steckte gleich fe^r fremb^); miemo^t nun 3u^
ftinian folctie (Sibe für ßuratonn unb S3ormünber oorfcbrieb '^),
fo ftü^te fi(^ bennod) bie 9{e(^tdübung in S)eutf4Ianb nic^t auf
biefe römifdjen ®efet$e, fonbern auf bie 9ieid|dpoli^eiorbnungen
Don 1548 unb 1577^), meiere bie Formel biefe«^ 6ibe6 genau
feftgefefet öatten.
(Sd foQte nömlic^ na(^ biefen 9iei(^di)efe^en ^ber S3ormunb
nac^ befohlener SSertoaltung mit (Selübben unb (£^ben belaben
merben^ bag er feinen ^flegünbern unb i^ren (gutem getreuti^ tinb
erbarlid^ Dörfern, i^re ^crfonen unb (Süter oerfe^en unb oer*
mebren, bie (Süter nic^t in feinen eigenen Siu^en teuren ober
menben noc^ biefelbigen ol^n SSormiffen @rfenntnug unb (Decret
ber Obrigfeit oeraufferen, oerpfänben ober befc^me^ren unb id^r«
lic^ nit allein auf @rforberung ber Obrigfeit, fonbern auc^ felbft,
oermöge feinet anbefohlenen )^Impt0, auc^ geteifter ^flic^t unb
(it)H gebü^rlic^ Stec^enfc^aft anbieten unb t^un, umb fein 93er^
koaltung 9?ebe unb Slntroortung geben unb alled auDerd ^anblen,
ha^ einem getreuen 33ormünber eignet unb gufte^et''.
ÜDie $oliieiorbnung bed So^red 1552 oerlangte im 91(1'
gemeinen „bie Slibtpflic^t bed ^Sormunbd'' neben unb auger ber
ßaution unb „SSerfid^crung ber Pupillen (Süetter halber^), o^ne
bie ^orm bed ßibed mtjtt gu beftimmen; bag aber unter biefem
(Sibe fein anberer a(d ber, meieren bie obbe^ogenen 9ieic^dgefege
Dorgefc^rieben Ratten, gu oerfte^en mar, baran lägt und @ut«
tinger s) nit^t jtocifeln, ber eben mit öejie^ung auf biefe
^) Äraut a. o. O., II, @. 118.
2) SÄubovff 0. a. D., II, (S. 229 ii. ff.
^) 9{ri(^epoItjetorbnung Don 1548, Xitti 31, §. 3, unb 9tei(^dpolt3et<
orbnung oon 1577, Xittl 32, §. 3.
*) ^oüäctorbnung oon 1562, ^ol. XXv.
^) (Gattin gel* a. a. O., 8.275, bei* unter bem ©(^(agmorte „(Btt
f^ahtn Obligatio" mit $)erufung auf eine (Sntfc^etbung 5e9 3a^ced 1664 an
T r
— 149 —
9}ei4^gefe^e bie ßibe^Ietftung ber 93ortnünber aU nxoa^ JBefattti«
te0 unb (Sfübted doraudfe^te unb fic^ bie^foU^ auf Sntfd^etbigungen
berief, nelc^e ber (Ser^obfc^oft^orbnung bed dolore« 1669 t)or^
ausgegangen finb unb meiere namentlich ben 2^\x\Ci% in ber 9ln«
gelobung enthielten, bag bie 93orntünber nit^t b(o9 auf Srforbe«
rung ber Cbrigleit, fonbern überhaupt aajö^rtic^ 9?e(^nung t{|un
foüen*
@inge^enber be^anbe(te bie ®er^abf(^aftSorbnung Dont 18.
Februar 1669 bie Slngelobunq ber 93orniänber im fiebenten STitel,
»elc^er „öon ber ®er^ab«$flic^t unb •aSerfic^erung" ^anbelt^).
3n biefem ®efege lourbe bie jiuratorif^e Kaution — n)e((^e
bei beftimmten 35ormünbcrn pqeloffen war — gan^ genau oon
„ber ®er^ob!i(^en $fli(^t an S^bftott" unierfcbieben unb rücf*
(iditlid) ber le^teren Dorgef ebneben, ^bag ber ®er^ab nac^ ge«
(eifteter Kaution fotuo^I bei bem Vanbmarf(4aQtfcben ®eri(!^te ate
(auc^ bei ber) 92. Oe. Stegierung unb (bei ben) anberen ®e<
rieten bie ®er^a6«$flic^t an @^bftatt ablegen, unb ^a^ biefe
Xngelobung eben bie jtrafft unb IBürtung I)aben fotl, aU mär
ein leiblicher @t|b abgelegt morDen''.
jC)ie t^ormel ber ^ngetobung an @ibeSftatt erinnerte Die(<'
foc^ an bif JReic^^polijeiorbnungen unb lautete fo(genberma§en^):
^3^r merbet (bie Obrigfeit gu benennen) an (S)}bftatt angeloben
unb oergreiffen, bag ibr euc^ ber ( ) 'Pupillen, barüber
i^r )n (Serl^aben oerorbnet feilet, treuticb annehmen, biefelbe in
aDem'f(ei§ig berforgen, unb oerfeben, auc^ i^r äln* unb ^vl^u
tlömrgen in iiegenb« unb fabrenben auffric^tig oermalten, beg«
megen 3öl)rlicb orbentfic^e 9taittung t^un unb ya ( ) $an«
ben erlegen, mie nic^t meniger oon ibr, ber Pupillen, $aab unb
®üter, fonberlic^ an ligenben ©runbftüten, aucb anbern, fo o^ne
@(^aben, big ju berfelben 93ogtbarfeit auffbe^alten merben !ann,
oftne fonbere C^bebaffte Urfacben auc^ ( ) ber Dbriqfeit
SBormiffen unb Sinmilligung nicbts oeralienirn, ober oerfauffen;
aucb fonften in allem anbern badjenige tbun unb banbeln moUet,
ffi^rt, ^bag bei ber Stegterung ein iebrr @n^ab ftcb an (S^be^ftott ju ja^r«
Ud)er 9ied)niing91eoiing orrppii^ten mug, imb bag bied auc^ bei bem lanb«
marfci^Qntf^exn Oeric^t burc^ ein Sbtct anbefohlen iDurbe''.
^ (i)er^abfd)Qft«orbnun9» VII. Sttel, §. 1.
"0 (Sbenba, §. 2. i^te^e auc^ Codex austr. I, «S. 673, unter bem
e>(l^lagn)orte ,,^uroment«-gormnlar'^ mie folc^e bei ber ^oct|15b(. ^Regierung
na(^ 3n^o(t be« erfl S(nno 1667 im üDnid edaffenen 3urament«93u(^0 ob*
gelegt ^u werben pflegen. 3n biefer @ibe«formrI ift ouc^ für aQe ©ergaben,
mel^c nic^t ber 9{egierung«'3urt6biction untermorfen ftiib, bie ^erpflid^tung
entl)Qlten, „fo offt e» bie 92ott)burfft erforbert, folc^er (^rr^abfc^aftt balber bec
SUcgierung ju 9te(!6t iw fte^en, uub berfelben mit i^ren ®Uiern big ^ur bf
fagten (fter^abfd^afft Qhibung »erhofft ^u fein". ®iebe auc!^ i^uttinger unter
bem @<^Iog)oorte „ber 0^er|aben i^elübb", @. 280.
— 150 —
»ad getreuen unb ouffric^ttgen ©ergaben gebührt, unb au(^ in
Ärafft unferer ©er^abjc^afftö^^Drbnung jufte|et; treulich unb o^ne
gcfä^rbe."
äluögenommen oon biefer $fIic^tenangeIo6ung niaren nur
bic genugfam Slngefeffenen Dom $errn* unb 9?itterftanb, ^meU —
wie fic^ bte ®er^abf(^aft«orbnung ou«brücft — oon SlUer«^er
bei bem (anbmarf(^a(Iif(i^en @eri(^t bte ©erl^aben weber Santion noc^
^fltc^t geteiftet J^oben."
!Die öfterreic^ifc^en ©(^riftfteßer ^aben ben Unterfc^ieb jn>i*
c^en iurotonfc^er Kaution unb berSlngetobung ftetd l^eroorge^oben,
SBeingärtler«), ©offiu««), öannija^«) unb Donner ^i).
93offiud fc^reibt tndbefonbere beutlic^: „Delationen! tutelae Se-
quilar promiösio .... deinde satisf actio'' .... „A Pro-
missione (don Seiftung ber ©er^abpflic^t) Status provinciales
liberi sunt^ non autem a satisdatione". Unb übereinftim«
menb äugert ftc^ ^anniga mit ben Sorten: „Praeter cautio-
nem ab omnibus tutoribus praestandum etiani juramentum de
tutela rite et ex fide gerenda non modo jure Germanico
communi exigitur sed in jure provineiali austriaco disertis
verbis praescribitur.*'
Dag bie ®er^abfc^aftdpfli(^t mit bem ^anbfc^tage geteiftet
kourbe, fagt und indbefonbere Donner.
Da« 3ofefinifc^e ®efefebu(!^ beftimmte^^^, ba§ ieber SSor*
munb o^ne ^udno^me bei ber 93ormunbfc^aft angeloben foüe, bog
er fic^ ber 3Baifen getreulich annel^men^ fie ^ur ©ottedfurc^t unb
Siugenb anführen, nac^ i^rem @tanbe ^um 9iu^en bed gemeinen
iffiefend er^ie^en, i()r Sßermögcn gleich bem [einigen beforgen unb
fidi in allem nac^ ben Slnorbnungen ber ®efe^e Der^alten mode.
5Ra(^ ber aügemeinen Ooffung be« Öofefinif^en ®efe^e«
fc^eint felbft nic^t bie äßutter oon ber Seiftung ber ®er^abpf{tc^t
befreit gewefcn ju fein.
3« 9oit ber §läjttfiet[nn^ bes "gCünMi bux^ ben ^orrnttub.
@el^r einge^enb finb bie ®eftimmungen ber öftetreicftift^en
SRed^tömerfe rücffl^tli^ ber Sßftiä)t ber SSormünber, ba« SBaifen*
vermögen fic^er}uftet(en ; bie Derf^iebenen SSerfügungen, meieren
mir in biefem fünfte begegnen, geigen beutlic^, bag bie ^eteu^
tung ber @autiond(eiftung fic^ immer me^r oerfor^ unb bag bad
Streben ber ®efe^gebung ba^in ging, burd^ geringere änforbc*
rungen an bie Öuaüfication ber SJormünber, bte allgemeine ®e^
s) SBfingartler o. a. £)., @. 22.
9) SJoffiu« a. Q. 0„ @. 283.
10) SSannija q. a. £)., @. 115.
1») Donner a. q. O., @. 13.
12) 3ofepmi(^c« ©efffebut^, VH. ^au^tflüd, §. 40.
— 151 ~
fteUung ber iBorntünber für fäntmttic^e ^uptHen möglich gu ma^
dien, bejte^ungdtDeife gu erleichtern.
S)a aber eben in biefem fünfte bie öfterreic^ifc^en Stec^t^^
queden fotDo^l auf bad römifd^e 9?e^t iDie aud) auf ben beob«
arteten Sanbtdbrauc^ fic^ Dietfac^ ftü^ten, erfc^eint e« und oor
9(IIem geboten, mit einigen Sorten ber @atidbation ber 93ormünber
nac^ römifcftem unb beutfd^em Siechte gu gebenfen.
2)ie ßautiondleiftung ift im römifdien S^ec^te bur^ ein üon
ben ®ete^rten in bie ^tit Don £raj[an t)erfe^ted prötorifc^ed
@bict eingeführt niorben^).
©er SSormunb mußte fic^erfteüen „rem pupilli vel ado-
lescentis salvam fore'', unb ,aud biefer (Stipulation ermuc^d
fobann für ben Pupillen ein neued ft(agere(^t, bie actio ex sti-
pulatu; boc^ traf biefe Verpflichtung nur ben 93ormunb unb
ben Kurator, meldte SSermaltungdrec^te Ratten, unb fogar unter
biefen »aren JDJel^rere — bie im SEeftament gegebenen unb bie
Don ^ö^eren ^agiftraten nac^ oortäufiger Uuterfuc^ung i^rer
lüc^tigfeit befteütcn SBormünber — Don ber ßautionöleiftung
befreit.
!Die satisdatio bed SSormunbed fonnte, koie aKe prötorifc^en
©atidbationen, nur burc^ ^ürgfc^aft geleiftet merbeii ; nac^bem ber
Sormunb dor ©eric^t befannt ^atte, ha% er bie angetragene
SBormunbfc^aft aud freiem SBtIIen übernehme, bag er biefelbe ge«
toiffen^aft abminiftriren unb ben Pflegling niit^igenfatld ol^ne
SBergug befcnbiren woüe, mußte ber SBormunb feine öürgen Dor^
führen, loelc^e in ber oorgefc^riebenen unb üblichen ^^orm bie
Surgfc^aft oerfproc^en; über bie ©elöbniffe bed SSormunbed unb
ber Bürgen mürbe eine öffentli^e Urfunbe aufgenommen unb
bem Pflegling fpäter^in }um ^emeife ber Stipulation einge^ön«
bigt; oud^ mürbe über ben gangen 93organg ein ^rotofoQ er«
rid^te*.
Steigerte ft(^ ber 93ormunb, bie Kaution gu leiften, fo traf
t^n gtoar bie 9Serantmort(i(^feit ber 3lbminiftration, o^ne bag er
iebod^ gu berfelben ein 9?e(^t ^atte, fo ba§ i^m indbefonbere meber
bad jus alienandi nod| auc^ bad jus agendi guftanb; megen be«
^arrlic^er Steigerung enblic^ fonnte ber SSormuub ald fudpect
amomrt merben.
«
3n !Deutfc^Ianb fonnten, nac^ ben Quellen bed fä(^fifc^en
SRec^tcd ber mittleren ^eit, nur bie nä^ften grben be« ü}JunbeI«
Don bem 93ormunbe 9tec^nungdab(egung unb @i(^erl^eitdleiftung
»erlangen; etmad fpätere fä(^fifd(|e {Rec^tdquetlen unb auger*
föi^fifc^e 92e(^tdbüc^er gaben biefe 9{ed)te fc^on ben näc^ften
*) Äuborff Q. a. O.. II. »b., @. 213—231.
— 152 ~
Slut^freunben be^ äßünbeld, unb in ben 9{et(^dpo(iseiorbnuttgen
mar ftbon nur tne^r oon ber Dbrigfeit bie 9{ebe, mett^e bu <Sid)tv^
l^ritdlciftung ju begehren ^abe 2).
i)tr aJorntunb mugte bie ®i(!^er^cit befteöcn (öorwiffettcit),
bafe er bie SJormunbfc^oft rebli(^ führen tooKe; regelmä§ifl mußte
bie ©i^erl^eit mit ©runöftüden geletftet merben, unb menn manche
9{e(l^t0quellen nur t)on -Bürgen fprac^en, fo foUten, nac^ ^raufd
Semertung, unter biefem Sluöbrudfe fogenannte ^untöbtfit^e ©ür*
gen", ba« Reifet ^fänber, öerftanben merben ; übrigen« brauchte ber
SJormunb nur megen ber fa^renben $abe bed 9Ränbe(0, nic^t
aber auc^ »egen beffen ©runbftücfen, ©i^er^eit ju leiften, weil
fic^ bie ©runbfttide Don felbft öerge»ifferten.
ä3on ber ©ic^er^eit^Ieiftung n)ar (eine 9(rt t)on SSormänbern
frei; fie fonnte öon ben geborenen ebenfo ©ic Don bcn geforenen
SSormünbern verlangt merben; nur bann, »enn ber ^ormunb
bad 35ermögeu felbft nic^t oerroaltcte, traf i^n feine $fli(^t gur
Saution«teiftung 22).
!t)ie 9?ei4«poüjeiorbnungen beftätigten neucrbing«, baß jcbcr
aSormunb (^er fei gleich in leftament^meiß öerorbnet ober bnrcb ba«
9ted^ ober 9tid)ter gegeben") nac^ befohlener SBermaltung rec^t^
rndfeige genugfame Saution unb SSerfic^erung leiften folle — unb
pö toor auf blefe Slrt bie öcftimmung be« römifÄen SRec^tc«,
ba§ tutores testamentarii unb ex inquisitione a magistratu
dati •— baoon aufgenommen feien, au^brädlit^ oudgefd)loffeti
morben.
!SDq bie {Reidj^t^olijeiorbnungen über bie Slrt, mie bie 6au^
tion JU leiften fei, nic^t« 9f?ä^ere« bcftimmtcn, fo würbe nat^ bem
®eri(^t«gebrau(l^ ©id^erftellung burc^ $fanb unb ^\fpoi^d ebenfo
mie bur(^3ürgf(^oft gugelaffen; megen ber ftrengen Dberaiifftc^t bur4
bie Dberoormunbfd^aft unb mit 9tü(ffi4t auf bad bem ÜKünbel
an bem Vermögen bcö SSormunbe« juftel^enbe flefefelic^e ^fanb^
rccj^t mürbe aber in !lDeutf4(anb feit langer 3"t feine Sautionöleiftung
me^r auferlegt unb nac^ einjetnen ^articutarrec^ten entmeber
gan} erlaffen ober oon bem @rmeffen ber Obrigfeit ab^öngig
gemalzt ^).
9la^ öfterreic^ifc^em Siechte fanb fic^ fd^on in ber ^oli^ei^^
orbnung bed Sa^reö 1552 bie beutlic^e {)inmeifung auf bie
9ieic^«poligeigefe^e; auc^ nac^ biefem ©efefee ^) foflte ber ©er^ab,*
,,ob 6r glaic^ am negfter ^^eunbt ober burc^ ben Seftator in
feinem 2!eftament über feine oerlaffcne R^inber, |)aab unb ®uet
2) Äraut Q. Q. O., I. »b., @. 93.
3) Äraut a. a. £)., II. ©b., @. 42.
*) ebcnbo, <^. 122.
^) ^oltgeiorbnung oon 1562, got. XXv.
— 153 —
}u ainem ©erl^aben benent, unb gefegt iDäre, px ©ergaben nit
angenommen iDerben, (Sr t^ue benn üUDor, ber Obrif^att oben
Dennelbet neben feiner Slibtpflt^t genuegforn Kaution unb S3er«
fic^erung ber Pupillen ©netter falber", — unb nur ha^ unter*
l'^teb bad öfterreicbifc^e Sonbedgefet? Don ber Sfeic^^gefe^gebung,
bog biefe Sautton^leiftung ^ter nur bann ftattfinben foOte, ,,n)0
ain @er(ab im Sonbt nit genuegfamblic^ angefeffen ober fonft
jur ©er^abfd^afft ni(^t genugfam »öre".
'iDemnac^ mar bie 6autiond(eiftung nac^ bem alteren öfter*
rei(^if(ften {Redete mel&r in'« Srmeffen ber Dbrigfeit gefteltt, bo(^
bergeftalt — »ie un« ©uttingcr®) au« einer Sntfcj^eibung
oom 19. auguft 1608 bc^rt —, Mi »enn bie ^errfdftafft bie^u*
pißen burc^ bie Pfleger nic^t genuegfam öerfic^erte, fie ben ^u^
))iQen ex capite male vel prorsus non administratae tutelae
biüit^ obligirt mürbe".
!Der romanifirenbe S^aratter ber ©erbabfc^aft^orbnung t)om
18. gebruar 1669 lägt fi^ aucft in biefem fünfte nicftt öerlennen.
3mar foUten gerabe bie burcb Sieftament oerorbneten Xiu
toren, „menn fie im Sonbe nicbt genugfamblic^ angefeffen finb'',
Saution (eiften ; aber ed mar bem 2:eftator geftattet, bie ©erl^aben
Don ber Saution^Ieiftung ju entbinben.
jE)ie anberen üon bem ®eric^te ex officio gefegten ®er*
liaben aber — menn e« auc^ bie jur Ueberna^me ber SSormunb'
fdjttft öcrpflid)teten näc^ften SSermanbten mären — , foUten, „menn
fte über aQe eingemenbeten (Sntfcbulbigungen nic^t bemüffigt
werben moQten'', bloö ju ber 3uratori«(Saution angei)a(ten, t)ie
Uebrigen ober entlaffen merben, fo bag atfo ^icr ber ®runbfa<} bcd
römtfc^en dtti^M, bog tutores ex inquisitione a magistrata
dati Don ber ©ic^er^eitöleiftung frei ftnb, burc^gegriffen ju
^aben fc^eint.
(Sbenfo mie bie teftamentarifc^en S^utoren, maren nad| ber
®er^Qbf(^aftdorbnung auc^ jene ®ert)aben cautiondpflic^tig , melcbe
ot« näc^fte ©efrennbte bie ®er^abfc^aft fetbft begehrten'); all*
gemein aufgenommen maren aber bie genugfam 9lnge|effenen Dom
^errn* nnb {Ritterftanb, mie biefe« Don alter«t|er überliefert mar *).
Ueber bie 2lrt ber ßaution«befteüung entljielt bie ®er^ab*
f(^aft«orbnung nur bie ^eftimmung, Mi bie Kaution ber Sanb*
8eut^ fomo^t al« anberer ^erfoljnen, geljörigen Drt^en Dorgemertt
roerben foHe", ma« auf eine $t)pott)efarcaution binjiibeuten fcbeint.
©ie nieberöfterreic^ifc^en ©tftriftfteücr unferer ^eriobe be*
tonen,' im Slnfc^Iuffe an bie ©cr^abfc^afteorbnung, bie a^ot^men-
3) ^utttnget o. a. O. unter bem @(61agmorte „Db er ger^ ab [(^aft",
@. 283
f) ^er^abf^aftdorbnung, VII. Zxiti, §. 1.
^ ebenba, §. 3.
— 154 —
bigleit ber SautiondbefteQung, tt>ie fie in biefem ®efe|^e oorge^
f (^rieben nar®); nod^ bett fpäteren ©c^riftftellern toax ieboc^ eine
fo((^e 9Ser))fIi(^tun0 nid^t me^r gebräuchlich nnb fie übergingen
biefelbe mit ©tiUfd^toeigen ^®).
(Sd »ar tvo^t fel^r erflärKc^, bag mit ber gefteiqerten Ober^
auffielt unb 93ertDa(tung bed äRünbe(gnted burc^ bie Oberüor^
munbfc^Qft, — bog mit ber genauen Snoentirung, !£)epofiärung unb
93erfici^erung bed ^ünbeldermögend, bie (Sauttondleiftung burt^ ben
Sormunb an SBert^ unb JBebentung Derlor.
jDer gefe^lit^e ^eftanb einer Sßerpflic^tung jur Saution«:^
(eiftung biente ^öAftend no(^ baju , 93ormänber , roeli^e feine
anbermeitigen S^cufationdgrünbe Ratten, t^atfäc^Itc^ Don ber lieber^
na^me ber 9$ormunbfc^aft }u befreien, unb fo erftärt ed fi^ Uxdit,
bo§ mit bem fiofbecrete öom 30. (September 1785, 9ir. 474
3. ®- ©., anerfannt mürbe, bag ,,bie t)on ben ©ergaben gemäg
ben alten ©er^abfd^aftdorbnungen geforberte Seiftung einer yttaU
faution Diele rcblic^e, gur getreuen 9Serma(tung be^ SSermögend
unb genauen ^ttrforge für bie 3J{änbe( toohi geeignete SRänner oon
%ttretung ber ©er^abfc^aft abmatte, menigftend felbe }um 9ia<^«
t^eile bed 3}7ünbe(d ober @uranben oerjögere".
„Slu« biefem (Srunbe — fo fä^rt ba« bejogene ©efefe fort —
^aben @e. SD^ajeftät gu Derorbnen befunben, bog teber ®er^ab
unb Dom ©eric^te beftimmte Surator Don ber Seiftung ber 9lea[«
fau}ion gegen bem enthoben werben fönne, bag in ber "XM^
ma^f rcc^tfd)affener ÜRänner bie ftrengfte Sorgfalt angetoenbet,
ber befteate ©er^ab ober (Surator f^becimat in geric^tlid^e SSer»
«) ©ein gärt I er o. a. O-, @. 22, ber pc^ übrigen« ouf bie Wo«
DeUe 73 unb auf bie dteit^öpoliseiorbnnng Don 1548 flü^t S^offin«, @. 283:
Satisdant vero omnes tutores, qui non satis divites a magUtratu judican-
tur, vel jaratorie vel aliter, nisi a testatore a qao dati sunt a satis-
datione dispensati fuissent. iBannija, @. 112—122, ber au«brü(!ii(^ bie fbct
ber @i(^er^eit«Ietflung bem richterlichen (Scmeffen otnbtctrt, unb ber barauf ^tn*
lOftfl, bog man nac^ öfierreidiifc^fm Steckte annehmen muffe, bag eine (lau*
tion burd} ^fanbbeftellung gan/^ genfige unb ^eroor^ebt, bag in biefem $unlte
bad ötlerretc^ifc^e ^td)t mit bem beutfc^en ®eroo^n^ettdre(!^te ooüfommen
fibereinflimme.
^0) (Srenef (@. 266) erwähnt nur me^r, „bag ber 55ormunb oor ber
3noentur unb oor bem (9b^anb(uug«<) 95ertroge in ba9 (beliebt }u nehmen
fei", o^ne einer (Saution«Iei|!ung )u grbenfen; oielletd^t evflärt ft(4 Me«
barau«, bog ©renef bie 9$ormunbf(^aft nur bei ben Unter trauen be^anbelt,
bei biefen aber eigentlich nur 2)atit)'!£utoren gebröuc^lid^ waren, mie ia<9re«
ner (@. 270) fagt, „bog bencn äKinberjä^rigeu bei abwerben ber (SItern oon
Obrigffit megen untobel^afte unb ongefeffene ©ergaben t)erorbnet merben
muffen unb bog u ntctt nöt^tg fei, fonberltd) mo ein Sebenfen au §aben,
bog e« ©efreunbte fein muffen". 2)onner (@. 12) ertoo^nt nur me^r ber
älngelobung mit $anbf(^Iag, o^ne ber (Saution }u gebenten.
^»
— 155 —
pfUc^tuno/ bie ftatt bed (Sibed gette^ genommen, bie ©ubftanj
bed SSermögen^ in gerid^tücbe SSermaltung fogleic^ übergeben unb
anf bie genaue SRecbnnngdlegung in ber oorgefc^riebenen ^tit mit
adem Srnfte nnnac^[i(^tlic^ gebrungen merbe."
^a^ Oofefinifc^c ®efefebuc^ ^Qt fct)einbar »ieber flrengcre
©efiimmungen in ©etreff ber ©ic^erl^eit^Ieiftung eingeführt, inbem
ed befiimmte^*), r^tiag jeber SBormunb, memi er nic^t oom i&xbi
(offer im legten SQSitlen audbrücflic^ baoon entl^oben krorben, bad
SBaifengut fic^erpfteden ^abe".
35oc^ war btefe grö|ere Strenge be^3ofefinifc^en ©efe^buc^e«
in bop^elter ®ejiel)ung nur eine fc^einbare ; erftend fc^on be^megen,
toeil jie fii^ nidjt &)etter a(d auf ba^jenige erftrecfen foQte, ma^
betn SSormunbe folc^ergeftalt be^önbigt morben, bag er ed aütn*
foUd }u feinem SRu^nx Dermenben ober oerberben (äffen tonnte;
fobann toeil ed ber SSormunbfc^Qftdbe^örbe gu beurt^eilen über^
laffen mürbe ^^), ob toegen biefer ©ic^erfteUung fid) mit einer gerieft.
ticken Verpflichtung befii 93ormunbed ju begnügen, ober ob eine
mehrere unb n:a0 für eine (Sic^erfteUung ju forbern fei, unb bag
babei auf ^toemUi ^ebac^t genommen werben foQe, bag Weber
bie SSaifen einer gegrünbeten ®efa^r audgefe^t, nocb taugliche
Sormünber oon 9lnnel)mung ber SSormunbfc^aft abgef(^re(ft werben.
T)a9 93erblaffen ber Kaution finbet fein ©egenftüd in ber
Xit^bilbung unb (Srftarfung ber 3nt)entirung, ber 'iDepofitirung
unb 93erfi(^erung bed 9)!ünbe(Dermögen9, wooon wir im folgenben
Slbfa^e l^anbeln werben.
@^on nad) r5mifc^em Siechte trat bie 9iot^wenbigtett einer
3nüenturderri(^tung bei (eber mit 93ermdgendDerwaItung oerbun«
benen SSormunbfc^aft unb Surate!, felbft bei ber mütterlichen,
^erüor; bagegen fönnen wir bie im römifc^en Steckte oorgefcfirie«
benen (formen ber 3noentur^erric^tung aUerbing« mit ©tid^
fc^weigen übergeben, ba biefe formen fc^on im frül^en ^DlxtttU
alter mannigfache Sßobificationen erlitten ^aben^).
9}ac^ öfterem bcutfc^en Steckte fanb fid^ bagegen oon ber
(Srrtc^tung einer eigentlicben Snoentur feine ©pur, unb nur bie
SSerpflic^tung bed 3$ormunbe« jur ©ic^er^eitdbefteUung an ben
S'Jünbel unb }ur 97ecl)nung«f(egung über bie 3$ermögen9oerwa(tuug
brachte eö Iq^u, bag auf irgenbwe(c||e Sßeife feftgeftedt werben
mu^te, tDü^ hcv 33ormunb in feine $önbe befommen l^atte^).
dagegen war feit ber (Sinfü^rung bed römifcf)en 9tec^ted in
»») Soffftnifdjc« ©efefebiK^, V. ©auptjlüd, §. 41.
12} (gbfiiba, §. 42.
^) 3luborff II, @. 243.
2) Äraut II, @. 64.
^^r
— 156 —
!Deutf(4Iattb bte dnüenturderrt^tuttg aKgemetne^ 9le(^t gemorben
uttb grünbete fic^ in ber ^o(ge auf bte SSorfc^riften ber diti6^^*
t)o(t}eiQrbnungen, „bag ber ^ortnunb nac^ beDot)(ener S^ermaltung
Don QÜen Oütern, liegenb ober fte^enb, @(ftulb*8rieff ober 9tegifter,
ein Snoentarium aufridjte" ^).
8n bie S3orf(4riftrn bed rönttfc^en SRec^te^ uttb ber ge«
nanntett 9?ei(^«gefej}e f^loffen fid) auc^ bie parttcu(aren 3Sor«
fc^riften 9iieberöfterrei(^9 über bad ger^abtid^e 3nt)entarium an.
S5ie älteftc S5orf(ftrift ou« bent 16. 3a^r^unbertc finben
wir in 5Wieberöfterrei(^ in ben ®iener ?frei^eitcn bora 12. SKarj
1526; bort — alfo no4 lange üor grlaffung ber retc^^gefefelid^en
Sefttmmungen — finbet ftc^ nSmlic^ bie :83eftimmung , „bag beut
©ergaben ade ®üter in liegenben unb fa^renben mit aufrichtigen
3nüentarien eingeontttortet werben foüen"*).
üDeutlic^er unb au«brü(fti(^er fdjrieb fc^on bie öfterreidjif^e
9tefornt guter ^olijei oom 3at)re 1552, ^bog burc!^ bie Obri*
f^eit ober ©erlebt tauglich gefc^i(f]^t unb unoerbec^tig gommiffo^
rien gefefet unb ain orbentlic^ 3noentarium aller brieflieben ttr»
f^unben, ©Bulben, (igenber unb oarenber (Sütter aufgric^t unb
oerfertigt werben foQ; unb ba§, wa9 auc^ nac^ aufric^tung foU
(her 3noenture erf^aufft, erfragt, ererbt ober mit 9?ed)t über*
tommen wirbet, oUcd gtaubwürbig gu bem 3tibentario gebraut
werben fofl'' *).
33ie genannte ^olixeiorbnung ftotte au4 offenbar bie 3Sor*
fd^riften be« römifcflen {Rechte« oor äugen, nacö welchen ber
SSormunb t)or Srrit^tung ber 3nt)entur bie 83erwaltung be« SSer*
mögen« gar nic^t in bte ^änbe befommen, nac^ welchen ferner
ber Pflegling im tunftigen Judicium tutelae gegen ben 9$ormunb,
ber feine 3nDentur erridjtete, gum @c^ä^ung«eibe jugclaffen, ber
SSormunb felbft aber abgefegt werben fonnte^); benn e« be*
ftimmte biefed ®efe6 au^^brüdltc^, r^bag, wenn ber ®er^ab ba«
nic^t t^öte, er oon ftunban ald berbäc^tlic^ t)on ber ©er^abfc^offt
abgefegt, unb wo @r oermuettic^ ober beweigltc^ etwa« oer^aüen
unb oeruntrewt f|ette, a(gbann mit @traff unb aden be^elffen
bed dtec^ten«, ald per Juramentum in litem, baffelb ben ^u«
ptUen wibergufljeren, ßonbemnirt werben foü''').
3) 9?eid}«polt)etorbming oon 1648, 2:ite( 31, §.8, unb oon 1577,
Kttet 32, §. 3.
*) Codex austr. II, @. 490.
^) Orfterr. 9{rforni guter $olt^ei, W- XX v. ©ie^e au^ bie Sanbt«-
orbnung Cr flerretc^« ob ber (Snm», a. a. £)., <B. 569, in ivelc^er bie iBtflinis
mungen brr $olt)fiorbniing Don 1662 aufgenommen unb noc^ oei fügt mürbe,
ba6 bte 3nt)entur in ^toet gletdjlautenben (j^jcemplaren angefertigt, beren einee
bei ber Obrigfeit unb bad anbere beim ^er^aben aufbema^rt merben foQe.
6) aiuborff II, @. 247.
7) Oe(terr. 9Jeform guter ^olijei, gof. XXv.
— 157 —
ÜDoö {)er^abU4e Snoentarium erhielt fi^ fetbftoerftanbtic^
nnoerönbert nac^ ben (ärunbfa^en bed ®efe^ed Don 1552 unb
htn ®ruubfä^en bed rütnifc^en dtec^tcd 6i« ^\x beffen neuerli^er
Siegelung in ber ®er()Qbfc^Qftdorbnung, eine X^atfoc^e, bie und
©uttinger bur(4 SKIegirung einer (Intfc^eibung Dorn 24. jDe^
cember 1648 bereift, xotld^e ben ©runbfag neuerbtngd ou^fprad^,
„bog ein jeber ®er^ab ober 9lbminiftrator bonorum alterius
fc^utbtg fei^ ade bem ^upiüen gel|örigen ©ac^en, äictioen unb
@(|ttlben in bem ^aub^Snoentario befc^reiben gu laffen, unb
ha%, menn ber SBormunb bergleidjen toa^ unterloffe, non solum
tenetur ad restitutionem, 86d ad omne intereBse et admitti-
tor pupillas^ ut juret contra ipsum in litem propter dolum ^).
^ie nieberöfterreic^ifct^e 9iegierung t)at im 3a^re 1656, -ald
fie )ur 9(n(egung eined SBaifenbuc^ed gefctiritten toax, auc^ ein^
gebenbe äJerfägungen über bie dnoenturderric^tung getroffen unb
namentlich beftimmt ,»ba6 ^infüro bie (Ser^oben nic^t nur (tote
bid^er — im offenbaren ©egenfa^e gur ^oligeiorbnung oon 1552
— gebröuc^Iid) genieien) megen i^rer Pupillen 93ermögen um
^exidjt oernomben, fonbern oor erften, ob bie ©perrcommiffarien
ein Onoentarium eingereicht, hei ber ^an}(ei nad)ge[e^en koerben
foQe; menn fic^ aber bei ber Sanjfei fein dnoentarmm befinbe,
foUe fobann nic^t nur 8erid)t bed 33ermögend Ijatber, oon benen
©ergaben abgeforbert, fonbern i^nen auferlegt merben, bad 3n*
Dentarium unter il)ren ^onbic^rifften unb ^etfc^afften (bei ber)
9tegierung einpretd}en, ober aber pm ^aü aucti bei i^nen teined
ooT^anben roöre, folc^ie« aUbann gu berichten" ^).
3Biemo()( fc^on biefe ©teile aM ben ^Jlormalien ber n. ö.
9legierung beutlid) geigt in melc^' na^em 3nfcimmen^ange ba«
ger^ablic^e dnoentarium mit bem in Deftcrreict) immer allgemeiner
lotrbenben 93erIaffenfcbaftdinoentarium fc^on bamal« ftanb, fo
IDoDen mir bennoc^ biefen Umftanb meiter unten einer befonberen
^efprecfyung oorbel)aIten, um oorläufig auf bie einge^enben ^e«
ftimmungen ber (Ser^abfc^aftdorbnung überzugeben.
ÜDiefed ©efe^ ^atte einen eigenen, nämlicb ben achten £ite(
bem 3noentar gemibmet unb oor älllem beftimmt, bag, „fobalb
ein ©er^ab bie $fli(^t unb Kaution in benen fällen, mo er
baoon nic^t erlaffen ober befreitet, abgelegt unb geleiftet l^abe er
ba^in gebenfen muffe, bag er feiner ißermaltung einen regten ®runb
lege, roelc^er bann in 9lufrid)tung einer orbentlic^en 3noentur
fiber beg ^upiüen ®Vit befiele" ^%
«ÜDer Wer^ab foU," in ®emägl)eit biefeö ©runbfafcetf,
^) ©uttinger uuter bem ©c^lagroorte „©rr^abltc^e 3nQentnren'%
6. 270.
3) euttinger, @. 866.
^<0 (9eT6Qbi(^ait0orbnung, III. Sitel, §. 1.
— 158 —
nXDenn er ber erfte ®er§ab ift, alfobatben Dom @eri(^t ein 3n«
Dentorium ober treu« unb eigentliche Sefc^reibung aUer beg $u»
piüen ^aab unb ®üter (igenbd unb fa^renbd, nid)ti$ auggenom«
men, aufrichten laffen unb benfelben nac^ be§ ^upiUen ®ut über«
nehmen" **) — eine SBorfc^rift, loetc^e auc^ ber SBater in Sin»
fe^ung bed feinen ftinbern gugefallenen SSermögend jur 93erl)ütun8
fünftiger ©trittigfeiten ^u beoba^ten t)a;te^^).
3n brei gaQen mar jeboc^' bem ©ergaben bie Srric^tung
eined Onoentartumö überhaupt ober boc^ eined gerichtlichen dn-
oentariumd nac^ ber ®er^abfc^aftdorbnung erlaffcn : erften^ menn
er oon bem SBater, Sln^errn ober Uran^errn be« Pupillen im leelen
SBiQen aller SSerrec^nung entlaffen »orben mar unb bie Dbrig«
feit bamiber er^eblicj^e ^ebenfen nic^t er^ob; jmeiten« toenn ber
Sanbedfürft ben SSormunb oon ber Stec^nungdlegnng enthob ^^);
brittend enblic^, menn bie Altern ben SSormunb ^mar nic^t oon
ber 93errec^nung entboben, n?obl aber in i^rem legten 'JBiQen bie
Snoentur audbrüdlic^ verboten ober bie ©ergaben baoon ent'
bunben l^ätten *^); in ben beiben erftangefü^rtcn ^^aütn fonb bie
@rric^tung eine^ 3noentariumd nac^ ber (Serbabfcbaftdorbnung
gar nic^t ftatt; in bem le^^teren t^alle bagegen foUte bie Snoentur
jmar nic^t unterlaffen, aber nur ^unter ber t^teunbfc^aft" Dorge«
nommen merben, eine 93orfcbrift, meiere freiließ auc^ bann un^
praftifc^ mürbe, menn ftc^ ber 93ormunb ^Jiamend bed Pupillen
cum beneficio legis et inventarii erbClerflörte, ba fobann eine
geric^tli^e 3nt)entur not^menbig fürgcfe^rt merben mugte.
lieber bie $orm ber Snoentur^erric^tung enthielt bie ®er«
^abfc^aftdorbnung !eine betaillirten 93orfd)rif ten ; fte dermie«
lebiglic^ auf ben 28. 2:itel bed III. Suc^e? ber 8anbe^orb<
nung, meiere inbe§ meber gleichzeitig noc^ nac^ ber (Ser^abfc^aftd*
orbnung jur $ub(ication gelangte, fo bag gefe^lic^e Seftimmun«
gen über bie Snoenturdoorna^me ouc^ fpäter nic^t erfloffen
finb ^^) ; ed mürbe nur noc^ in ber ©er^abfd^aftdorbnung be*
mnlt, bag, menn bad ©gentium eine« ©egenftanbed gmeifel^aft
fei, berfelbe in bad 3ndentarium aufgenommen unb ber3n)eifel babei
angemerft ^^), unb bag, menn nad^ aufgerichtetem dnoentarium etmad
^1) ®er^abf(^aft90Tbnung. HI. Xiitl, §. 2.
") (Sbcnba, §. 6.
13) (gbcnbo, §. 4.
»*) (Sbeiiba, §. 6.
1^) (Sbenba, §. 10. 2)ag unter bie in btefem ^arogtap^e belogene
SanbteorDnung nt(!^t ber (Sntmurf ber n. fi. Sanbteorbnung Dom 3a(re 1573
— toeldjer ia ntemald ®t]t^ muvbe — üerfianben werben tann, ert^eQt oor
9iaeni fd^on barau«, bag biefer Entwurf oom Snüentartum im III. ^uc^e,
33. £ttel banbelt.
^^) ebenba, §. 8.
— 159 —
9ltnt9 Dorfotnme, bied Dom ©ergaben bem (Seric^te angeseigt
unb bem 3nuentarium getreuKc^ hinzugefügt merben foüe ^^).
Stuf bie bolofe ober fo^rläffige Unterlaffung ber 3nDenturd«
erri^ftung fe^te bie ©er^abfc^oftdorbnung ^^) bie boppette Strafe,
ba§ ber Sormunb atd Derbäc^tig ber ©er^abfc^aft entfe^t unb
nii^tdbeftotDeniger gur (Srftattung oder ©d^aben unb Untoften,
fo k)iel bereu entmeber bie ^ernac^ oerorbneten ©ergaben ober
ber $upiUe felbft nac^ erreichter 93ogtbarfeit mit einem (eibli^en
(Sib bet^euern ober fonft ermeifen fönne^ angehalten merben fode.
ÜDie alteren Sc^riftfteQer, SBeingörtler unD ^edmann,
loelc^e Don ben ger^abli^en 3nDentarien fprec^en, bei^ie^en fic^
im SUgemeinen nur auf bie SSorf^riften ber ®er^abfc^aft9orb>
nungi^) rücfftc^tlic^ ber Snoenturderric^tung; allein bie meiften,
namentlich bie fpäteren @cf)riftfteQer, miffen Don einer eigentlichen
ger^abtic^en 3nDentur toenig me^r }tt ergö^Ien, ba — mie
hitü fc^on bie obangefü^rte SSerorbnung ber äSßtener 9legierung
aM bem 3a^re 1656 nac^meift — bie 92ac^(a6inDentur in ben
meiften fallen bie Dormunbfc^aftlic^e Onoentur erfe^te, bie 92ac^(a6«
inoetitur aber aud grcei ^auptfäc^Uc^en ©rauben fic^ immer me^r
audbe^nte, fo bag burc^ eine tange 3^it na^e^u fömmtlic^e 93er<
laffenfc^aften dou ^mt^megen, felbft ol^ne 9tü(ffic^t auf ein Se«
getreu ber @rben inoentirt rourben.
S)ie Urfac^en, aud meieren ein 92ac^ta§inDentarium in beu
aOermeiften Sauen errichtet mürbe, maren erftend bie SSerpflic^«
tung ber Sßittfrauen }ur Snoenturderric^tung , meiere ftc^ ibre
tDtiblic^en 93ort^eite unb ($ret^eiten fiebern moUten, unb gmeitend
bie immer meiter um fic^ greifenbe (Sntmidetung ber 92ac^(a§fperre.
auf beibe fünfte obliegt eö und ettoad näf|er ein^ugel^en,
um bargufteden, miefo ed fommen lonnte, bag in Oefterreic^
fpAter bie 3nDentur (ebiglic^ me^r aU ein 9Ict bed ©eric^te« an«
gefe^en merben fonnte, gu melc^em nacb bem 3o|efinifc^en ®e«
fet^buc^e ber SSormunb fogar nic^t einmal me^r ^ugejogen gu
merben brauchte.
ßö ift abermatö ffialt^er^o)^ melc^er juerft ber SSerbinb*
liebfeit ber IBitme gebenft, ein 3nDentar bed 9{oc^Iaf|ed ibred
(S^egatten bann aufjuri^ten, „menn fie in ©emäg^eit be^ ^ei>
rat^9briefe6 bie oerlaffene ^ab unb @Qter i^re£( @{)emanned
bid ju i^rer Slbfertigung innehaben, nu^en unb geniegen mid",
tDibrigenfaQ« fie nac^ SSßaltl^er'd Siuefpruc^ i^re meiblic^en ^rei«
Reiten oerwirlt ^aben foü".
1') ®er^abf(^aft«orbnung, in. 2:tte(, §. 9.
»8) Cbenbo, §. 7.
13) © c t n 9 ä r t r e r, @. 22 ; © e d m a n n, @. 617.
^ ©ült^cr, trac. III, cap. XIV; bei ©uttingfr @. 970.
— 160 —
»
Ueberetnftimmenb fprac^ fid| Sentit bie 9?eform guter $o«
li^ei aud^i), toelc^e noc^ beutlic^er fagte, bog bie Sittue, melcbe
in folgern f$alle bie dnoenture^erric^tung unterlaffe, ha<i Unter*
))fanb an ben ®ütern i^re« (S^emanned uerliere^ totli^tii i^r
ru(f|i(^tlic^ it)rer e^erec^ttid^en t^orberungen juftanb.
Su(^ ® u 1 1 i n g e r be^ie^t fic^ auf eine (Sntf Reibung t)om 18. Wlai
1526^2)^ »ono^ bie SBitwe, wenn fie fein Onoentarium errichtet
unb ben jtinbern leinen ©erl^aben begehrt, aUe SSerlaffenfc^aftd«
fc^utben gQ^(en foQ, — unb fammtlic^en älteren öfterreic^ifc^en
@(^riftfteUern, }um Seifpiele t^tnfterroalber unb ^edmann,
ift biefer SRe^tdgrunbfa^ DoUtommen geläufig ^5).
SOtugte fc^on biefer (Sine Umftanb Diel ba^u beitragen, bag
bie unmittelbar nac^ bem SSobe^falle bed (Srblafferd Don ber
SBitme auf il^r Sege^ren aufgenommene 3nDentur bie ^afid ber
oberoormunbfc^aftlic^en ®eftion n^urbe, fo trug ^ie^u no4 ^i^i^
mebr bie aQgemeine 9lu0be^nung ber 9!ac^Ia§fperre unb bie ha*
burc^ not^menbig gemorbene auöna^m^Iofe Snoentirung fämmt«
tiefer 3}erlaffenf(^aften hei, fo bog Don ba angefangen, Don
einem eigentlichen ger{)ablic^en dnoentarium ni^t me^r oiel bie
9tebe fein tonnte, nielmel^r bie 93ormunbf(^aft9bebörbe bad 9lad)(ag^
inDentarium felbft a(« ^afid ber 9tad)la6Dert^eilung betrachtete
unb erft nac^ DoQ^ogener @rbt^eilung bie nac^ B^^lüng ber
©c^utben unb ßegate erübrigenbe reine SSerlaffcnfc^aft bem ®er«
^aben au^antmortete.
^uf biefe äBeife tonnte unD mugte ed lommen, bag bie
3nDenturderric^tung fc^liegtic^ gar nic^t einmal me^r ald ein tlct
beö äJormunbed ober al0 ein 9lct, bei beffen SBorna^me bie 3n*
^i) 9{eform guter $o(tiet Don 1552, $$oI. XXIII. „9Bami otu 9te4te
ober @tieff Wluttttt Defl ^upiden oon iren oerporbeneu (Sl^emann atn gematn
unberpfaiibt aUer ^itetter ^at, rote bemt an me^r Orten 0epreu(4tg ift, foU
folc^e Steckte ober ©tieffmuetter attdbalb nac^ tre« (S^emann^ abgang aller
ligenber unb toarenber cbuetter, atn orbentltc^ unoerbäc^ttg ^noentarium auf«
iiiinc^ten fc^ulbtg unb oerpunben fein, iqo @^ aber folc^e« nic^t t^fite, foQ &^
ba« Unberpfanbt mit fold^er Derböcf)tltd^tait oerroiri^t haben, !S)o4 ^ vor-
behalten fei, jre auber gerec^ttgfbait }u beit Ouettern }u fuet^en mte S^ed^t ift^
22) euttinger, @. 869.
23) S i n ft e r ro a l b e r, Liber IV, Obs. XIV de viduarum Jure in
bonis pradefancti mariti @. 93 u. ff., befonber« @. 99 unb 100 ; 9 e (t«
mann unter bem @(^(agroorte „Wittiben", @. 561 : „^9 ifl nacl) bem
3nner • Oeflerrei(^ifd)en Sanbetiigebrauc^ bie gemeine ))ra^td, bag bie ^tt^*
rat^dbrtefe in favorem dotis et mulieram, regulariter cum illa clausula ge»
f)ellt merben, bag im ^aUe ber ^au^rain^ foQte mit £obt abgeben, foH bie
SSStttib fo lang ibred oerftorbenen $auerotrt^0 oerlaffene {>aab unb (Suetter
innehaben, biefelbigen nutzen unb genteffen, big fte Don be« oerftorbcnen
iDtanned (Siben, laut i^red jpet)rat^0bnefe0 oödig abgefertigt mirb . . (S« fod
aber bie SBitttb alfofort bei) ^Jlbfterben t^red ^audmirt^« be^ ber Obrigfeit
um bie @perr unb Snomtur ber $$erlaffenfd)aft anl)a(ten, ne alioquiu sU
praesumtio contra viduam quod dolose in reiicta mariti bereditate versetur.
v
— 161 —
terDention bed SSormunbf ^ ttot^toenbig fei, angefe^en tourbe, uub bag
atte SJorfi^riften über 3ttüentur«erricfttun9 ba« ©ene^men ber
©eric^te unb i^rc äbgeorbneten allein betrafen^*).
iJDie @efe|e bed 18. Sa^r^unbertd betonten ed immer beut«
U^er^ bag bie Snoentur nic^t fo fel^r @ad)e ber ©ergaben, a(d
be« Oerit^te« fei; bie ©tabt SBiener ^upitten 9?oit*flammer 9te*
f ormation '''^) lieg gtt)ar noc^ neben ber gerichtlichen SnDentnr
ber ben ^upitlen jugefaQenen (Srbfc^aft unb SJermäc^tnig „ge^
treuliche Sefc^reibungen unter ber greuubfc^aft" j^u, allein über
bie 9iic^tigfeit berfelben ^atte ber ©tabtratt) ex officio nobili }u
^) Ueber bie aügetneine Kudbe^nung ber 9lQC^Iagf))en:e unb ber 3n«
tjentur^erri^tung fte^e Q[^oi;iit9f)), 92otariat unb Sedaffenfd^aftdab^anb«
Inng in Defierretc^, 1877, @. 20—74. ^ie ^b^anblung aU WuSeinanbet"
fe^ung bed (Srboermögend l^at ftc^ nac^ beu in btefem ^erte angeführten
OneQen im (Si^^er^ogt^unt Oeßerreic^ guetp hti ben (^ti^lxd^tn unb Untoer*
Ittötdmitgliebem fomie bei ben Untert^anen ^eraudgebilbet : bei aUen btefen
(Slafirn Don (S^nroo^nern fanb bie ^ptvvt unb 3noentirung bed '*3lad^laf\t9
fteU Don SImtemegen fiatt.
9ld f!4 bie 96^anb(ung auf 6ö^^e @t&nbe audbe^nte, (at aUerbingd,
nac^ ©uttinger*« (@. 776) unb 9leutter'« (@. It) 3eugniffen, bie
sperre felbji an Strenge na^gelaffeu, unb ^at fic^ bie @^erre )ur dif^aU
tung ber 3uri0biction, gut ^uridbictiondfperre aU fQntbo(if(^en Kct abge«
fc^mä(j^t ; ntc^tdbeftoroeniger fd^eint benn boc^ nac^ 91 e u 1 1 e r^d 3<ugnif{e
int 17. 3a§r^unbcrte jebe $et(affenf(6aft Don Stmtdniegen inoentirt worben
SS fein, fo bag @ u 1 1 i n g e r bie (Sntfc^eibung Dom 2. ^ipvii 1629 (@. 359)
bringen fonnte, t>a^ bie Aufrichtung einer 92a(^Ia6inDeiitur nod^ fein untrüg«
Itc^ed ^txd^tn boDon fei, bag ber @rbe nur cum beDeficio legis et invent&rii
(Srbe fein foQe, ba ia ber @rbe Dietteic^t biefe 9{ed^t0mo|lt^at gar nic^t
in Snfpruf^ na^m.
SRad^htm bann gejeigtermagen bie ©perrrelatton bie petitio necessaria
et volantaria }u erfe|}en begann, ifl ed fe^r natürlich, bag bae ^erlaffen«
fd^aftdinDentarium sugleid^ bad ger^abtic^e 3uDentanum niurbe, unb nac^bem
bie ^nDenturderric^tung im 17. unb 18. Sa^r^unbecte fic^ na^e^u auf alle '^ad^*
läfie erfhedte, ifl e« begreiflic^, bag bie $f(id^t bed SBormunbe«, bie 3nDen«
uir erriii^ten ju laffen, prafttfd^ überpfftg mürbe, meil ba« &txid^t Don
flmtömegen für bie ^lad^IaginDentnr forgte.
3u bcnt bereit« Don mir in bem obigen SBerfe angeführten 3^ugniffe über
bie (Sutfte^ung ber ^uridbtctiondfperre unb ber allgemein merbenben 3nDcnturd«
erri^tung ift indbefonbere no^ )^ off in« (@. 158) anjufü^ren, welcher
genau beri(^tet, bag bie Slb^anblung im SD^ortuarium unb %[bfa(rtdge(be
i^rcn Urfprung ^abe.
2)ag bie SnDenturderric^tung bei ben Untert^anen ftc^ fortmö§renb
ungeäubert erhielt, ifi in meinem SBuc^e beutlii!^ nac^gemiefen.
@ie^e übrigen« aud) über biefe "SRattrit ® a u n i a a, @. 98. Aud^
2) n n e r, @. 18. Se^terer ©ci^riftfieüer bemerTt au ber ®efe^e«Derfügung,
bag ber ®er^ab, melc^er bie (Srri^tung ber 3nDeutur tmterlaffe, abgefegt
nerben foUe, ha^ bie« mo^l nic^t mögli^ fei, m«i( bie Obrigfeit Don Amt««
megen Dafür forgen muffe; eben biefe amtliche @orge, beaie^ung«meife biefe
^grric^tung ber ^uDentur o^ne ^ege^ren be« @<r^aben, Don melc^er in ber
<9fT^abf(^aft«orbnung be« 3a^re« 1669 nod^ teine @f)ur ifl, ^at fi(^ nur in
ber Serlaffenf(^aft«ab^anb(un9 entmidelt.
2') Codex austr. I. <Su^pt.*©b., @. 787.
(£Qerin<ftr» Sftcrr. ^ormiinbf^aftfrcd^t. 1 1
— 162 —
inquiriren unb namentlich 6et fic^ äugernber ©efal^r unb $fiic^t^
tl^eUdüerlet^ung bie @perte rigorofe in bcfieUen unb gut geric^t«^
liefen Snoentut gu fc^reiten.
(Sntfc^ieben aber beftitnmte bie ®ericf)tdinftruction Dom
9. September 1785, baß bie SSerlaffenfc^oftöinoentur üon 3lmt«»
megen oorjunel^men fei, n^enn ben @rben ober aucb nur (Sinem
unter il^nen koegen SÜter ober anberer Urfad)en bie freie ©c^altung
mit i^rem SSermögen nic^t geftattet fci^ß), unb baß bie ©c^ulb*
fc^eine unb ^retiofen ber 3)iinberjiö^rigen fogteic^ in bie gerieft-
ii(^e äSertoa^rung gegeben merben fotlen^^).
Unter folc^en Umftönben lann ed nur ald eine logifc^e
donfequeng erfannt merben , baß bad 3ofefinifc6^ ©efetfbuc^
bie Sefc^reibung be^ SBaifenbermögend al^ ein 9{ec^t ber 3?or«
munbfc^aft^be^i^rbe erHörte; baß ed Derfügte, baß bie 3nDentur9'
erric^tung ni(!^t bid }ur Sßormunbfc^aftdbeftedung gu oerfc^ieben,
unb baß bie ©egenmart bed SBormunbe« bei ber dnoenturd«
erric^tung gar nic^t not^meubig fei, unb il^m nur nic^t berme^rt
toerben fönnc, berfetben beigumo^nen ^s).
ßbenfad« fc|te fic^ bie burc^ bie 3nt)entur«erric^tung be*
gonnene geric^tüdie 93ermaltung be^ Saifenuermögend babur(t
fort, baß bad SQSaifenoermögen, mit 3lu^na^me ber gerichtlich gu
Dermal^renben ©c^ulbbrtefe, Quittungen unö anberen Urfunben,
mic auc6 ber ;3ume(en unb anberer Softbarfeiten ^^) Dom ®t*
rid^te bem SSormunbe eingeantwortet mcrbcn foUe^^).
8Ba« bie 9lrt ber 3nDenturöerri^tung betrifft, fo fc^rieb
ba^ 3ofefinifc^e ©efc^bud^ eine breifac^c äuöfertigung ber Ur^^
fuube üor, bereu eine hü ben SSerlaffenft^aftöfc^riften, bie gweite
bei bem SBaifenbuc^e aufbema^rt, mö^renb bie britte bem 93or^
munbe gugeftetit merben foUte. SlnfaQ neuen SSermögend unb 9lb«
gang beö üor^anbenen mar iebeÄraalin ber 3nüentur anjumerfen ^^).
T)u SnDentur galt übrigen^ aU iRealact, folglid^ mußte bad
9iea(geric^t requirirt merben, menn bad ®ut bed i)2ünbeld unter
einer anberen ®eri(^t^barfeit lag unb ^atte badfe(be ber 93or«
munbfc^aftdbe^örbe b(od eine Hbfc^rift ber SnDentur )U fenben ;
tagen ©üter in anberen ^rouingen, fo baß Derfd^iebene SSormunb«
fc^aftöbel^örben einfc^ritten, fo inDentirte jebe Cberoormunbfc^aft
bad unter i^rer Ouri^biction gehörige SSermögen; nur mußte bad
SSermögen, mad au9 einer ^roDinj in bie anbere übertragen mürbe,
in ber 3nüentur ab* unb jugefd^rieben »erben ^2).
^) Äolf. patent üom 1. @e»Jtembcr 1786, 9lr. 464 3. ®. @., §. 34.
2"^) (gbcnbo, §. 48.
2S) 3o[epnifcl^e« Ocfctjbud^, V. C>au»)tp(f, §. 45.
29) ebenba, §. 69.
3ö) ebenba, §. 46.
31) (gbcnbo, §. 43.
32) ebenba, §. 44.
".«FV-
— 163 —
SBücfen Xüiv einen 9(u9enb(id jurücf, fo merben mir quc^ in
ber Seijre Don ber älntretung ber ^ormunbft^aft ben bereit«^ an*
gebeuteten gntmidetung^gang bed öfterreid^ifc^en SSormunbfc^oftd^
re(^te^ mieberftnben.
(Sbenfo mie bie nc^terU^e ^eftetlung, bejte^ung^meife (Son«
firmation ber SJortnünber nal^e^u bie Sebeutung ber anberen fetbft«
ft&nbigen'Detationdgrünbe ber 93ormunbfc^aft aufj^el^rte, ebenfo fe^te
fi(Ö bie gerichtliche ängerenj Don änfang bei ber gül^rung ber 3Sor*
munbf^aft feft; bie Kaution bed ä$ormunbe9 Derblagte, mei( bad ®t*
ri(^t Don älmtdmegen }U forgen ^atte, bog ed einer @aution9(eiftung
nic^t bebürfe; bie iuratorifc^e Kaution ging admftlig in ber ^flic^t«
angelobung beö 93ormunbe^ auf; bie Snoentur bed äRünbetguted,
luel^e ber 93ormunb nac^fuc^en unboeranlaffen foQte, rüdftf^tli^
aüed beffen, mad er iti ^önben t)atte, feierte fic^ bal^in um, bag
ha^ ®ericftt ben ©efife beö iDiünbcIguteö ergriff, bie »ic^tigften
vert^uoQften ©egenftönbe oertDoIirte unb ba9 anbere 3$ermögen
noc^ ber 3nDentur^erri(^tung unb nac^ äßaggabe berfetben bem
SSonnunbe überi;)ab.
ÜDie ©clbftftän bigfeit beö SSormunbe« War gan^ untergegan*
gen; er befanb fic^ bem ©eric^te gegenüber in ber ©teQe eined
angefteQten SSerorbneten p ber Dorgefe^ten @tet(e, unb menn tt)ir
iDa^rne^men, bag biefed äSer^ältnig bed 93ormunbed in bem ®e«
richte bei ber untert^änigen ^erfon bad 9I(t^ergebrac^te toax, fo
iDerben mir auc^ ^ier neuerbingd eine ^eftätigung unferer 3e^
^auptung finben, baß gerabe bie ©eneralifirung ber bei ben Un^
tert^anen gemo^n^eit^rec^tlic^ ermac^fenen 9?ec^tdformen unb beren
Sttdbe^nung auf aüt oberen ©tänbe ben $auptct)aratter ber
SRe^tdentmidelung bed 93ormunbfc^aftdU)efend bilbete unb im 30:^
feftnifc^en ©efc^buc^e gum Slbfc^luffe gelangte.
V. ßapitel.
iSorge für bie Ißtxffan iti jffltiinliield.
1. (pinfeitnng.
f)atten mir bidl^er bie ^ilufgabe, bie 9I(terdtermine, bie
®ren}en ber SDiünbigfeit , S3ogtbarteit unb iBoQial^ngfeit , bie
f^ormen unb Drgaue bed dormunbic^aftlid^en @c^u^e^ unb bie
(Sntftel^ung unb ^ntretung ber ^Itereoormunbfc^aft in ber recbtd«
gejt^id^tlid^en @ntmicfe(ung in Oefterreic^ bariufteüen, fo obliegt
ed und nunmehr, auf ben Sn^alt biefed @d|)u^ed überjuge^en,
loel(^en bad SRec^t ben unoogtbaren ^erfonen fiebert; benn ber
On^alt biefed ©c^u^ed beftimmt nic^t nur in erfter Sinie bie
11*
— 164 —
$f(id^ten bed t)ormunbf4aft(ic^en "ämue, fonbern er erzeugt unb
begrenjt anij bie (Rechte bed SSormunbed.
gür unfere ^eriobe beftimmt fic^ ba« fficfcn ber SSormunb*
fc^aft atn beften bur(^ bie Benennungen cura nnb ©orge; benn
ni^t me^r tote naä^ älterem römtfd^en Siechte bef(^rön!en ft(^
bie mefentlic^en ^flic^ten bed SSormunbe« auf bie @rt^eitung
feinet SSoQtvorted, auf bie Snterpofttion feiner auctoritas, auc^
ntcbt me^r, mie nac^ älterem beutf^en Steckte, auf bie Vertretung
be^ SRünbeld mit föaffen unb bor ®eri{^t, fonbern ba« SBo^t
bed ^ünbetd im ©anjen unb ©rogen ift e^, beffen Begrünbung,
(Erhaltung unb f^örberung nunmehr bem Sßormunbe anvertraut
tt)irb, fo bag ber 93ormunb audbrüdUc^ unb fttüfc^roeigenb mit
bem SSater oft Der glichen mirb.
!Ded J!öntg0 @(||u^ fot( aüen ©c^u^bebürftigen gu SE^eit
toerben: SDenienigen, bie eine t^amitie l^aben, um bie gamitie in
i^ren Obliegenheiten }u unterftü^en, too^t au4 um bie SDVünbel
erforberlit^enfatld fetbft gegen bie f^amitie gu fdiü^en; unb 'Den^
ienigen, bie !eine f^amilie ^aben, um i^nen ben Slbgang biefer
natürlichen @(!^u^genof[enf(J^aft gu erfe^en; benn ber ^önig ift j[a
nic^t blo« ber SSater feiner Untertl^anen, fonbern ebenfo — nat^
}a^(rei(^en QuellenfteQen — ber oberfte SSormunb aüer @(^u^'
bebürftigen.
Unb biefer jtönigdfc^u^ ^at in unferer ^eriobe eine groge
Sludbel^nung nac^ aQen {Richtungen erfahren: in bie Sauge burc^
bie »ieber^olt erfolgte Erweiterung ber Sßogtbarlett^i' ^ rüd«
fi(^ttic^ SSoUiä^rigf eit^termine ; in bie Breite burc^ bie umfaffenbe
Organifation ber SBormunbfc^aftdbe^örben unb ber benfetben
borgefe^ten Snftanjen, unb gau} befonberd in bie S^tefe, ba nun-
mel^r burc^ bie Bebormunbung aQe geiftigen unb materiellen
Sntereffen be« SKünbete gef^tifet, feine religiöfe unb fittlic^c (gr*
;(iel^ung übermac^it, bie 9[u9bi(bung }u einem entfpred^enben
Sebendberufe geleitet, bie ©tanbe^wal^t bed Snünbelö forgföltig
geprüft unb jur befferen ©rreid^ung aüer biefer ^toede baö SSer*
mögen bed WUmhtl^ erhalten, gefiebert unb berme^rt merben fotl.
®ijn% unb ©c^irm fönnen ol^ne bebeutenbe Tlaö^t nic^t
U)trffam merben, unb je bebeutenber bie SOIac^t ift, um fo nä^er
liegt e« i^r, ftet« nac^ größerer Slu^breitung iju ftreben; ber gute,
bet befte $Bi(Ie, bad ^öc^ft Erreichbare möglic^ft fc^neQ gu oer«
mirttic^en, ^at bietfac^ gur fjolge, bag bie ^ad^t ben S^td nic^t
anberd aU burc^ eine unmittelbare @tnn)irfung bid in bad ©u«
gelne erreichen ju fönnen glaubt. 3^ biefem ^>vtdt werben ent*
Weber Organe neugefc^affen ober befte^enbe ^erangejogen unb
bielfac^ mit ben complidrteften Einrichtungen audgeftattet; bann
tritt Bietregiererei leicbt an bie ©teile ber grogartig geba(^ten
oberftcn Leitung be« 9te(^t«inftitute« ; bie ©eoormunbung trifft
— 165 —
fobann nic^t fo fe^r bie äßünbel atd bie S3ormünber; ftreng
bureaufratifc^e ginrit^tung fcfet fi(^ an bie ©teöc ber großen
©runbfä^e, meiere bieder, ©runbpfeitern g(ei(^^ bod ®eböube ge«
tragen Rotten, unb ed erfc^etnen in großer 3^61 93erorbnungen,
92DrtnaIten unb ^^ormularien, tt)el(^e bie Atl^ötigfeit bed ä$ormun«
bed unb Obetüormunbed oft die(me^r erlahmen aU förbern unb
iinterftüfeen, fo ba§ an ©teile ber ftarfen, einfachen, fteinerncn
@runbpfeUer ein complicirte» ^ölgerned ©erüfte tritt, bad, unge«
act^tet feiner complicirten (Einrichtung, bem ©ebaube bie urfprüng^
lid^e Seftigfeit unb STragfä^igteit ^u geben nic^t dermag.
ÜDie i^amilie ift bureaufratifdjer Einrichtung ungugönglicl ;
i^r (Sinflug oerfc^minbet ba^er gön^lic^ mit ben geönberten ^ot^
men beö öormunbfdöaftlic^en ©c^u|e«; ber SSormunb — ein blo*
%t^ (S^ecutioorgan ber 93ormunbf(t|aftdbe^örbe — mug me^r
fOlüf)e auf bie @in^attung ber Dorgefd^riebenen t^ormen, a(d auf
bie Srfüttung feiner eigentlichen $f(ic^t Dern^enben, unb bie Dber^«
Dormunbfc^aft mirb burc^ bie 93erorbnungen , 92orniaIien unb
ffonnularien unb burc^ bie baraud refultirenbe (Somplicirung bed
©efc^äft^ganged genöt^igt, ben größten 2:^ei( ber ©orge, totUft
fie bem S$o^(e ber 3)2ünbel felbft juttenben foQte, auf bie auf^
merffame unb fleißige (Sin^altung ber oor 9 ef (^rieben en gormen
gu Dermenben.
So^I mögen [lä^ bie folgen folc^er SSeranberungen fo greU
nid^t geigen, fo (ange bie SSormunbfc^aftdbe^örben felbft noc^
paffenb genia^it finb, fo lange in^befonbere ibr territorialer Um»
fang Kein ift unb i^nen ba^er bie unmittelbare Senntniß ber
93erpltniffe ber (Sinmo^ner l^itfreic^ jur @eite ftebt.
93enn aber bie Organe, auf meiere biefe Einrichtung be^
Dormunbfc^afttic^en ©c^uged bafirt mar, untergeben, menn ben
neugefc^ offenen Cberoormunbfc^aften größere ^Territorien unter*
iDorfen merben unb aud biefer unb aud anberen Urfac^en bie
perfönlic^e ^elanntfc^aft mit ben ä3er^a(tniffen be« SRünbeld ben
genannten JSe^örben immer me^r ab^anben fommt, fo baß auc^
ba0 ^nalogon eineö ^flegfc^aftdrat^ed aud ber 3nftitution ber
Oberoormunbfc^aft fc^minbet, bann bleiben nur me^r bie formen
ber complicirten Einrichtung über, unb bie 3Rög[ict)feit ber Er^
reic^ung be«i ^oupt^mecfed ber 93ormunbf(^aft — bie ^eförberung
beß ©o^le^ be^ SKünbet^J — rüdt in eine immer weitere Ent*
fernung.
92i(^t o^ne ®runb ^aben mir biefe Semerfungen bemfenigen
flbfc^nitte unferer ©c^rift ooraudgefanbt, melc^er fic| bem 3n^a(te
beö t)ormunbf(^aftli(j^en ©c^u^ed gumenben foU; ed foUte gebrangt
unb lebhaft ber Einbrud miebergegeben merben, ber fic^ bed
^eobac^terd bemächtigt, menn berfetbe bie Entmide(ung bed t)or^
-^ 166 —
munbf(^oftIt(|6n ©c^ufee« an ber ^attb ber 9iec^t«queIIen unfered
Sanbe« in ben legten brei 3a^r^unberten betrachtet, menn anber«
ber {Beobachter unbefangen genug tft, um ben SEßert^ organifc^er
(Sinric^tungen nic^t nad^ ber 3Kenge unb Sönge ber ertaffenen
Serorbnungen ju bemeffen; toit tiabm btefe Semerfungen an
biefer ©teile eingefügt, um ju aeigen, ba§ bie n)ac^fenbe bureau*
fratifc^e Einrichtung be^ Dormunbfc^afttic^en ©c^u^e^ Dtetfac^
bagu führte, ba§ ber Sn^alt an £iefe oerloren unb bie !(ttdbe^«
nung in bie Sreite jugenommen ^atte.
®el)en toiv noc^ biefem @(curfe auf unfer eigentUc^ed £(ema
über, fo n)erben h)ir nic^t um^in tonnen, dor SKIem auf bie
gleic^a^itige 9?ec^t^entn)icle(ung in "iDeutfc^tanb einen oerg(eic^enben
hlxd gu tnerfen, unb bied nöt^igt und, abermals in bürgern auf
bie boppcUen QueUen be9 neuen beutfc^en 9tti^M, auf bad
römifc^e unb bad beutfd^e Siecht im engeren @inne, ^urücfgutommen.
yiadf 3uftinianif(^em 9iec^te l^atte t^ie Oberoor^
munbfdiaft unb nic^t ber Xutor ober Surator ben S(ufent^a(t
unb ben Srgie^er bed $upiQen }U beftimnten; bocf) fungirte in
folc^en OäQen an ©eite bcd ^ratord, an ©teUe ber fonft ge»ö^n»
(ic^en coDsiliarii unb assessoreS; ein t^amiUenrat^, in metc^em
auc^ bem SSormunbe eine berat^enbe ©timme guftanb. i)Hemate
Durfte bie (Srgie^ung einer $erfon anvertraut »erben, meiere tt)egen
einer gu ^offenben fünftigen ©ucceffton nicbt frei Don jebem b5fen
ä$erbac^te »ar; befonbere diüdficl^t »urbe auf bie ^norbnung bed
^aterd genommen, »iemo^t ber $r&tor an biefe(be nic^t unbe^
btngt gebunben »ar; augerbem ^atte bie SRutter bad Srgiebungd«
rec^t, »elc^ed fie feit 9l(e^anbcr ©euer burc^ bie SBieberoerel^e«
Hebung t)er(or. SBiar feine 9)hUter tjorl^anben ober fonnte fie bie
(frjie^ung nic^t übernehmen, fo mürbe ber Srgie^er aud ben
(Kognaten, Slffinen unb f^reigelaffenen bed (Srblafferd gemöljtt
ober in beren @rmang(ung bie @r)iel)ung fremben ^erfonen
Übermiefen; war ber ^u})iUc enblicft gang oerarmt, fo mürbe er
in eine ©tiftung ober in ein äOSaifenl^aud untergebracht, beffen
33orfte^er fobann bie ©teile bed SSormunbed gu oertreten l^atte.
t)it @rgie^ung enbete nac^ römifcf)em Steckte regelmäßig
mit ber ^übertat; bei ben in öffentlichen 9lnfta(ten untergebrachten
^aifenfinbern aber erft mit ber plena pubertas i).
"Siadi älterem beutfi^en Siechte beftanb bed SSormunbeö
mefentlicfte ^flicfjt in ber Vertretung be« äKünbete in ber ge^be
unb Dor ©cric^t^), unb in iJotge beffen ^atte ber Sormunb auc^
bad 9{ec^t, bie an bem SDiünbet oermirften (Sompofitionen eingu^
1) »iuborff II, @. 259—246.
2) Äraut II, @. 3; I, @. 24—33.
— 167 —
forbern^); ber 93ornmnb l^atte t>a^ ^iti^t, \16) ber ^erfon unb
bc« SJermöBen« bc« SDiünbelö ju unterminbcn, beftimmtc bcffen
Srsiel^ung, unb nac^ fäc^fifc^em 92e4te ftanb ed i^tn fetbft }u^
ber leiblichen SOtutter bie (Sr^ie^ung entiveber onjuDertrauen ober
in ent^ie^en^); enblid^ l^atte er ein, koiemo^t burc^ ben (Sinflu§
ber compofttion^berec^tigten t^amtlie nic^t unbefc^röntte^, @traf«
re^t über bie 'JJcrfon be« 2ßünbef«^).
Umfaffenber \fattt fic6 bie ©orge bed beutfc^en 3$ormunbe^
für bie ^erfon ber Pupillen bereit« am beginne unferer ^eriobe
geflattet; bie Sinflüffe be« römifc^en 9ie(^te« fomo^I mie bie
3bee bed ^önig«fc^u^ed broditen ed mit fic^, bag bie @orge für
bie ^erfon be« ^upitten bem SSormunbe gur befonbern ^flic^t
gemad[|t ipurbe, beffen ^efugniffe ober größere moren a(« nac^
rdmif(^em Steinte.
Sflaä^ neuem beutfc^en 9?ec6te ^atte ber 93ormunb fetbft
unb nic^t bie Oberüormunbfdjaft bie (Srjietiung bed 3Rünbel9 ^u be«
ftimmen; er foQte itoat aud) juerft ben ettoa geäußerten SBiUen
bed 93aterd berücffic^tigen unb in @rmang(ung einer foidjen
Sieugerung bie Srjie^ung ber SDtutter, foferne biefelbe ^ie}U fö^ig
mar, unb im anbeten ^aUe ben nöc^ften äJermanbten bed ^2ünbe(d
anoertrauen; ed blieb aber ber SSormunb Don bem 9?ec^te, bie
(Sr^ie^ung bed äßünbeld ju beftimmen, felbft bann nic^t audge«»
fc^Ioffen, menn er ber näc^fte 3nteftaterbe be« SRünbeU war^).
©e^cn mir nac^ biefem ^u^btide in^d gemeine römifc^e unb
beutfc^e SRec^t auf unfer ^eimifc^ed 9te(^t über, fo nöt^igt und
bie (jüHe bee SÖiaterial«, me(d|e« mir befifeen, ben ©toff biefe«
Stbfc^uitteö überfi^ttic^ ju gliebern.
SSor Slüem merben mir unö natürtidj ben allgemeinen ®e*
ftimmungen über bie @r)ie{)ung bed 3nünbe(<$ gegenüberfleden
muffen unb bie @ntmi(fe(ung bed oberoormunbfc^aftUc^en @in«
fluffed auf biefen *ißun!t einge^enber betrachten; befonber« mirb
unfere äufmerffomfeit gefeffelt merben bur^ bie grage, in melc^er
Sleligion ber Pupille auferjogen merben foUe, unb biefe grage
ftel^t in unferer ^eriobe im innigften ä^fonimen^ange mit ber
toeiteren ^xaqt x\adj bem jemeiligen Slufentl^altdorte bed ^upillen.
@(^(iegti(^ mirb und bie ^eruf^ma^l be« SRünbeld unb beren Leitung
burc^ bie 93ormunbf(^aft befonber« befc^äftigen.
9lu§er ben ebengebac^ten fünften, meiere mir in einem 9lb<
fcbnitte betrachten n)oUen, er^eifc^en brei fpecielle ©egenftönbe
eine abgefonberte Sefprec^ung unb eine einge^enbe 21ufmerffamfeit;
3) Ar QU t I, @. 329—338.
*) «benba, @. 288—290.
^) (gbcnba, @. 292—296.
«) (gbcnba II, @. 125.
•*•
1
— 168 —
unb ^toav erften« bie @^ef(^(ie§uttg bed ^upiden, giDeiten^ ber Situ
tritt in ein Slofter ober in ben geiftlic^en @tanb, unb brittenö enb:»
Itc^ bie Sßaifenbienfte, ber fogenannte famulatus, welchen unter«
tranige SBaifen na^ mehreren burc^ bie ®er^a6)(^Qftdorunbngr
ben tractatua de juribus incorporalibus unb bur(^ anbere
®efe^e fanctionirten Seftimmungen ben ©runbobrigfeiten }u (eiften
l^atten.
(&^ (ann l^iebei nic^t unterlaffen n^erben^ }u betnerfen, bof
tt)ir un«, Qnla61i(ft ber eben begeidineten 2Katerie, fteflentoeife ouf
rec^t«^iftorifd)e Unterfu(^ungen eintoffen muffen, toelc^e mit bem
SSormunbfc^aft^red^te felbft nic^t unmittelbar im 3ufammen^ange
fte^en, bereu ^enntnig aber }um S3erftänbniffe bed ^iftorifc^ ermoc^«
fene 9tc(^t«juftanbe« erforberti(^ ift.
2. fr)ie9iiiig bes Spöttbets ü^nf^aupt; Slefigi««, jittfott^aCb^tt ttiib
'^ttuf^wa^t he$ ^ttttbefs iit$0efoitbei:e.
ÜDie 8Öiener ^reil^eiten oom 3uli 1526 — für unfere ^e*
riobe bie ä(tefte lex scripta — enthalten b(o0 bie fur^e Seftimmung,
„ta^ bie 9$ormünber bie ^flegefinber p guten el^rbarem SBefen an^
»eifen foüen^); beuttic^er überliefert unö fti^on SBattl^cr im
Tractatus aureus ben 8anbt«brauc^ rü(ffi(^tli(^ berer oom Slbel*
unb ^errenftanb.
»Der 8anbt«*örau(ft oermodjte'' — nat^ SBalt^er — , r,tDenn
einer mit 2^obt abging unb unergogene ^inber hinter i^me oer«
lie^, ob bann gleich fein oerlaffcne ffiittib, a(ö ber Sinber e^c*»
leibliche Butter, i^ren 9Bittib«^@tanb oerönberte, bag nic^t^befto^
weniger bie ftinber i^rer ßnä^t, fo lange biß fie fieben 3a^re
iftreö Sllter« erreichten, gelaffen »erben fottten. So tt)or au^ tit
hintut in fotc^en ^aU nic^t f(^utbig, auf i^re eigenen Unfoften
bie ^inber ju unterhalten, fonbern bie Unterhaltung foUte i^r
t)on ber ftinber ®ut nad) iimlid^em 93ermögen, burc^ bie ©er«
l^aben bega^let »erben, ieboc^, mann bie ©ergaben bem ^errn
Sanb^äßarf drallen genugfame Urfad^ fürbtingen mochten, mar um
bie Äinber ber üßutter 3"^^ "i^* gelaffen werben fottten, fo
ftanb e« bei bem ganb^SDiarf^aü, barinnen Sinfe^en unb Ser-
orbnung ju t^un^)."
Siir begegnen in biefem Sanbdbrauc^e einem felbftft&nbigen
SRe(^te ber üJiutter auf bie ßrjie^ung, meli^e« felbft burc^ hi^
©ergaben nic^t, fonbern nur burc^ ben Sanbmarfc^aQ befc^ränft
werben fonnte; freiließ aber galt biefer 8anbdbraud| nur für bie
oberen @tänbe unb erfc^ien ald bereu ^rioilegium.
J) Codex austr. II, @. 490.
2) SBalt^er, Tractatus aureus. Tract. III, cap. XII (bei @u tt In-
ge r, @. 969).
— 169 —
S)etn gegenüber toar in ber {Reform guter $o(i}et Dom
3a^re 1552 ber (Sinflug bed SSormunbed auf bie (Srjie^ung ber
Rapiden ein ungleich größerer, loobei abermaU ^ert)or}u]^eben
ift bag biefed ®efe| nunmehr aOe @tänbe betraf.
„Unb foQen obernente ©erl^aben aü^ jre ^upiQen unb
^^legf^tnber, Seib, ^aab unb ®uet<^ getreme unb t)(eiffige 93or«
fteer unb 93erforger fein, biefelbigen anfengcüc^en unb oor aden
üDingen }u ber @er unb ^orc^t ®otted in ber ^etliqen S^riftlic^en
{Religion unb gu gueter Srbarf^ait, !£ugent unb Sernung guter
ß^unft ouf ergießen " — fo fdftrieb ba« ®efe%, toeli^e^ in bie
^äitbe bed SBormunbed, unb atoar mefentüdi unbeeinflußt burc^
bie OberDormunbfc^aft, bie 6r}iel^ung ber Pupillen legte^).
3toor ifl e« feinem S^^fiM unterworfen, baß ber ©oter
binbenbe 3Sorf(^riften für bie (Srjie^ung feiner ßinber ^inter^
taffen fonnte, ba ja eben btefed ®efeg fagte, ^baß^ menn ber 2:e«
ftierer in feinem S^eftament ober legten miUen feiner ß^inber unnb
oerlaffenfc^afft falben, fonbere iOrbnung gemac^it unb ^inbter feiner
oertaffen ^ette, ed olßbann bobet| aud) bleiben foße, man befänbe
bentt fpürlid^e unb augenfc^einlic^e oerbad^tlii^fait, unb f(^abett ber
ftinber, in melc^em faa( bie fachen gur er(eutterung|Unb erf^antnud
ber Obrif^ait ober @eri(^td unb ber 9{ait^anb(er geftelt fein
foOe" *) ; odein abgefe^en oon einer fo(c(en ^eftimmung blieb bie
@r;(ie4ung bed 3$ormunbed ©ac^e, ber bie !lRünbe( bei ftc^ felbft
behalten ober ber SDtutter anoertrauen tonnte, menn fie eine($ guten
Sßanbeld unb SBefend mar.
Se^tered foUte nun freiließ regelmäßig „bti ben SDtaibeln ober
grcmlein* gefc^ebenj »bie Äl)naben" aber fottten, „alßbatbt @^ fo*
tiil ermac^fen, bad @^ bie ©ebneten befue^en unb lernen mügen,
gtt ber @(^ue(, ober mo bie ju ber ©c^uel nic^t gefcbif^t, i^ix
(ernung anberer ftbünft unb banbl, baoon ®t) fid^ ßrbarüc^
erneren mögen, ober boc^ gu (Srbarrn £)ienften'' angehalten
merben ^).
3m Saufe ber ^tit ging ba^ (Sr^ie^ungdrec^t au6 ben ^än«
ben be^ SSormunbed immer me^r in bie ^önbe ber Oberoor«'
munbf(^aft über, unb menn auc^ nic^t geleugnet merben fann,
ha% bie ©efege bed 17. Sa^r^unbert«, meiere bie Sr^altung be«
tat^oUfc^en ©laubend oor 9ldem im Sluge Ratten, ben (Sinfluß
ber Oberoormunbfc^aft mefent{i(4 fteigerten, fo fte^t benn boc^
anbererfeitd bie Sluöbilbung ber bloßen Uebermad)ung einer Srgie^
^ung burc^ bie SSormunbfi^aftdbe^örbe bid p einer ganjlic^en
SRoc^tlofigfeit be(^ 9Sormunbed in Sejie^ung auf bie ^erfon be«
') $oIi}eiorbnung oon 1562, go(. XX.
*) Sbenba, So(- XXUIv.
^ (Sbenba, %pl XX.
-»t\
— 170 —
'ißu|)it(en im innigen 3ufümmen^ange mit bem 3u9e einer 93ie(«
regiererei^ ipelc^e in biefer Sejie^ung mit ber reUgiöfen f^rage
ni^td ^n [(Raffen ^atte.
"I^ie n. ö. {Regierung, meiere im 9(nfange beö Sa^red 1655
ein eigened SSaifenbu^ aufgerid)tet l^atte, fa|te am 22. f^ebruar
bedfelben 3Ql)red juerft einen Sefc^Iut, melc^er eine mefentlic^e
3ngereni ber 93ormunbfct)aftdbe^örbe auf bte (Srjie^ung be^
Pupillen enthielt, kutcmo^l ftc^ biefe dngerenj erft p einer
regelmäßigen Uebermac^ung ber perf önUc^en 9Ser>
!)Qltniffe be9 ^upiUen erhoben l^atte; ed foQte nämlic^ hie
9iegterung felbft Don SiitxttU ju 93ierte(JQf)r ha^ fflaifenbuc^
reoibiren unb nac^fe^en, mie unb metdier ®eftaU bie ^uptUen
oerforgt feien , ol)ne bog jeboc^ bem 93ormunbe ba9 Seftim«
mung^rec^t über bie ^erfon bed $upiUen irgenbroie entzogen
roorben wäre^).
ÜDeutlif^er trat fc^on ber Sinflug ber Dberoormunbf^aft
auf bie @riie^ung ber ^upIQen in ber ©er^abfc^aft^orbnung
Dom 18. JJebruar 1669 ouf, welche im IX. JJitel „oon ber ^Ju*
piQen ^luferjie^ung" ^anbette.
!Dtefed ©efeg be^^eic^nete ed ^mar auc^ ald ;,beg ©ergaben
erfte unb fürnefjmfte @orge, bag er bie i^m onoertrauten $u«
piQen in bem magren 6at^o(ifc^en ®(auben, in ber ©otfe^forc^t,
3u(^t S^rbarfeit unb ©riernung guter fiünft, ober fonft nacö
be6 Pupillen @tanb unb B^neigung ergieße" ^) — aber bie
naivere ^eftimmung ber Srgte^ung toax ber Dbrigfeit über«
(äffen; benn felbft ,,menn bie Rapiden eine (eiblicf^e SOtutter ^aben,
meiere eine« guten SBanbeto ift, foQen x\)v bie Pupillen nur fo
lang eü bie Obrigfeit ,für gut anfielet, }ur Sluffer^ie^ung ge«
laffen »erben" ; bie Dbrigfeit fonnte aber ber 3Hutter bie Srjie^ung
abncl^men, aud^ menn bie äßutter fein birecte^ SSerfc^utben traf;
üud) bann^ „mnn bie ^upiden anbermertd nur beffer untergu^
bringen maren^ ober menn Knaben beg ©tubirend, (Srlernung eines
^anbiDerf« ober onbcrer benen ^upiüen ju gutem oermeinten Ur*
fachen falber, on einen anbern Ort^ üerfc^if^t werben muffen" ^).
§aben bie ^upißen feine leibliche äWutter me^r, „fo foIJten
fiC' — offenbor nac^ ber Seftimmung ber Dbrigfeit — .»ent*
meber bei ber t^reunbfd^afft ober an ein anbern e^rtic^^unoer«
bö(^tig Drt^ in bie ^oft getrau n?erben, ober ed fonnte ber ®er^
^oben einer felbften fte gu fic^ in bie Soft nehmen; nur foule
berfelbe babe^ feinen abfonberltdfen ©eminn fuc^en unb ^u bem
Snbe if)me (fic^) bad Softgelb Dom ®eric^t audfprec^en (offen;
6) @utttngcr, @. 868.
^) ®er^abf(^Qft0orbimng, IX. 2:iter, §. 1.
8) öbeiiba, §. 2.
— 171 —
bie (^upißen), fo fein $oft«®e(b gu bejahten fetten, mußten aber
gu ^ienfteti ober ^anbtDerl^^Sernung nac^ ^efc^affen^ett i^red
©tanbe« unb altera angel^alten werben" ^).
3ni 18. 3a^r^unberte jeigtc fic^ immer me^ir unb me&r
bte bureanfratifc^e (Sinrid^tung bed SJormunbfc^aft^meiend felbft
in aüen jenen Segie^ungen^ mlä^t bte "ißerfon bed 3)2ünbe(<$ be-
trafen, unb tt)enn auc^ älnfongd biefe ^eftimmungen nur für
einzelne ®eri(^te getroffen mürben, fo ermeiterte fic^ bief« Sieget
na^ unb nac^ auf fammt(ic^e Oberoormunbfc^aften.
3unoc^ft oerfügte fc^on bie „Stabt SBiener ^upiöen 9?ait*
fanimer*9ieformation" oom 29. Sprit 1715 für bie ^u|)itten ber
@tabt SBien, „bag bie ©erl^aben entmeber gu atljiä^rtic^er Sleta«
tion über (Srgie^ung il^rer $u))iUen angehalten, ober menn bie
©ergaben bed tiefend unb (Schreibend unfunbig mären, im SdtU
fein }meier aue bem 9iatt) abjuorbnenber 'ßommiffarien befragt
merben foltten, fomie bag fein $upitte ober ^upitltn o^ne SSor^
tt)iffen beö @tabt*9tat]^ed al« Dbergerl^aben ju einiger ©taube« ^
öeräubcrung, e« fc^e nun gum ®eiftlic^en* ober Sotboten*8eben ober
auc^ gum ^eirat^en getaffen, fonbern berief 33ort|aben bem ©tabt^
magiftrate )ur Unterfucb« unb SinmiUigung ober ^ürfeiirung
beffen, mad bem Pupillen nü^lic^ ju fein befunben mirb, ange«
geigt werben fotte"^<^).
3n gang gteic^er SBeife, nur noc^ fc^ärfer, brüdte ftc^ bie
SanbmarfC^atlifc^e ©er^abfc^aftdorbnung oom 3. Sprit 1727 über
benfetben ©egenftanb au«, „na^ metc^er bie 93orfte^er ber $u<
piUen, miuberlä^rigen @uranborum unb ©tiftung^genoffen t)on
3al^r 2U 3at)r burc^ befonbere anbringen unb SJorftetlungen bad
alter , bie Sufagie^ung, bie Soft== unb aSerpflegungö^ßontracte,
mte auc^ 5en Ort ober SBo^npIa^, ingteic^en bie gute unb
fc^Iet^te Suffü^rung, Stubien unb ^rofeffioneu bem (geriefte um*
ftänblic^ an^u3eigen unb beizubringen, annebenft über bie oon
neuem erforberüdjen Jractate, 35eränberungen, Äoft unb anber*»
roeitigen 9iott|mcnbigfeiten, förberft aber über bie ^Berfc^idung in
ober aufer Sanb bie geridittic^e ^Ratification }u begehren unb ;^u
ermerben ^aben, at« fonften, ein fo anbered ungültig unb annul«
lieret fe^n fottc" ^i).
©a« bie ^©tabt SSSiener ^upiIIen^9?ait*(5ammer*JReforma''
tion" für bie ©tabt SBien, waö bie toubmarft^atlifc^e ®er^ab*
f(|aftdorbnung für bie gmei oberen ©tänbe angeorbnet ^atte, ba^
be^nte bie ©erit^ti^inftruction für bie beutfc^^ftaüifc^en ßrbtanbe
Dom 9. September 1785, 5Rr. 464 3. ®. ©., ouf aüe ®ericl)te
^) ®er^abfd^aft«orbuung, IX. ^ttef, §.3.
»ö) Codex austr., @uppl..©b. I, &, 787.
1») (Sbenba, @uppl.s©b. II, @. 427.
— 172 —
au0, inbem (ie beftitnmte, bQ§, „loenn ein $upi(( feinen Sufent«
l^alt Derfinbern, einen !Cienft erhalten, ober tt)a6 immer für einen
neuen ©tanb antreten moilte^ don bem 93ormunbe bie Slnjeige
}u machen unb bie gerichtliche Setnidigung ein}uf)o(en fei; ba6
bad ®erici)t in fo((^en f^äden eine forgfaltige Unterfud^ung ju
pflegen unb mit Dätertic^er Slufmerffamteit ba^ienige ))orpfe^ren
^abe, »aö jum ©eften be« Pupillen angemeffen fet)n wirb'' ^^j.
!£)a6 3ofefinif(i^e ©efe^buc^ entl^ielt über bie (Srgie^ung ber
^upiUen nur wenige ^eftimmungen^ unb ed war bied um fo natur«
lieber, ald bie eben angeführten älnorbnungen ber ®eri(^td«
inftruction Dom 9. September 1785 burc^ bad 3ofefinif(^e %t*
fe^buc^ in feiner SBeife oeränbert werben foQten; oietrael^r machte
ed eben bie boppe(te, paraUet (aufenbe ©efe^gebung, welche bie«
felben ©egenftänbe in einem, bad materielle S^ec^t, unb in einem
anberen, ba« S5erfa^ren ber ®eric|töftctten regelnben, Oefe^je ge^
orbnet ^atte, möglid^, bag bad materieUe 9{eci)t nur bie wenigften
Sefiimmungen ent^iett unb bie einfc^neibenbften 93erfügungen ber
©eric^t^inftruction überließ.
iRac^ bem Sofeftnifd^en ®efe|bu(^e beftanb ber Unterfc^ieb
gwiftlien 83ormunb unb Surator barin, ba§ erfterer für bie ^er^*
fönen, wä^renb ber (Surator für bad iBermögen ber ^upiQen ge^
geben würbe ^^); bedwegeu ga(t ed auc^ ald bie ^auptfa^Iic^fte
^flic^t bed 93ormunbed nac^ 3n^alt feinet abgelegten (Sibed, baß
er bie SDiaifen il^rem (Staube gemäg uiib gut erjie^e, auc^ wiber
aöe ©ebrüdung fc^ütje^*).
£)ie (Sr^iel^ung ber föaifen nic^t in ber ßinb^eit oUetn,
fonbern fo lange, \>\9> eine anbere (Sr^ie^ung notl^wenbig wurbe^
ftanb nac^ bem dofefinifc^en ©efegbuc^e ber SOßutter gu, auc^ wenn
fte }u einer neuen @^e gefc^ritten wäre, wofern anberd wiber fie
tein ©ebenten war ; nur war ed eine ^flic^t beö 93ormunbed^ wo
auc^ bie SBaifen immer erlogen Werben, barauf 9l(^t gu ^aben, unb
bie gefunbenen ®ebrec^en berSSormunbfc^aftdbe^örbe anp}eigen ^^)[;
bie Soften ber (Srgiel^ung beftimmte bie 93ormunbf(|aftdbe^arbe nac^
ben Umftänben, of|ne fetbft ^n ein Sludmag, welc^ed in einem
legten SBiUen au^gefeigt wäre, gebunben ju fein^^); \^^^ @opita(
felbft burfte ^ur Sr^ie^ung ber äBaifen aufgewenbet werben,
wenn biefelben burc^ einen größeren Slufwanb in einen beft&nbigen
SBerforgungdguftanb gefegt werben lonnten^^); waren enb(i(^ bie
12) «Patent Dom 9. September 1785, 9^c. 464 9?. <9. 93(., 6. «Ibfc^n«,
§.49.
") 3offfliuf*e« ©eff^budi, V. ^ouptflüdf, §. 1.
i4> öbenba, §. 49.
») (Sbenba, §. 60.
!<)) (Sbcnba, §. 61.
17) (Sbcnba, §. 52.
— 173 —
SOBaifen gang m\tttllo9, fo fjatte ber SSormunb ju trachten, i^tien
iiebft bem noi^bflrftigen Unterhalt bie i^öl^tgfeit }u loerfc^affen,
fi(^ burt^ ICicticn iljrcn Unterhalt fclbft ju ermerben ^*) .
(Sincrbcfonberen©ef(^räiifungtftinDeftcr»
ret(^ ftet9 bie SSerfenbung ber Pupillen in
fretnbe Sänber itnb fpöter fogar in frembe Orte
unterlegen gemefen.
©c^on bie 9lefornt guter ^oKjei and bem 3al^re 1552 be«
ftintmte, «bag bie ^upiQen, fo Knaben fein, meiere etma ju jren
Sllter fornmen, öon berfelbcn greunbt unb ©ergaben wegen 8er*
nung ber ©prac^en, ©tubien unb anberer Urfac^en falber in
frembbe Sanbt unb Ort nur mit oortoiffen unb Sewittigung ber
Obrigfeit, bed Sanbmarfc^aQd, Sanbö^auptteut, SanbedDerweferd^
ber ©runb^ unb ©eric^td^errn, bed 93icebombd unb in ©tabten
unb SDtarften ber Sürgermeifter, Statte unb Stic^ter unb auc^
ber.näc^ften greunbfc^aft ijerfdjidt »erben burften" i*); allein im
17. 3a^röunberte foBtcn bie ©efetje noc^ oerfc^ärft werben, um
ben SlbfaU ber Pupillen Dom fat{)oIif4en ©lauben gu Der^in^
bem, unb um felbft bie Pupillen afatE)o(if(^er 8anb(eute bem ma^^
ren ©lauben gu ersahen.
SDiefed ©treben nac^ ßrbaltung bed fat^oUfc^en ©(aubend
förberte ba« (Sefefe „über ^upiüen SBerger^ab* unb iBerf orgung"
öom 2. äuguft 163120) ju läge, toelc^e« freiließ nur bie jmei
oberen politifd^en ©tänbe unb aUe anberen bem tanbmarfc^aüi«
fcften ®eri(^te unterworfenen ^erfoncn betraf; nac^ biefem ®e*
fe^e foUten aUe unfatt)olifd^en (ber tanbmarfd^adifc^en 3uri0bic«
tion unterworfenen) Pupillen fammt ben ©ergaben unb anberen
Umftänben bem Sanbmarfc^aU befanntgegeben unb bie ^upiUen
fetbft auf Sege^ren bem 8anbmarf^aUifcben ©eric^te geftedt wer«
ben; teftamentarifc^e älnorbnung afat{)o(if(f|er @rgief)ung foQte
ebenfo ungiltig fein, ale wie bie änorbnung ber 95ätcr, ®er*
^aben unb ^reunbe, bag bie ^upiden an unfat^o(tfd|e Orte der«
fanbt werben foden ; ebenfo würbe bei gemifc^ten @^en ber 6on«
tract, in welchem ber fat^oüfc^e S^egatte in bie afat^olifc^e Qt*
gie^ung ber ^nber widigte, für unfräftig erttart ; enblic^ enthielt biefed
®efe^ and) bie weitere Seftimmung, ha^ in iebem $aQe ben (fetbft
unfat^oüfc^en) ÜWüttern fo im ßanbe bleiben, bie 3"** w"b Sbu*
cation bid auf bad fiebente Saifv inclufiüe belaffen werben fode,
nnb bag bad Sanbmarfc^attifc^e ©eric^t biefen 2;ermin auc^ Der^
löngern fönne.
35a«felbe ©efefe würbe am 10. 9loüember 1634 repetirt^i)
18) e^otefinift^f« Oefeftbuc^, V. 4)auptflücf, §. 63.
19) ^oltaeiorbnung öoit 1552, gol. XX.
*<0 Codex austr. II, (g. 187; euttiwger, @. 628.
2») Codex austr. II, @. 188; ©utttngcr, @. 629.
^
t
ii
i,
- 174 —
uiib am 28. Sluguft 16642^) ^in neued ft^nUc^ed erlaffen; entließ
im Academiae Privilegio üom 29. 5Diärj 1695*^3^ ba« SJcrbot
ber 93erfenbung ber ^uptQen an unfat^oUfc^e Orte neuerbingd
eingcft^örft.
3n ber (9erl^abf(^aft^orbnung t)om 18. f^ebruar 1669 mürbe
bie SSerfenbung ber ^uptüen auger Sanb ebenfalls nur burc^ bie
9tü(ffi(bt ouf bie @r^a(tung be« tat^oüfc^en Glaubend verboten,
inbem beftimmt mürbe, bag bie Pupillen nic^t an fotc^e Drte
gefanbt merben foQen, mo fte Don bem fatboUfc^en (glauben ab»
geful^rt merben möchten; bal^er foUten fte nic^t auf unfat^oHfc^en
Unioerfitäten unb @(^ulen ftubircn, an unfatl)oUf(^en Orten gum
^anbmert nic^t aufgebingt ober lange allbort belaffen, fonbern
oUfogteid) abgeforbert »erben; mürbe ber ^upiüc ber äufforbe^
rung feine ^ü^t teiften, fo muffe biefer SSorfaK ber Dbrigfeit,
unb menn biefe nic^t bie 93orfe^rung t^äte, burc^ bie ®er[)aben
ber (anbedförftlt(^en Obrigfeit ange}eigt merben, melc^' (entere
fobann bie ©ergaben ober 9(nbere, fo biefer 93erorbnung jumiber
^onbeln, nac^ ®cftalt ber ©ac^e ju beftrafen miffen roerben^^).
IDie oben bejogene ^©tabt Wiener ^upiüen-9iait'6ammer^
{Reformation" öom 29. Slprit 1715 ^ielt jmar an bem SSerbote
feft, ,,bie Pupillos inscio Magistratu sub quocumque praetextu
öon l^ier ^inmeg^beförberft auffer i?anbe« p ftftiden obergu taffeu''
unb befaßt, bag bamiber l^anbetnbe ©ergaben arbiträr geftraft
merben foQen, unb ebenfo mugten bie ©ergaben nac^ ber Sanb^
marfcbaÜifc^en ®er^abf(^aft«orbnung öom 3. Slpril 1727 ,;^ur
SJerfc^idung ber ^uptüen in unb auger Sanb bie gericf)t(id)e
Ratification begehren unb ermerben, mibrigen« bie Verfügung
ungiltig unb annuQirt fein foQte; allein au^ biefen ®efe|}en mar
fc^on ba9 religiöfe 902oment ganj gefc^munben, me(d)e6 fic^ ba^er in ber
@migration«>^erbotd«@rneuerung oom 26. Sluguft 1752 fd^on gar nic^t
me^r öorfanb, meiere« ®efefe (mit menigen 2lu«na^men für bcn $aiu
bel«ftanbunb unter gemiffen35orau«feftungen für ben äbcl) benßin»
mo^nern bad Steifen unb bie 93erfenbung ber ^inber auger ^anh,
fomie bie äJerel^eli^ung einer üermöglic^en üßinberiö^rigen an
einen 9(ud(änber nur nac^ eingeholtem tanbedfürftlic^en 6on^
fenfe geftattete^^).
ÜDie 3ofcfinif4e Suftijgefefegebung öerl^tett fi^ bem fat^o^
{ifdien ©tauben gegenüber pm ^inbeften paffio; meber in ber
®eric^t«inftruction oom 9. (September 1785 no4 tu bem 3ofefinifc^en
22) Codex austr. II, @. 188.
23) Codex austr. I, @. 10; burC§ biefcö Offeft »urben ber Äfabcmie
ber n. ö. brci oberen @tänbe auger bem ©c^ottent^or in Sien bebeutenbe
^noUegten oerlie^en.
2^) <9er^abf(^aft0orbnung, IX. Z\{t\, §. 4.
25) Codex austr. lU, @. 696.
— 175 —
©efe^buc^e finben luir eine Slnbeutung, baß bte äßünbel im !atl^o<
(ifc^en ©laubett erjogen iDerben fotlen, ba btefer ©egenftanb ben
ponttf(6en 93erorbnungen t)orbe{|aIten mürbe, ^a^ Verbot ber
Serfenbung ber "^upiden mar itoax in beiben ©efe^en an bie ^ö^ere
®etie^migung gefnu^ft ; allein auc^ nic^t mit (Sinem SBorte gefc^al^
me^r bed frül^eren ^to^dt^, ber {Reinhaltung bed lat^olifc^en
(glaubend, ^rmS^nung; bad 3ofefinifd)e ®efe^buc^ indbefonbere
begnügte fid^ k)ie(me^r blöd mit bem äludfprud^e, bag, roenn
SBaifen an einen anberen Ort in ben @rblönbern oerfenbet mer<
ben foUen, bied nur mit SemiQigung ber Se^örbe gefc^e^en
f5nne, bog aber bei einer S3erfenbung au^erl^alb ber @rb(änber
fic^ na^ ben politift^cn 35erorbnungen ju betoegen fei^ß).
9lod) mu6 ber „Subcntinber (£ntfü^rungd«'(9Serbotd*) S3er*
orbnung" oom 15. fjebruar 176527) nnh ber „SubenKnbcr SCauf*
pragmatica(*9Scrorbnungd*Srfäuterung" üom 9. September 176828)
gebucht merben, burc^ meldte Derboten mürbe, 3ubenttnber of)ne
@inmiQigung ber (Sltern, ^ormünber unb ©ergaben ju taufen,
unb auSerbem ift ju ermahnen, bag naä) bem 3o)efini[d)en 9?ec^te
Don einer (Sr^ie^ung ber Äinber afat^olifc^er Sanbteute jur fat^o*
lift^cn Metigion feine 9tebe me^r mar.
®(eid|mie bad 17. Sa^rl^unbert burd} bie religiüfe Seme^
gung fi(^ Deranlagt fa^, bie DberDormunbfc^aft gegenüber ben
93ormänbern ^u ftärlen unb ju träftigen, ebenfo \af) \xif bad
18. Sa^r^unbert ^ieju aud einem anberen ®runbe bemogen.
5)ie ©upplementdbänbe bed Codex austriacus meifen fe^r
Diele ^olijeioerorbnungen an^, meiere gegen öettter, 9Sagabunben,
®efinbe(, 9iaubge[inbcl unb B^Q^uner gerichtet finb; unb e« jeigen
biefe SSerorbnungen bie groge mirt^f(i^afttic^e 92ot^, meiere
in golge be« breigigjä^rigen Kriege« am ©eginne M 18. 3al|r^
^unbertd ftc^ fo rec^t füt}lbar machte unb bie Dielen ^eftpatente,
biefer ^txi erflärcn ed auc^, baß eine große äln^a^l Don ©aifen*
Itnbern ficf) unter bicfen ©c^aaren verarmten Proletariates be^
fanben.
®egen biefe fociaten 3Ri6ftänbe menbeten fic^ nun mel^rere ber
oben belogenen SSerorbnungen, unb man fie^t leicht ein^ baß bie
9{egierung fi(^, um biefen Uebclftänben ju fteuern, nic^t an bie
Sormünber^ fonbern an bie SSormunbfc^aftdbel^örben menben mu§te.
(Sined ber erften einf^lagigen ©efe^e mar bad ®efe^^ ,,bie
©otteöläjterung betreffenb", Dorn 28. 3uli 17132»), meiere« auc^
ben ©tanbpunft ber dtegierung am flarften unb beutlic^ften
2ß) 3ofefimf(^e8 Ocfefebiit^, V. ^ouptflüd, §. 64.
2") Codex austr., @up|)I.-©b. IV, @. 672.
^ (gbenba, @. 1136.
^ ebcnto, I. @up^)r.-©b., @. 714.
— 176 —
mit ben SBorten bezeichnete: „ba^, gletc^tvie ben ^o^en unb nie»
beren Dbrigfeiten bie JBeforgung ber ^upiQen oon ®ott felbft
aufgetragen morben, a(fo ade Obrigfeiten auf obbemelte arme
^ter unb auf bem Sanb im Setteln (jerumjie^enöen Dertoaiften
unb anbern Jtinber be^ber(e^ ®ef(^(e(^tö o^lt ^aben, biefetben
um i§re @(tern unb 9efreunbte befragen, fetbe fobann ba^in üer*
fc^affen ober nac^ er^eifc^enber 9{ot^burft unterßringen, ober ba
fte tothtx (SItern noc^ anbere mit 9){itte(n oerfebene Sefreunbt
bätten, bi<f 2^ ^^^^^ r^äbigfeit gu einem ^anbnerl, Jtriegd^ ober
anberen 'Dienft womit fte ftc^ e^rticb ernö^ren fönnen, überlie^
fern laffen, auc^ bie erwotbfenen gu einer gejiemenben Arbeit an*
galten unb gen)öbnen, bie Keinen Sinber a(9 ^inblinge anfeilen
unb oerforgen foüen''.
Unter bem iEitcI „©ettfer-Se^ung" erfc^ten fobann unterm
13. giooember 172330) ein ba« armen«» unb ©^ubmefen regeln*
bed ®efe^^ meiere« ben ©runbobrigfeiten bie einftmeißge ä$er*
fovgung ber ^erumjie^enben SBaifenfinber bid ^u bem über biefen
®egenftanb in SIndficbt geftettten t^enerale anbefahl unb ferner
bie Verfügung traf, bag aÜe bei ber (e|ten 93ifttation aufgefun*
benen oagirenben SBaifen in ben ^aupt* unb 93terte(läben aU
Sebriungen aufgenommen merben foßen; ganj analoge Seftim«
mungen enthielt für Dberöfterreic^ bie obberennfifc^e iöettlerorb*
nung oom 1. «uguft 1725 »i).
Die ßrric^tung be« neuen Slrbeit«*, 3"^*' w^b SBaifen*
^aufe« in ber ßeopofbftabt in SBien — SSerorbnung oom 17.
3änner 1724 3^) — gab enbticl) ber {Regierung ben änla§, in @r*
mögung }u jiel^en, ob benn nic^t bie SBaifen oon ©taat^megen btrect
untergebracht merbeti fönnten, unb e« mürbe }u bem ^totdt an*
befohlen, über bie 9Rögli(^feit ber @rric^tung oon Sßatfen*, fOla*
nufactur* unb ärbeitöl^äufern auf bem (!anbe, inebefonbere aber
in ben tanbedfürftlii^en ©tobten unb SOtärften, }U berichten.
t^reilicb traten bie SBaifenanftatten ber bamatigen ^tit in
eine bebentli^e 93erbinbung mit ben ^nd^U unb älrbeitdbaufern;
freiließ mar ber 3ufammen^ang be@ 9lrmen* unb ©c^ubmefend
mit ber 93er f orgung armer 393oifen ein fe^r enger, mie bie« noc^
bie SSerorbnung öom 10. October 1732 jeigt, meiere erft in
legtet Sinie bie Cassa pauperum beranjog ; immer geigen aber
biefe (Sefcfee bcutticb, ha^ ficb bie {Regierung i^rer ^flicbt, bem
focialen @(enbe nad) SO^öglic^feit gu fteuern, bemugt mar.
Der SJoüftänbigfeit balber enblicb bejiel^en mir an btefer
©teile bie 93erorbnung be« ®enera(commanbo in 3nneröfterreic^
30) Codex austr., II. @uppt.-©b., @. 152.
31) (gbenba, @. 285.
32) ebenba, @. 787.
rr!:m^-T-rT i-^r ■
— 177 —
öom 3. Tlai 1769 33)^ mit »efc^er für bic Unterbringung her
ttnoerforgten Solbotenfinber unb beren 93ett^ei(ung in bie $ro^
dtnien, fotoie für beren (2h:)ie^ung gu einem entfprec^enben Sebend^
berufe, umfangreiche unb einge^enbe Verfügungen' getroffen U)urben.
^ie öfterreic^ifc^en Sc^rtftfteDer unferer ^eriobe enthalten
über bie bi^l^er be^an belte 3Raterie burc^aud nid^td SSefentlic^e^ ;
©eingärtler^^) unb SSoffiuö^^) begnügen fic^ mit einer
oud^ugdlDeifen iBtebergabe ber Seftimmuugen ber ©er^abfc^aftd«
orbnung; ^annija fpridjt ftc^ über biefen $unft gar nic^t
birect ou^, unb ©onner^^) ift nur üüein bedUJegen befonberd
^er&or^u^eben, mei( er ftet^ fleißig bie bem ^auptgefe^e na^ge^
folgten ißerorbnungen anführt; tro^ biefed @ttUfcbn)eigen^ ber
@i|rtftfteQer laun mit groger ©eioig^eit angenommen merben,
ba^ i^nen ber fteigenbe (Sinflug ber Oberoormunbfc^aft mo^l bt*
fannt mar, unb ba§ namentlich Sanniga unb ^Donner ben 9$or^
munb in aBen $un!ten nur me^r a(d bad (S^ecutioorgan ber Vor««
munbfc^aft^be^örbe betrachteten.
3. ^9ef4rieftutt0 des "gSüubtts.
3e meiter bie »ogtbarMt«' , rüdfic^tlicfi SSottjä^rigleit«*
termtne in !£)eutfc^Ianb ^inau^gefc^oben mürben, befto mistiger
unb fo(genfc^merer mußte bie ^rage merben, ob ein UnDogtbarer, rüd^
fic^ttic^ SOtinberiä^riger, eine @^e o^ne (SinmiQigung ber @(tern
unb ber 93ormunbfc^aft im meiten @inne bed $Borte6 gütig unb
erlaubt abfc^Uefen bürfe.
S« fic^t un« nun für Deflerreic^ eine güüe be« SWateriale«
}u ©ebote, nm ju bemetfen, baß ein (S^eDerbot ber SOHnberjü^rig«
feit fd^on am beginne ber Don und betracfjteten ^eriobe beftanb,
fo baß ein Unoogtbarer ober SOtinberiö^riger o^nc Sonfend ber
SUern unb SSormünber, mo^( auc^ ber näc^ften ^efreunbten unb
ber Dberoormunbfc^aft, erlaubter Sß ei fe eine (Sf)t nic^t f (fließen
burfte; aQein bie ©emißlieit einer Sntfd^eibung Derfc^minbet, fo^
balb mir bie f^rage ba^in fteüen, ob benn auc^ ein (S^e^inber«
niß ber SOtinberjö^rigleit — ein impedimentum dirimens
unb nid^t ein bloße« impedimentum impediens — in öfterer
3eit in Oefterreic^ beftanben l^abe, unb mir merben und ba^er
genötl^tgt fe^en, ben gefc^ic^tlic^en @ntmide(ungdgang biefer i^rage
einge^enb barjufteQen.
(S^e mir jeboc^ und biefer älufgabe }umenben, obliegt ed
33) Codex auBtr., IV. <Sup|)I.-©b., @. 1193.
3*) ©eingärtler, @. 26.
35) «offiu«, @. 292.
^ Bonner l, @. 14.
Z^9xin9ttf, Sfterr. «ormunbf^aftfced^t. 1 2
— 178 —
une, einen ißlid auf baS gemeine Ste^t ju ntrfen unb befftn
SSeftimmungen in Sütje in'8 ©tbäi^tniS ber Üefet jurfl (fjurufen,
9Ia(^ betn rämifc^eii Steckte in [einer legten (Seftaltung be*
jann bie Snünbigfeit bei: QRänner, bte pubertae, mit betn doQ'
enbeten 14. Sebenein^re ; mit bicfem ^eitijunfie tonnttn ÜWännet
giltig eine g^e ft^liegen, unb btn %it\<^tn Sinfluß übte tfgetmöfiia
bie 33iripoteiij einer Sungfrou aus.
Diefem ©runfafüße mar ts buri^aua nit^t miberfprei^enb
bog eine letzter, »enn fie überhaupt noi^ in bet ®eniolt i^reS
jßatere toar, otine btffen SinmiUtgung leine qiltige (Sbe eingeben
tonnte, unb ebenfornentg, bag bie@e[i^(ec^te>itutel auf bie fttenge
O'ottn ber lümifi^en <ä\fe, roeli^e bie maoua mariti jur ifolge
^alte, einen gleichen (Sinflug audübte; benn bte[e t)te[f|täfäge Rotten
mit ber ällterSmQnbigfcit bec grauen nit^tä ju t^un; bagegen
mug ^eroorgetioben roerben, ba§ ber @influ& ber ©eftfilec^ts«
tutoien, bonn ber ilutoren unb @urotoren unmünbiger unb min<
berjä^riger 3uitgfrouen unb Citroen ouf (£.^etiFr[bbni[[e unb auf
bie freie gorm ber römifrfien @[|e fcfeon ein untergeorbneler ge-
loefen ift, unb bag bad römifdie Steigt niemafe bie @i(tigteit ber
(St)e minbeijäliriger ^eifonen Don bem Sonfenfe bte dutatore
abhängig geuiai^t ^atte').
Slnbere ftanb bie @ai^e nac^ fiUerem beutf^ien Reifte, mel*
ift9 bie iStnrcilligung beS 33atere unb S3ormunbee unDogtbaier
$er[onen bei fon^iger Ungtlttgteit ber Don benfelben eingegan^
genen SBerfÖbniffe ober ter oon i^nen geft^Ioffenen @^e oertangte
— unb viele namhafte ätutoien ^aben mi ben ißeii^dtagS'
befi^lQflen ber Oa^re 1548 unb 1577 benfeCben 9}ed|t«grunbfa6
aud| fdr bas neue gemeine beutfi^e Steigt ableiten motten, inbem
fie einetfeiie barauf ^inmiefen, bag buri^ biefe Steit^äHefege bie
ÜQirfunneii ber Xuiel unb Zuratet roefenllii^ gleic^geftettt morben
feien, unb inbem fie fic^ meiter noi^ auf ba9 äirgument ftüt)ten,
bat ed ^Bc^ft inconfequent fei, einen noi^ fa unbebeutenben ^on>
tract beä ^änbele an bie @tnmtUigung bes 9}ormuubö ju bin«
ben, bagegen bera SKünbel bie Stillegung eine« fein gaiiiee
Sebendglüd beftimmenben (Sontractee onEjemeiter« ju geftatten^.
@6 tann inbeffen biefe Slnfifiauund mani^er tRei^tsgeEe^rten
ale bem gemeinen beutfitien iRec^te entfprei^enb nii^t angefe^en
neiben; bie ©runbfäge fiber bie Singe^ung unb Snbigung ber
€^e maren eben, com ©tanbpunfte bed gemeinen ^ei^tefl auS ge'
fe^en, namentli^ nur au« bem canoniff^en Metrie ju entnehmen
unb bae cononift^e Steigt ^atte niemals bie @inmitltgung ber
(Sltern unb ißormünber jur@iltigfeUber (S^eminberiätitiger ^erfonen
— 179 —
geforbert, fonbem ein 6(o§ed etnfad^ed S]^et)erbot ber ß^efc^Uegung
gegen ben SBiQen ber (Sttern angenommen^).
äBenn bemnac^ in ntani^en beutfc^en ©taaten bemungeac^tet
ein S^e^inbernig ber üRinberift^rigfeit anerfannt, bejie^ungdmeife
gefe^Iid) eingeführt mürbe, fo lonnte bied richtig nur a(d eine
porticuIarrec^tHc^e 9l6meic^ung Dom gemeinen 9te(^te angefe^tn mer^
ben, mö^renb eben bad gemeine Stecht gerabe in biefer ^e^ie^ung
auf bem @tanbpunfte bed bicdfatlö recipirten canonifc^en yitd)M
fte^en geblieben ift.
®e^en mir nac^ biefer furjen (Einleitung auf unfer ^eimi^
^eö JRet^t über, fo merben mir eine fe^r intercffante ©ntmidfe^
ungdgefc^ic^fe biefed 9{ec^t^fa^ed antreffen unb in oerfc^iebenen
3eitabfd|nitten einen me^rfac^en ^rincipienmec^fel conftatiren
muffen.
33or 3lQem ift ^eroorju^eben, bag ber öfterreic^ifc^e Sanbtd«
brauch aUerbingd im 16. da^r^unberte ein ma^re^ @^e^inberni§
ber Unüogtbarfeit, rürffit^tlic^ SKinberiä^rigfelt, tiberliefert, bag
biefer Sanbtdbrauc^ fic^ noc^ im 17. 3a^r^unberte ersahen l^atte,
ba§ aber fomot)( im 16. atd im 17. Sa^r^miberte bad (Sin«
bringen be« gemeinen Stec^teö ßontroocrfen in biefer grage er^
regte, unb ba§ namentlich auc^ nic^t in einem ber Dielen ein^
f(^(agigen (Sefe^e ber Sanbtdbrauc^ beftötigt mürbe.
3a im (S)egent^ei(e; bie (Sefe^gebung bilbete ba« @^et)erbot,
bad impedimentum impediens, in ^nfel^ung ber Don UnDogt«
baren gefc^Ioffenen äSerlöbniffe unb @^en fe^r ftart aud unb ade
einfcfelagigen (Sefej^e (äffen ed beut(i(^ erfennen, bag bie a(9 noc^
fo Derboten unb ftrafbar erflärten @^en Don ber (Sefe^gebung
bennoc^, bem ®anbe nac^ , ftetö ald giltig anerfannt unb ertlärt
mürben.
Dag ber ßanbtöbrauc^ 9Jieberöfterrei(^e ein malere« (S^e*
^inbernife ber Unoogtbarfeit; ein mirtUcöed impedimentum diri-
mens, erhalten ^atte, ge^t ungmeifet^aft aud jmei ©teilen ber
nieberöfterreic^ifc^en 8anbt«orbnung be« Sa^reö 1573 ^eroor,
toe(4e mir um i^rer SBic^tigfeit miUen mörtüc^ anführen.
@ie lauten: „1. !J)ie Äinber fotlen ftd) o^ne Dormiffen unb
bemiBigung 3^rer (Sltern in einige el^elic^e Derfprec^ung, @j)ou*
fton ober |)eurat nit ein(affen; mo fie aber ba^in berebt mürben,
ober fotc^e« für fic^ felbft t^etten, foüe bie el^elid) jufag
3) 3)te Ouetfen bc« fircftlir^en (g^ercc^tc« fmb: a) causa 27—36 in
Decreto Gratiani (mit 3(u@na^me bft eingefc^altfnen causa 33, questio 3, d6
poetutentia) ; b) ie ba0 Dterte 9u(^ ber ff)öteren 2)ecretalenfamni(uiigen; c) Con-
cilii Tridentini (sessio 24) doctrina de sacramento matrimonii cap. 1 — 12,
decretom de reforznatione matrimonii cap. 1 — 10.
12*
— 180 —
beul 8anbt«brauc^ nat^ nii^tis unb ciaffttog fein, audi
bit ^crfo^ntn, meiert bie Sinber ai\o unbergangen, fambt i^ren
JRat^gebcrn, ^fr^altern unb miflgmonen nai^ gtlegen^eit iiftt8
ftanbt» ber gebüer natft geftrafft metben"*}.
„3. ^et $fleflfinbec unb minberjä^rigc" ^eie^c
(ii^ung folle bcm aUfieigebrot^ttn ifanbtSbrau^ nad)
nii^t bflnbiq fein, ©iegefc^e^e benn mit ooTUiffen unb
tnilUn unb ^a^t Stirer ®eri)aben, Suiatorcn unb ber
nec^ften ^efrcunbten. SSenn aber biefetben bie fairen nil
Bergleii^en fönntett, foUt bie fatgefeßte orbentlit^e obrig(eit bav
innen mitiler fein.'')"
Siefe iSteUen fpiec^en in ber Xbat ganj tlar für einen bem
gemeinen Stetste entgegengefegien Sanbtebcau^, an befjrn lieber'^
liefecung jit jioeifetn bo^er ni^l ber geringfte ®runb obniattet.
'^oäi icar biefer l'anblSbraud) f(^on im 16. 3o^r^unberte
contioDere unb ^at fit^er baä Einbringen brd gemeinen, bejie^
tiungämeife ^rt^eurfi^te«, ber entgegengefe^ten ^nfi^auung jum
2)ur{libru[f)e ücr^olfcn; benn ©uttinger überliefert un« eine
gntft^eibung ber meberöfterreit^ifc^en (Regieriing auS bem 3o^re
1540, neli^e fc^on ben @runbfag ausfprii^t: .^eqrat^ toiber
©Iffen unb Otiten ber ötterii, ©ergaben ober berer,
fo bie $iSeib0bi[ber in @en)a(t ^aben, fcQnb ftraff'
tnägig, boi^ bleibt eine foldie @^e gültig."
^er Streit, rcelc^er ^Ktift^en bem gemeinen Steinte unb bem
8anbt9brau(6e ausgebrochen mar, rourbe im i7. Sa^r^unberte
forfgefeet; Öetfmann fü^rt namentlich not^ mehrere ©teilen für
bo8 impedimcDtum dirimeas ber ÜBinberjä^tigfeit on, allein et
fie^t ftt$ and} genöiöigt, ebenfati« ben entgegengefeuten ©i-unbfag
an einer onberrn Stelle ju oertreten unb lägt fc^Eieglit^ bie kti'
fi^auung bur<^bli(fen, ba§, minbeftend bei auffallenben äUig^ei*
raten, ben Gltern boö SKedit jufte^en muffe, bie eingegangene
@^e JU annulliren.
öedmann'« ä^'tfl'noff^ Seingortler, nimmt bagegen
fc^on mit <^ntff4ieben^eit ben entgegengefe^fteii ©tanbpunft ein
unb oert^eibigl mit SSärme bie ©itligteit ber Don SDIinberiäV
ligen ofine (^inroifligung ber Qltern unb SSormünber gefi^loffenen
<S^en unter ^inroeifung ouf baa gemeine, bejie^ungeraetfe auf bat
Sircftenrec^f).
'} ti- 6. 8onBi«orCminfl, 11. »ii*, XXVII. £itf(: „«ou S^tlli^ S«'
tnmtienfuguna, 8tTmft)I|(4aft itiib ^(uraijicn'', So'- l'^^-
>) SbtnKa, gol. 193.
°) %tt bei Bcringin %fibrtifung biT gßertcii^ifi^tn SteditlqutatB mos
(€ ffintfd|ulbJeune fintcn, nenn in btx SHott mtAflr^dibct 3Ral(nalt jufam-
mtnsttrogfn luivti:
€utitngtT ft^rcibl unttt bem ©{^Ingwom „ßt^riiil" €. 337:
Xiie ©eft^gebung t^at nii^t nur Itinen ©(^citl, um beti
Sanbiebrauc^ ;u unterflfl|eii, fotibern tS ni^tn im ©egent^eile
aüt im 16., 17. unb IS. Sa^r^unbeite erfi^icnttieii ff^arfen
„ftf^mtfr mihix äBiffen unb SBiUm bec Slttrn, OccbolKn obtr fttttr. (o btt
e)cJbS'«ilbtt in ecnnU babcn, frqnb ftcaffmägifl, bo4 bftibt tint folAe S^t
träfftig." — (Älfo ^at) bU ^oilBblir^e StflimtiiQ iii causa 8ursnin(ifl(T,
Si(^t« unb SRotö (U Drbfnbutg, contra PtopolBfU SRauS, Wtl*(r btftm
^flcactDcbier o^iif Sortnifftn brrfdtm iccflgcfüfin unb fictna^ acr^Iigrl tien SS.
3iili 1640 ((bcnbo) (erlannt) . . . Unb nun fulgl bte Scnitnj: «Bebra tc. . . „3}<in
Stuu^tn fiabr ttiä)t ntbilgrt ftä) mit bn eon Otbtnbucg $f(eg-liinb affM ifyc
unb bts 3)täbgcne Fütgtff^tra ffici^abtn SannifTcii ju vtcmiiiUa unb ia Dri-
bt^cntötn; btmna* follf n Bon DbtigtHi iDtqfn in bic @tcaff ntnummcn
»erben. SSa.e abei bte ^etjrat^ betrifft, foK r« bei bem a^erfprc
tine ISI)t fein. 2)arauf foOe fiiti bcrebtev iHiub nai^ übrrttanbcntr Straff
mit tinem cgrlii^en Sc^llanb in btnen »ou Cebcnbmg ju oeriDgen f^ulbig
ftijn, biefelbrn ]u bitten, bog fit i^m folc^ee Dtijtiben ivoQen iinb bann
foDen ti( ti«n Ofbenbutg gebü^dti^t $tqiai^etiTitf na<b <3>ticauiii btc @iabt
Oebcnbnirs oufti^Kn unb Dtrfcitlgtn unB bir|e[ben ^etiTai^B'Snrf bentn ge«
legten <9ergabrn ;)iftellen unb gegen benen $eifoi[eii, fo ju biefer $itt)tat4
olinc asiffen ber Don Debenburg geiai^en unb gekniffen unb nitttir i^r 0e-
ri[5te-3n'ong gefeffen, fi* ber ©ebüftr naäi ju ftolKii n'ifjen."
Sedoiann fdirtibi unter btm Si^IagiDone „2)ie ^ eqrat^" ouf
@. 190 unter offcnbotcr Sejugna^nie auf bit Don Sniiingcr brigebrai^ie
obtn ungefübne iSnifAcibung gltidjtall«, tag bie aui^ oline äi'iilen btx ffiltcra
Don aiiinbeiiä^iigcn gef(^laffene (E^e gütig fri: „I>it ftiiratb toibn SiifTen
unb aSiQen ber @ltecn, @trgab<n ober berer, fo bie Seibäbiiber In i^ret
OnooII Igaben (vocantnr matrimoni» clandestiiia) fiQnb jiixta jus B., jus
Btatntarium Austriacum, Stiriacum jlroffoiäBig. attuslsute qiiarto dewüogi
pracepto, houora pUrem et matrem tasm — c, ). 2 3. do ritu nupliarum et
S- 12. Inst de nnptii», vida ScIineidevTinnunivel Hnchoviuni aut Ludvvol-
lam ad Iniit. ad dict. §. 12 — boc^ bleibet eineUldie @bc nai^
leb I. allgemeiner etiDD^n^cii insgemein ttäftig uub
conferbirei — ratio est, quia reu nou e»t fimplius intei^a, post clan-
deatinom boc iuitnm matrimonium ; nt sie conservetnr mulierum honor,
ne fiant ob iDOrdinatani oohabitationem, intaroea et ineretrivr;a ; at jure
B. et jure Saxonico plane non admittuntur tnlia matrimouia cland^stiua, in
poenam temere coSuntinni ; d. 1. 2 ff. de ritu ouptiar. — tantu» a juris
conditoribuB habetur parentum respeutus, ob maxiina beiieticiii, qiiaa liberi
a parentibuit a primo lacte materno ad pubertatam vi majorennitateni
accepernnt."
aiide ©leQt Btnberte inbeffen ©edmann burifioiH! ntd)i, unt« bem
StftlofltBOVtt .Matrimouia clandestina" (@. 302) ben gerade tut-
flegntfleUBttn SanbtobTaud) ju btjeugen, „Matrimouia elandestina,
hodiejure consaeludiDario Austriaco, Stiriaco et
Saionico non censentur v a 1 i d a , niai praecessarit
estcontraieg. 2ff. deritnnupt. etc, I. caiia, 30, qiiaeatB,
et contra ConciHom Tridentinum, ideo elandestina ejuamodi
matrimouia, ob varia inde emergentia abaurda et mala, mcrito canscn-
tnr invalida . . . .; interduro tarnen in biace regionibus et in Auslria
permittuntnr niai contrahentes, statu et cociditioue iuter se eint valdo
differentes, quod fit ideo, uC conaervetur fiiiae honor, cum res non
amplina sit integra, ut neparari commode poaaint."
Sen legten l^ebonttn fO^rt ecdmonn tublit^ unter bem S^lay
— 182 —
®efe|e gegen SBintel^eiraten, bog bie getnetnrec^tßd^e, beite^ungö»
loeife Itrc^enrec^tUt^e ^octrin, oon ber ©ittigtett folc^er oerbotenen
(S^en, ftetd aufrechterhalten nurbe.
©c^on bie $ßtener gret^etten Dorn 12. ÜRäva 1526 ?), nelc^e
einge^enb Don ber @t)e ^anbelten^ nahmen btefen ©tanbpunft ein;
biefed ®efe^ befprac^ in Dier 9lbfä|en bie ^etrat, unb ^mar bie
„e^rI^^e^ bie ^SBittib $)eurot^^ bie „gefäl^rli(|e'' unb
bie „toiberwärtige ^eurot^".
SBenn eine e^rlid^e ^eirat gefd^Ioffen »erben foQte, fo
mußten — nac^ ben ©eftimmungen ber SSäiener grei^eiten — bie
^inber, »elc^e nac^ ben Stellten in ber ©emalt i^red Saterd
fte^en, nad) beffen SBiQen Dere^e(i4lt »erben ; »ar ber iBater nic^t
me^r am Seben, fo foQten ft(^ bie Sinber mit bem 9lat^e ber
äl^utter unb ber md^^itn t^reunbe Der^eiraten; too fic^ ©elegen»
l^eit für ein Derger^abted ^rauenjimmer ju einer e^rüc^en ^eirat
ergebe, burfte biefelbe Don ben ©ergaben über i|re Dogtbaren
3a^re nic^t aufgehalten »erben unb ^atte ber Sürgermeifter unb
diatff ber @tabt ^ien, menn er Don einem folc^en ^aQe ftunbe
»orte nS p o n 8 a 1 i a*' (@. 449 itnb 460) toetter au6 unb bezeugt ^teburc^,
»te fc^mantenb burd^ ba9 (Sinbctngen be@ gemeinm, be)ic^unQ«n)cife tir^U^en
SRec^ted ber Sanbtöbrauc^ in bteftv $Br}ie|ung tu ber ^»etten ^älfte bf« 17.
Oa^r^unbertd fc^on geworben tt)ar.
92ac^bf m 9 e d m a n n ^uerf! bte gemö^nüc^e Sebeutung be« 9ne«
brnde« ^^Sponsalia clandestina" erörtert ^at, fä^rt er .olfo fort: „Dlcantar
etiam illa sponsalia clandestina, quae quidem praesentibus testibus fiunt,
sed absque pareiitiim consensa, qualis jure R. est de essentia — §. 12
InAt. de nupt. — jure cauonico autem de honestate saltem requiritur pa-
rentum consensus, ut quartum decalogi praeceptum (houora patrem et
matrem) conservetur, qao4 si magna inaequalitas quoad statum et digni-
tatem sit inter contrahentes matrimonia clandestina — pata si javeais
mercator yel opifex filiam illustrem absque parentum consensa sie clam
alliciat ad sponsalia clandestina, tum parentes possunt pro familiae con-
servatione rescindere et annuUare clandestina ista sponsalia/'
SB e t u g ä r 1 1 e r (@. U unb 12) fle^t f^on rntfc^tf ben auf bem
^tanbpunfte ber gemeinrec^tliii^en, bejie^ungdineife ftrc^enre^tüc^rn ^octrin;
er fd^etnt jn^ar auc^ ben entgegenge{e|}ten SanbtSbrouc^ gefannt in baben, ba
er bte grage aufwirft: „An autem a Parentibus Matrimonium sine ipsorum
consensu initum infringi possit?'^; aQein er antwortet fefi unb befHmmt:
„Respondetur, quod non'\ unb fät);t nac^ 9luf}ä^Iung Don etn)e(nrn iBei«
f))te(cu and bem alten ^^ejlamente alfo fort: ,,Multo minus requiritur con-
sensus Matris mortuo patre, siquidem mater defiiucto quidem marito
liberos suos in potestate habet*' — bann f daliegt er : „Tutorum et Cura»
torum auctoritas requiritur quidem in oontractibus pupilli et minoris —
in copulandis tameu nuptiis, nee curatoris, qui solum rei familiaris
sustinet administrationem, nee cognatorum, nee affinium, ullam autori-
tatem intervenire opus habet." ^ie^e auc^ Sii^fiern} alber, IV. 9u(4,
Obs. XI, @. ö6— 80.
SBeber 3BaIt^er im tractatus aureus, no(^ 9lrutter enthalten in
biefer ^iBejie^ung eima« (Srmä^neueroert^ed.
'') Codex austr. II, «@. 488 unb 489.
— 183 —
erhielt, ber 3uttgfrau gegen ben ^iQen ber ©ergaben gu il^rem
Siechte ju Der^elfen.
Ungiltig mar nic^t einmal bie gefö^rtic^e ^eirat^
nyetc^e nact ben belogenen SBtener t^rei^eiten bann t)or(ag, kDenn
ein 3)iener ober Snec^t eine S^oc^ter, ©c^wefter, Snifel, ®efipt
ober anbere ^flegefinber eine« Bürger« o^ne beffcn SOätüen l^ei*
ratete; nur foüte ein foI(^er !I)iener ober ^ed|t nac^ 3nl^a(t be^
Stabtrec^t^buc^ed geftraft »erben.
ä(uf eine fogenannte iDibertoärtige ^eirat, bad ift auf
eine ^eirat fei e« eine^ ©o^ne« ober einer loc^ter — gteic^ötcf
ob fie Dogtbar ober unoogtbar maren — , o^ne Sßiffen ober gegen
ben äBiden ber (SItern, toaren nacb ben belogenen SSJiener ^rei^eiten
ebenfaUd nur 9iec^t^na(^t^et(e gefegt, unb ed finbet fic^ in bem
genonnten ©tabtrec^te auc^ nic^t bie geringfte ©pur ber 9ied|t«*
anfc^auung, ta% eine folc^e toibertoärtige (S()e ungiUig fei ober
Don ben Altern angeformten werben fönne.
©c^log nun ein ©o^n eine folc^e f^mibertoörtige" @^e
unb koar biefe (Sl^e gugleic^ eine „nntlixiid^^", fo ^atte bie^ gu^
näc^ft biefe Sirtung, „ha% i^m bann fein SSater oon SRec^td unb
SiUigfeitd loegen fein 93ater(ic^e^ ®ut nic^t fürgufc^iden ober bar«
juftreden fc^ulbig war" ; ferner bel^ielt ber S5ater in biefem
^aüe au(^ noc^ bie (ebendlän gliche ^Zu^niegung bed Don ber .
Butter bem ©ol^ne ettoa angefallenen SSermögen^^, melc^eis ber
ä$ater in ber ^anb l^atte; ha^ (Sigent^um an biefem 33erm5gen
oerblieb aber aUerbingd bem ©ol^tte; mar bagegen bie @^e bed
©o^nrö jmar eine „mibermärtige'' aber feine „une^rlic^e", fo Der*
blieben bem ©o^ne alle Siechte auf bad mütterliche Vermögen,
unb nur oon feinem 93ermögen mar i^m ber 93ater bei feinen ^eb-
Jetten etmad ju geben ni(^t fc^ulbig.
©trenger maren bie JBeftimmungen bed SQßiener ©tabtrec^ted
gegen SCöc^ter, meiere mibermärtige @^en fc^Iogen; ber
SJater l^atte nic^t nur bad dieä^t, bad 93ermögen, metc^ed feine
Io4|ter oon ber ÜKutter ^atte, burc^ bie gange 3^it ffin^« Sebenö
gn genie§en^ . fonbern er fonnte feine Zoc^ter in biefem ^aUt au(^
gang enterben, ein Siecht, meldje« ber üWutter ebenfaü« bann gu«
^Qitb, menn fi(^ bie S^pc^ter nic^t nur „mibermärtig'', fonbern
auc^ gugleic^ ».unel^rlic^'' »erheiratet ^atte.
3um ©c^Iuffe mürbe in ben begogenen SBiener grei^eiten
unter ber aKarginalrubrif ^^OerJ^aben" ben ©erlauben inöbefonbere
eingefc^ärft, ^^o^ne Surgermeifter unb ©tabt*9iot^««ffiiffen leine
f)eirotl^ i^rer SKünbel gu machen*®).
IGSie bie 9Biener i^ei^eiten auc^ in anberen ^egie^ungen^
gum Seifpiel in 9lnfe^ung ber iBogtbarfeit^terminie unb ber STe«
8) Codex austr. II, @. 490.
f
I
I
— 184 —
ftamentdmfinbtgfeit, bent Sanbrec^te ^um 9)2ufter bienten, fo ge*
fc^a^ ba^felbe in äLnfe^ung ber ^loibertPörtigen ^eurot^en".
!Dad ®efefe Saifer gerbinanb bed @rften Dom 22.
april 1550») ^atte offenbar bie „ffiicner grci^eiten" oom 12.
9Jlör} 1526 oor 9Iugen unb unterfc^ieb fi(^ oon feinem 93orbi(be
nur baburc^, bog ed bad (S^eoerbot nur rürfftc^tlic^ ber (grauen
regelte unb in Slnfe^ung berfelben, unter beutlic^em (Sinfluffe bed
II römifd^en ^ed^M, bie römifc^e äßaiorennitätdgrenje oon 25 3q^^
I ren , n)e((^e in Oefterreic^ faft gar feineu (Singong gefunben
}^ \)atte, a(d entf (Reiben b ^infteQte.
SRadi biefem ®cfe|e — toett^e« in bie nieberöfterreic^ifc^e
l^anbt^orbnung bed 3a{|red 1573 unoeränberte 3(ufna^me gefun*
'f" ben f)at^^) — „fottte fit^ feine« Sonbraann« ober Untert^aa«
jEo(^ter, wed' ©taub« unb ^erfommen fie [et), oor fünff unb jmein*
^ig darren i^red ^Itterd o^ne üEBiffen unb Siaen bed 93ater«
unb ber SOtutter ober nac^ bem Sobe bed ä3aterd ot)ne SBiffen
unb SBiUen ber SJhitter, nec^ften f^reunb, ©ergaben ober Dbrig«
feit oere^etic^en bürfen", unb e« beftanb bie ©anction biefed ®e^
fe^ed barin, ba§ bie @(tern ber unge^orfamen Soc^ter nicbt nur
fein ^eiratdgut unb ^eimfteuer ju geben fc^ulbig, fonbern bog
fie biefelbe fogar )u enterben berechtigt n)aren; »erheiratete [xd^
aber eine Jungfrau gmar erft nac^ Slbfterben i^rer @(tern aber
Dor 25 Sauren il^red Sllterd unb o^ne Sßiffen unb SiQen i^rer
nöc^ften i^reunbe, ©ergaben unb Kuratoren, fo fottte fie bie
^älfte i^red ^eiratdgute«, fomie i^re« oäterfic^en unb matter:^
Uc^ed ®ute($ Dermirft ^aben unb eine ^{ac^ftd^t ober SDiilberung
biefer ©träfe bem löanbedfürften oorbel^alten fein, ffieun aber ber
Surator bie S^ebeniQigung obne ®runb ^inaudfc^ob, fo fonnte
biefelbe ber 3ungfrau oon ber Dbrigfeit ert^eilt werben, in toeU
ö)em t^alle bann aud) bie 9ied)t0nac^t^ei(e nic^t eintraten.
ÜDiefed ®efe^, meiere« in^befonbere auc^ noc^ eine arbitröre
fc^arfe Seftrafung ber Unter^änbler anorbnete, lourbe oon Stau
fer Mubolf IL am 12. (20.) Dctober 1585^1) nit^t attein con»
firmirt, fonbern auc^ ad masculos in patria vel tutorum
potestate constitutos e^tenbirt unb auf anfangen fämmtßc^er
öier ©tanbe "Oheberöfterreic^« in bem ©efefte oom 20. gebruar
1614^'-^) mit bem ©eifügen repetirt, ^bag bie 3Diener, meiere fi(|
n^iber it)ren eigenen ^rob^errn in bergleic^en oergreiffen, au^
U)0^( an Seib unb geben geftraft werben foQen^.
9lac^bem bie ®er^abfd[|aftdorbnung oom 18. Februar 1669
0) Codex austr. I, @. 469—470.
^^) 9^ifberößerr. Sanbtdorbnung oon 1673, II. 8u4, XXVIL Txtü,
gol. 192v.
»>; Codex austr. I, @. 470, unb II, @. 506.
12) (Sbenba, I, ^S. 470.
— 185 —
bif Boßtbottdtflfermlne aöeemein auf 22 Oa^rt für boä mann.
[t(te unb auf 20 Ou^ce fKr boä meibtiAe ©efc^kd)! beftimmt
^atte, fo (tef^a^ e« offenbar mit 9{ü(ffid)t auf btefe neue 91ttr«>
greuje, bag bae ®efeg oom 7. ®e))teinbei I70B'^) bie obbejogenen
©meralien nom 22. Slpril 1550 unb oom 20. gebruor 1614
ba^in obänbertc, bejie^uiigdlDeife milbeite, bag bie in bicfen ®t'
fe^tn angtbto^ten 9?ect)tdna4t^ei(e nur bann eintreten foQttn,
ntnn fjd) ein tunget Sßann tior DoUenbetetn 22. unb ein äRäbs
4en DDT VDUenbetem 20. Sebeneja^re o^ne Sßoimiffen unb SiDen
ber eitern unb ©ergaben Bereöelii^en roiirben, roäbrenb nacf| bm
frü^fttn ®efe^en biefeS S^enerbot bei beibtn @efd|(e(^tern bie
junt voQenbelen 25. l'ebeneja^re genährt bette '^).
'Sit ©efefegebuuQ in Defterreiift begnügte fit^ inbeffen nit^t,
baS Seibot ber ^eirat gegen Riffen unb 3QiUen ber tSttern unb
@fr^atien burc^ priDütret^llii^e ^tai^t^rile ju unterftü^en; au(^
bie ©trofgefefee normen- auf biefe« g^eoerbot Ötjug, inbem bie
nieberöftetreii^ifi^e tfanbtegeric^teorbnung oom 30. ^ecember
1656 ni<4t nur „gegen bie gemaltt^älige Sntfü^rung", fonbern
ani^ gegen bie jieiniltc^e S^ebereb» unb (Sntfü^rung ber ütili^ler
o^ne SSomiffen ber Altern unb ©ergaben fe^c fcf)atfe Straf'
gefe^ erloffe« ^atte '^).
") Codex «natr. U, @. 605 unb 60C.
1') Bnel. übrigtne au<^ Suitingtt uuttr htm Si^Ingiooitc „Soi^trr,
ncjuiaglidic ^tiitflt^ uns önttibuiia bilHffdtti", @. 818 unb 819, on nt\d)n
Slittc €utttngti audj no^Snlfificitiunqen Dom ^a^ve 1530 unb Doin
20. 3iini J600 bejirtt. mtiibi idf, ungeaiti'tct ou* aßtiiiflötiltr (@. U)
bir(flbm anführt, ni^t oulfinBen lonnit. läuliingcv hikh bfin Ö4lafl>
Bortt „aSailtn", @. 863 unb 864, fOflt an biffit @l(Ut : „SBaiftn |oQen fiä)
af)ct i^T» Dbriflttit Slntoiaieuna nttbi ott^tqrai^cn, Obrnnlcn ;niaT da jure
Canonico, lotitlft» wiv Sat^olürtie in ©ftfloditn nbftrijitfn, ni^l oBttn bev
Dbrigleit, [orbttn aut^ fogar brr (BIttrn consena ad necessjtatem matrimonit
ni4[ nfotbfrt toiib. eo, quod malrimonia debeant ease über» & Conc.
Trid. Cap, 9 de reform. matr. contrarinm asaerentes anathemaW dAmnent,
JD ^at (S bor^ ratioDQ hooeaCatiB tini anOKC SRcinunq unb niitb parentum
consenani) ijuosd Iionestatem (rforbdt. non tantum jure Civili , . . ,, fott'
brrn i)u4 de jure Canonico, iibi canonsa probant ueqoe hoDSBtae, neque
le^timas qaoadmodam contraliendi esse ouptiss, qiias liberi aine con-
sensu parentum, in qQorum poteatate sunt, clam contrahiint.
t') 3>it irirt(röft(rc(idit(i^( CanbtflmcfttSorBnung S^hinonb'B III. ijl
im Codex aiistr, 1, @. 659— T28, abgtbrutft unb ^anbctt im 78. tluHel
(©. 713 unb 714) Den btr gdnalll^ölifltn entfiifiriinfl b(r Sungfrautn unb
etjtntibnn, unb im 79. Zittl (0. 7i4 unb 716) Don bet btimiidltn eijtbmb'
unb (Entfaltung btr SöiÄtrr abne a^ormiffrn btr Sltrrn unb @t[^abtn.
3h htm leetonfltrütivttn (79.) SriiW nittbtn Biet gätlt Hm(i|*itb(n:
1. aSenn tirtB ?onbmann« SodiKt ebne ifiiet OlKtn iinb &tx-
baboi »otroiUtn unb OiitroiHigung non tintui Sanbuiauu ^timbrii^ jur
Wft btxtitt unb tnttübrc nutbt unb @tanbta W^" '''" Unglci({|^tii jnii-
li^ea t^ntn btftanb, foSltn entfa^Ki unb tSuiffibttc dot bae füt bi( oberen
— 186 —
92ad^bem bie ©efe^gebung ba« einfache (S^eoerbot ber fSUn^
beriö^rigfett burc^ eine 9}ei{|e Don @peciQ(gefegen etnge^etib ge*
regelt l^atte/barf ed und ntc^t SQiunber tie^men^ btefen ®egen»
ftanb in ben eigentlichen ®erl^abf(^Qftdgefe^en nur menig berül^rt
ju pnben.
dn ber Xijat enthielt bie $oU}eiorbnung bed 3al^re9 1552
über biefed (S^eoerbot gar feine anberen Seftimmungen, ar^ bag
ber ©erl^ab feine Pflegetochter nic^t fclbft jur S^e nehmen bürfc,
unb „ha% biefelbe üom ©ergaben auc^ an einen Ruberen nic^t o^ne
tJorwiffcn ber negften grcunb unb ber Dberfeit gur S^e üerf^ro*
dien »erben foH" *ö).
^ol'tifc^en ©tfinben iit Oeflerteic^ unter ber @nnd — burc^ bad Q[rtmtnQ(*
^i^rioilegtum com 3. 3)ecember 1637, Codex austr. I, @. 267 — 265 — ein«
nerid^tete Sbelic^e (Sriminalgertd^t gefieHt unb mit ©efänflutg» 9$erf(!^affung
auf ein ®r5n^l^au0 ober fonfien nac^ Vernünftiger @rmeffung bed (Sen^tft
gebracht, unb )ur Slbbitte an bie (Sltern, ^ei^aben unb Sefreunbten Der«
galten noerben«
2. ^enn ein Sanbmann eine S^oc^ter üon geringerem ^tanbe alfo
I)eimbli(^ }ur (S^e berebt unb entführt ^atte, foüte bie gleiche ^Strafe wit im
erfien %atit tlattfinben.
3. SBenn bagegen umgete^rt ein unabelic^er ^atm rinc9 Sanbmovne
^oc^ter alfo ^etmlic^ gur (S^e berebt unb entführt ^atte, bann mar gegen
ben (Sntfü^rrr auf (Sefängntg bei SBaffer nnb )6rob ober auf öffentliche HV'
beit in (Sifen unb i^attben, bei erfc^roerenben Umfiänben fogar unter 9$er«
fc^ärfung ber ©trafen, unb gegen be9 Sanbemannd ^oc^ter — mel^e fomo^l
jelbfl ald au4 t^re Jünber ^bel, äBappen unb 9nf))ru(^ auf (Erbfd^aft an
bie abeltd^e 8ieunbfd)ofl üerloren — „ouf eine gebübrenbe Seib«- ©troff" p
ertennen, beren »irflic^e 93oQi^ie^uug jeboc^ bem Sater überlaffen n»arbe.
^ar bapegen eine« Sanbmannd Xoc^ter me^r a(@ 25 Sa^re att unb tonnte
fie beraeifen, bog fte oon ben (SItern unb ©ergaben an einer e^rlic^en ^eirat
oer^inbert Sorben mar, fo tiafen fte bie angebro^ten 9ted^t«foIgen unb bie
Strafe nt(ftt.
4. siSaren enbUd^ betbe Steile unohtlxä^, fo traf fte bie ©träfe hU
©efängniffe«, ber öffentlid^en Arbeit unb auf Studf^ru^ ber geiftlt^en Se«
^öroe and) ^rc^enbuge; ber (Sntfü^rer fottt flet« flrenger al« bie (Sntfftbrte
geftraft merbeu.
(Segen bie iD2itfi!^uIbigen mürben ö^nüd^e ©trofen aHdgeff)ro(4en unb
fc^Iieglit^ au^brütflic^ »erboten, auf eine (^elb« an ©teUe oou Seibe«*, rflif>
ftd^tli(^ i^rei^eitfiiftrafen ju erfennen.
©ie^e au(^ SBeingörtler ©. 12—14, ber ben 9[rt. 78 ber Ob b^r
(^nngifc^en IBanbgeric^tdorbnung begießt, meieret gleiche ^eflimmungen über
bie l^eimlic^e @^eberebung unb (Sntfü^rung enthielt, mobei no4 }u bemerfen
fommt, baß ben jmei oberen ©tauben Oberöflerreic^d ba« (Sriminalprioilegium
uon ftaifer Seopolb I. am 28. |[ugufl 1675 (Codex austr. I, ©. 266—268)
crt^eilt morben mar. ©. au(^ ginftermatber, II. Su^, Obs. XI, ©. 61—65.
©omo^I bie nieber« atd aixä^ bie ober0f!errei(4ifd^e Saubgeric^tdorbnung
geigen beutltc^, bag bie (äefe^gebung ftc^ burc^aue ben (Srunbffi^en bed ge«
meinen, begie^ungsmetfe tir^ltdien ^t^tt^ angefc^loffen ^atte unb ein @(e«
^inbernig ber aninberiö^rigleit niii^t fannte.
^^) $oUseiorbnung üon 1562, gol. XXIYv, bog ein )|$ormunb feine
'^fIegeto(!^ter nic^t betraten barf, finbet ft^ aud) iu ber Sanbtdorbnung iRieber«
öfierrei(^0, III. «uc^, XXVU. £tte(, gol. 193v. oudgef^iroc^en ; uac^ biefem
— 187 —
üDiefen legten $unlt beftfittgte aud^ eine Sntfc^eibung ber
{Regierung oont 19. 9Rai 1559, metc^e ©uttinger unter bem
@(^(agtt)orte „®er^abfAafft betreff enb'' anfül^rt, bed dn^alte«, bag
eine Jungfrau, rodd^t an einem Orte geboren unb an einem an«
beren Orte erjogen »orben fei^ fic^ nur mit ^Bitten ber näc^ften
öefreunbten unb be« Wat^cö beiber Drte oerl^eiraten btirfe*').
Snblic^ enthielt auc^ bie @^er^abfc^aftdorbnung Dom 18. $e«
brnar 1669 über biefen ©egenftanb nur bie S(norbnung, „bag
bie ©ergaben beftieffen fein foQten, bie ^upiQen meibüc^en (3e<
fc^(e(^ted mit 9)at^ ber Sefreunbten e^rticf) unb i^rem @tanbt
gemag ju orrforgen, unb ba§ bie 3){ünbf( nic^t ju einer mibrigen
unb unfinnigen $eurat{) — namentlich nic^t über angenommene
ober öerfproc^ene ©(^enfung — genöt^igt, noc^ bon einer ebr*'
Uc^en ^eurat^ abgeJ^olten, mibrigenfadd fotc^e ©ergaben nac^ ^e^
fc^^affen^eit ber ©acbe mo^I empfinbli^ geftraft »erben foßen"*^).
S)ie 2:btttfac^e, bag bie ®erbabf^aft«orbnung im 14. S£ite(
«Don ben |^anb(ungen ber ^upiüen o^ne SJertoiQigung i^rer
©erl^aben unb ber Dbrigfeit" au^fbrüdUcf) ^anbelte, unb auc^ aud
biefem $(n(affe nicbt auf ben Don Sedmann beftätigten l^anbtd^
brauch be« @()e()inberni[fed ber SJ^inberjö^rigfeit ;;u fprec^en fam,
geigt übrigenii^ t(ar , ba% aucfi biefem ®efe^e fein S^zi^ti t)or^
f<!^kDebte, bag ber Sanbtdbraud^ fomo^l burc^ bad gemeine Stecht
filtd^9hnd^ „^oUt fein (9er (ab feine Pflegetochter jnr (S§e nehmen, no4 bie«
felb feinem ^o^ne Dermalen, ed ^ätte benn folc^ee ber 3unffrau ÜSatter in
feinem Srftament alfo Derorbnet, ober ber Öer^ab feine 92atttun9 oor ber
e§e(i(^en fßic^t gct^an, ober ed gefd)e^e mit bed Sanbedfürften (Sonfend".
^^^agegen mag roo^l ein ©er^ab feine e^elic^e Xod^ttx feinem ^flenfo^n mit
ber (fo^en obrigfeit, auc^ ber negfleu 6efreunbt SBifltür oermä^Ien''; ebenfo
lann ber Qormunb feine ehemalige Sßünbet felbfi bann ^eurafen^ wenn er
i^r felbfi no^ au« ber $ormunbf4oft nod) etwa« f<^u(big \% wei( jmifc^en
ainem <9cUer unb feinem ©laubiger eine C>euratb wo^l befielen tonne. (<^ie^e
ftbrigen« aud^ bie ^oli^eioibnung gol XXXYIII, wo e« ben ^anbwert«'
oefeUen bei arbiträrer ©träfe oerboteu wirb, ,,bed SD?eif)er« ober ber 9}2eiflerin
Xoci^ter, ©d^wefler ober >Uhimmen wiber i^ren SBiUen )u ^eurat^en ober
)um (S^eüerfpret^en ^u überreben.")
gemer wirb in biefem @efe^e bie (Sntfü^rung be9 9Bci6e9 ober ber
Xod^tn be« SD>2eif!erd mit 2eibe«' unb £obe«fh:afe unb ber une^eli^e Sei«
fc^laf mit benfelben bei arbiträrer ©träfe oerboteu unb biefe« Setbot auc^ auf
aUe SDieuftleute Sauerdtente unb lebige Sente in ber (^emainbe au«gebe§nt.
»^) ©uttinger, @. 281.
>^) ®er^abfd)aft«orbnung, IX. 2:ite^ §. 6 : 2)ie <i^er^abf4aft9orbnung
fpit(!^t (ier nur Don grauentfperfonen; fielje übrigen«, ©uttinger, wei-
ther unter bem ©c^Iagworte ,,^aifeu Sudi« unb etliche ©c^lüg in S^atfen«
fachen betreffenb" (@. 868) eine (Sntfc^eibung (au« bem ^a^re 1666) an«
fü^rtp bag, wenn ^upiQeu ftc^ o^ne Sorwiffen ber 9tegieruug »erheiraten
Oerbaben unb $upiSen einjufenben unb bie @(^u(btgen )u beftrafen feien,
Wa« auc^ auf bie 3)2 onu «per fönen }u Der fielen fei. (©ie^e auc^ ©uttinger
untfT bem ©c^lagworte ,,Xod^ter, unjuläffige ^enrat^ unb (Enterbung betref«
fe1lb^ e. 818 unb 819.
— 188 —
ale wie au(^ bur4 bie nadffolQtnbtn ®tU^t Quffle^oben »or«
ben fei.
SDet SioUriänbiflffit tvegen mug noi^ bemtrit merben, ba%
bie «Stabt 3J3iener ^upiUen Sfoit Sammei^ Stcfarmation Dom
29. acril I716'ä), »eldje bie oäterlii^e a^ottnutibfi^aft mit bet 9Jor<
tnunbfc^aft aeoBu stricto auf eine Jiiiie ftfUte, nii^t nur bie
Unterfu(^uti(i unb SinlDilligung beä iStabtiuagiftrateS in bie be«
abfit^iJQte S^efdilieguiig bec IßupiUen forberte, fonbern augerbem
no(^ verfügte, bo§ ber $eirat9brief ber '^upilliii, ob fie nun nie!
ober iventg SSermögen ^obe, mit 3"i>^^U"9 ^i"'^ ^"i^ abgeorb^
neten dtat^dcommiffäre, welifter babei bec ^upillin ^tu^tn na^
SSIöglii^ftit ju beobof^teii t)abe, proiectict ober aufgefegt unb fc»
bann bem ©tabtmügiftratead ratificandum übergeben merben muffe.
ferner rooKen mir noi^ ^erooi^ebeiT, bag bie 3nteftaterb>
re^tegffege für 9!ieberöfterreidi oom 28. 'JJIai 172020) a^i für
Oberöfterceirfi oom 26. man 1729 s') bafl Onftitut ber foge-
nannteu „uenie^enen jtili^ier nom ^errn' unb 9iitterftanbe" bei'
behielten, bafür aber bad ^eiratfiDui folc^er uerjie^enrr 'Üöäittt
beftimmt Ratten — eine äJerocbnung, bie nne ^ier auä beut^runbe
intecefiirl, neil fie baS 3ßag ber auf bie Ueberfi^retlung be4
ffi^eöerbolea gefeClen ©träfe bei ben jmei oberen @tänben er=
lennen lägt.
:£a nämli(^ nac^ einem atlen üft(rrei(fiif(^en ^anbt«btau(^
bie Xöcbler, folange ein birecter äJlanneeftamm Dorljanben mar, onf
bie SrbfAaft bee 9Jaterd unb ber ^rfiber oerjiditen mugten unb
fid) mit einem ^eitategule unb einer Canbiäufigen Sldfertigung gu
begnügen fdfulbig raocen, fo fanben \id) bie bejogenen 3itieftat=
erbgefi'lje beS 18. 3a^r()unbertä, ii>etd)e baS Slei^teinftitut ber
„oerjie^enen £oi^tei;~ beibe^olien Ratten, neranlagt, bie 91e(^tA>
bet^äUnifle biefer im (irbrei^te fo natfti^eitig gefteliten ^ecfoaen
in anbercu ^rjie^ungen ^u regeln.
iää mar ba^er bemfenigen ÜJIanne, meii^er bie „uerjie^ene
ÜToc^ter' üon ber (ärbfi^aft in ber Qflmilif ouSfi^loB, bie SBetbinb^
lit^feit auferlegt morben, eben bieje „Derjietiene Xedfttr" bis ju
i^rer aierebelidiunfl „ober Htöfterlit^en ©ingang unb ®elübb' ju
erbalten, einer „uerjie^enen XoHitv" btS ^errenftanbed jmeitaufenb
Bulben unb einer bes SfitterflanbeS tfintaufenb (Sutben aÜ
lieirotägut, nnb jmar tängftcne innerhalb einer da^reSfrift nebft
ben »on ber Sßere^elit^ung lanfenbeu fünfprocentigen 3nteteffen
'») Codex aiiatr., ©upfll.-»*. 1, ®. 788.
2") mtttba, @. 9U (xn. z'uti, g. ui.
") Qbtiilia, ©uppL-ÖB. 11, ®. 863 (XII. Sittf, §. II). Sa« SniKtuI
in tKi'jir^tneii XBditce jit^l fi^ f«l 39 o Hb er (Trsct. aureua DI, ÜOp. XII)
bit JU ti([ Snltflaitcbrti^ieDTbnniig, mtnngUii^ mit Dianiiien 6trait»mii-
Stu forr.
II ri"- - r-r
— 189 —
^n geben, tDenn nic^t „ein tDiffentlic^ed Itnüermögen" Dor^
^anben koar.
i33efi>nbere Seftimmungen galten in Slnfe^ung ber Unter«
tränen, beren SBaifcn ber Dbrigfeit eine beftimrate ^eit ju bie««
nm fc^ulbtg toaxen; natürUd^ fonnten biefe Saifen, fo lange bie
®aifen|a^re wahrten, o^ne SiQen ber Obrigfeit niti^t betraten;
nac^ S(bbienung ber SSaifenia^re burften fie aber Don ber Obrig^
feit an ber SBere^elicJung ni^t gc^inbert werben 22).
(Snblic^ ntu§ au^i l^ier abermatd bed @migration«patented
Dom 26. Sluguft 1752 SnDö^nung gemacht »erben, burc^ rcetcbed
bie 93ere^eli($ung abelic^er ober anberer bemittelter föetb^perfonen
o^ne faiferlic^e SetvtQigung auger ben Srblanben unb an 3lu^^
Knber verboten rourbe^»).
SDhrta 2:^erefia ^at burd) bad ®efe| über bie SOtaiorenni«
tät^ja^re^Seftimnmng Dom 12. 8^)rit 1753 24) 5cm gtjeoerbote
ber aRinberiä{)rigteit guerft eine anbere JRic^tung gegeben, welche
aOerbingd geeignet mar, bie @infä()rung eined n)at)ren trennen«
ben S^e^inberniffed ber SJZinberjiö^rigfeit eingiiteiten.
S)ie entft^eibenbe ©teile beö Oefcfee« (autete:
^Quinto: Obwohl bie S5ere^eUgung junger Seute nat^ ben
9ei^(t(^en unb meüüc^en SRediten g(eic^ nad} ben annis
pubertatis geft^e^en, ja bie @^eDerlöbni[fe noc^ bor biefem mün«
bigen älter gefcbloffen mcrben fönncn, SBir auc^ ber JJreij^cit
biefe« eigenttifligcn ®ef4äftö unbillige ©c^ranfen ju fe^en feiner*
bing« gebenten:
@o mögen mir boc^ in (Snnögung, bag fic^ bie in SRino«
rennttat ftel^enbe 3ugenb öfter aud unüberlegter 9leigung }u un«
uerftänbigen ^curat^en oerleiten laffe, nic^t uml^in, ^iemit gefe^*
nia§ig gu ücrorbnen , baß ein üKinberjä^riger o^ne @im
toidigung feine« 95ormunb«, (^uratori« unb ber Dor^«
gefegten Obrigfeit feine S})onfalia gültig contra^*
^iren, noc^ meniger aber @^eberebungen abfc^liegen,
fonbern bag alle oon SJHnberiö^rigen o^ne folc^e (SinmiUigung
unb ©encl^m^altung geft^loffenen Sl^econtracte an unb für fic^
felbft null unb nichtig fein unb barauf bei feinem ®ericf|te einige
9tefIefton gemacht merben folle.
SBenn I^ingegen ein 83ormunb o!)ne Urfac^e feinen Sonfen«
^iegtt öermeigert, fte^et bem aJiünbel fre^, ftc^ fofort gu ber bem
^) (Ser^abfd^aftdorbnung, IX. XxitU §• 6. Tractatus de jnribas in-
corporalibus, III. Xittl, §. 8. <Sutttnger, <S>. 819, ber au(^ eine SK^erorb«
nnng ber ^Regierung oom 27. 3änner bejie^t, berjufolge bie ObrtgTeit befugt
fein fotlc, Don ben föaifen eine fogenannte ^ere^rungd«®ebfi^r ^u »erlangen.
23} Codex austr., @u^)pr.-©b. III, @. 695.
2*) Codex austr., @u^pl.-53b. III, @. 767.
-»»i
190 —
^upiden Dorgefe^ten Obrigfeit ju menben unb aQbort bie ric^ter^
lic^e $ülfc gu fuc^cn."
S^tefed ®efe^ bietet und me^rfoc^ed 3ntere[)e; junöc^ft geigt
ed burc^ bie Berufung auf bie geiftlit^en unb roeltii^en Steckte,
bag ber Sanbtdbrauc^, toeld^tx bod impedimentum dirimens ber
ÜRinberjälingfeit gefattnt Iialte, im ®ebä(^tniffe ber ©efe^gebet
bereite doUfommen au^gelöfc^t roar; ed geigt btefed ®efe^ aber
auc^ ferner bie beutlic^e Hinneigung gu einem eigentlid^en neuein»
gufü^renben impedimentum dirimens ber SHinberja^rtgfeit, unb
ba ein folc^er donflict mit ben geiftHc^en unb meltUd^en 9?ec^ten
nit^t gett^agt tt)urbe, fo fotlten hod) gum minbeften biz @^eDerl5b«
niffe unb bte ^eiratdcontracte ber ÜJMnberjö^rigen o^ne @onfend
bed SSormunbed ober ber SSormunbfc^aftdbe^örbe an unb für [idf
nif^tig unb frafttod fein; ed mar enbtic^ biefed ®efeg bad erfte,
meiere« ben Sinftug ber nä(^ften ^efreunbteii auf bte @|efc^Ue§ung
ber $upiUen gang mit @tiQfc^meigen übergangen, unb meiere«
ba^er auc^ in biefer Segie^ung bad 93eric^minben bed alUn Ijti^
mifc^en 9iec^ted beurfunbet ^atte.
Uebrigend fann biefe gefeglic^e ^eftimmung ebenfo mie bie
übrigen Slnorbnungen bed ®efet^ed oom 12. "Slpril 1753 üon bem
SJormurfe ber ^albl^eit ni(^t lodgefproc^en merben.
!Die 9H(^tigtett bed S^eoerlöbniffed unb bed über bad
93erm()gen gef^toffenen S^econtracted unter gleic^geitiger ^ner«
fennungber (Siltigfeit einer auf ®runb eined nichtigen (S^eoer*
Ibbniffed gefc^Ieffenen @^e mugte o(6 ein l^öc^ft ungu(ang(i(^e9
3J2itte( gur 93er^ütung ^etm(td)er @^en minberjä^riger ^erfonen
angefe^en merben, unb bie ipso jure eintretenöe ^Jic^tigteit ber
pacta dotalia fonnte fogar fel^r gum ^Jat^t^eile ber SKinber^
jiäl^ngen audf(^(agen, ba ber anbere S^egatte fic^ ftet{( auc^ auf
biefe 9lic^tigfeit gu feinem SSortbeile berufen fonnte.
@ö borf und ba^er in feiner SBeife munbern, bag bicfem
l^alben 3uf^(tnbe ein längered geben nic^t gegönnt mar, unb bag
bad ^ebürfnig einer Slenberung nac^ ber einen ober anberen ®eite
l^in fi(^ ber 9!atur ber ©ac^e nad^ ba(b einfteQte ^^).
2^) jDie ßarfen ^uftbrficfe in bem SJ^aiotennitätdia^re'^efttmmungdgefe^e
Dom 12. ^prt( 1763 Dermo^ten mtd^ urfprünglit^ gu ber ^nnal^me, al9 ^abc
ilRaria S^erefta in ber £§at ein wa^red (S^e^tnbernig ber 3)äuberiä§ngfeit
einführen rooaeu; bte glet(^geitigen ^{^rtftfleQer überzeugten mi(!^ guerft be«
®egent^ei(«, bo« i(6 bann au^ bei näherem ^tubtum in ben $ßorten M
@efe^e0, »el^ed nur bie 9^ic^(igfeit ber @^onfaIten, (S^eberebungcn unb
$etrQtdcotftracte — nic^t aber aud^ bie 92i(^tigfeit ber (S^e felb^l auS-
]pxa^, befiätigt fanb.
»ergieße 93 of find ((S. 261), ber bie UngUtigfett bed (^^eoerlSb«
niffe« uub bae bloge l^erbot ber CS^ef^Itegung fe^r genau unter ^Berufung
auf bad 3J2aiorenmtät0))atent mit ben Porten audf^rid^t: ,,Irrita saut
sponsalia sine parentum consensu a liberis adhuc minoribos aut
— 1^1 —
X)te burc^ bad le^tbejogene ®efef} SRarta 2!^eref{a'd ge^
fc^affene $a(b^eit tourbe bur(^ bie aderbingd entfc^tebene, teine^«*
knegd aber glüd (ic^ ©efe^gebung ^aifer 3ofef H. befeitigt, ber
brei auf uttferen ®egen^anb be^ügtic^e ®efe^e^ nömlic^ bad $a«
tent über bie Vuf^ebung ber S^eoerlöbniffe Dom 30. 3(ugttft
1782, bad S^epQtent üom 16. dänner 1783, uitb bad bürgerliche
®efe^buc^ Dom 1. 9loDember 1786 ertaffen ^at.
SKit bem erften ®efe|e öom 30. «uguft 1782 erflarte
fiatfer 3ofef^ ha% bie S^eoertöbniffe iDeber für ben (Staat noc^
für ben ^rtoaten nü^Uc^, fonbern oielme^r für beibe in Slüdfic^t
auf bie ge}n)ungenen@^enfc^abli(^ feien; in folgerichtiger 9lnn)enbung
biefe^ (egi^Iatorifc^en Sl^iomd — metc^e^ mit ber (Srfa^rung aUer
3eiten unb SSöIfer im SBiberfpruc^e ftanb — tourben atte &)t*
oerfprec^en^ burc^ metc^e eine SJTZannd« unb {ßeibdperfon fic^ t>ox^
hinein gegeneinanber Derbinblic^ machten, fi^ ju l^eiraten, dorn
j£age biefed ®efe^e9 für gäiijüc^ aufgehoben — unb fatt^ fie
bennoc^ gefc^Ioffen n)ürben, für gan^Iic^ roirfung^tod erftftrt, felbft
»enn eine ©c^mät^ung ober ©c^mängerung bem (S^eoerfprec^en
na^gefotgt wäre 2«).
Singe^enbere Seftimmungen enthielt bad (S6e))atent t)om
16. 3änner 178327), h)e(c^ed bad (S^e^inbernig ber ^Jßinberia^rig^
feit )uerft neu einführte unb fic^ an ba9 gemeine unb tirc^Uc^e
Stecht nic^t me^r gebunben erachtete, ba bie @^e an fic^ felbft
ald ein bürgerlicher 33ertrag (Sontract) betrachtet mürbe, beffen
{Rechte unb SBerbinblid^feiten i^re SBcfcnöeit, Äraft unb Sejiim*
mung gan^ adein oon ben lanbedfürftli^en (Sefe^en erhalten 2^).
@ine (S^e p fc^(ie§en maren ntac^ biefem patente Dor
9ßem üRinberjiä^rige nic^t fä^ig, menn fie nic^t i^red el^eteib^*
fielen 93ater0 ober in beffen Ermanglung bed ©rogoaterd Däter^
liä^tv @eite (Sinmilligung barüber eingeholt Ratten 2^); menn 93ater
ober @rogoater iljre Sinmitligung Derfagten, fottten bie ßinber
nac^ einiger ^tDi]d)enizit i^r Snfuc^en einigemale mieber^olen,
sine conseosu tutorum et magistratus a pnpillis inita*\ imb bonn fortfährt :
,^rohib6tur minoribns, si filii filiaeve sint, sine conseusu paren-
tam, si pupilli papillaeve sine consensu tutorum et prozimorum cognato-
rum matrimonia contrahere."
(Sbenfo 2) n n e r I, @. 16 : „!S)te (S^etertöbniffe ber SD^tnberiä^rigen
ftnb o(ne Q^iniDtdigung br6 <9er^Qb0 unb ber Obngfeit niii^t gtltig ; unb
III, @. 187 uub 188, roo abermal« bte UngUttgfett be9 (S^eDerlöbniffe« an-
geführt unb bann gefagt mtrb, meiere 9te^tdna(!^t^et(e bie äl'^in ber jährigen
treffen, menn ftc^ bie SD^inberiä^rigen o^ne (SintoiUiguug i^rer (SItern unb
<3er§abeu in eine wirflid^e @|eDerbtnbung etnloffen.
2«) 3. ®. @. Sflx, 73.
^T) 3. ®. @. 9lx. 117.
») ebenba, §. 1.
^) Cbenbo, §. 2.
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— 192 —
unb erft koenn bied nic^td fruchtete, tDUrbe i^nen ober htm ZiitiU,
mit toeliiem bie (S^e gefc^Ioffen loerben foDte ober beffen iBater
ober ißormunbe oerftattet, ft(^ an bte ®erid[|tdbe^örbe ju men^
ben ^^). ^iefe ^atte ben SSater ober ©rogoater gu oeme^menr unb
menn fie bie Urfac^e ber SBeigerung für er^eblic^ fanb, bad ®e«
fud^ auf eine ben Umftönben angemeffeue 9lrt abjufc^Iagen; loenn
aber 93ater ober (Sroßoater nic^t im @tanbe maren, grunbüt^e Ur«
fachen il^rer Steigerung xm^ufü^ren, fo mar Dorgefc^rieben,
no^mal^ gu oerfud^en, ob fie nic^t entmeber burd) gütliche S3or^
ftellungen ober eine i^nen eingeräumte Set^entgeit jur (Sin^
toiUigung gu beteegen feien; erft menn biefed nic^t^ fruchtete, foQte
haß ©eric^t bie (Sintt)iOigung don Slmt^megen ert^eilen 3^).
SBaren ber SSater ober ber ®ro§t)ater oöterlic^er ©eite jtoar
am Seben, ^atte aber haß ©eric^t, fei ed über i^ren $er}i(^t f»
e« wegen eine« wiber fie ftreitenben öebenfen«, fie oon ber SSormunb^
^•, f(J^Qft über i^re Sinber, bejie^ung^ttcife @nfeln, au^jufc^Iiegen unb
L einen anberen 3Sormunb p befteden befunben, fo kourbe ben Sin«
fi\ bern bennoc^ auferlegt, bie (Sinmitligung bed ^ater« ober ®rog^
oater«, unb augerbem no(^ bie @inn)i((tgung be« 93ormunbed ein^
gul^olen, unb bei 3){einung0t)erfc^ieben^eit berfetben ^atte erft ba^
®cric^t gu ntfc^eiben 32).
93aren 93ater unb ©rogoater t)äter(t(^er ®eite geftorben,
^■- fo burften fic^ minberjö^rige JHnber o6ne Sintoitligung !Der«
ienigen, unter beren Obforge fie ftanben, nic^t oere^elic^en; bo^
foUte ber (Sonfend be« 93ormunbe« nic^t genügen, fonbern bie
gerid|t(i(^e ®ene^m^attung Einzutreten muffen 3^); »oOte bagegen
ber 93ormunb weber fetbft einmidigen noc^ bie üBormunbfc^aftd«
be^örbe angeben, bann burfte ber iDHnberjä^rige, ober auc^ f^(bft
ein SInberer in feinem 92amen, biefe Se^örbe angeben, meiere nod^
SSerne^mung bee S5ormunbee, ma« fie ber Sifligfeit gemäfe fanb,
f öorjufe^ren ^atte^^).
r Sine oon aKinberjä^rigen gegen bie belogenen SSorfc^riftcn
^ gef(^Ioffene Qtjt foOte megen Abgang ber Dorgef(^riebenen gefe^^
mäßigen Sinroidigung gang unb gar ungi(tig, fotgtid} o^ne aUe
[ ffiirfung fein 3^).
ÜDa« 3ofefinif(Ee ©efefebuc^ oom 1. 5RoDcmber 1786 f^at
im SBefentlic^en nur bie ^eftimmungen bed (Sl^epatente« oom 16.
3änner 1783 toiebcr^olt 'ö).
3") 3f. ®. @. ^t. 117, §. 3.
3») ebenda, §. 6.
32) @benba, §. 7.
33) (gbenbo, §. 8.
34) (gbenbo, §. 9.
35) (gbenba, §. 6.
36) 3ofefintfcEfö ®efetjbutl^r HI. ^auptpcf; §§. 6-11.
@e biaui^t UD^l ni(l)t erft lange btQitt|en ju totxitn, bag
hie 3i)fefinif4e ^efeegebung bie tgeroiffen überjeunungStteuer
Sot^oliien ebenfoiDcitig jufrieben ftedte, a(S fte allen Letten nit^t
genfigen tmntt, toelt^c bie Sotfi'" ^^^ prsAamittin @cunbfaged,
bag bie <S^t ein bürgerlicher SontToct unb meilec niiit» fei, im
Sinne ntani^er naturtediilii^er -siqftetne roettei auSgebe^nt miffen
moQten.
3lber aui^ abgefet)tn non biefen beiben ^untteii mar bie
OofefiniWe ®efe68«bung in biefem fünfte ^Öi^P unglüdütfi ge>
mtfen; für bie ipso jure einiretenbe Ungilligteit einer Don aRin=
berjä^rigen eigenmäi^tig geft^Ion^e:! @t)e lag um fo roeniger Ur-
fac^e Dor, aU [a ba» tßeftctitungeredit billig bem ^atet unb
bem SBorraunbe (etbft im S^fteme be« tSefeßt« ^atte eingetäumt
werben Iflnnen; bagegen bot aber bieieö ®efe^ nur bie ^anb^bt
;ur unfittli^En Setiügung eines Ungiltigfettdgiunbrä, n)el(t)en ber
grogiä^tig gtmorbene SJünberjä^rige, loie auct) ber jur 3^it ^'^
g^efc^Ue§ung bereits grofeiä^rige anbete @^etbei(, nac^ -iÖelieben
unb Jtaäj bem SSerfaufc einer nocf) fo langen ^eit gellenb matten
Eonnte, um auf einem türjeren unb einfacheren '^ege bie Stufs
löfung ber im principe al« unauflöalii^ erflärten (j^e ,iu be.
roirfen. ____
3ßir Eünnen jum ©c^Iuffe iiic^t um^in, auf bie merfmurbige
(srfdieinuug normal« aufmerf[am ju mai^eu, bag ber ^anbtdbrau^,
iDeldier fit^ im 16. unb 17. 3al)r^unberte aifaUtti ^tte, buri^
baS anbringen beS gemeinen unb tirt^tit^en ditäfte» nacl) län>
gneni Sampfe übermunben war, unb baß o^ne ^nfnüpfung an
boS gonj »ergeffeiie ®eroot)n(ieit«re(^t im 5lBegc a&fotuter @efeö=
gtbmtg ber 3n^olt beSfelben l'anbtsbraui^ea loieber ^ergeftcllt
mürbe, beffen Stfiegung (o lauge ^tit gebraiK^t ^atte.
4. ^ntriti bes M&abtls In ein ^Ufla unb in ben f^tifitiHm ^faiip.
^u(^ über biefen '$un[t entbalten unfere 91ec^td(|ueUen me^r^
foifie Se|limmungeu, nieli^t in ^iirjc aufgefübtt nerben foUen.
©ie erfte ttii^tige ©teile, roeltfte ben „ßlöfterlicfeen gingong
ber ^upiÜen" betrifft, finben mir abermals in ben Sienec ^Tti--
Reiten oom 12. miäx^ 1526 ').
T>at^ biefeß ©efefc mürbe juerff ,bei fi^toerer Ungnab unb
Straff verboten, ein fiinb — eS fei äRannS^ ober aBcib8|)erfon
— in bie Stüfter, batin ju bleiben, ju brängeii unb ju nöt^i'
gen; menn aber ein äfiann 20 unb eine J^rau 18 3a^re Doüfonp
men alt, unb in ein (Stofter ju ge^en unb ein ßtöfterlid) Siefeu
anjune^men gentigt unb begierlidi feien, mögen 3Jatter unb ^{utter,
ij Codex auatr. I, @. 488.
- 194 -
toro aber teined berfelben me^r am igebeii ift, bie t^reunbfc^aft
barin l^anbetn''.
!9Doc^ tourben folgenbe Sefc^r antun gen an ben ßintritt in
t>aii Jtlofter gefnöpft: „9Bad für ^erfonen, feien f« 3R6nner ober
trauen, iung ober a(t, ftc^ in bie ßlöfter begeben unb ^rofeg
tt)un, fo foUe benfetben ein }iemblid^ e^rba^r ^Deputat unb be«
ftimbte 3lngat|l, bO(^ ungebrungen, unb na(^ 9lat^ einer ieben
^errfc^afft unb Dbrigteit, an paarem (Selb ober fa^renber ^aah
unb nic^t an Uegenben (Sütern, ed toäxt benn auf Sßieberlöfung;
gegeben werben, unb im legten gade foQen bie jttöfter begen^atben
Söfung«®rieff l^eraug }u geben fc^ulbig fe^n''.
Sßeiter »urbe beftimmt, „bamit fein SieberfaU an benen
glofter'Seutt)en ju gemarten fei, bag bie @[ofter4eut^ baräber
(über bad Deputat nömlic^) niemanben umb me^r no(^ n)eiter
anfechten, fonbern ader @rbfd^afft Derjie^en fein, unb in ben @rb>
fc^afften gan^ feinen 3ufpruc^ noc^ ©erec^tigfeit t)aben foOen".
^SBürben aber bie Slofter mit fonbern ^racttlen unb Ueber^
rebung ber ^erfo^nen, o^ne SSSiden unb Sßiffen i^rer 93atter,
!])!ättcr, nec^ften i^reunb ober ©ergaben, fo((f)e ^erfo^nen nor
ooUfommlit^er Erlangung i^rer obgefe^ten 3at|r einnehmen, fo
foUe benfelben ßlbftern meber grog noc^ flein, fonbern anbeten
i^ren nec^ften J^reunben fo(gen, unb roo ni^t ^reunb oor^anben
baren, bem ^anbeöfürften unb ben ®tabt Rättern fre^gufte^en."
®uttinger bejie^t ftc^ unter bem @(^(agn)orte „Softer-
lieber ßingang" '^) auf biefe ©teile ber ffiiener fVrei^eitcn unb
fc^reibt weiter:
^Et tale statutum minuens legitimam valere, probat
Gail 2. Obs. 122 n. 11, eamque opinionem Cameram Im-
perialem non semel sed multoties judicando secutam esse
attestatur."
@ut tinger fragt aber bann weiter^ warum biefed ®tatüt
nur für Xiien unb nic^t für JOefterretc^, namentlich nidjt in Sn-
fe^ung ber Stöc^ter ber gm ei oberen politifc^en ©tänbe, gelten fode?
(Sr oerneint aber bie ©iltigfeit biefer SBiener ©tatuten
außerhalb Sien unb toeift namentlich barauf ^in, bag man ben
fogeuannten rrOergie^enen jöt^tern" be« ^crren* unb 9iitterftanbe«
leichter gumutljen fönne, auf bad (Srbrec^t gu (fünften bed üDtanned«
ftammeö gu oergic^ten, weil fie benn boc^ bie Hoffnung bed @rbrec^ted
^abcn, wenn ber SDianneöftamm ber gamilic au«ftürbe; bie fttöfter
l)ätten aber gar feine äln^offung auf eine ßrbfc^aft, unb aud biefem
®rnnbe fei e«i billiger, bag i^nen ein größerer 2:^eil gugemeffen werbe
ale ienen »oergie^enen Söc^tern", welche in ber ffielt bleiben^).
2) @ u 1 1 i u g e r, (S. 92 unb 93.
^) (Sbenba : Et cur non tale Statutum in Austria valeret, cum Filae
'C
■ f.- '. '-»^ ' ' T^Li
— 195 —
(Sd f^eint und in ber S£^Qt, bag bie ^efttmmung ber 2Biener
^ret^eitett über ber„6IöfUr(i(^en (Eingang" b(od ©tatutarrec^t für
bie @tabt 93ien geblieben unb Sanbedret^t nientaU gfn)orben ift.
SSit f4Iie|en bied nii^t nur aM bem ©tiQfc^roeigen
unferer OneQen, fonbern gang befonberd aM bem Umftanbe
bog me^rfoc^e (Sefe^e bed 17. Sa^r^unbertd bie 93orf(^rtft ent«
hielten, ba§ unvogtbare ^erfonen burd^ ben Eintritt in ein JUofter
Dogtbor »erben, U)od benn boc^ not^menbigemeife Doraudfe^t,
bag unDogtbare ^erfonen in ein ^(ofter eintreten unb bie $rofei
oblegen burftrn, o^ne — bei bem SJ^angel mettlic^er ®e[e^e — an
anbere ald an bie Seftimmungen bed canonifc^en ^ÜeifM gebunben
3u fein.
!£)ie erften allgemeinen ®eftimmungen erfolgten burc^ bad
®efe^ über bie $upiOen«93erger^abung unb «93erforgung Dom 2.
«uguft 1631 (repetirt am 10. ^Woöeraber 1634)^), welche« ®e^
fe^ für bie }iDei oberen ©tönbe bie äSogtbarfeitdtermine, unb
jn^ar für bad mönnlic^e ©efc^tei^t mit bem ooQenbeten 22., unb
für hü9 iDeiblic^e ©efc^tec^t mit bem ooUenbeten 20. 3a^re be^
ftimmt, unb gugleic^ angeorbnet ^atte, bag bie 93ogtbarfeit ber
grauen auc^ noc^ t)or biefer ^tit bnvdf äSere^etic^ung ober 95er«
lobung in ben geiftlic^en @tanb eintreten foQe.
©obann oerorbnete bie®er^abfc^aftdorbnungin n)eiterer 9lud^
bilbung biefe« ®runbf afted 5), „bag, »enn fic^ ein ^upitt, äßannö*
ober S^eibd'^erfon, Dor bem regetmägigen 93ogtbarfeitdtermine
oere^elic^t, ober im geiftli(^en ©tanbe mirflic^ $rofeg get^an
^fitte, er ber ®er^abf(|aft entbunben fein foQe''.
92ac^bem bie ®erl^abfc^aft^orbnung ben @intritt in ein
fi(ofter gang unb gar nic^t don ber ^etoidigung bed SSormunbe«
abhängig gemacht, Dielme^r ben ^errfc^aften rüdfic^tüdi ber gu
ben SBaifenbienften oerpfli^teten untert^änigeu ^aifen verboten
Ratten, biefetben felbft Dor 9lblauf ber brei SBaifenia^re oom (Sin^
tritte in ein ^(ofter abgul^aüen, muffen xoxx bemnac^ annehmen,
provincialium exstantibus mascalis etiam minima parte legitimae debeant
tisse contentae, et insuper pro se et suis desceudentibus, donec Mas-
culinufl Sexus durat, omni patemae et fraternae hereditati renuntiare
teneantur. Cum tamen hujusmodi Filiae, vel earum descendentes ali-
quando ultimo de familia succedendi spem, monasteria vero nullam
habeant, aequum est, ut aequior et major ipsis portio quam Filiabus in
Seenlo renuntiantibns assignetur.
Prout excels. Begim. An. 1643 ben 23. ^ecetnbec gn)ifd)en % $rtoi
unb' <£onoent 5Domtiiicaner«Ocben contra hit ©c^äfflevifc^e Wittib judi-
eavit Vide SD'ZotitJenbiK^ n. 2, p. 362, contra quam senteutiam P. P.
Dominicani Revisionem petierunt, sed non expectata Sententia revisoria,
partes transigerunt.
^) Codex austr. n, <B. 187 unb 188; (Suttinger, @. 628 u. 629.
^) ©ct^abft^Qftdorbnung, 16. Z\tt\, §. 4.
13*
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— 196 _
f^aft nti^t in ein ft«» ^*! *^ 3«*i«nnma to «oramb.
U\mn VupUln, v^^k **''*" 6ii>ftt an him^ bi( gtalit
ÄtttBbrtoeröabfnmr^ k - .? ** «"Wi4e 8«6fii, mit jebe onber
»itlignng bc« @tabh» •*^"*«». «« bic Unterfnr^ong ank ®i
BM« bm Jitet «Tfi/^Z*** "^ Oberger^aben, 6i« enblii^ lui
Wnnnang- erfAieilZ:''^'*' Of'>">«Pwf'ffwn=«bIegunj«io5rf««
rtlBffe on ba« «!S! ^'*J!"" ^^- ©«ober 1770 - im «n
rtlBffe on ba« ®rf^ ^'*J!"" ^^- ©«ober 1770 - im «n^
12. april 1753 ^ K*-. . " «»iortnBitfiWio^rf.ÖefJinmaBä Bom
*a4 rittfr fen ^''^ *"** griinbfäft(i<5 »mgefhiftete'i.
Wttn: bif «enif«»,«?*!"^ (&nWtana » Wfti^f ^troor^ofc, uif
*«n>fe nebft bet fi» v if OrbM«maiinrt frim, toie ju Wtfcm
fleböre, ba§ utr «..*!»- 1/ ®*"** ""' .fonberbort aRitoittog'
«>«« «ne ipfife ««fwÄ""« "^ ^•'*™ nnabfinbrrßi^«! ©to'
forbfrti4 H bafi )i„5 f r!L* ^^ WorfTinmQe Utbecltgong et<
Coline, «Mb ba§ bi* ..»Llf *'J!* grfommoi, gehofft »ttboi
eine unS«reate Ä?'" "?'* ^" ^'^ *«f *•««« 9^'« öte
St.)tebfr3eitgeBaftSi.Ä*'" ""'^'^ - ""4 ««« «>«'« ™
l»«§ .feiner oonZ„ i?^»^!?"«""«™ '»«''>«•'««><« ®fl>6f«'fi«n«'''
Stanb« et immer W \.» J^??*" *«')^«fei @ef(^re<«t« uob »eiim
3a§re« fomoW i^eSr -rT'S""« ^'t '"'^'" "'« «"'» «»»«eisf»"
ÖrbenöDrofeflion ah;! x , * ^"•''"' ^^"""^ «"«> 8al)f(^n»eftet bif
tfibbe ablegen Joa*. *"* unmiberrnf(i($e U^mloktm
3eit ke^ ©nSt'&Ä'"« ^rben aufgenommen fein, bie
Orbeneprofeö a?Äh. ?: ^^J. *" »«PP'fl««« «ne« oor bfr
rin ftoftflelb «X SeiÄ^^^^^ »6er e«nblbotin oom «(ofler
*«f bie erfte ll^hl^lL ""** «ngenommen werben bürfe.
J)er Jemporafien Lrin"r-^"fl """I^' ""« '>««^ «>ie Sperrung
»obon bem SnSnS.''?«'"^.' ®if'»rtrafe oon 3000 ©ulben,
»frtoten „„b öot ?4&„^ S"«""**^**" ^«'"'»^«''9 Pr ©träfe
«öffe «nb „iit ;„7Sr"" "','!.« ®^ft anrö(fgef«$irft roecben
«91 oor 45oUenbwia be« 24. 8e6en«jo$re« unb oor
■^ «-K @«w:.«^. Tv! e^tr,38,.
vejaqiung nee ifionaue mtu) ow stloftec in baefefbe roiebec etit'
ireten bürfe.
I£« iDuibe raeiter bertimuit, bat, folange bie ^rofeffioii
tiii^t in bem »orgefdiricbenen completen Stltfr bolljogtn fei, „bafl
|)nTe VatUiiifit Subjectum" aüc SSo^lt^aten ber roeltlii^en 9{ed)tc
qmießen foHe, bnß i^m bfr Orben 9JUc8, mafl er entpfangen, bei
einem et»a erfolgenben früEirren iRiidtrttte ;;uiü(ferftatten muffe,
unb ba§ fcbüegltc^ bie juieile Utbertretuiig ite @efeged an beitt
OtbenöDorfte^er mit ber SJerbonnung au« aüen beut((ften Erb«
lonben ßeftraft loerbeii foUe, unb bag ba6 Ovbendf)au0 jelbft bie
äluf^ebung ju getDariigen ^abe ")■
©iefe« ®efes t)attt in ber Sofefinifi^en ^eriobe — bem
©eifte ber ©efeggebung entfflrcdjetib — feine 2Ienberung erfahren,
unb cbiDD^l in bem Ciofefitiifi^en ®efe§bu(^e eine barauf ab;
jielenbe iöeftimmung nid^t enthalten mar, fo erUärt fic^ bied ein^
faü) baraue, tonl bte in biefe« @ebiet einfi^lägigen ^erorbnungen
feit ftoifet Oofef i^en ^la^ mtift nic^t me^r in ben Ouftijgefegen,
fonbern in ben ^lolilifdien SSerorbnungen gefunben tjatten.
5. |>nr "^Mlftntitnfl »et untntpini%ia ^uiftn (ramnlAliiB).
'iDae Siecht Dtiebeiöfterrett^« Eiatte feit längeren ^titta ben
togenannien SBaifenbienft überliefert, bad ift ben 5)ieiift, toelüben
bie SSaifen bec Untert^anen ber ©runbobrigfeit fornot)! bie jum
14. Sebentiia^te, al9 aaä) brei 3a^re fpäter, ju leiften fc^ulbig
tuaren; »eruanbl mit bem SÜaifenbienfte mar bie 33erbinbli(^fett
ber Untert^anen, au(^ no(^ bei i^ren ßebjeiten i^re Sinber ber
^err((f|aft in ben 'Siienft ju geben.
S>a0 ältefte ®(fe^ über biefcn ©egeuftanb ift am 24. ätuguri
1550 etfc^ienen, in mel(^em ©efcge beftimmt mürbe, bafe in
iOefterrei(^ unter ber @nnä bie ^inber ber Untertf)anen fc^ulbig
feien, il|rer Cbrigfeit vor anbern um billigen ^ieblD^n ju bienen.
©iefe« ®cfee mürbe am 28. ©eptember 1578 unb 22. ©eptem»
ber 1Ö90 rcpetirt unb nra unb 27. gebruar 1581 auf Oefterreit^
ob ber @nne auegebe^nt ').
mit «ejug auf biefee ®efe6 erfc^ien om 20. 9Iuguft 1565
ein neitered ®efeg, ntelc^eä im Codex austriacue unter bem
©(^(aflDorte „SBJoilien'Änet^t Slbft^flffung" oufgenommen mor-
ben iftä).
^uräbiefee (egte®efe^ mutbe angeorbtiet, .bafi, raeil augrn=
|(J|einIid)er SDJangel an benen treuen g^e^oltern (©ienftbolen) er'
») Z)nnncr, 8b. I, @. 16 unb IT.
<) Codex anaiT. 11 unter bfm @d)lagntDm „Unttribiin'Jliiibd". ®. 400
DCTgl- aiidl @uttine(r untn btm @<^liigiDort( „ffinbci", @. 3T6.
I) Codex aOBtr. II, @. G<18.
— Detmöge bee Don ^rrbinanb I. atn 24, Sluguft 1560
langenen @tnttaii unb iSatiung, bei bec ti oecbletbtn foQe
t Sanb'Seut Unterttjanen @ö^iie unb Zööfttr, i^tct Obrigfeit
irunb^trrii, no bie JSItein ober berfeLbcn greunb bicfclben
ni^t gu erEiaUeii fiäütrt, obrr bebürfftig toärtn, itmb ben
bm fie aaiec Ortzeit ^ai*^ tnät^ten, Dor oQen anbern ju
fitiuibig feirit, bag aber bagegtn bie ^errn fali^e '4)tenei,
nie ßeibeiant Itnei^t ober ©clonen, fonbeni mit not^bürff»
Unterhaltung, nie gcbräudiig galten foUeti, unb bog ben
I uncertoe^rt \t\, i^re j¥inber in bit @tabt, ^anbntrlt ober
: elirlicfie <Baiiti\ ju erlernen }U ft^icfeii".
Diejfä fSenerale fanb ficf) fobann auc^ in btr n. 6. iianbia^
ig Dom Sa^re 1673 nieber, nieldie ben 3n^alt btr Doran<
ten Sßerorbnuiig im Dienen ©ut^e, 3i. litel, wiebtrgab unb
lebriidlii^ auf bai ©enetale Dom 24. 9[ugu|'t lö65 bejog^).
"S^ai Silier biefcS (äeno^nbeiterec^tee anjugeben, finb mir
©tanbe, boc^ mag (jernorgcEiDbcn nerbcn, Cag bie @er^ab'
orbnung unb ber Tractatue de juribuB incorporalibuB bie
jebra^te ®en)oi)n^eit in Slnfe^ung biefe« Stet^tetnfiitutee
ten, uiQ&renb IDir aUerbtngö nit^t im ©taube waren, in
^er'e Tractatus aureus hierauf bejüglii^e iSleUen }u ftnben.
i>it ©eftimmung ber @rrt)abf4afteorbnung lautete einfach
„büfe Der Untert^onen öiaifen i^ret ^ervfc^afi bre^ 3a^r,
loor bie Keinen umbfonft, bm^ gegen gebü^reube Unter»
iinb Sleibung, bie aber über 14 3a^r feqnb, gegen diai^
einer, bei SSertit^lung na4, gtjiemtnben ^efolbung ju
fi^ulbig feien"; bied folle aber .mit ÜSormi^en ber Obrig"
er überlebenben IDJutter ober iSefrtunbten" gef^e^en, unb
Iben Dorbe^alten fein, bog fte folc^e fiinber, wenn fie ^ieju
i), in bie Stöbt unb üUiartt, iu benen ©t^ulen ober 8er=
eine« §anbmerfö fc^icfen mögen".
Su^ rourbe — wie bereit« oben erroflbnt — ben ^ecrftftaften
m, „für ben tfatl, ale bergleic^en Untert^anen Sinber Dor
'nung ber breQ SBaifen^Sa^r, eine Gelegenheit, fidi e^rlic^
^eurat^en, in ein Slofter ju getjen, ober fonfien eine ütSolfa^d
)t, biefe Sinber fiieDon abjuljniten ober ju Der^inbern"'}.
Singe^enbere iSeflimmungen ^at über biefen ©egenftanb ber
!itus de juribus incorporalibua getroffen.
ißadi biefem @efege, meiere« eine ©ii^erfteUung be« ®e>
ieit«rei^te« burc^ ben gef(^riebenen öii^ftaben in trfter Sinie
t)tigtt, unb ueldies aut^ in jueiter Sinie beftrebt raat, bie
^j 9t. D. EantitoTbnuns, IV. «ui^, 34. !£il(l: „Cßa« gcftall bit lebigoi
i^Ttn ^nrrn bitncii fDOta." gol. 336t unb 336.
'j Qtrbotifi^adeaitinuns, IX. Xild, §. 6.
-< 199 —
eingefc^Iic^eneii 3Ri§brQUC^e, namentlich bie ^öufig Dorfontmenben
Sebrfidungen ber Untert^anen, ^intanju^otten unb eine milbere
Uebttitg oufred^t^uerl^aUen , bejie^ungdneife neu )U begrunben,
»nrbe a»if4en ber „©ienftgeit ber Untert^anen Stinber'' unb bem
^®aifen>3)ienfte'* unterfc^ieben.
9?üctfi4itlic^ ber ©ienft^eit ber Untert^anen ßinber würbe,
im Snfc^Iuffe an \>a^ ©enerate Dom 20. äluguft 1565, beftimmt,
„ha% bie Untert^anen fi^ulbig fct)nb, i^re nod) in ©ercaU unb
Srob ^abenben ©ö^ne unb löc^ter, beren fie ju eigenen ©ienften
nidjt bebürfftig, ober bie fie fonften in frembbe I)ienfte geben
»öden, i^rem ©runb^errn oor aüen anbern in IDicnft erfolgen
}u laffen"; „e« foüten aber biefer Untertl^onen ffiinber öon i^ren
^errn unb grouen nic^t wie ©claoen unb Seibeigene, fonbcrn
mie anbere fre^e @I)et)a(ter unb !Dienftbotten mit gebü^renbev
Äoft unb 8o^n oerfe^en unb untcrt)a(ten, auc^ noc^ SJerflieffung
bre^er Sabren, miber i^ren SBitlen fernere ju bienen nic^t ge<»
groungen ©erben; au6er^em fei ben Untertt)anen i^re Äinber in
bie @tclbt unb anberftteo^in ^um @tubiren, Sernung eined $anb«
»er!« ober anberer el)rli^er ©adjen, jeboc^ mit 35or»iffen ber
Dbrigleit ju ft^iden unöerme^rt" ^).
JBo« ben eigentlichen „ffiaifenbienft" betrifft, fo mürbe ber*'
fe(be, ben Seftimmungen ber ©er^abfc^aft^orbnung gegenüber,
burc^ ben Tractatus de juribus incorporalibus Derfc^örft; benn
mö^renb nac^ ber ©er^abfd^oft^orbnung ber SBaifenbienft im
fangen nur brei 3a^re gu magren l)atte, mürbe burc^ ben be^
jogenen Iractat beftimmt, „baß ber ©runb^err feiner üerftorbenen
Untertljanen ^intertaffene ©oifen in feinen 35ienft nehmen unb
big auff bad Dier^ebnte 3a^r i^reö ältterö o^ne Sieblo^n gebrauchen
tonne, unb ba§ erft bann bie eigentlic{)en brei SD3aifen«3a^r be^
ghinen foüten". !l)ie Rinber unter 14 3a^re, meiere ber ©runb^err
in feine Dienfte no^m, mar berfelbe „mit not^menbiger Untere
l^alU unb ^leibung o^ne @ntge(tung i^red etma ^abenben @rb«
t^eil« p oerfe^en fc^ulbig" ; — Ratten bie ©aifen bann bo^ Dier*
je^nte Saftr i^re« Sllter« erfüllt, «fo maren fie barüber brei)
föaifen^3a^ gegen gebü^renben Sieblo^n ju bienen oerbunben",
tonnten aber gu meiteren ^ienften miber i^ren SBillen oon ber
Obrigfeit, ntcf|t angehalten merben.
ffieiter oerfügte biefe« ©efe^j, bag, „mofern einem ober
onbern SBaifen eine $eurat^ guftünbe, feine Dbrigfeit il^n boran
o^ne er^eblicl^e unb billige Urfac^e nic^t oer^inberlic^ fein foQe".
Snblid^ mürbe ben ®runb{)erren unb Obrigfeiten verboten, anftatt
*) Tractatus de juribus incorporalibus, IV. 2:itel, §. 7; Codex
anatr. I, ^. 688.
<''v!f^
— 200 —
ber !Dtenfte eine 9(bftnbuno im ®e(be meber Dou ben Saifen
noi) öon ber Untert^aneii ©ö^ne unb lochtet ju bege^rcn^).
!J)ie ©(^riftfteHer bejie^en fic^ inögefammt faft nur auf bie
ffleftimmungen ber ©er^abfcftaftöorbnung unb be« Tractatas de
juribus incorporalibus, tocW testete« ®efefe bie ®er^abfc^aft«*
orbnunq Qteic^faQd fcbon a(d frühere 9{ed|t^queQe anführte.
Sfteutter') unb SSofftuö^) ermähnen bei i^rer Sel^anb-
(ung bed ©egenftanbe« nur gan;^ furj bie eben Dorgetragenen ge«
feßtic^en ©eftimmungen; einge^enber l)aben fid^ nur ginfterroal:?
ber^) unb J)onncr*'*j mit biefem ©egenftanbe befaßt.
ginflcrroalber meint, ber ®runb biefe« ®efefee« ticgc
bartU; utj tanto magis ob famulorum malitiam Dominis cau-
tum sit et regressus, quem alias raro aut nunquam baberent,
tarn facile eludi non possit; auc^ erörtert er weiter, ba^ nur
ber „Origo" bie ®eburt unter einer $errfc^oft, niemals aber
ba« blogc S)omiciIium, über bie SSerbinbtict|teil gu ben SBaifen*
bienften }u entfd^eiben ^abe, bal|er ÜDiejemgen, meiere Don einer
^errfc^aft in bie anbere fic^ begeben l^aben, bie ffioifenia^re feiner
anbcren ^errfc^aft, aU worunter fie geboren, abjubienen fc^ulbig
feien; enblic^ mcift ginftertoatber barauf ^in, baß ber ®runb*
^err mel)rere Söaifen, aU er ju feinem ÜDienft unentbelirnc^ oon*
nöt^en ^abe, nic^t begel)ren bürfe, nodj Don !X)enienigen, bie er ni(^t
bebürfe, anftatt be« wirftic^en 'Cienen« ein gcmiffeö ®clb cinju^
forbern befugt fei.
jDonner meint, baß ber ®runb^erren SSort^eit rücfftc^tUC^
ber SBaifenbienfte barin beftanben ^abe, ba§ er Seute ^abe, menn
er biefelben brauche, unb jmar foldje ßeutc, bie i^m befannt feien ;
er tteift audj ferner barauf f|in, ha)ß ffiaifenbicnfte nac^ bem t)oU*
enbeten 24. &ben«ia^re nit^t rael^r geforbcrt werben fönnen, weit
biefe ^erfonen noc^ erreichter 9?ogtbarfcit feine SQSaifen meljr feien,
unb ^ält fc^Ueßlic^ bafür, bag fogar nac^ bem 22., begie^ung^weife
20. 3al)re bie« ber gatt fein müffc, weit bie alten SJogtbarfeit«*
terminc, midfe bie früheren ®efe^e üor äugen Ratten, 22 3a^re
für aWänner unb 20 3a^re für grauen beftimmt l^atten.
©inge^enbere öefttramungen über biefen ®egenftanb «nt^ictten
ba« patent Dom 1. 9Joöembcr 1781 unb ber §ofbef(fteib öora
15. 3änner 1782; burdj ba« erftere ©efefe würbe beftimmt »»baB
bie Untert^anen fünftig einige ^ofbienfte gu oerrit^ten niAt
me^r ftftulbig feien, beiber Siltcrn öerwaifte Sinber aufgenommen,
bereu ^ofbienft jeboc^ nirgenb« brei 3a^re überfteigen foflc* ; ba«
*^) Tractatus de juribus incorporalibus, VI. £§ei(, §. 8, @. 588.
") aicuttcr, ad Tab. U, §§. 27, 28 unb 29, @. 61.
'') » f f t u ö, @. 46 unb 458.
«) ^ i n fi e r ro a I b e r, II. »u(^, Observatio LXIV, (S. 411-413.
'") ® n n e r, I. »b., @. 103.
T
— 201 —
jtoeite ®efe$ Derorbnete ganj analog, ^bag in 3tt(unft nur allein
foI4ie ^nber ber Untert^anen, bie ber beiben @Uern oermaift
mären, yax SBerric^tung bed ^of« unb SBaifenbienfted oon beren
Obrigfeiten genommen toerben fönnen".
ffiar burc^ biefeö Oefefe bie SSerbinblic^feit folt^er Unter*
tränen ftinber, tt)e((^e nur iSined ber beiben (SItern am 8eben
Ratten, gu bem ^ofbienfle au^brüctUd) aufgel^oben »orben, fo mürbe
anbererfeitd burc^ bad gmeite ®efe$ noc^ oorgefc^rieben^ bag aden
über 14 3a^re alten unb bie 3Bai[enbienfte oerric^tenben ßtnbern
ber nämliche äieblo^n, meldten anbere frein)it(ige ^Dienftboten
nac^ ^efc^affen^eit i^rer leiftenben !Dienfte empfangen^ abgeretc^t
nnb folc^eö gu 3ebermannd SQSiffenfc^aft im Sanbe funbgemac^t
»erben foüe, unb bafe bie ^crrfc^aft befugt fei, bie 5D8aifenj[a^re
jiDifc^en bem 14. 3a^re unb ber ®ro§iä^rigfeit ber SSJaifen aud*
)UtDö^(en ^^).
3um @c^(uffe mag noc^ ermähnt merben, bag ^auer, bem
tDtr bie legten s!)aten entnommen ^aben, bafür \)ä{i, bag bie
SBaifenbienfte ald eine 9lrt üon 93ergeltung für bie unentgeltlich
3u beforgenbe Oberoormunbfc^aft eingeführt morben feien, um ber
^errfc^aft beffere unb oerlägli^ere !Dien|iboten gu befc^affen; enb'
litf) foU au(^ nod| ber Seftimmung bed ^ofbecreted oom 18. 3uni
1790 gebac^t merben, bag ber SWilbrauc^, (Selbablöfung an ©teüe
be« mirflic^en S)ienfte« ber SQSaifen gu forbern, abgefteUt unb
beftimmt mürbe, bag bie eingegangenen Slblöfung^gelber ben be^
treffenben Parteien aUfogleic^ mieber gu erfe^en feien.
!£)a§ bad 3ofefini)(4e Suftiggefegbuc^ über biefen ®egen«
ftanb eine SSerfügung nid)t enthielt, erflärt fic^ mieber leicht barau^,
bag bie @e)e|gebung ber bamaligen ^zxi auc^ bieje i^rage ben
politifc^en unb nic^t ben 3uftiggefe^en oorbe^alten ^atte.
VI. Sapitel.
i^ertretung bee «Alunbrle burd) bnt 19ormunb. CEinmiUigung
Iiea 9ormunbe0 in bie l^ed^tegefdiäfte be0 ^unbeb«
9Bir ^aben fc^on mieber^olt ^eroorge^oben, ba§ bie ger^
ntanifc^e S3urge( be« ißormunbfc^aftdrec^ted in Deftfrreic^ im
16. Sa^r^unberte in oielen Regierungen bem (Einbringen bed
römtfc^en Slec^te^ Staub gehalten unb befj'en mächtigen (Sinf(ug
übermunben ^at.
11) ^ a u r r, 2)arftrfluiig brr ©rfe^e für bie Untert^aneit, I. 9b.,
@- 147—161.
— 202 —
(Sbenfo ^oben mir aber au(^ mieber^ott ^eroor^eben mflffen,
bQ§ ber roinanifirenbe S^arafter in ber ©er^abfc^aftd^rbnuiig
com 18. t^ebruar 1669 f(ar gu Sioge tritt, ja boB biefe« ®efeQ
in Dielen Regierungen beftrebt ttar^ bie SSorfc^riften bed römifc^en
9ttd^M an bie @te((e be^ l^ergebrac^ten Sanbtdbrauc^ed gn fe^en.
ftein j^^eil unferer Slb^anblung ^at in gotge be« ftantf>fed
bed römifdbtn mit bem beutfc^en Siechte für ben S)arfte((er fo
ga^treic^e ©c^mierigteiten a(<$ bertentge, ben loir eben ie^t be»
ginnen; in feinem S^^eile unferer @c^rift mar e^ fo not|u)enbig,
bie ©efammt^eit be9 tebedmal geltenben öfterreic^ifc^en 9le(^te0
fo fe^r ftdi gegenioörtig gu t)a(ten, a(« eben in bem älbfc^nitte,
in netc^em oon ber ä3ertrerung bed 9)iänbe(«( turc^ ben SBor^
munb unb Don ben i^ormen biefer 93ertretung, Don ben ber
^anbtungdf&^igfeil ber üRtnberjö^rigen gefegten ©d^ranfen, bie
9Iebe ift.
i)ie Sefer tocrben bo^cr gcwife entfc^ulbigen, tocnn mir
einen lurgen Solid auf bie (Sntmidelung be^ römift^en unb bed
neueren beutfc^en Siec^ted merfen^ mit ed nur burc^ eine folc^e
3(bmet(^ung üon bem näd)ften unb unmittelbaren ®egenftanbe
möglich ift bie oietfatl^ oermidelten unb fc^mierigen Reftimmungen
bed öfterteic^ifc^en 9iec^te^ entfprec^enb gu erflären.
1. mMtm auf bos romif^e 3tr<9t
£iO« römifc^e Stecht unterfc^ieb fe^r fttenge groifc^cn ber
(Sinmilügung bed 93ormunbe9 in bie dtec^tdgefc^afte
ber aWinberiäl^rigen eincrfeit«, unb ber Vertretung ber*
fetben burc^ ben 93ormunb anbererf eitd ; in bem erfteten
i^aQe beburfte bte ^anblung, todö^t ber äJlünbel Dorna^m, nur
nod) ber Genehmigung be^ S^utor^; in bem gtoeiten t^aUe ^anbelte
ed fic^ barum, feftguftetlen, inmiemeit bem änünbet burc^ ^anb^
(ungen be« 93ormunbed Steckte erlDorben unb 93er6inb(i(t|feiten
auferlegt loerben fonnten.
^^ac^ bem befannten ®runbfa^e bed römifc^en dieijM, ba%
Derjenige, loelc^cr ber ®en)a(t einer $erfon nic^t unterun>rfen
mar, biefe $erfon, menn er eö auc^ moKte, burc^ feine eigenen
^anblungen nic^t actio unb nic^t paffio repräfentiren tonnte.
mar eine birecte 93ertretung bed äßünbel^ burc^ ben SSormunb
nad) älterem Sioilrec^te unftattf)afr, unb ed fonute na(^ einer
bur^greifenben {Reget ber üRünbel nur JRec^te ermerben, begie^
^ung^meife 93erbinbli(^fetten übernet)men, menn er felbfl ^anbelte,
unb menn gu biefer ^anblung bed ÜRünbeld bie (Sinmilligung
bed 93ormunbe9 trat.
(So bilbete bemnac^ nac^ römifc^em {Rechte bie <Sinmi((i^
gung bed 93otmunbed in bie {Rec^tdgefc^äfte bed SRfin»
beld bie 97ege(, unb nur langfam unb auf Ummegen fanb eine
— 203 —
birecte SSertretung be« äRünbeld hnri) ben SBormunb (Singang
in bQ0 fpatere rönttfc^e SRec^t.
®ef)en »ir auf ben erften $un{t juerft über, fo »erben
ivir Quc^ ^ier }kDif(^en ben jmei ^auptarten ber rönttfc^en 9Sor>
munbfc^aft, ber tutela impuberum unb ber cura minorum; ent<
fprec^enb i^u unterf (Reiben ^aben; ber £utor ffattt su ienen
SBtUenderflärungen bed Unmünbigen, meiere nad) altem SioiU
rechte unfraftig roaren, feine auctoritas, fein 93o(Imort )u er^^
t^etUn; ber 3^ed bed @onfenfed be0 Surator« mar ba^
gegen, einen nac^ bem StDüred^te rec^tdbeftänbigen föiden eineö
minor Don unüberlegten, unbebac^ten ^anbtungen }urü(tiu^aUen.
jDiefc Unterft^eibung jwifc^en ber auctoritas bc6 Iutor6
unb bem bloßen Sonfenfe bed Suratord entfpracb natürlidiermetfe
DoUtommen bem bebeutenben Unterfc^iebe ^mifdjen ber feit je^er
fc^on fe^r bef^rönhen ^onb(ung6fä^igteit be« impubes unb jener
bed minor, XDtldjt ja nur in einzelnen ^ejietjungen begrenzt toar.
3n 9lnfe^ung be0 impubes infantia major galt bie
9iegei, bag er aUe b(od bereic^ernben ^anblungen, auc^ ot)ne
auctoritas bed STutord, Dorne^men fönne; in ünfe^ung aUer
anberen ©efc^öfte aber, aüer cioilrec^tlic^en feierlichen ^anb«
lungen, aller obligirenben dontracte, aller 93eräu§erungen, mar
ber SRünbel an bie auctoritas feinet !£utor0 angemiefen.
3m @egenfa^e ju ber meitge^enben Sefc^rönfung ber
{)anblungdfäl^igfeit bed Unmünbigen ^atte bad altere römifc^e
^ec^t mit ber pubertas fofort bie Dollfommene ^anblung^fä^igteit
eintreten laffen, unb ed maren felbft nac^ 3uftinianifd)em Steckte bie
obligatorifc^en ^anblungeu ber äJhnorennen ipso jure Derbinb-
lic^, auc^ menn fie o^r.e (äinmiUtgung bed ^uratord vorgenommen
morben maren, fo ba§ namentlicb nur in 9lnfel^ung ber 93er^
öuierung Don ®runbftüden, balb aber au^ anberer ©egenftanbe,
bie ^anblung^fä^igfeit ber SDiinberjäfirigen im fpöteren Siechte
befc^röntt morben mar.
Auctoritas bed Siutord unb Sonfend bed (Suratorct Ratten
aber — um ouf ba« Obgefagte noc^mal« jurücfjufommen —
ftetd ein perfönlic^ed ^anbeln bed impubes ober minor jur
Sorau^fegung; mar ein perfönlic^ed ^anbeln bed Seuormunbeten
unmöglich, fo mugte ber 93ormunb entmeber bie {)anblungen
burc^ ©flauen beö Seoormunbeten oorne^men loffen, ober aber
er mugte ben Sludmeg mät|len, bie ermorbenen 9}ec^te unb 93erbinb«
lid^feiten einftmeilen für fic^ ^n behalten unb ftc^ fpäter im di-
rectum unb contrarium unb negotiorum gestorum Judicium
mit bem Pflegling ^u benehmen.
Srft im fpdteren römifc^en 9}ec^te mürbe bie Strenge bed
alten Sinilrecbted in ben mid^tigften fünften gemilbert unb in
oielen ^SSejie^ungen auc^ angenommen, ba§ ber SÜtünbel burc^
— 204 —
$anb(uugen unb Stec^tdgefc^äfte ber SBorntünber actio unb paffio
repräfentirt »erbc^).
2. ^udienift auf bas beuif^t ^tdiU
(Stn DoQfommeu Derf^tebened ®i(b getpö^rt ber Stücfblttf
in'0 beutfc^e SRec^t; nac^ ben ©runbfä^en bed filteren {Rechte«
fontite ein Unmiinbioer kpeber burc^ feine eigenen $anb(ungen
unb Unterloffungen, noc^ burdi bie ^anb(ungen unb Unterlaffungen
älnberer^ auc^ nid^t burc^ bie feinet 33aterd unb 3$ormunbe9, in
ber 9lrt in @d)aben gebraut unb oerpflic^tet roerben, bag er nic^t
freie ®malt gel^abt ^atte, alle folc^e ^anbtungen binnen 3a^r
unb Xa^ nac^ erreichter SRünbigfeit }u roiberrufen unb alle«
Unter (offene nac^i^u^oten, eine 9{egel, meiere nur auf ÜDelicte ber
Unmünbigen feine änU)enbung fanb.
9lu0 ^iefeln Orunbfofee folgte mit Gonfequcnj, boß, locnn
bad ^inb ben äBiberruf ntd)t ausübte unb infolange ed ben«
fetben nic^t ausübte, bie Dorcrmä^nten ^anb(ungen aU Dottfommen
gittig beftel)en blieben*)-
9lu^na^nien oon biefem ®runbfa^e tarnen inbeffen fc^on
früf}cr nieljrfac^ oor, unb e^ galten in^befonbere SSeräußerungen,
n)e(^e ber 93ormunb gemadjt ^atte, um bringenbe S)lotf) oon
feinem äßünbet ab^^umenben unb um ^interlaffene @c^ulben ber
@ltern ober ®(l)ulben bed ü)2ünbetd felbft gu bega^len, a(d un«
loiberruflid)^). Später t)örte inbeffen bie Unoeräußerlic^feit bcö
3J2ünbeloermögend in bem oben gegebenen (Sinne auf unb na«
mentlid^ befeftigte fi(^ ber ®runbfatj, bag ber aJHtnbel mit Sin*
milliguug beö 93ormunbed fein ®ut auf eine ^intenbrein nic^t
me^r anfed)tbarc ©eife oeräufeern fönne ^).
^32ac^bem bad römifc^e 9Re4t bie gemeinrechtliche ©runblage
bed 33ormunbfcbaft0rectited gemorben mar, mußten fic^ bie ®runb«
fö^e bed beutfd^en 9tec^ted oielfQci)e ä)}obificationen gefallen
laffen. inbeffen bemirften bennoc^ auc^ nmgefe^rt bie ^rincipien
bed beutfd)en Stec^ted mannigfa^e älenberungen bed römifd^en,
unb namentlich mar ed bie (Sntmicfelung ber beutfc^en Oberüor^
munbfc^aft im ©egenfa^e gur römifc^en, meiere eine ^auptqueUe
me^rfac^er Slbänbenmgen bed recipirten Stec^ted gemorben mar,
meiere namentlich eine meit ftrengere Seauffic^tigung bc« SSor»
munbed bei ber äSermögen^oermaltung gur t^olge l)atte unb ben<
felben anmie^, in S3ormunbfd|aftdfac^en nic^td 9Bic^tiged o^ne
Slnfrage bei ber Oberoormunbf^aft oorjuiie^men, o^ne bag jeboc^
^) 9hib orf f, II. 9b., @. 207—349, metc^em obige 2)arfleQuiig rntiiom*
mm ift.
Ärout II, @. 4 u. ff.
2) (Sbcnba, @. 19 u. ff.
'^) Cbfnba, @. 24 u. ff.
-i?:^ •
— 205 —
bQ9 genteine 9}ed)t fo tozit gegangen märe, bem 93ormunbe bie
|)aupt))erantn)ortiic^feit abpne^men ober i^n }um b(o§en 3)iener
unb 93oflgie^er ber Sefel^Ie ber oberDormunbfc^aftüc^en :8e^örbe
ju modjen^).
©er toi(^tigfte Unterfc^ieb bc« im SBefentlit^en auf ben
^rincipien bed romifc^en 9?ec^ted aufgebauten neuen beutfc^en
9ie(^ted Don feinen atten Quellen bilbete aber febenfadd bie Don
und fc^on oben ^erüorge^obene 3ufammenf(^me(gung ber beiben
ä(rten römif4ier ^ormnubfc^oft^ ber tatela impuberum unb ber
cura minorum, in hie eine unb mefentlic^ einheitliche 3I(terd«
Dormunbfc^aft, meiere o^ne Unterbrechung oon ber ®eburt bed
Sinbe« bi« ju ben erweiterten SSogtbarleit«*, ja felbft bi« gu ben
au« beut römift^en Steckte recipirten SSoHiä^rigtcitdterminen fort*
bauerte.
^raut begrünbet feine ^e^auptung, bag in ^ejie^ung auf
ällle«, waö bie SSormunbfc^aft betrifft, bie puberes oor erreichter
äJolljia^rigfeit in !Deutfc|Ianb ebenfo l^anblungdunfö^ig waren, mie
bie impubereß nac^ römifc^em 9le^te, juncic^ft burc^ bie ^in^
metfung auf bie oftbejogenen dteic^dpolijeiorbnungen oon 1548
unb 1577, nacf| benen 3eber bid ju feiner major aetas einen
ä3ormunb ^oben mugte; er ftü|$t ferner feine Slrgumente auf ben
^ia^weid, bag fic^ fci|on im äßittelatter nac^ beutfc^em 9le(^te bie
2Wänbigfeit«termine weit — na^e bi« an bie ®renge ber römi*
fc^en major aetas — audbe^nten, o^ne an ber f)ergebrac^ten
debeutung ber SDlünbigfeit in irgenb welcher ^e^ie^ung etroad p
änbern; er betont ferner auc^ nocb, buB jur 3fit/ öl^ ^i^ SReic^d^
poti^eiorbnungen erlaffen mürben, bie 3uriften bad römifc^e
5Recf|t in ber Slrt auflegten, ba§ ein pubes minor XXV annis,
ber einen beftänbigen Kurator ^abe, fiel) o^ne beffen (SinmiQigung
ebenf omenig giltig obligtren {önne, ald ein impubes; er meift
enblic^ ooUfommen treffenb barauf ^in, bag jtoifc^en ber aucto-
ritas tutoris unb bem consensus curatoris praftifct) in !Deutfc^«
(anb nic^t unterfc^ieben merben fonnte, meil ia ebm bad beutfc^e
Stecht bem fpecieUen eigentl^ümlic^en ©runbfa^e be« römifd^en
9iec^ted, bap ?ßiemanb burc^ feinen ©tcÖoertreter (directe) actio
unb paffio repräfentirt merben fönne, nic^t aufgenommen ^atte,
unb fcblie§t baraud , bag ber beutfc^e ^ormunb mä^renb ber
ganjen ^tit ber SSormunbfc^aft feinem ^JDtünbel Siechte ermer*
ben unb 93erbinblic^(eiten auferlegen fonnte.
3. ^efletxti^ifd^es Siedet.
3iaä) ben }mei notl^menbigen Stüdbliden auf bad römifc^e
unb beutfc^e 9?ed6t bürfte bie ÜDarftellung ber öfterreic^ifd^en
*) Äraut II, ®. 94 u. ff.
r»i
— 206 —
9?e4it0enttDide(utt9 tpeit koeniger ®(|)tDierigfeiten be« iBerftfinbmffe«
begegnen.
©reifen toir bem Srgebniffe ber Unterfuc^ung Dorau«, fo
»erben toix fe^en, bag bad öfterreic^ifc^e Siecht, melc^ed bie gange
X)on und betrachtete ^eriobe ^inburc^ nur eine ein^eitlidie, nic^t
weiter a5get^ei(te SKterdDotmunbfc^aft !annte, bie (im @inne M
rdmif^en ditd^M) Unmünbigen unb ^inberiöl^rigen in Slnfe^ung
t^rer ^anb(ung0fö^tgteit ben gleichen Sefc^rönfungen untermorfen
l^atte, unb baf eine Steprdfentation ber 9[Iterdunmünbigen burc^
ben SSormunb attgemein angenommen morben mar; xdxt merben
aber auc^ meiter fe^en, ba§ fic^ im 17., DoQenbd aber im 18. da^r«
^unberte ber fteigenbe (Sinf(u§ ber Dberoormunbfc^aft auf bie üb^
miniftration bed äßünbelDermögend immer me^r geltenb machte, unb
ha^ ber SSormunb in f^otge biefed gefteigerten @influffed ber 43e^
^5rben ben ä)?ünbe( o^ne ®ene^migung bed Dormunb*
fc^afttic^en ©eric^ted britten ^erfonen gegenüber regelmäßig
nic^t me^r verpflichtet tonnte; loir »erben enbtic^ auc^ ^ier mieber
feigen, mie in ^^olge biefed Stnfluffed ber 93ormunb aUmätig in
bie ©tellung eined b(o§en JBeftedten, eined S^ecutiDorganed ber 33or<
munbfc^aftdbeprbe getreten »ar, unb ben größten £^ei( fener
@e(bftftänbigfeit Dertoren ^atte, »etc^en bad neuere gemeine beutfc^e
Stecht, ungeachtet ber auc^ in biefem Siechte geftiegenen dngeren)
ber OberDormunbfc^aft^ benn boc^ noc^ gemurrt ffattt.
Um ben immerl^in etmad compUcirten (Sntmidetungdgang
be0 öfterreic^ifc^en Ste^ted überfi^ltlic^er ju geftatten, merben tnir
oier 3^i^<^^f^<^it^^ i" ünferer !t)arfteQung unterf^eiben, unb im
erften bie (Sntrcidelung 6id gur ©er^abfc^aft^orbnung oom 18.
t^ebruar 1669, im jkoeiten bie ®runbfö^e biefed ©efe^ed, im
britten namentlich bie im 18. Sa^^unberte burc^ ben fteigenben
Sinflug ber Dberoormunbfc^aft hervorgerufenen Slenberungen unb
im vierten bie ilnorbnungen bed ©efe^buc^ed jtaifer 3ofefd
barfteUen.
a) 9{ec^t«entn)icte(ung bid )ur ®ev^Qbf(^aft«orbttuug vom 18.
gebruav 1669.
Konnte ed nad^ ber 9ieception bed römifc^en ytti^M unter
ben beutfc^en Suriften ftreitig fein, ob ben recipirten Unterfc^ieben
ber SSenennungen „impubes*' unb „minor", ;,Stutor" unb „6u*
rator" auc^ ein Unterfc^ieb in ber ®aä^t, ein Unterfc^iel) in ber
l^anblungdföl^igreit ber ällter^unmilnbigen entfproc^en ^abe^), fo
ermangelte ed im öfterreic^ifc^en 9iecf|te an bem ^auptargumente,
an tvelc^ed fic^ biefe (Sontroverfe anlehnen tonnte, an ber SRecep«
tion be« ^egriffed ber römifc^en major aetas^ meiere im öftere
J) Äraut II, @. 96 u. ff.
— 207 ^
reic^ifc^en Steckte, ober }um minbeften in ben öftftrei^ifc^en ®e<
fp^en titelt ftattgefunben ^af.
@(^on in einem frütjeren Slbfc^nitte ^aben toir ^eroorge»
l^oben, bag bie SBiener f^rei^eiten Dom 3a^re 1526, baß bie
..{Reform guter ^oQice^" Dom 3a^re 1552, bog bie ®efe^e Ober
Sergerl^abung unb äSerforgung ber $u))itlen ber oberen @tfinbe
üM ben 3abren 1631 unb 1634 unb bie ®er^abf(^Qftdorbnung
be« 3a^red 1669 fi(^ bamit begnügt Rotten, ben iBogtbarfeite^
tennin ouf 20, rüdfic^tlic^ 22 3a^re ^inaudjufcgieben, bog fte
niemals bie major aetas bed römifc^eu 9?ec^te^ neben biefem
netten SSogtbarfeitdtermine einfül^rten, beftatigten ober anertannten,
unb bag ficb l^ieraud bie gong notärlid^e Sonfequen} ergab, ia%
bie JBefc^rönfungen ber ^anblungdfö^igfeit alter^unmünbiger $er^
fetten, toelc^e früher bi^ gum 12. unb 14. 3a^re geroö^rt Rotten,
nattmebr bid jum 20., begie^ungdmeife btd jum 22. 8eben0j[al|re
ber Sllter^unmünbigen fortbauerten, ol^ne bag bur(^ bie $in«
audfc^iebung ber Sßogtbarfeit^termine i^met n)efentlic^ Derf(^ie<
bette 9l(ter«ftufen mit befc^röntter {^anblung^fä^igfeit entftonben
iDfiren.
!Die ^Terminologie bed römif(^en Stec^te^ brachte t9 nun
j^noar oQerbingd ttrit fi(^, bog in ©efe^en unb oufgejet^neten
Stei^t^gewo^n^eiten, in (iterarifc^en SBerten unb in geric^tüd^en
Cntfc^eibungen häufig oon „^upiQen unb minberj[ä^rigen $in«
bem\ ^Don Unraünbigen unb SKinberiäl^rigen" gefproc^en lourbe;
aOein ed lögt fi(^ nic^t nur benieifen, bag fe(bft bie SBorte „^\x^
piüen" unb „SDMnberiä^rige'' l^üufig a(d ©^non^me untereinanber
unb mit bem SBorte „Unoogtbare" gebraust teurben, unb bag,
noinenttic^ totun oon.äJhnbertöl^rigfeit im öfterreic^ifc^en Steinte
bie 9{ebe ti)ar, unter biefem 3&orte nic^t bad SebendaUer bi^
\nm Dottenbeten 25., fonbern lebigtic^ bad Seben^alter bi^ jum
t^otlenbeten 20., be^ie^ung^meife 22. Seben^ia^re oerftanben nurbe,
fonbertt ed lagt fi(^ ber noc^ Diel entfc^eibenbere ^emeid führen,
bag ftet« bie gleichen Siec^t^fö^e auf fömmtUc^e SKter^unmün«
bige oI|ne weittu Unterfc^eibung angetoenbet mürben , toenn
Qttc^ aud hergebrachter 9lni)äng(tc^feit an bie römifc^e Sermino^
(ogie „Don Pupillen unb aJiinberiö^rigen" gefproc^en mürbe.
!t)en entft^eibcnbften Semeie für bicfe unfere öe^ouptung
finben mir in ber ©er^abfdiaft^orbnung bed 3a^red 1669, meiere
au0brü(fU(^ l^erDor^ob, ,,bag bid^ero in bem Sr^^er^og«
tfinmb Defterreic^ gmifc^en benen Unmünbigen unb
ä)ttnberiö^rigen, mie au(^ benen 2:utoren unb 6ura«
toren, ein Unterfd^ieb nic^t gehalten morben fei, unb
bag ed babei in ^infunft auc^ Derb(eiben folte''^).
^) (9er§abf(^aftdorbnung, I. Xiitl, §. 2.
—TA
- -- *
• •
— - » *
** ;. 1 irr^
V<
*3 ;:x *---•-■-•▼
— 209 —
ten nad) biefem Stet^tdbuc^e o^ne »eitere Unterfc^eibung Don
i^ren ©ütern nicfitd oerfaufen^), fein ®elb aud(eit)en ^) , noc^
fofc^ed entlegnen ^^ ^ic^^^ t)er))fänben ober beloften ") unb {eine
©ürgfc^aft unb fjibeiiuffion eingeben ^ ) ; ^ißupitten unb ^linbtu
ja^rige burften i^r SSermögen nit^t ccbiren unb übergeben*),
tcinc SSerträge unb SSerglei^e ab|c^lie§en ^ö), nid^W öerfd^enfen^^),
i^re ©c^utben nic^t begal^Un **^), leine Srbft^aft ou^ mit ber
9{e(^tdn)obtt^at bed Snoentariumd antreten ^^) unb eine il^nen
aufgetragene S£eftamentde;ecution nic^t übernehmen ^^).
*) (Sbcnba , II. 9u(^ , I. Xiiti : ^^ o n ^ a u f f e u unb ^ e r>
t a u f f e n'', gol. 103v. „^a9 ein $upil unb minberiö^viger o^ne Dormiffeu
feincT Oer^aben ober (Kuratoren oou feinen ®ütteni oeifaufft, ba« Yann für
einen gültigen fauff nit befleißen.''
^) Sbenba, U. 9u(^, Vni. £ttet: ,,^on ® e 1 b tf (^u 1 b en un b
¥aren gür(e^e n'', goL 133v. „ÜDte unoogtbareu unb minberiä^rigen
fohlen o^ne Dormiffen unb ^eroiQigung 3§rer fürgefe^ten <^ev^aben ober
(Suratoren ntc^td anglet^eu, fonften mögen bemelte ^er^aben unb (Euratorcn
folc^cd gelt, unb ba ed nit mef)r uorbauben, beffelben glett^meffigc erflattung
wtber etnforbem.''
«^) €benba, U. ©ud^, VIU. Xitel, gol. 134v. „(5in unoogtbarer
{olt obn oonoiffen unb 3ngeben feiner ©ergaben nnb iüuratoren nichts ent^
lehnen; ba 3bnte aber au^er berfelben roiden gelbt ober gelbtdroert^ ge-
liehen n)ürbt, fott ber gtaubingcr (einer ©ega^Iung miber ^ab^afft werben,
(Sr bringe benn einen glanbwürbig fc^ein für, bag ber nnoogtbare \old^tü gelt
nit bögltc^ annjorben, fonbern ju feiner nottburfft unb roollfai^t oerje^rt'^
"j ebenba, II. öu(^ . XIV. $:itd : „« o n p f a n b c n , ^ ^ p o-
treten, ©ä^en unb berfelben Sigenfc^aff t", So( 146. „2)ie
^u^iden unb ^inberiä^ngen fotten Sb^' $<n(b unb guet o§ne i^rer furgefe^ten
^fleger'Sätter »iffen unb roiÖen nit oerfetjen.'' @ie^e anc^ ® d^xoav^tn*
t ^ a n e r ,,Tractatas de pignoribus et hypothecis'', (Sap. VII, 2, <B, 38.
^) ebenba, H. »nt^ , XVII. £itel: „Son roiUtü^r lid) e n
«ürgfc^afften, fo ou6er®ericl^t bcfc^e^cu", gol. 158. „Die
unoogtbaren unb nttnberifi^rigen foUen ftc^ o^ne oorroiffeti i^rer fücgefe^ten
<9er^aben unb (Suratoren in ifeine gibeiinffion eiulaffen".
«) (Bbenbo, II. ©u(^, XIX, Xitti : „» o n Solutionen, SJ e -
^a^Inngen nnb ^bric^tung ber ©c^ulbe n'^ gol. I6öy. „!S)ie
^u))iaeu unb minberiä^rigen foÜen o§n Dorrciffen 3^rer furgefe^^ten ^fleg-
^atter ntd^td be^a^ln.''
10) (gbenba, II. ©u(^, XX. 2itel: „5B o n (£ c f j i o u n unb U c b e r-
9 oben", gol. 173.
») ebenba, U. ©ucb, XXVI. Xitel: „5öon Xr anü a c ti o u cn,
JBetträgen unboergleic^nng flrittiger9le^tdfacben unb
^ a n b l", gol. 185 unb 185v. „'S)it Ünoogtbaren unb minberiabrigen follen
fiä^ o^ne oorroiffen nnb ©el^fein 3^rer fürgefe^ten ^ormünber, ©ergaben unb
(Suratoren, teine« oertrag« mäcbtigen, fonflen foUe berfelb nit crafft baben."
.«) (gbenba, IL ©ucb, XXIX. Xitel: „^^ o n 2) o n a i i o n e n unb
übergaben unber ben Sebenben", gol. 205v. „'S)ie Pupillen nnb
mtnberiä^rigen foQen o^ne oormiffen i^rer fürgefe^ten ^fleg^^ötter nic^td
Derf^enfen; ba e9 aber befc^ab» folle bie 2>onation nichtig uub crafftlog fein.
13) ebenba, IIL «nc^, XXXIV. Xitel: „©on anncbmung, %\u
trettuug unb mäc^tign nq ber (Srbgüette r", gol. 243.
") ebenba, III. «ud^, LIV. Xitel : „5J o n b c u e ? e c u t i o n e n
(E^orinfttTf öftrer. Sormunbf (^af («ret^t. 1 4
kH.
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— 208 —
!iDiefem gef(^t(!^t(ic^en 3^u9^iff^ etitfpric^t ed DoQfommen,
menn U)ir feigen, bag in ber Sleform guter ^olijei Dom 3o^re
1552, bag in ber nieberöflerreic^ifc^en Sanbedorbnung Dom 3a^re
1573^ bog in ben Don @uttinger adegirten Sntfc^eibungen bie
SBorte „SSogtbarfeit, SSoUia^rigfeit, major aetas" unb bie barau^
abgeleiteten 3lb|ectit>en ebenfo f^nonqm mie bie 3(u^brü(fe „S^utor,
Surator, ®er^Qb, SSormunb unb ^flegoater" gebraucht mürben,
meit eben biefer abmec^fe(nbe ©prac^gebraudd nur ju beutlic^ jeigt,
bag ben beibel^altenen Derfc^iebenen Benennungen — roel^e ur^
fprünglid^ befonbere JBebeutungen Ratten — ein Unterf(^ieb in
ber @a(^e nid|t me^r entfprot^en l^abe, unb baB eben bed^olb
jebed SBort aud beiben angeführten Steigen ba^ anbere DoQfom«
men vertreten tonnte.
liefern fo in bie Säugen fpringenben ärguraente gegenüber
{ann ed tt)o^( fetbftüerftänbUc^ nic^td bebeuten, bag in ber Siefornt
guter ^oUgei oom Saläre 1552 oon ben öefc^ränfungcn ber f)anb*
(ung^fö^igfeit alterdunmünbiger ^erfonen ex professo ni^t bie
9?ebe mar; ed t)atte ia biefecf ®efe^ ^auptfac^lic^ bie Slufgabe,
in bem bie iBormunbfc^aft betreffenben X^eile bie IBeftimmungen
beö öier Sa^rc früher — im Saläre 1548 — ertaffcnen beutf^en
9}eic^6ge[e^e^ mit ben erforberß^en ^2obiftcationen nad^ Oefter«
reic^ gu übertragen unb indbefonbere ben @tnf(ug ber Oberoor»
munbfc^aft auf bie gü^rung ber SSormunbfdiaft ju präcifiren unb
ju fteigern — unb eben be^megen barf man fid^ nic^t munbern,
in biefem ©efe^e meit meniger ^eftimmungen über ha^ materielle
Stecht atö dielme^r einer JHegetung ber jurisdictio voluntaria in
Segie^ung auf bad S3ormunb]'cf)aft^mefen gu begegnen.
Uebrigenö mirb ber 9){ange( an ÜDetailbeftimmungen über
unferc grage, welche mir in bcm Ocfefee bce Sa^re« 1552 tnU
betfen, reic^üc^ aufgemogen burc^ bie iD^enge einfc^Iägiger Stellen,
meiere bie Sanbedorbnung oom 3a]^re 1573 enthielt, melc^e^
Slec^tdbuc^ fi^ in 3(n)e^ung bed ÜBormunbfc^aft^rec^ted audbrücKic^
auf bad be,:^ogene Oefetj bc« 3af)re« 1552 berufen ^atte.
£)ie äanbedorbnung lägt nun aber in ber S^^at feinen
3tt)eife{ auffommen, ba§ ba« öftcrreic^ifc^e Stecht nur einen Xer*
min befc^ränfter ^anblungdfäl)igteit fannte, unb mir ^offen auf bie
5Rac^ft(i^t unfcrer ^efer, menn mir, um ber 5Reul^eit be« ®egcnftanbe«
ffiitten, mit ber Slnfü^rung ber öelegfteücn nic^t fparfam umgeben.
i)a^ gerichtliche ©eftönbnig eined äJdnb er jährigen mar
nac^ ber l^anbedorbnung ebenfo ungihig mie ba« eined Unmün<>
bigen (Unüogtbaren) ^); ^upitlcn unb SKinberjÄl^rige burf»
3) g^icberöficrv. SQubtfiovbuung, I. S5uc^, XXX. STitcI: „^on flc-
rit^tltc^en Oefanbtnuffe u"; gol. 75. ,,gür9 !S)ntt muffen bie
®ertc^tlic^en i6e(anbtuuffen oon ^ogtbaren $ei'fo^nen befc^e^en,
ma« aber ein minberjä^riger befielet, bQ9 tfl nichtig.''
ir^
— 209 —
ten nac^ btefem Stec^tdbuc^e o^ne iDeitete Unter fc^eibung dou
il^ren ©ütern nicf)td oertaufen^), fein ®elb Qud(eti)en ^) , nod)
folc^e^ eutlel^nen ^), nic^t^ t)er))fönben ober belaften ^) unb feine
Sürgfc^aft unb ^ibetiuffion eingeben ^); Rapiden unb 2)hnber^
ja^rige burftcn i^r S5ermögen nic^t cebircn unb übergeben®),
feine SSertrage unb SBerglei^e ab|c^lic§en ^ö), nic^t« oerfd^cnfen^^),
i^re ©c^utben nic^t be^al^ten ^''^), feine @rbfd^aft aniS) mit ber
9^ec^t«n)o{)It^at bed Snoentariumd antreten ^^) unb eine i^nen
aufgetragene !£eftamentdqcecution nic^t übernehmen ^*),
*)&tnha, II. ^udi, I. ^itef: ,,$on ^auffeu unb ^ev*
tauf feil", gol. 103v. „^a^ ein $upil unb minberiä^viger o^ne DortDifTen
feiner <9er^abfu ober (Suratoren dou feinen ©üttem uertaufft, tau fanu für
einen gültigen tauff nit befielen."
^) (Sbenba, IL »uc^, VIII. XxUi: „^on ®e(btfc^u(benunb
$aren Sürlefte n'^ goL 133v. „!S)ie unoogtbaren unb minbeviä^rigen
fohlen otine oomiffen unb SeroiQtgung 3^cer fürflefe^teu (dev^aben ober
(Snratoren utc^td auglet^en, fonßen mögen bemeüe ^er^aben unb (Kuratoren
fol^cd gelt, unb ba ed nit me^r oor^auben, beffelben giet(!^mefftgc erftattung
wiber etuforbem."
8) ebenbo, n. öuc^, VIII. 2:ttel, gol. 134v. „öin uuDogtbarer
foU obn oonDtffen unb Begeben feiner ©erl^aben unb (Kuratoren ni(^td ent--
iebnen; ba 3§nie aber auffer berfelben mitten gelbt ober gelbtdroert^ ge»
liefen ronrbt, fott ber glaubmger feiner ^öe^a^Iung roiber ^ab^afft roerben,
Si* bringe benn einen glaubroürbig fc^ein für, bag ber unboqtbare \oiä)t9 geft
nit bögltd^ anroorben, fonbern ^n feiuer nottburfft unb rooQfart oerje^rt''.
") ebenbo, U. ©uc^ . XIV. Stitel : „^ o n p f a n b e u , ^ ^ ^) o*
treten, (Sö^eu unb berfelben Stigeuf(^aff t", got 146. „S)ie
^upilLtn unb SOfinberiä^rigen foOien 3§v $aab unb guet o^ne i^rer fürgefe^teu
$flf ger'Sätter roiffen unb luiQen nit oerfe($en." <^ie^e au(!^ ^c^roar^en*
1 1^ a Her „Tractatus de pignoribus et hypothecis", (Jap. VII, 2, @. 38.
s) ebenba, U. ©n(^, XVn. Xitel: „öou mit If ü^r rid> en
«ürgfc^afften, fo außer Oeric^t bef(^e^en", RoI. 158. „Die
unoogtbaren unb mtnberiäj^rigen fotten fic^ o^ne oorroiffeii i^rer fürgefe^ten
® ergaben unb (Kuratoren in feine gibetiuffion einlaffen".
•) ebenba, IL »u(^, XIX. Stitcl: „5Jon ^aolutionen, 3J c -
^a^Inngenunb Sbric^tuug ber ©d^ulbe n'', gol. I65v. „!^ie
^u^iUeti unb minberiä^rigen fotleu o§n oorrotffen 3^rer fürgefe^teu ^fleg-
Sätter ut^td bega^In.''
10) (gbenba, U. ©uc^, XX. Jitet: ,3 o n S c f j i o n n unb U c b e r«
g oben", gol- 173.
1») ebenbo, U. «ucfi, XXVL Xitel : ,/4J o n X r o u d a c t i o u e n,
^Beitragen unboergleic^ung ftrittiger9{e^ti$fac^en unb
^änbl", gol. 185 unb 185v. „^ie llnuogtbaren uub niinbcriä^rifleu folleu
fiä^ obne oonDtffen unb 8et)fein 3^rer fürgefe^ten ^ortnünber, ©ergaben unb
(Kuratoren, teined Dertrag« mächtigen, fonflen foUe berfelb nit crafft ^aben."
.12) (gbenba, II. «uc^, XXIX. Sitet: „^^on 2)ouationeu unb
fiber^aben unber ben Sebenbe u", gol. 205v. „'^ie ""l^upidcn unb
minberiä^rigen foQen obne Dorrotffen i^rer fürgefe^ten $f(ef)>^ätter ntc^td
Derf<!^enlen; t>a ed aber befc^a^, follc bie 2)onatton nichtig unb crafftlog fein.
15) ebenba, IIL ©uc^, XXXIV. Xitel: „© o n a n n e ^ m u n g, ^J( n-
trettuug unb mäc^tigunq ber (Srbg nette r", gol. 243.
") (gbenba, m. ©ud^, LIV. Xitel : „^ o u ben © f c c u t i o n e n
— 210 —
%üt biefe ^anb(ungen unb 9le(^tdgef(^äfte mngten Dom
93ormunbe ober boc^ mit ®enel^migung bed SSormunbed, bUmeilen
auc^ bed üormunbf(^Qft(i(^en ©eric^ted Dorgenommett merben, fonft
maren fte frafttoif unb ungiftig, o^ne Unterfc^eibung, ob ed fid^
um impuberes im @inne bed römifc^en 9itdfM ^aubelte ober
nic^t, fadd bie $erfonen nur unoogtbar im ©inne bed öfter-
rei^ifc^en 9tec^ted, bad ^eigt nic^t 22, be}ie§ung9n)eife 20 3a^re
Dottfommen oU maren.
!Die nieberöfterrei(!^if(^e Sanbtdorbnung enthielt aber ni(^t
blod biefe angeführten ©teden }um Semeife ber etn^eittt^en
^Jlatur ber SllterdDormunbfc^aft, fonbern auc^ bie ffö^igfeit }ur
S^efii^Uegung — o^ne ßonfenö be« SBormunbe« — ; ba« Jte^t jur
jEeftament^erric^tuug unb i\xm rec^ti^beftänbigen gerit^tUc^en ^tvi%>
niffe foroo^I ald au(^ }um ®oIIennitatd.)eugniffe mürbe auf ben
3$ogtbarIeitdtermin, menn au(^ t^eilmeife auf einen befonberen
früheren Sogtbarfeitdtermin, belogen.
T)a bad römiff^e 9ied)t an bie txxtid)te pubertas bad 9{e(|t
ber @^efd)liegung, ber 2:eftament«erri(^tung unb ber ßibedleiftung
gefnüpft ()atte, fo ift ee eben flar, ba6 bad öfterreic^ifc^e 9te4t
in feiner ^eife ben il^m boc^ fo genau betannten römif(^en SDt&n«
bigfeitötermin annehmen, fonbern be^arr(i(!^ auf ber ein^eit(id|en
•iWotur ber älter^öormunbfd^aft beftc^en moüte.
lieber bie @^efc^(iegung ^aben mir fcl^on im früheren 3(6«
fdinitte bie erforberUd^en 92a(^meife beigebracht; rücfftc^tlif^ ber
2ieftirungdfä^igfeit ^aben mir ebenfaUd fc^on im Slbfc^nitte, mel«
(f)er Don ben SItterdterminen ^anbelte, ^erDorgel^oben, bag ba«
öfterreic^ifc^e dtecl^t nur ben S3ogtbaren bad Stecht jur S^eftamentd«
erric^tung jugeftanben unb lebiglic^ in favorem ultimarum vo-
luntatum ben Slu^meg gemät)It ^atte, bie 93ogtbarfeitdtermine
für biefen gaU (anfangt für ba« männli^e (Sefc^Iecftt oÄf 20,
unb für baö meiblic^e auf 18 3a^re unb fpäter allgemein auf
18 3al^re) feftjufefeen ^*), unb e« erübrigt un« bemnac^ nur qo(^
^erDorjul^eben, bag na(^ ber belogenen Sanbe^orbnung bie Un*
Dogtbaren ju 3^u9^i6P^ff0n^i^ "i^^ gebraucht merben foUten ^^),
unb bag ebenfalls nur Dogtbare ^erfonen ju Zieftamentdfieglern
genommen merben mo*(^ten, bag aber in bem (enteren ^^alle bie SSogt«
ober tiodjte^uitg etneö teflamentiid^en unb anberen
legten rotllend". gol. 267. „*S)it Unoogtbaren unb minberifi^ngen
tougen %u httittj auöric^tung aiid^ ntt."
i"") Xit mtmx ^rei^eiteu Dom 12. Wl&xi 1526, Codex anstr. II,
@. 489, fnü))ften bie ©iltigtett bei* Seflamentdernc^tung unt)ogtbaier $erfonen
awdi no(^ an bad 9$orn)tffen ber ®eri)Qben unb ber nä^ften greunbe. *S>it\H
$arttcularre(^t ber @tabt ^ten iß ober nac^ SBalt^er^d Bengntffe nti^t
^anbedrec^t geroorben; bad bejeugt Steutter ad Tab. VH, n. 10.
Iß) ißteberöperr. Sanbt«orbnung, I. ©uc^, XXIII. Xitel: „« o n I c-
benbtgenftunbtf(^afften unb3cuscnfagen", go(. 52.
— 211 —
barleit (toit bei ber Seftament^errit^tung) mit 93o((enbung bed
18. 3a^rc« angeben foüte^").
yiaä^ biefem berebten B^^sniff^ ^^^ t)er Sanbedorbnung
über bie @in^eit ber öfterrei(^if(^en S[(ter0termine im 16. unb
17. da^r^unberte bid jur ®er^abf^aftdorbnmig be^ 3a§re9 1669
erfc^eitit ed nabe^u DoUfommen überfläffig, noc^ auf anbere Seteg^
fteUen J^injutDeif en ; bennoc^ lönnen mir nic^t um^in^ ber 93ott«
ftanbigleit l^dber bad oon Saifer Siubotf 11. unter bem 3:itet „Se-
natus-CoDBultum Macedonianum" am 18. 3u(i 1589 erloffene
®efe^ — Ffburc^ melc^ed, o^ne nähere Unterfc^eibung; verboten
rourbe, ben in ber (SItern, ©ergaben ober Sefreunbten ^aä^i be«
finbtic^en $erfonen auger 93ormi[fen ber (SItern, ©ergaben ober Se«
freunbten etmad für« ober barguleil^en ober (Sontracte in bergleic^en
Tratten mit i^nen einjuge^en'' >^) — ^ier }u begießen unb auf tene t>on
Sttttinger mitget^eilten Sntfc^eibungen iurüdgutommen , roettfe'
Ir^tere bie bemugte Slbmeid^ung bed öfterreic^ifc^en oom römi^
fc^en 9{e(^te ganj beuttic^ nac^meifen.
^ie erfte @ntf(^eibung com 5. 3änner 1622 erHärte aUe
oon einem fieberen jiungen ®trein getroffenen unb aufgerichteten
(Sontracte, ^n>ei( berfetbe bi^^ero unter beren fürgefe^ten ®er«
^ben ©emalt unb jtutela gemeft, aU für ftc^ felbft gang un^
gültig, gängtif^ caffirt, aufgelebt unb annudieret"* ^^), obmofjt benn
bo(^ biefer minberjiö^rige ©trein bie annos papilläres bei 9lb^
fc^Iiegung be« Sontracte«^ mut^magüc^ überfc^ritten ^atte — unb
bie }meite @ntfc^eibung oom 23. Wläv\ 1652 fprac^ ed noc^
beutlic^er aud, ^bag ed oorgefe^enen Stet^tend fei, obfc^on eine
SRannd« ober S}eibd*$erfon annos papilläres überfc^ritten
aber noc^ in feiner minberiä^rigen 3^^^ unb actualiter ber
Zuratet untergeben fei, bag ein foI(4er ober eine fo(c(ie feinen einjigen
(iontract o^ne SSormiffen unb @inn)i(Iigung i{|rer ©ergaben nic^t
oorne^men unb fc^üegen tonnen, unb bog ani^, menn ouc^ fc^on
etmad Dorgenommen unb oon folc^er Nerton ge^anbclt mürbe,
hoä) folc^ed ipso jare Irafftlod unb ungültig, ald ob e^ nie ge«
fc^e^en mdre, fe^n unb bleiben muffe, mad oon ben (interbi-
cirten) Majorennibus, qai sine authoritate Curatoram con-
trahant gleichermaßen p Dcrfte^en fei." ^^).
9}ac^ fo berebten B^uG^^ff^n f^^ ^i^ Sin^eit ber ältterd^
unmünbigfeit im öfterreic^ifc^en ^ec^te, me(c^e mit ber ®eburt be«
gann unb bann gleic^mößig bid gur 33oIIenbung bed 20., be<
1^) 9}icberdflerr. Sanbt^orbnung, III. @u4, V. Xittl :„^onZt^amtnttn,
icngen, ©iglcrn ober fertigem be9 Seilten tviUend'', gol. 215.
IS) Codex austr. II, @. 297, unb @ u 1 1 i n g e r @. 767.
") ©utttnger, @. 510.
2ö) Cbenbo, @. 610,
14*
— 212 —
i^ie^ung^toeife 22. Sebendjia^red fortbauerte unb nac^ bem ablaufe
biefed 3^it^<^u^^^ enbete, o^ne noc^ einer minor aetas bx9 }utn
DoQenbeten 25. Sebendta^re ^(a^ p machen, f5nnte nur noc^ eine
©teüe and be^ berühmten ©t^lDar^ent^ater'd SBert über ben
öfterreicöifcben ^roceß auf bcn erften Süd geeignet fein, ein
äräigoerftänbuiB einpleiten, kDä^renb, genauer befe^en, eben biefe
SteUe eine mic^tige Sefiätigung ber oon und Dorgetragenen 9(n«
fc^auung gewährt.
©c^war^ent^aler erörterte in feinem 1594 gefc^riebenen
SBerfe bie t^ra^^e bed Sibed aü 93erpf(ic^tung9grunb bei Son--
tracten unb fprac^ fic^ folgenbermagen aud: „Juris namqae
civilis dispositione conjbractus minorum sine eorum cai'ato-
ribus invalide prorsus sunt, quare nee jurejurando jure
civili stabiliri queunt .... Jure vero canonum non usque
adeo iniqui et inanes hi actus judicantur, sed ita, ut eorum
defectus jurejurando firmari queant . ... Hujus denique
regionis (Austriae) more actus hi cuncti et similes
per se efficaces habentur, ut jurejurando confir-
mante opus non sit"^^).
^hn tonnte nun aQerbingd biefe @te((e fo auffaffen, ba§
bie Sontracte 3}2ünbiger, bad ^eigt me^r atd 14, bejie^ungdmeife
12 3a^re alter ^erfonen nac^ öfterreic^ifc^er 9ie(^tdgemo^n^eit
bed 16. 3a^r^unbertd einer 3uftimmung bed (^uratord nic^t
beburften, unb biefe äludlegung mürbe gerabe p bem ©egent^eite
beffen ^infübren, mad h^tr aud ben ja()(rei(^ en angeführten ^eleg^
fteüen abgeleitet ^aben.
fflei bem bebeiitenben 5Rufe, ben ©c^marßent^ater ftetd
genoffen ^at, ift e^ auc^ nid^t ^n benfen, bag ein fo angefe^ener
®ele^rter einen 3rrt^um in einem fo mic^tigen $un!te mit fo
groger (Sntfc^ieben^eit unb o^ne auc^ nur eine Sontrooerfe anju-
beuten, gelehrt l^ätte, unb fo mürbe man ficb ba^er in ber
Xtjat Dor einem fc^mer p (öfenber SBiberfprnc^e befinben.
!J)ie Söfung biefe« Söiberfpruc^ed ift aber einfach »enn
man oon ber gan^ berechtigten 33jrau «fegung audge^t, baB
«Sc^margentbater — metc^er ba« römifc^e ^ec^t na^e^u au«^
f(^tie3lic^ bcrücffic^tigte — bie öfterreic^ifc^e SSogtborfeit ber
römifc^en pubertas paraQelifirte; in biefem $aQe galten i^m
bann alle unoogtbaren ^erfonen bi« gum 20. unb 22. Sebenö*
ia^re a(« impuberes unb e« tonnte oon einer minor aetas über^
^aupt nur nac^ biefem 3^itraume bie dtthe fein; ba aber eben
nac^ ber erlangten äSogtbarteit fämmtlicbe (lontracte nac^ öfter»
21) @ (^ m a r ^ e n 1 6 a I e r : Tractatus judiciarü . Ordinis in tres
partes digestiis, über II. actus X. cap. :2 de jarlsjarandi divisione.
>S. 270 miD 273.
— 213 --
rei(|tf(^etn Steckte gütig gefc^toffett »erben fonnten, fo burfte
©(^mar^entj^oler boüfontmeti richtig fagen, bog bie minores
XXV annis (fofertie fie nic^t impuberes nai^ öfterreic^if^em
Steckte feien) 3U i^ren ©ontrocten ber ©enel^migung eine« ßurotor«
ni(^t bebitrften.
ÜDie SBo^rfc^einlic^feit, ja wir möchten fagen bie ©etoiß*^
^eit, biefer unferer au^Iegung »irb erl^eblit^ burt^ ben im 18.
da^r^unbertefc^reibenbenSSoffiud beftätigt, ber eben burc^ bie 9e^
jie^ung römift^er Sierminofogie auf öfterreii^ifc^eö {Rec^t bai^u ge*=
langte, bie ^crfonen bi« gum noüenbeten 20., be|ie]^ung«n)eife 18.
Mendia^re ald „impuberes'' itnb Don ba angefangen hi^ gu
betn Don SDcaria ^^erefia eingeführten SO^aiorennitatdtermine üon
24 3a^ren aW „minores" gu bejeir^nen^^),
9la(^ biefer lurgen äludeinanberfegung fönnen mir über
J)aöicnige, n>a« über biefen $unft no(^ gu fagen ift, weit fc^nelfcr
^inaudtomnten.
(Sd obliegt un^ nömtic^ nur no(^ ber boppelte Olac^meid,
bag nac^ bem öfterreic^ifc^en {Rechte bid gur ®ert)abfd)Qft^orb<
nung bie 6inn)iQtgung bed ^ormunbed in allen nic^t in^be«
fonbere ber ©enel^migung ber OberDormunbfdiaft oor«
behaltenen j^aUen genügte, um ben ältterdunmünbigen au(^
britten ^erfonen gegenüber gu obligiren, unb bag ed regetmögig
irreleoant mar, ob ber Hlterdunmünbige mit Genehmigung bcd
3Sormunbcd, ober ob ber SBormunb o^ne jebe perfönlidie 3nter^
oention bed äßünbeld für biefen banbelte.
85Ba« ben erften $unft betrifft, fo finb fomol^t in ber 9te^
form guter ^otigei Dom 3a^re 1552 mie auc^ in ber 8anbtö*
orbnung bed da^re^ 1573 bie ^aüt fpecieti aufgeführt, in benen
bie (Sinmilligung bed 93ormuubed aüein gur Sßerpflid^tung be«
@nronben nicbt genügte, fonbern ba(b bie (SintoiQigung ber Ober«
Dormunbfc^oft, balb ber nac^ften ^efreunbten bed SD^ünbel^ ge^
forbert ourbe; in aQen anberen nic^t aufgenommenen 'Siic^tungen
liatte aber ber S3ormunb freie ^anb, mad in ber Sanbtdorbnung
in^befonbere tl^eitd au^brüdlic^, t^ei(d ftillfc^meigenb baburc^ ^er<
oorge^oben mürbe, bog, im ©egenfa^e gu ben ber ®enel)m^a(tung
ber Oberoormunbfc^aft oorbel^altenen ^öUen, b(od ha^ SSormiffen
unb bie (Stnmilligung ber ©erlauben gur Db(igirung beö ^JDlünbct^
erforbert »urbe.
%n befonbere (SinmiQigung ber 93ormunbf(^aftdbe^örbe maren,
^) Soffiud, @. 22: „Uomines sunt impuberes masculi
Tisqne ad aonum aetatis 20, foeminae ad annnm 18 ; vel pubercs masculi
expleto anDO 20, foeminae expleto anno 18 ; minores 24 annis vel ma-
jores 24 annis."
— 204 —
^anblungen unb 9?ec^t9ge)c^äfte ber 93orntünber actio unb paffio
repräfentirt werbe*).
2. ^ufftenift auf bas btntf^t S^e^t.
Sin DoQfontmen oerfc^iebened ®i(b getDö^rt ber 9}ü(fbUcf
in'd beutfc^e Stecht; nac^ ben ©runbfö^en bed ötteren 9?e(^te«
fonttte ein Untnünbiger tDeber burc^ feine eigenen ^anblungen
unb Unterloffungen, noc^ burc^ bie ^anblungen unb Unterlaffungen
älnberer^ auc^ ni^t burc^ bie feinet 93Qterd unb äSormunbed, in
ber Srt in ©traben gcbrod^t unb Derpflit^tet roerben, baß er ni(!^t
freie OetDoft gehabt f^&üe, aöe folc^e ^anblungen binnen Sol^r
unb S^ag nac^ erreichter ÜRünbigfeit gu roiberrufen unb alled
Unterlaffene nac^jju^olen, eine Siegel, welche nur auf Selicte ber
Unntünbigen feine ^nmenbung fanb.
9(U0 ^iefem (SrunbfQge folgte mit ßonfeqnenj, boß, menn
bad Sinb ben SBiberruf ntc^t ausübte unb infolange ed ben«
fe(ben nic^t ausübte, bie t)orcrn)ä^nten f)anb(ungen ald ooOfommen
giltig beftel)en blieben 0-
3lu«nol^n!en öon biefeni Orunbfage famen inbeffen ft^on
frül^cr me^rfac^ cor, unb ed galten inöbefonbcre 9Seräu§erungen,
n)e(^e ber 93ormunb geniad)t ^atte, um bringenbe 9?otl^ Don
feinem aWünbel ab,^ua)enben unb um ^interlaffene ©c^ulben ber
@ltern ober ©c^ulben be^ 3)2ünbeld felbft ^u begaffen, aU un«
n?tberruflid)2). gpäter ^örte inbeffen bie Unoeräufeerlic^feit bc«
!;02ünbelk)ermögend in bem oben gegebenen ®inne auf unb na«
mentlic^ befeftigte fic^ ber ®runbfafe, bag ber iDiiinbel mit Sin*
Billigung be6 93ormunbed fein ®ut auf eine ^intenbrein nid^i
me^r anfechtbare SBSeife oeräußern fönne ^).
9^acl)bem bad römifc^e Stecht bie gemeinrechtliche ©runblage
be« SSormunbfcbaftßredjteö geteorben ttjar, mußten fic^ bie ®runb*
föfee beß beutfc^en 9?et^te« oielfaclje SDiobificationen gefaUcn
laffen. 3nbfffen bemirften bennoc^ aud) umgefc^rt bie ^rincipicn
bed beutfd^en 9te(^ted mannigfa^e 3lenberungen ht^ römifc^en,
unb namentlich mar ed bie (Sntniicfelung ber beutfc^en Oberoor«
munbfc^aft im ©egenfa^e gur römifc^en, meiere eine ^auptqueQe
me^rfad^er 9lbönberungen bed recipirten 9}ecl)ted gemorben iDar,
meiere namentlich eine toeit ftrengere Seauffit^tignng bc6 35or*
munbed bei ber SSermögendoermaltung gur r^olge l^atte unb ben^
felben anmie«, in 93ormunbfcl^aft«fac^en nic^tö Söic^tigeö o^ne
anfrage bei ber Oberoormunbf^aft norjuite^men, o^ne baß jeboc^
*) 9hl bor ff, II. ©b., ©.207— 349, rocld^em obige 2)arpeflmig cm iiom«
men ift.
1) Ä r Q u t U, @. 4 u. ff .
2) (Sbenba, @. 19 u. ff.
3) (Sbfnbo, @, 24 u. ff.
• »»
wr^
— 205 —
ba9 gemeine 9ied)t fo totit gegangen märe^ bem SSormunbe bie
$auptt)erantu>ortHc^feit abgune^men ober i^n jum b(o§en S)tener
unb 93oQgie^er ber Sefe^Ie ber oberDormunbfc^aftlit^en ^e^örbe
ju madjen^).
!£)er mic^tigfte Unterfc^ieb bed im SefentUt^en auf ben
'^Jrincipten bed römifc^en ^tijM aufgebauten neuen beutfc^en
dtec^te^ Don feinen alten Quellen bi(bere aber iebenfalld bie Don
un^ fc^on oben ^erDorge^obene 3u)^^^^<M^^^tSung ber beiben
äCrten römifc^er ^ormunbfc^aft, ber tatela impaberum unb ber
cura minorum, in bie eine unb mefentlicj^ ein^eitdc^e SlUerd^
Dormunbfc^aft, meiere o^ne Unterbrechung oon ber ®eburt bed
^nbed bid gu ben erweiterten 93ogtbarfeitd^ {a felbft bid gu ben
aud bem römifc^en SRec^te recipirten SSoUjä^rigteit^terminen fort*
bauerte.
jfraut begrünbet feine ^e^auptung, bag in ^egie^ung auf
ättte^^ maö bie äSormunbfc^aft betrifft, bie puberes oor erreichter
Sottia^rigfeit in !Deutf(^(anb ebenfo ^anbtungdunfä^ig maren^ mit
bie impuberes na(^ römifc^em 9ied^te, gunäc^ft burc^ bie ^in*
weifung auf bie oftbegogenen 9{ei(^dpo[igeiorbnungen oon 1548
unb 1577^ nac^ benen Seber bid gu feiner major aetas einen
äJormunb ^aben ntugte; er ftü|t ferner feine Slrgumente auf ben
^iac^meid, ba§ fic^ fc^on im 3J}itte(a(ter nac^ beutfc^em Steckte bie
ÜJfönbigteittternüne »eit — na^c bie on bie ®renge ber römi«»
fc^en major aetas — auöbe^nten, o^ne an ber t)ergebra(^ten
)8ebeutung ber SRünbigfeit in irgenb melc^er ^e^ie^ung etroad gu
änbern; er betont ferner auc^ nocb, baß gur 3^it/ ate bie 9teid)«*
potigeiorbnungen ertaffen n)urben, bie 3uriften bad römif^e
Stecht in ber 2lrt auffegten, bafe ein pubes minor XXV annis,
ber einen beftänbigen (Surator ^abe, fic^ o^ne beffen @tntt)i(Iigung
ebenf omenig gittig obtigiren tonne, ald ein impubes; er meift
enblic^ oottfommen treffenb bar auf ^in, baß gmifc^en ber aucto-
ritas tutoris unb bem consensus curatoris praftifc^ in iDeutfc^:"
(anb nic^t unterfc^ieben merben tonnte, mei( jia tbtn bad beutfc^e
Stecht bem fpecieUen eigent^ümüc^en ©runbfa^e bee römifc^en
Öle^ted, baß 9tiemanb burt^ feinen ©teüoertreter (direete) actio
unb paffio repräfentirt merben tonne, nic^t aufgenommen ^atte,
unb fcbtiegt baraud , bag ber beutfc^e ^ormunb mö^renb ber
gangen 3^^^ ^^^ 93ormunbfc^aft feinem ^J){ünbe( Sterte ermer«
ben unb 93erbinb(i(^teiten auferlegen tonnte.
3. 0eflerrei4if4e5 Siedet.
"Stai) ben gmei not^menbigen ^Mbiidtn auf bad römifc^e
unb beutfc^e SJcdfet bürfte bie I)arftettung ber öfterrei(^if(i^en
*) Ärout II, @. 94 u. ff.
— 216 —
no^me ))on btefem ad^^emetnen ©runbfo^e gemacht unb ieberjett
bie StnttiKigung bed 3Rünbetd in bie ©rbantretung geforbert
lourbe ^^).
b) 9{e(!^tdetttmt(Ie(ung nac^ ber Oer^abfc^aft^orbnung bom
18. gcbruar 1669.
Unfere älufgabe roirb roefentlic^ leichter, menn mir und ber
®er^Qbfcl^aft«orbnun9 Dom 18. gcbruar 1669 ju»enben.
Säl^renb koir ed in ber eben früher be^anbelten ^ertobe mit
bem nic^t gefd^riebenen dtec^te gumeift gu t^un Rotten unb aud
üieten jerftreuten ©teüen erft bie ®runbfafte ableiten mußten, be*
fißen wir für ben 3^^^^^""^/ ^^" tt)ir un« jefet gu betrachten
anfc^iden, ein Aar burc^bac^ted, gut aufgearbeitete^ ®efe^, me^
c^ed fi^ nic^t me^r bamtt begnügte, b(o<^ bie äußere Orbnung
bed ^ormunbfc^aftdmefend feftjufe^en, fonbern melc^ed ficb bie
Slufgabe [teilte, bie raatcrieü*rec^tHd|en ®runbfäfee unifaffenb öor^
zutragen unb eben babur^ ber Unfid^er^eit abgul^elfen, xotidfe bad
nic^tgefdjriebene $Recf)t im ©efolge ^atte.
ÜDad unterfc^eibet ia eben bie ©erl^abfc^aftdorbnung Dom
18. gebruar 1669 fo njcfentlit^ öon aüen anberen früt)er er*
fd^ieneneu ©efefecn, baß e« eine f^ftematifc^e unb umfaffenbe
9?egefung eine« 9iec^tdinftituted enthalten foUte , unb baß ed
biefer Sufgobe burd| eine forgfältig geroä^Ue iEejtirung fo fe^r
entfprac^.
3Benn tt)ir bie „9?eform gnter ^olijei für bie fünff 9Jieber«
öfterreit^ifc^en 8anbe" Dom Saläre 1552, wenn tt)ir bie auf biefe« (Scfeft
bafirtenX^eileber ^Sanbtdorbnung bedSrg^ergogt^umdlDefterreic^ ob
ber ßnn«" öom äa^rc 1609 *) unb ber „8anbt!)anb«Defte beö Srft*
iKrgogt^um« ^(järnbten" üom 3a^re 1610 betrachten unb mit
biefen brei ©efe^en bie ein ganzes, begie^ungdmeife ein l^atbed Saffx*
^unbert fpater erfc^ienene ®er^abfc{)aft0orbnung Don 1669 x)tu
gleichen, fo geu)at)ren mir eben in bem oon und j[e|t bel^anbeheh
ä(bfc|nitte ben gang außerorbentUc^en ^ortfc^ritt ber öfterretc^ifc^en
(Sefr^gebung in bem (enteren (Srgeugniffe, unb mir merben bem
3eugniffe 9^eutter'd Dodfommen glanben, baß }ur 3^'^ ^^^ ^i^
®er^ab)c^aftdorbnung pubHctrt mürbe, Der ®ebante, eine doQ<
fommen aufgearbeitete Sanbedorbnung mit ®efegedfraft aud}u«
*^) 9heberönerv. Jaiibtoorbming, III. «u(^, XXXIV. SCitel: .«on on-
ne^mung, anttettung, unb mäc^tigung ber (Srbgüetter", gol. 248. ,,SSann eine
(Srbfc^afft otuem ßinbt, fo nodi uiiDogtbai* unb iu bed Gatter« gemattfamb
^ufle^etr foQf ber Gatter mit bed^tubd ooriotffen bie Hntretung t^un.
!S)a aber bie Götter nit im Mtn, foüen fic^ bie ®erf)abeii (bod^ mit be«
unoogtbaren ntllen) ber (Srbfd^afft med^tigen, unb ba tein Oert^ab oor^anben,
flel^et folc^e« ben negfien 93efreuHbten ju."
1) Sanbuorbnung für Oeflemi^ ob ber anna, III. Qud», 43. £ite(.
— 217
ruften, ft^on Dorbereitct roor^j, [a mir werben e« foflar nicfit
unma^rfc^eintid) finben fönnen , bag bie ©er^abfc^aftdorbnuno
eben icner 3;^eit be« ®efefee« flcroefen ift, welcher juerfi flar auö»
gearbeitet mar unb ba^er, o^ne erft auf bie $ublicatton bed ganjen
SEBerfed gu »arten, ote ®efe^ funbgemat^t werben !onnle.
S)ic ©erl^abfc^aft^orbnung wibmete einen eigenen 2!itel bcr
iJe^re ^Don ben ^anbtungen ber Pupillen, o^ne 95ern)iU
Ugung ber ® erljaben unb ber Dbrigteit"^^) unb fteüte guerft
©runbfö^e in biefer ^JD2aterte auf.
3$or Mem war nunmehr Kar au^gefproc^en worben, „bas
VDit btB^ero in biefem @r^i)ergogt^umb gwifc^en ben Unmünbtgen
unb äJtinberja^rigen, wie and) benen !£utoren unb Kuratoren bieg^
faUd fein Unterfc^ieb gehalten woröea fei, ed alfo auc^ ^infüro
barbe^ Derbleiben unb bie ©er^ab« unb ^ormunbfi^afft auf ein
unb anber« big gur @rreid(|ung ber SSogtbaren 3a{)re, auc^ burc^«
ge^enbd fowo^t auff bie 'l^erfo^n ai9 hit ©netter, Derftauben wer«
ben foüe"*).
SDie öogtbaren 3a^re würben an einer anberen ©teüe
biefe^' ©efe^e« für bad männliche ©efc^lei^t auf bad DoQenbete
22-, unb für ba« weiblicfie auf ba« ooUenbete 20. Seben^ja^r
geftedt^), unb nunmehr fonnte bei un^ auc^ nic^t ber geringfte
3tt>eife( obwalten , bag Unntünbigfeit , 102inberiä^rigfeit unb
Unüogtbarfeit einerfeit«, SDJünbigfeit, 33oüjäl)ri9!eit unb SSogtbar*
feit anbererfeit« ©^nonime ber öfterreie^ifdjen SRec^tefprac^e feien,
unb bag ed befonberer Sln^altdpunfte bebürfe, um felbft au« bem
(Sehxani^t ber (ateinifc^en 9ä>orte pupillus, minor, major aetas,
tutor, curator, auctoritas, consensus etc. auf bie gemeinrecöt»
lic^e Sebeutung biefer Sluöbrürfe gu fc^iliegen.
(Sben fo f(ar wie bie ^auer ber befc^ränften ^anb(ungd«
fö^igfeit war in ber ©er^abfAaft^orbnung ber Umfang biefer
JBefc^rönfung audgefpro(4en worben.
9(te ©efe^ galt nunmehr für alle Unoogtbaren Don ber
Geburt bi« gum oollenbeten 22., begie^ungdweife 20. ^eben^ja^re,
„bag ein Pupille o^ne ^orwiffen unb Bewilligung
feiner ©ergaben nic^td oerfauffen, üerpfänben ober in
onbern weeg Deräugern, noc^ fonften einige ßontracte
eingeben fönne, unb ba§, wenn e« be}i)t\)t, eine folc^e
^anblung gan^ nid^tig unb unträfftig fei, uubber«
lenige, fo mit benen ^upiUen bergeftalt ge^anbelt, ba«
2) aieuttfr, 0. a. £)•, @. 1.
^ ®er^abf(^aftdorbuiing, XIV. 2:ite(.
*; (Sbenbo, I. XittU § 2.
5) (Sbtnha, XVI. Xitel, §. 2.
— 218 —
etiDan baburc^ empfangene ®ut i^nen unb i^ren ®er«
^aben fammbt ader auf fgel^obenen 92u|ung, 3ntereffe,
Unloften unb ©c^aben jurücfsugeben fc^ulbig fci"^).
(Sbenfo mie bad römifdie Stecht in Slnfe^ung ber impuberes
gefagt ^atte: ^Pupillus nee velle nee nolle in ea aetate niai
adposita tutoris auetoritate creditur; nam quod animi judi-
cio fit, in eo tutoris auetoritas necessaria est'^^); ebenfo wie
ed an einer anbeten @teQe gefpro^en ^atte: ^Impuberes sine
tutore agentes nihil posse scire intelliguntur" *j , ebenfo XDOÜte
bie ©er^abf^aftdorbnung ben äRünbet bid jum Doüenbeten 22.,
begiel^unQ^kDeife 20. Sebendja^re in feiner ^anb(ung9fät)igteit be«
fc^ranfen unb i^nt ha^ 9?e(^t oerfagen, fic^ o^ne Sintoidigung
bed SSormunbd gütig verpflichten ,)u fönnen.
SBie biefe 9?eget ber ©er^abfc^aft^orbnung bem römifc^en
9?e(^te fic^tlic^ entftaramte, fo auc^ bie ;^mei ßoroöarien berfelben,
meiere in bem genannten ©efe^e audbrüdüc^ 3lufna^me gefunben
t)atten; bie erfte Seftimmung fditog fic^ an bie Se^re be^ römi«
fc^en 9{e(^te^ an, ba§ impuberes oQe bereic^ernben ^anb(ungen
o^ne 3u}^^^u>^0 ^^^ 2^utor^ gi(tig Dorne^men fönnen unb (autete
bal^in, ^bai mad einem $upit(en fret) unb o^ne merflic^e ÄBe«
fc(|»erni6 gefc^enft werbe, er o^ne be^ ©ergaben ©ewittigung
mol^I unb Irefftig annehmen unb empfangen möge, nur bag ioU
i^e9 aldbann, wenn ed etwad (Srgäbiged auftrage, ber ®er^ab^
f^afft untergeben fe^n fottc" ^); unb bie jweite ©eftimmung aner«
tannte bie 9^eftitution^pfIic^t be^ SDtünbel^, wenn unb infoweit
er fic^ fonft burdi einen an unb für fic^ unfräftigen ©ertrag bcnn
bo(^ gum ?lacbtt|eile eine« ÜDrittcn bereicbern mürbe.
3n ber (enteren 9ti(^tung l^atte nftmlic^ bie ©erl^abfc^aftd«
orbnung bie Seftimmung aufgenommen, „hai, wenn ber ^upiUe
burc^ fotdjen @ontract einen $auf^ ober ^fanbfd^iliing ober au(^
fonften ®elb ober ®e(b«wert^ empfangen unb bai^fetbe unnü^Uc^
oert^an, oerfpielt, uer(o^ren ober fonftwie übr( angcwenbet ^äte,
Weber er no^ feine ®ert|aben ba« empfangene ®db ober ®elb«<
wert^ wieber ju be}a(|Ien ober ^erau^gugeben fc^ulbig feien, ba§
aber, wenn ®e(b ober ®e(be«wertl) bem "ißttpiUen $u ?lu^ ge^
fommen (wenn eine Bereicherung be« ^]JupilIen Dortiegen würbe),
ber ^upiüe unb beffen ©ergaben, foüiet at« bem Rapiden tu
^'iufecn angewenbet worben, wieber erftatten unb beja^Ien follen • ^®).
@o Diel Don ber ^anblungdunfä^igfeit ber ^upiUen felbft, wie
ed nac^ ber ®erf|abf(^aft«orbnung Dom 18. ^ebr. 1669 Siechten« war.
^) ®er4aB|(^Qft«0Tbnung, XIV. Xittt, §. 1
7) L. 189, Dig. de R. J.
^) L. 10 Dig. de juris et facti ignorantia.
») (^er^a^fc^aftdorbnung, XIV. £itet, §. 4.
««) (gbcnbo §. 2.
— 219 —
®e^en mir nun junöc^ft auf bie anbere i^rage über, ob ber
3$ormunb ben $upi(ten birecte repräfentiren tonnte, ober ob ber
^uptUe iebe^mal felbft ^anbelu ntugte, fo bag ber ®er^ab nur
bie ^anblungen bed ^upiUen ju genel)migen gehabt f^ätu, fo
werben roit fd^on nac^ ^emientgen, toa^ im legten Slbfc^nitte Dor^^
getragen »urbe, über bie öeantoortung ber grage nit^t me^r
im Untlaren fein föimen.
©te Se^re bed römifdjen {Rechte«, ba§ eine 9tepräfentation
burc^ ©teüdertreter unjuldffig fei, meiere ja fcfjon in Änfe^ung
bed 93orntunbed im 3uftinianifc^en Siedete rae^rfat^e (Sinfc^rän«
hingen erfahren ^atte, toar, tvie roir bereit« gefe^en l}aben, in
3)etttfc^tanb unb Defterreic^ nad) bem Einbringen bed römifc^en
^^d^M nic^t recipirt morben; im ®egentt)ei(e galt in 3^eutfc^«
(anb unb in Defterreid) bie 9^ege(, bag ber 93ormunb burc^ feine
5)anblungen birecte bem Pupillen Siechte erwerben, birecte i^ra
^erbinblicbfeiten auferlegen lönne, ald allgemein anertannt.
3ln biefer 9}egel ^at auc^ bie ®er^abf(^aft^orbnung be^
3a^red 1669 nickte geaubert; ia, menn mir noti^ in ber Sanbtd«
orbnung bed 3a^red 1573 ma^rne^men fonnten, bag bei ber @rb«
f(^aft0antretung eine f)anb(ung bed Pupillen a(d not^menbig
oorau^gefe^t tt)urbe, fo fe^en mir umgefet)rt, bog in ber ©er^ab«
fc^aftdorbnung felbft biefe ^efc^röntung meggefaQen mar unb ber
®er^ab felbft bie Srbfc^aft ontreten fonnte^*); fo fe^en mir fer*
ner aud einer t)on ©uttinger und überlieferten dntfc^eibung,
ba§ ber ©er^ab felbft bann ben ^upiKen vertreten foQte, menn
biefrm bie @;ecution eined Sieftamented aufgetragen morben mar,
obmo^( bie @^ecution bed !?eftamented Dielfac^ eben auf ein per^
fönlic^eö ^anbeln be« (gfecutorö gefteltt erfe^eint ^^).
(Sd mar bemnac^ ani) nac^ bem Siedete ber ©er^abfdiaftd^
orbnung rec^tlic^ irreleoant, ob ber $upi(Ie unter ©ene^m^altung
be« ©ergaben faufte unb öerfaufte, taufc^te, in öeftanb gab,
fein aSermögen oerpfänbete unb fflürgfc^aft leiftete, eine Srbfd^aft
bebingt ober unbebingt antrat, ober ob ber ^ormunb biefe Jpanb«
(ungen o^ne B^S^^^ung ober fogar obne a3ormiffen bed !lRanbeId
Doma^m; in einem mie in bem anberen t^ade richtete fic^ bie
Sntfc^eibung, ob bem SDtünbel burd| biefe f)anblungen ditibtt er«
morben unb 93erbiubli(^feiten auferlegt mürben, nacb benfetben
^rincipien.
") ®er]iabf<^Qft«orbntt«9, VIII. £itef, §. 6, unb X. Xitel, §. 2.
^2) ©uttinger unter bem ©c^Iagmorte ^Testamenti Executor",
6. 816, bringt eine (Sntft^eibung oom 26. ^It 1601: „^ann einem $u*
ptCln bte Executio Testamenti aufgetrogen roirb, müfTeu beffen (9er§aben
bie <S;:ecution über fi(^ nehmen."
^ 220 —
Sic^tiget; aber aud^ noc^ naä^ ber @er^abfd|Qftdorbnung
Ic^tDieriger ift bte tveitere ^^rage, ob unb iniotetoeit bie ^anbtung
bed SSormunbed auc^ t)inreid)te, um ben SRünbet gu üerpfltcftten,
ober ob unb inmietvcit eine folt^e $anb(ung bcö 93ormunbed p
i^rer ®t(tigfeit auc^ noc^ ber ®ene^m^a(tung ber SSormunbfc^aft«'
be^örbe beburfte.
Dbmo^I nun bie ®er^abf(^aftdorbnung fic^tlic^ qu(^ bie
burc^ bie SReic^^gefefee ber 3aöre 1548 unb 1577 begrünbete
groge älu^be^nung ber ^efugniffe ber Oberoormunbfdiaft nodf
n)eiter ju entn)i(feln beniü()t roax, fo nehmen mir bennoc^ feinen
Hnftanb audgufprec^en, bog regelmäßig unb infomeit nic^t in^be»
fonbere für einjelne {RedjWgefc^äfte im ®efe|e eine ausnähme
gemacht »orben mar, ber SJormunb ben ^upitten mit dotier
fötrfung octio unb paffiü repröfentiren unb benfelben brüten
^erfonen gegenüber auc^ mirffam oerpflic^ten fonnte, o^ne bag
eine Genehmigung ber 93ormunbfcf)aft^bet)5rbe f)ie;\u not^menbtg
geroefen märe.
2Bir fd)(iegen bie<$ junäc^ft fc^on aud bem XIV. Ziiti be^
genannten« (Sefe^e^, lout beffen bie Ungiltigfeit ber Verträge ber
äWinberjä^rigen nur bonn eintreten foUte, roenn biefelben ol^ne
3$ormi[fen unb SinmtOigung ber ® ergaben gefdjloffen mürben,
o^ne baß nur im @ntfernteften baoon bie 9?ebe möre, bag bie
$anb(ungen ber ©ergaben felbft mieber einer Dormunbfc^aftd»
be^örbUc^en Seftättgung beburft gärten; mir f (fliegen bie^ barau«,
bag in ^nfe^ung mehrerer febr mic^tiger {^anbfungen bie äJertre«
tung bed 9}}ünbe(^ burc^ ben ^ormunb allein audbrüdüc^ an«
erfannt morben mar; mir fc^Iiegen ed enbüc^ aud| baraud, bag
b(o9 an einzelnen ©teden biefe^ ®efefje^ unb niemals in ^otge
eine« an t^ie ©piße geftettten principe«, bie SSormünber angemiefen
maren, bie Sinmilligung ber ä$ormunb[(^aft0be()örbe etn}u^o(en.
(Sine foldje SSefc^ränfung ber ©ergaben in ber SJertretung
be« 9){änbeld fanb fic^ nad) ber ®er()abfc^aft0orbnung barin, bag
©ergaben ein ©runbftüd eine« ^J}{ünbe(« unb (öftlic^c ä)?obi(ien
unb t^abrniffe bedfetben, al«: ®o(b, ©über unb ^(einobien unb
bergteic^rn, o^ne ^emiQigung ber Dbrigfeit nid)t oeraugern
burften '3), bag fie bie ®üter ber *ißupißen nur mit biefer Se«
mtlligung in Seftanb geben foUten*^), bag 93ergtei(^e in an^an^
gigen SRec^tdftreiten ber obrigfeitüc^en Konfirmation oorgulegen
maren '^) 2C.
SDagegen beburfte aber ber 93ormunb feine« (Sonfenfe«, um
eine (Srbfi^aft, fei e« nun bebiugt ober unbebingt, anjutreten**);
»3) ®er^a6Wafr«orbnnn|), XI. HittU §§. 2—4.
^*) (Shtnha, §. 13.
»^) (Sbenbo, §. 2.
x'V Xen 8eroet« für btefe ^r^auptung fü^re it^ au« ber Sorfc^rift
■■^ ■
:/''■. n»j
— 221 —
er tonnte o^ne »eitere ©ene^migung aud beut 33ermögen bed
Pupillen ®üter für benfelben faufen^'^), SDtünbelgelb aud(ei^en
unb baburc^ fructificiren^^) , B^^^u^ß^^^ i" @mpfang nehmen,
Slec^tdftreite beginnen, beAte^ungdmetfe tt)iber ben iD^ünbel be»
gonnene SRet^t^ftreite fortführen ^^) jc.
Sebenit man nun, baß felbft bie S^eräugerung be« uube«
koegüc^en 9l}{ünbe(guted o^ne S3orn)iffen ber Obrigteit nic^t einmal
ipso jure nichtig xdclx, fonbern Don bem ^upiUen innerhalb fünf
Salären nac^Seenbtgung ber 93ormunbfc6aft angefochten roerDen mugte,
baB fomit bie t^rage, inmiemeit ber dritte aud bem mit bem 3.^or«
munbe allein gefc^ (offenen 9Ser trage 9}ec^te gegen ben Wlünhtl er*
langte, mnn and) bie (Genehmigung ber ^ormunbfc^aftdbe^örbe
noc^ nic^t hinzugetreten mar ^% feinedmegd einfach ba^in beant»
mortet merben tonnte, bag folc^e dtec^tdgefc^äfte fc^ted^t^in un^
giltig maren, fo. mirb man unferer Slnfc^auung, baß nac^ bem
9ie(^te ber ©erl^abfc^aftdorbnung bad ©d^mergemidit ber SSertre«
tung bed 0J2änbe(^ noc^ immer in ber ^erfon be« ä3ormunbd
unb teinedmegd fcf|on in ber Oberoormunbfc^aft gelegen gemefen
mar, mit DoUfter Ueberjeugung beitreten muffen.
Sßir tonnen ba^er bie JiBefprec^ung ber ©er^abfc^aftdorb^
nung mit bem refumirenben ®a^e f(^(ie§en, ba§ nad) ber^
felben bie Sefc^röntungen ber ^anbtungdfä^igteit
alter^unmünbiger ^erfonen bid gu ber 33ogtbarteit
faft au^na^mdlo^ biefelben maren; baged nac^ biefem
Steckte eined perfönHc^en ^anbelnö bed 3)lünbeU bei
9?e(^t<Jgefc^äften nic^t beburfte, baß ber Sormiinb
be« §. 6 im VIII. Xitel ber (9er([obf(^aftdovbnung, meiere beu ($er§aben bie
(frrtd^tung einer Snoentur über bie ^erlaffenfc^oft ber @(tern bed ä92finbel0
in jebem ^aüt giir ^4$flid)t machte unb baju bemerrte, bap, wenn ber
®er§ab bie ^rbft^aft cum bencficio legis et inventarü angetreten
batte, o^nebied bie gerit^tlic^e 3nDentur oorgefe^rt merben m>e; biefe
Mittle tt)iberfpri(^t ber im §. 2 bed X. £iieU oorfommenben ^Mt, hau bie Ver-
taten ,,etne benen $upilleu jufle^enbe eigene ober auberroärtige (Srbfc^aft i u
i^rer unb ber ^upillenme^rerenSic^er ^eitnurmitbem beneftcium
legis et inventarii antreten foflen", gang unb gar nic^t; oielme^r erbeut aud
eben btefer ©teile, bag au(^ feine oorbe^altolofe (Srbdeitlärung burc^ ben Sor«
munb o^ne iebtoebe (Genehmigung ber ^ormunbft^aftdbe^örbe bem Rapiden
gegenüber red^t«Derbinblt(^ mar unb ben $upi(Ien oerpflid^tete.
") @benba, XI. SCitel, §. 7; einge^enber werben mir lUer bicfen
$unft im nöc^flen (Sapitel, meiere« üon ber i^ermaltnng bed ä^ünbeloer'
mögend ^anbelt, fpret^en.
^^) (gbenba.
19) (Ebenba, XII. Xitet, §. l.
2(') CSbenba, XI. Stitel, §. 4. SBenn in biefem $aragrap^e gefagt mirb,
bag ein folij^er Verlauf o^ne gerichtliche (Genehmigung unträftig fei, fo ift
natürlich nic^t an eine ipso jure einjutrenbe Ungiltigteit p benteu, ba ia
hau ®e{e^ Den ^^^upiden aQein bad l6eftceitungered^t innerhalb fünf 3a§rc
nac^ erreichter ^ogtbarteit einräumt.
— 222 —
t^ regelmäßig adein in feiner SRad/t ffatte, ben $u^
piKen britten ^erfonen gegenüber actio unb paffio gu
repräfentiren, unb baß bie wenigen ^udna^men Don
biefem ©runbfa^e, totldtt iid) in bem ©efe^e fanben,
im @inne unb ®eifte heü @efe6e« nic^t generalifirt
werben burften.
OblDo^l in ben bebeutenben 9le(^UmerIen bon 9teutter^^),
ginfterroalber*-'^), jBJeingortler23) unb Sedmann^*), toeCcftc
fammt uub fonber«f iu bie erfte ^tit mif (Sriaffung ber ®er^ab«
fc^aftdorbnung faden, oielfac^e Berufungen auf biefe« ®eje^ oor^
2^) 9{eutter bemertt ad Tabolam II, 15, ®. 3, }n betn @a^e: „Im-
puberes saut in tatela, puberes vero in cora: i^Jus statatarium hujus Pro-
viuciae in hoc passu multum recedit a Jare Civiii, quia illud, quoad ad-
ministrationem bonoram, nullam admittit differentiam inter puberes et
impnberes nee connequenter inter Tutores et Curatores, ita ut tutor non
minus bonis quam personae osque ad h^jus majoren nitatem praeesse des
bet." Unb ad Tabulam II, 30, <S. 4: „In Austria .... enim non pubertate
sed demum majorennitate seil, in masculo anno 22 in foemina anno 20
completo finitur tutela comprehensa cura, quae uno verbo vocatur
Ofr^abfc^offt."
^) ginflertvalber ^anbelt in oHen oitr Suchern t>on ber 9er§ab*
{(^aft gar nt^t uiib au(^ au« bem anberroeltigen Sn^dte feiner ©c^nften
lägt fi(^ nidit« ©efonbere« für biefe groge tietoor^ebcn.
23) SBeingärtUr befd^äftigte fi^ fe^r oiel mit bem ®egenftanbe,
aUetn tote fe^r Seingörtler ft^ burc^ ba« römifc^e Sle^t )u falfd^en (£on«
fequenjen leiten lieg, beroeifl bie i^tette im 21. £ttei be« erften Ouc^ed
„de Authoritate Tutorum'^ in melc^er er aUen (Srnfle« behauptete, bag auäf
in Oefterrei(4 ber ÜJ^ünbel felbft ^anbeln muffe unb ber 9$ormuiiö nur
(authoritatem interponere) feine Genehmigung gu ert^eilen ^abe, unb bie
iiot^ ttiet greüfre ©teüe im 9. 2:itel De« jroeiten «uc^e«: „Per quas perso-
nas cuique acquiritur", @. 107 unb 108, in »eitler «Öeingärtler ebenfo
treu^erjig öerjit^ert: „Acquiritur nobis non solum per nosmet ipsos,
sed etiam per alios ut per liberos nostros sive servos: per personam
extraneam nihil acquiritur."
Unter folc^en Umftänben if) ed mo§( fe^r uat&rlic^, bog n^ir au4 oon
^eingärtlev'« Beugnig fonfl nid^t mel galten fönnen, ba er ber d^eceptiou
bed römifd^en 9le(^ted nic^t genac^fen mar unb bie ©S^e be« römift^en unb
öf^errei^ift^en Siedete« bunt b ur (^ ein a überwarf.
2^) am bcbeutenbficn ifi uuftreitig ©edmann iu unferer SIAatene,
lueldier babon unter bem ©c^logmorte „@erl|abf(^aft" (@. 176), „Majoren ni-
tas pupillorum'' (<B. 295), $u))iQen (@. 376), Senatus Consultum Mace-
rlonianum (®. 435), Tutela (@. 616), Venia aetatis {B, 626), Vidua (@. 536
m 637) unb SSittiben (<B. 560 unb 661) ^anbelt. 92omentli4 unter bem
@d)Iagn)orte „^upiüen" beflätigt S edmanu, bag !ein pupillus ober mi-
norennis (bor 22 ober 20) 3a]^cen einen (Sontract allein giftig abfc^Itegen
fonne, unb bag ber (Üontract mcdiante autoritate tutoris giltig fei.
99edEmann ^at ba^er ni^t ben leifeften !fln^a(t6pun(t gegeben, um
annehmen gu (önnen, ale fei nunmehr fd^on regelmägig bie SnteroentioD ber
Oberoormunbfdjaft bei 97e(^tegef(^äften be^ iD^unbeU nac^ ben ©emo^n^etten
be0 Sanbed not^menbig geworben, unb bei ber (S^enauigfeit unb Sudfü^rlic^«
feit Secfmann'd ifl birfer Umflanb ein gemi(^tige6 Seugnig ffir bie 9{i4-
tigteit biefer im S^e^te aufgeffi^rten Behauptungen.
— 223 —
lommen, ^aben ftc^ bennoc^ biefe Slutoren ex professo mit ber
Don und an biefer ©teile be^anbelten i^rage toenig befc^&ftigt, unb
namentlich lQ|t fü^ aud biefen SBerfen ntc^t entnehmen, ob bie
3(enbecung, nelc^e ft4 int 18. 3Q§r^unberte ^al^n gebrochen,
fc^on im 17. Sa^r^unberte begonnen ^atte.
& barf freiließ nic^t überfe^en koerben, bag bie 9(enberungen
ber Seftimmungen über bad felbftftänbige ißertretungered^t bed
SRünbeld gumeift nur au« ber oerönberten SSerwaltung be« $u«
pillart)erm5gen9 ertlart werben tonnen, meg^alb mir im nöc^ften
Sapitel auf ben l^ier angebeuteten ^unft ;(urü(ffommen muffen.
|)ier fei vorläufig nur toteberl^olt conftottrt, bag, ungeachtet ber
bereit« burc^ bie ®er^abfc^aft«orbnung erfolgten 9(u«be^nung ber
J93efugniffe ber OberDormunbfc^aft, ber äSormunb nac^ biefem
(äefe^e noc^ immer bie ^auptperfon geblieben h)ar unb rege(mögtg
bie DoOe SSertretung be« Sßünbel« in alten 93erm5gen«ange(egen«
Reiten ju führen l^atte, o^ne meiter, aW e« \ptc\tü rüdfic^ttid^
einifler fünfte beftimmt morben tt)ar, an eine Sinioilligung ber
Dberoormunbf^aft gebunben }u fein.
c) 9lad^ htm ^tä^tt be«18. 3al^r^unbevt0 bi0 )uin3ofe»
finifc^en (Sefe^buc^e.
SBSenn mir bidl^er ftel« bie meiften 93erönberungen, meiere
im öfterreic^ifc^en 93ormunbfc^aft«rec^te in ber oon und betrac^^
teten ^eriobe eintraten, auf ben fteigenbcn 6influ§ ber SSormunb*
fc^aftöbe^örbe jurücffü^ren burften, fo gilt biefe ©emerfung in
gang befonberer SQSeife in ber Se^re oon ber 93ertretung bed
3)2ünbeld burc^ ben SSormunb.
3m 18. 3a^r^unberte ging eben bad (Streben ber ©efefe-
gebung ba^in, ben ^Bormunb jum !Diener unb }um 33onftred!er
ber obrigteitlic^en ^efel^le }U machen, unb eine ^^olge biefed
®ruttbfafee« mar ed, bag nunmel^r regelmäßig eine felbftftänbige
^anblung bed Stutord nic^t me^r genügen foßte, um ben $u«
piüen obligiren ju fönnen, fonbern baß im (Segent^eile grunb«
fa^tic^ bie 9}ertretung bed ä)}ünbe(d burc^ ben SSormunb nur
nac^ eingel^olter (Genehmigung ber ä$ormunbfc^aftdbe^orbe er«
folgen fodte.
@0 ftimmte biefe 9lenberung ber bid ba()in giltigen $rin<
cipien im 18. Sa^r^unberte DoQtommen mit ben anberen iai)U
reichen Äenberungcn überein, meiere mir in ben mannigfa^ften
Jöeäie^ungen fc^on conftatiren lonnten. 35er Sinflufe ber Familie
oerblagte im 18. Sa^rl^unberte ; bie SDatio^Iurel trat mit ooUftem
Uebergemic^te über bie anberen Slrten ber jlutel Ijeroor; bie
gautiondleiftung bed 93ormunbd entfiel, ald überpfftg, in ben
meiften gälten; eine petitio necessaria mar nic^t mc^r praftifc^
in Uebung, unb ber (Sinflug ber S3ormunbfc^aft«be^örbe auf bie
— 224 —
$erfon he^ 3)?ünbe(9 toar fo fe^r getoac^fen, bag fc^IieBUc^ ieber
SBed^fel eined !£)ienft« ober Slufent^dtdorte« , jebe Deranberte
©tanbedma^l ber ©ene^migung ber SSormunbfc^aftöbe^örbe
unterworfen toerben foQte.
Den treibenben ®runb be« fteigenben Sinfluffe^ ber D6er^
Dormunbfc^aft auf bte SSertretung bed 3Künbe(d burc^ ben 93or*
munb n^erben mir freiließ erft im nac^fteu älbfc^nitte feitnen
(ernen, n^etd^er Don ber 23ermögendt)ern)a(tung ^anbelt; attein
fc^on f)ier mag in bürgern ^eroorge^oben loerben^ bog bie Ober«
Dormunbfc^aft um fo me^r beftrebt fein mußte, bie $anb(ungen
be^ 9$ormunbe^ an eine genaue 6ontro(e gu binben, je me^r fie
eö barauf abgcfe^en ^atte, ha^ üDiünbeluermögen — fofernc e«
nic^t in ©runbftücfen beftanb — ju öerfitbem unb ba« oerfU*
berte SSermögcn n3ä^renb ber Stauer ber 33ormunbfc^aft fetbft gu
benü^en unb bem ä)2ünbe( erft bei feiner ä3ogtbarfeit ^inaud^
jujafilen.
©ir werben im fofgenben 5lbf(^nitte fe^en, »ic nufeto« ber
Sampf ber ©er^abfc^aftdorbnung uom 18. t^ebruar 1669 gegen
bie @täbte unb ÜJMrfteunb bte Obrigfeitea ald Oberger^aben mar,
in h)etd)em benfelbeu bie @ntle^nung ber !LDlünbelge(ber mogltc^ft
verboten werben foüte; im 18. 3a^r^unberte mar biefe atö ÜJüS-
braud^ bezeichnete Ucbung eine allgemeine geworben; bie @tabt
SBien regetie gani förmlich bie (Seba^rung mit ben ©aif eng eibern,
we(d)e bei i^r fetbft angelegt würben, unb fd)lieg(ic^ griff auc^
ber Staat, we(ct)em e« barum p t^un war, ®elb in entlegnen,
auf ba($ SDlünbelgelb unb verfügte gang allgemein beffen Slntegung
at6 fandos publicos.
i)2unme{)r fonnte fic^ aud) bie noc^ in ber ®er^abfc§aftd«
orbnung aufrec^terf)altene relatio freie (Stellung bed 9$ormunbed
gum 0)2ünbe(gute nic^t länger unoeränbert behaupten; feine $anb^
lungen fonnten nic^t blöd me^r ber (^ontrote burc^ 9ie(^nungen
unb burc^ Silagen am Sc^Iuffe ber S3oimunbfc^aft unterworfen
bleiben , fonbern mußten im 33orl)inetn ber ®enet)migung ber
Oberoormunbfc^aft unterbreitet werben, unb eine gängtid)e @e*
bunbenl^eit bed äSormunbe«^ bei ber 93ertretung bed ^^ünbeld war
bie fc^ließlic^e uot^wenbige ßonfequenj ber öoraudgefanbten ^ra*
miffen.
SBenn wir aber Sludgang unb @nbpunft biefer Bewegung
furj angeigen fonnten, fo werben wir ben SBeg, ber oom Sin«
fange bid gum Snbe führte, nic^t mit berfelben Sc^nelligfeit
^urüdlegen fönnen; bid gum 3ofefinifd^en ©efe^bud^e war fa ein
Generale in biefer SKaterie nic^t erfc^icnen, unb wir werben ba^er
bie älenberungen bed früheren 9{ec^ted nur an ber ^anb oon
(Sefe^en barftellen fönnen, welche meift btod gelegen^eitlic^ auf
biefen ®egenftanb gu fprec^en fommen.
1 . .4 • •
--- 225 —
3Bie ba« ©tatutarred^t Ux ®tabt SEBien auf bad 9?ec|t
9iiebcröftcrrei(^ö fc^on oft öon bebeutenbcm Sinfluffc gemcfen
war, fo gefc^a^ ba^felbe anij im 18. Sa^r^unbrrte; bie ^<3tabt
ffiiener ^upiüen 9iait*ftammer*9leformaHon* öom 29. aprit
1715 begann guerft jene ätcnbetungen einjuleiten, toclt^e im üHa*
ni)9u(otion0patente Dom 3a^re 1785 unb im 3ofefinifd^en ®efe^«
buc^e Dom 3a^re 1786 doQtommen audgebitbet morben maren. Sfta^
biefcm Statute ^attc ber ©tabtrot^ ex officio nobili ju inquiriren, ob
ber Pupille in feinem ^flic^tt^eile nic^t oertc^t fei; ber @tabtrat|
^atte bie SBerfaffenfc^oftöab^anblungen ber ^upifien ju betreiben;
bie 9Sertoffenfc^aft«gegenftänbe, felbft ©runbftücfe, foKten, mo c«
für bie ^upiöen nüfelic^er mare, per licitationem, Rat^ Srmeffen
bed (Stabtrat^ed, ueräugert unb ha^ eingegangene ®etb t>on ber
•^Jupitten 9?ait*ßommer fruc^tbringenb angelegt werben ^).
5)ie 3nftruction über bie 8anbmarfc^aüif(^e SBaifenrec^nung
Dom 24. December 1725'-) unb bie Sanbmarfc^attifc^e ®er^ab«
ft^afteorbnung Dom 3. 2lprif 1727 3) enthielten ebenfaü« ©e^
ftimmungen, meiere eine er^ö^te Offidatt^atigfeit bed ®eric^ted
bejeugteu; inbem nunmelir bie ^upitlen gejwungen werben follten,
noc^ erreichter 3Sogtbarfeit eine aud) t>a9 (Seric^t entlaftenbe 95er ^
gic^tequittung au^gufteden, unb aud^ a\x9 biefen beiben ©efe^en
lagt fic^ ftar cntne{)men, baß ber aSormunb feine ©elbftftanbigfeit
in ber Verwaltung feine« 2lmtee gura größten I^eite oertoren ^atte.
2)en entfc^eibenben Schritt t^at aber freiließ erft ba« ®efe^
äRaria S^^erefienß über „SKinorcnnenfc^utben^Sinfc^ränfung'' Dom
26. gebruar 1751 *), wel^e« felbft ben f(^on pogtbaren ^erfonen
bie äbminiftration i^rc« SSermögcn« benommen unb bie ®iltig*
feit ber Don i^nen nac^ erlangter ä$ogtbar!eit unb Dor DoQenbetem
24. 8eben«ja^re gefc^loffenen 9?ec^tögefc^äftcn unter ßebenben an
ben Sonfen« ber ©eric^tdbe^örbe gebunben ^atte.
2ßaria S^erefia erflärte in biefem ©efeße, e« ^wor noc^
bei ben in ben Öanbeögefe^en auögemcffenen annis majorenni-
tatis bewenben laffen gu wollen, jeboc^ nur quo ad hos eflfectus,
bag eine maj[orenngeworbene ä)tann«« unb 9fieib«perfon au« bem
$erm*, 9titter> ober öürgerftanbe hti i^rer SSere^elic^ung pacta
dotalia aufrichten unb über tt|r Vermögen per actus ultimae
yolontatis giltig bidponiren lönne.
^2)agegen folle felbft bann, wenn eine ÜÄann«*
ober SBeib«*^erfon bie Dogtbarn Sa^re erreicht glitte,
biefetbe Don il^rem S3ermögen absque aathoritate
Praetoris unb alfo o^ne folt^c« Dörfer bei berge*
^) Codex austr., @uppl.*©b. I, @. 787.
2) (gbcnba, @uppl.*©b. n, @. 372.
3) (gbeiiba, @. 427.
*) ebenba, @uppl.*»b. m, @. 559.
— 226 —
porigen ®eric^tdfte(te angezeigt unb hierüber bie ge^
ri^tlic^e 93ermil(igung erhalten ;\u ^aben, meber etmad
5U Deraücniren, nac^fotc^ed gu oneriren ober ®c^u(ben
ju fontra^iren, nod^ einiget älctio^Sapital aufgufftn«'
ben unb a(fo iDeber einige contractus mutui noc^ (^u4
anbete @ontracte unb 93erf(^reibungen, noburc^ eine
^erfon i^re conditionem deteriorem machet, gu ce(e«
briren unb gu errichten befugt fein, bid fie nic^t ba<^
24. 3a^c doUIömmlic^ }urü(tgelegt ^aben, »ibrigen^^
faltd unb ba bem }uu)iber gei)Qnbe(t n^ürbe, a((e bar^
gegen unternommenen Actus unfraf tig nut( unbnit^tig
fein foUen.*
Sbenfo kourbe au(^ in bem genannten ®efe^e beftimmt bog
auc^ ber !t)ebitor, n)e((|er ein IG^aifencopitat (^ur 9tüctga^(ung)
auffünben tooüe, fic^ an bie 33ormunbf(^aftdbe^örbe toenben, ,,ba§
fot^ane $(uffünbung jiebeömat de casu in casum ber gehörigen
©erid^t^fteOe fomo^l oon bem 'iOebitor a(d qu^ oon bem @re-
bitor angegeiget unb fotc^ed aufgetünbigte @a))itat auf ein fiebere«
Ortmit SSormiff en Dorgebac^ter ®eri(^tdfteUe angeleget merben muffe" .
©leiben »ir einen äugenblicf aufmerffam bei biefem @e»
fege flehen, fo ift bie weitere rec^tdgefc^ic^tlic^e @ntn)i(fe(ung ber
93ormunbfd^aft in Oefterreic^ leicht gu überfe^en; oon nun an
fotite an ©tcQe ber auctoritas tutoris — mie man. bie ©eue^m«
Haltung bed ä3onnunbed auc^ nac^ öfterreic^ifc^em diec^te nannte
— bie auctoritas Praetoris in jebem einjetnen Sötte treten,
toenn ©efa^r Dorlag, bag bie dogtbare aber noc^ nic^t 24 3a^re
alte ^erfon i^re conditio nem deteriorem mad^en lönne; toä^-
renb bid }u biefem ®efege regetmögig bie ®ene^m^a(tung, ht*
jie^ung^meife bie ^anblung, be^ Slutord in atten trotten genügt
^atte, in tretc^en nic^t auöbrüdlic^ eine oormunbfc^aftdbe^örblic^e
Genehmigung audna^mdkoeife t)orgef(^rieben n)orben mar, fottte
nac^ biefem ©efege für bie Dogtbaren ^erfonen^ meiere no^ nic^t
24 3a^re alt maren — unb meiere folgerichtig feine SSormünber
Ratten — , bie Genehmigung ber 33ormunbfc^aftdbe^örbe, begie^ungd«
meife bed ^erfonalgeric^t^ftanbed, treten^ unb menn man bei ijogt^
baren ^erfonen f(^on eine fo große SJorfic^t anttenben ju fotten
erachtete, mar cö ganj begreiflich, baß man — nac^ einem ^ier
öottfommen gutreffenben ®cf)(uffe a majori ad minus — für un*
oogtbare ^erfonen in atten g(eid^en Ratten bie ®ene^m^a(tung
ber 93ormunbf(^aft9bel^örbe neben ober anftatt ber Genehmigung
beö S5ormunbee erforberte.
@ine 9ludna^me Don biefer neueingefü^rten ©eft^rönfung
ber $)anbfung«fäl)igfeit fottte nun freiließ für bie ^rofeffioniften
unb für bie "tlSerfonen oom |)anbel«ftanbe infoferne eintreten,
„ba§ bergteic^en !^euten bie Sontral^irung g(ei(^ nac^ errei(|ter
"swr- •
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93ogtbarteit, »enn fie ani^ bad 24. da^r i^re^ SKterd noc^ nidjt
erfüllt l^atten, jiDor nic^t Derfc^räntt fein foQe, ba^ ober bagegen
t)on einer ^erfon folc^er Sonbition bie ^anblung ober bad ®e^
toerb nic^t anberft a(d authoritate et consensu Praetoris, nam«
(ic^ bed 9)2agiftrQt(f ober i^rer refpectioen Snftanj angetreten
merben foQe, iDelt^e oor^er bie (Sigenfc^aften unb 3nctination
einer folc^en $erfon ido^( }U e^aminiren, fobann auf bie ®t^
ba^rnng mit bem SBermögen unb Xreibung ber ^anblung ober
i^rofeffton fleigig ju inoigiliren, unb ba e<^ fic^ augerte, bag ein
folc^er üßenfc^ mit feinem 93erm5gen nic^t richtig ju gebühren
anfange, ex officio folc^e ^rfe^rung }u machen l^aben mürbe,
öarait felber fein SScrraögen nic^t oeripttttcrc".
®(ei(^jeitig mürbe in biefcm Oefefee fc^on — mie bie^ auc^
in ber Sße^felorbnung öom 10. September 1717 s) oorgefe^en
mar unb in ber SBec^felorbnung oom 1. Dctober 1763®) neuer*
bing« eingefc^ärft mürbe — beftimmt, baS bie (oogtbare) ^erfon,
mel^e fic^ bolofe bem anberen Sontral^enten ald 24 3a^re alt
ausgebe, bemfelben il^re ©c^ulb ju be^al^Ien unb au§erbem eine
(Selbftrafe ad cassam pauperum ju Iciften fc^ulbig fei, eoentuett
am 8eibe geftraft mcrben foüc; bag im entgegen gefegten gälte,
menn ber ßrebitor bolofe unb »iffentticö mit einer nod| nic^t 24
3a^re alten ^erfon contro^irt f|ätte, berfetbe ben i^m oerfc^riebe*
nen Setrag nebft einer ©träfe oon 10 ^rocent ber Summe an
bie cassam pauperum oerlieren, unb ba§ ber gleiche 93erluft
ber gorberung, aber o^ne loeitere ©träfe, bann eintreten folle,
loenn jmor nicbt ein dolus, mo^t aber eine culpa creditoris unter«
laufen märe.
3>a« patent über „SIKinorennenfc^ulben*Sinf(^ränIung" mar
nur eine ^albe SKagregcl, mie mir bie« bereit« oben bei ber
^) $ßed)feU®ert(^t unb Dcbnung »om 10. ©eptembev 1717 (Codex
austr. , @uppl.-©b. I, SCrt. VII, @. 881-904): „^^Qd^bcm bie fottJo^I ge-
meinen Siebte a\9 9aubedfürflt(t(^en Orbnungen unb Statuten mit ftc^
biingen, bog benen Sf^inber-Säl^ngen ol^ne i^rer (Sltern, ^ormünber unb
(Suratoren Sonfend fein ®e(b bei ^erlup bedfelben gelernt tt)erben foUe ;
aI9 ^aben au(^ jebmebe Dbrtgfett unb 3nftansten ba^in ju fe^eu, bag ben
9)ünbet*3ä^rtgen teine $anblungen ober 38e(^fe( oerßattet merben ; nenu
aber gleich anberd ft(^ ein 972inber'3ö^nger 92egottant, meieret bae 22. 3a ^r
fetned ^Iter« no4 nid^t erfÜQet, feine eigen-öffentli^e $anb(ung ober ^ed)'
fei treiben, ftd^ barinn ju ettoa^ oerbinben unb mithin in ber i^at pro m a-
jorenni fid^ ausgeben t|öte, fo foUe er badfelbe gu galten aaerbingd f(^n(big
unb mit Bestitutio in integ^rum nic^t ju ^Ören fe^n".
6) 2)a« Söec^felpatcnt oom 1. October 1763 (Codex austr.,
<B\ippUe\i IV, @. 402^485, «rt. VIII), votliftü mit ber aöec^fclorbnung
Dom 10. ©e^tember 1717 na§e;iu ooUtommen übereintltmmt unb nur in
fjolge bed aT^ajorennitatdia^repatented oom 12. Wtai 17ö3 bad 24. an @telle
be« 22. ${ebenia^re9 fe^te.
15*
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Se^re Don ben SUter^terminen Kar entn)ide(t ^aben; bie meit^
gel^enbe 8ef(^rän!ung ber ^anb(ung9f5^tgfett bereit« oogtbarer
^erfonen toat eine um fo grögere 3nconfequen} , aH btefe
^rfonen in biefer 3^'^ }h)tfc^en bem Sogtbarteitdtcrmtne unb
bem DoHenbeten 24. Seben^ia^re (einen äJormunb Rotten unb
ba^er not^roenbigerroeife bie ^eDormunbung ber genannten $er«
fönen burc^ biefe 3^i^ ^^^ ^^^^ (Seri^tdfteUen allein beforgt totx*
ben mußte.
9(0 aber Saiferin SDhria S^erefia am 12. aßai 1753 bad
®e[e^ über bie SDtaj[orennität«ia^re«9eftimmung ^) er(ie§ unb nun*
me^r bie Unmünbigteit, Unoogtbarteit unb SD^inberj&^rtgfeit M
^um t)oQenbeten 24. Seben^fa^re bei beiben ®efc^(e(^tern bauern
foUte, ba mürben bie Seftimmungen bed früheren ©efe^e« t)om
26. t^ebruar 1751 Don 9teuem eingef^örft unb baburc^ aM*
brüdiic^ txUaxi, bag ber iBormunb nun nic^t me^r bie freie
Stetlung nac^ ber ®er^abfc^aftdorbnung l^abe, fonbern bag bie
(SKtigfeit fömmtdd^er onerofen (Sontracte, meiere im ißamen alterd^
unmünliiger ^erfonen gefc^Ioffen mürben, Don ber ®ene^mi|a(tung
ber 93ormunbf(^aft9be^örbe abhängig fei.
ÜDa« ®efe^ oom 12. aßai 1753 entlieft übrigen« auc^ no(^
smei meitere auf biefe fünfte bejügfid^e ©eftimmungen^ beren
mir eben an biefer ©teüe gebenfen muffen.
33or 9l(Iem mürbe ben SDtajorenngemorbenen bie älgnofci«
rung unb bie Sejafilung einer Don i^nen in ber 3)tinberj|ä^rigfeit
contra^irten ©c^ulb unter 3ebro(|ung ber @onfidcation be« ©^ulb^
betrage« cum sua causa verboten unb ber Srebitor mit einer
befonberen ©elbftrafc belegt, ber minbcrjä^rige Debitor aber je
nac^ Umftänben für eine ^eim(i(^e (^rebitbenü^ung am Seibe ober
am Vermögen geftraft.
gerner mürbe — mie bereit« oben ^eroorge^obcn marb —
ber ®rnnbfag, bag bie 93ere^e(t(^ung be« äßinorennen bie SSogt^
barfeit jur tfo(9^ ^c^be, aufgehoben, bagegen aber beftimmt, bag
bem minberjiö^rigen SKanne bei feiner S3ere^e{ic^ung, auf 9n«
fuc^en be« ^utori«, t)om ©eric^te an» ein gemögtgte« Quantum,
morüber er felber }U bt«poniren (atte, au«gemorfen merbe, unb
bag ba«fe(be bei minberja^rigen i$rauen«perfonen gef(^el^en foDe,
fie mögen fic^ nun an einen grogjä^rigen ober einen minber»
id^rigen 3ßann oere^elic^en.
3n biefer lefeteren ©eftimmung mar aber auc^ fc^on ber fteim
3U einer ermeiterten $anb(ung«ffibtg(eit minberiäbriger ^erfonen
infoforne gelegen, a(« man bem principe entfpred^enb jugeße^en
mugte, bag ein äßinberjia^riger ftd| im Umfange ber i^m einge«
räumten 93ermögen«Derma(tung aud^ obtigireu fonnte.
•) Codex aiistr., @up|)l.'«b. III, @. 757.
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aSon bcn Sc^riftftfBern be« 18. Sal^r^unbcrte« intereffircn
un« in erftcr ginic SJoffiu«, ©annij^a unb üConner, ttelc^e
famint unb fotiber« nac^ ben oben bejogenen ©efe^en Dom
26, gebruor 1751 unb 12. SOJai 1753 i^rc ouf unferc aHatcric
be^QÜc^en Serfe gefegt ieben ^abeti.
SSoffiud ^ot — wie oben f(^on l^eröorge^oben »urbe —
einen eigenen anünbigfeitdtermin im öfterreic^ifc^cn SRec^te ent<
becfen tt)ol[en, unb i^at benfelben auf 20 3a^re für bae mönn«
lic|e, unb auf 18 3o^re für ha^ n^eibtic^e ©eid^tec^t feftgefe^t,
met( mit biefem ^Iter nodd ^^^ ©efe^e Dom 12. fOlai 1753 bie
i^ä^igteit jur Seftament^eiricbtung unb nat^ ber Constitutio
Criminalis Theresiana bie Sät)igfeit jum 3^"9W'fff eintrete^);
im Uebrigen tDaxh 33offiud burc^ biefe t^eoretifc^e Unterfc^ei^
bung nic^t irregeleitet, inbem er an einer anberen @teße gan^
treffenb fc^rieb: ^Minores apud nos pro pupillis habentur;
ideaque restitutione opus non habest; pupillus enim sine
tutoris authoritate non obligatur sed quidquid alienat; vel
vindicatur vel coudicitur ^).
JBanniga'd ©tonbpunft, noc^ metc^em bie äJormünber jeber
9rt nur bie ©teüoertreter ber Surften unb ber OJ^agiftrate aU
ber DberDOtmünber xoaxcn, ^aben mir bereite an einer anberen
©teile b^roorget^oben ; biefe feine älnfcbauung fonnte fic^ ober
mit großem ©c^eine bed ^ec^ted auf bad öfteireic^ifc^e 9?ec^t grüu^
ben, metc^ed ftetd mebr unb me^r bie 93ertretung be^ ^i){ünbetö
in bie <^önbe ber Oberoormnubfc^aft gelegt ^atte, fo bag e^
fc^lieglti^ eine t^eoretifc^e 6onfequen$ mar, bie OberDormunb^^
fc^aften ato bie eigentli^en Slutoren unb bie S3ormünber a(<$
beren |ebergeit amoDible ^yicarios" p betrauten, meiere folglich
au(6 in jeber einzelnen ^anbtung an ben ^efe^I ober an bie
Genehmigung ber äSormunbfc^aftdbel^orbe gebunben maren ^^).
^Donner enblic^ begnügte fic^ einfach mit ber profiifc^en
^emertung, „baß bie ©ergaben bei ben beträc^tlid^en ^JäUen bie
(ginmiUigung ber Oberger^abfc^aft ^aben muffen, bag bied aber
») 9$offind, @. 73 im Zti^i unb 9nmetfung d.
») (Sbenba, @. 120.
10) 9onni§a, ^.72—98 ii. ff. ®Qns beutlic^ fprit^t SBaniitsa
S. 95 feine Hnfc^auung au9, tnbem er au« bem (ftrunbfa^e, bag bie Ober-
oormnnbfc^aft bie eigentli^en S^utoren feirn , eine 9let§e oon ^^olgefä^en
obleitet unb folgenbermogen concinbitt: „Ex eo reddi potest ratio cur in
Qermaniü omnes tutores, quippe qui solummodo vicarii Magi-
stratuum sunt, in vendendis rebus immobiUbus non modo, yerum
etiam in omnibus aliis quibascnnique rebus mobilibus v. g. pecuniis
fbeneri locandis» vel otiosis obsignandis, acceptandis solutionibus, simi<
libnaque negotiis consensum Magistratus, qua supremi tutoris requirere
debeant; adeo ut sine Magistratus consensu in negotiis pu-
pillaribus nihil actum videatur.'* ^annija be(au)}tet nun auc^
bie (S^iUigfeit biefer Soigefdt}^ für ba9 öflerreic^if^e mtdfU
— 230 —
bei itbtc fileintgtdl ntt^t nol^mtnbig fti,
Obngfdt nur fibetläflig nterbm"; ti je
felbft, mie ftorC f^on bai UebergttDtd)t
in Dffterreic^ gemorbw mor")-
Ü^jefe legte iSetnetfung gilt nun, n
@renel'*) «nb ^ouer'^), in ganj befi
Saifen ber Untettöancn, rüdfit^tti^ bei
nur bui4 ben gtogen Hinflug bei ber Sei
fonbern awi) büxä) t^r Steigt, bie SScrmöf
ti4 jU beftimmen, enblti^ burt^ bie aUgeti
bene (Sntle^nung ber SQaifetigelber facti
eiocntiidien S^ormunbcji eingetreten mar
no4 <>'^ {■"^x ^¥ beigestbenen Stbminifti
d) ytaäj btm 3of(jiuii<^tn iS
©ie ©iitaiiiJeluna br« öfterreii^ifftei
im 18. 3a^r^unberte, mie mir biefelbe '
btängie ju einem älbfc^tuffe unb fanb 1
finifi^en ®efeBbuc^e.
^ec alteretennin Don 24 Sauren I
e« mar mel me^r ein Sec^ftl bed ^
menn man feit beut SUaioTeniiitfiieia^repat
nur me^r ®rog< unb ^inberjä^rige tannte
Ii(^ nur SJogtbace unb Unoogibare gefann
@ac^e, bQB ei nur @iuen Termin bef<^t
leit gebe, nelc^er Don ber ©tburt be« ^t
fegten @nbe unoerdtibert fortDouern folltt
Oofeftnifc^en l^efege basfelbe unb es roai
man bae (£nbe bee äl(ierätermineS Vogib
©rogid^rigteit, mie e« \pättt geft^a^, ben
Sa» ben Umfang ber öefc^rontung
betiifft, fo fteUte baä ©efegbui^ £aifer :
rii^tige i^runbjöce auf- @tn '^üpiüt buri
bem ißormiinbe onDertrauten Vermögen,
felben niebrr etmaö veräueern ober beft^n
äietminberung biefeö ajermögenö getidjtete
eingeben; alle biefe ^anblungcn foUten U)
'I) Sionnet, I. «b., @. 24.
") Svcncf, ®. 264 u. ff., intbcfonbrie i
bie iSTunbbtal^oft j. e. aMn (ntfi^tititn Ifigt, i
bn älfinbtriagrigcn ttftlaiift toribdr (dDc ober iti
id(Tl)ab(n au[ ^erfaut burt^au« nii^t nDt^mtiibii
änlcgung Dou ^iipilldiflclbtm.
") *outt, II. ob, @- 175-2*1.
') 3of(tiiiif*(e ©e((btni4, V. ^aupipod,
— 232 —
bed SStrmögend ber SBaifen gereichen tonne, ungiltig fei, menn
c0 o^ne bel^öTbIi(^e ©ene^tnigung gefd)Ioffen tcorben mar, jieben
onerofen SBertrag t)or bad gontm ber ä3onnunbf(^aftdbe^örbe sog.
Snerfannt tnug bagegen kDerben, bag in einer beftimmten
Sejiel^ung bie $anb(ung^fö^igteit ber 9)hnberj:a^rigen
felbß int Sofefinifdjen (Sefe^^buc^e eine (Srn)eiterung erfahren I^at;
ni(^t nur l^atte eine Dom SS3ai[en vorgenommene ^anblung, bie
}u beffen einfeitigem SSort^eite gereichte, auc^ o^ne ©ntoiUigung
bed 93ormunbed fogleic^ i^re DoOtommene ® i(tig!eit ^), fonbern ed
fonnte ber Saife, n)enn i^m oon feinen Sintünften eine gemiffe
©umme in bie {)änbe gegeben, unb n^enn if^m ju feinem 3ebürf*
niffe ober ^iu^en <SQ(^en ongefc^afft unb in feinen Rauben be*
(äffen morben maren, mit biefer @umme unb ®Qc^en frei fc^aüen,
ba^er über biefelben quc^ SSertröge fc^Iiegen, unb er mar nur info«
ferne befcbräntt, bag er auf bie not^ nic^t in bie ^anbe befom«
menen (Summen feine @(i)u(ben machen burfte^).
Seiter mar gegen bad frühere 9{ec^t ein ^ortfc^ritt ba^in
gemacht morben, baf Sßaifen \\6^ aud^ o^ne (SinmiQigung bed
SJormunbe« gu ÜDicnften unb arbeit oerbingen burften^^), baß
®(^u(ben, meiere fie in biefem SSer^aUniffe machten ober SSerbinb«
üc^feiten, meiere fie in £)ienft^ ober (Semerbefac^en mit älnberen ein«
gingen, infoferne DoQfommen f(agbar maren, bog ber Stritte miber
i^re $erfon unb an il^rem SSerbienfte fi(^ oder {Rechte gebraui^en
lonnte, meiere ber S^ertrag mit fid) brachte, unb bag nur bad
unter ber dormunbfdiaftlic^en 3$erma(tung fte^enbe Vermögen
biefer SBaifen be^megen nic^t angefproc^en unb oerminbert mer^
ben burfte^*).
3(u(^ mar im Sofefinifc^en ©efe^buc^e oollfommen richtig
anerfannt morben, ba| ber Saife ba^jenige, mad er t)on einem
anberen Kontrahenten in ($o(ge einetf o^ne ©enel^migung einge»
gangenen ßontracted erhalten ^atte, }uräcferftatten muffe, infomeit
ed no(^ oor^anben ober }u bed SBaifen Stufen oermenbet morben
fei^2j^ unb bag bie repetitio soluti au«gef(^Ioffen fei, menn ber
SBaife ein erl^altened ÜDarle^en gang ober }um JC^eite jurüctgega^tt
hatte ^3).
@nbli(^ mürbe bie ^arte ^efiimmung bed SDhjoremtitatdjIa^re«
3eftimmungdgefe|ed t)om 12. SRai 175S mieber aufgehoben unb
beftimmt, ba§ bie oon einem ®ro6)&^rigen erfo{gte SIgnofcirung
eined im minberjö^rigen ^Uter empfangenen !Z)ar(e^end bann
^ 3ofefimf(^ed 9efe(}bu(^, V. ^auptftfitt, §. 57.
^ (Sbcnba, §. 69.
^^) (Sbenba, §. 60.
II) (Sbenba, §. 61.
^3) (Sbenba, §. 66.
13) (Sbenbo, §. 68.
i
233 —
I
I
I
rec^Wöcrbinblitft fei, tDcnn ber OroBjä^rifle beffen S^tllung frei^
wiQig Derfprodien ^atte, »o^I iviffenb, boB er ju beffen B^^^ung
ni^t Derpflic^tet fei; bie ttacb erreichter ®rogiö|rigfeit gefc^e^ene
Ballung ber ^\n\tn hingegen foQte il^n meber }ur S^^I^^^fl ^^^
i^apitaled, noc^ bie 3<>^iung einecf Zt^tilt^ bed Kapital« ^ur ^aff^
lung be« Ucberrefte« öerbinblic^ machen *^).
gaffen »ir bie ßrgebniffc be^ 3ofefinifdjeu ®efefebuc^e8 ju*
fammen, fo gemol^ren toit, bem (jergebrac^ten öfterreic^ifc^en Siechte
gegenüber, eine boppehe Semegung: bie ^anblung^fä^igteit bed
aWinbcriälirigen, obwohl im principe fcf|r ftarf befdjränft unb
für aüe älter^ftufen biefelbe, erfüllt benn boc^ burc^ einzelne
gefefelide Seftimmungen bem t)ergebro(^ten {Rechte gegenüber eine
bebeutcnbe ßtmciteruug. ©benfo be^nte \xä) aber auc^ bie ÜWac^t
ber £)berDormunbfd)aft über no^e gu oUe jene $)anblungcn au«, meiere
berSBaife nic^t fc^on o^ne{)in nUein gütig Dorne^men fonnte; ber^n«
pitle Dcrtrot fl(^ bai^cr entmeber felbft, ober aber e«J genügte bann auc^
bie SSertretung burd) ben 3Sormunb aüein nic^t rae^r, unb bie S5or»
munbfc^aftebe^örbe trat faft in aUe 5Rec^te in ©ejie^ung auf
bie Vertretung be« SWünbel« ein, roeldie am öeginne unferer
^eriobe not^ bem S5ormunbe jugeftanben Ijatten.
3?ac^bem bie ^rincipien be« 3ofefinif(^en (Sefe^jbuc^e«, i^u
meieren bie confequente SOÖeiterbilbung ber 9tec^t«entmi(Jetung be«
18. 3o^r^unbertcd not^menbigerroeife führen mußte, ^eutc nod^
bod afterreict|if4ie aSormunbfc^aftöre^t be^errfc^en, fo »erben fic^
bie Sefer gegenwärtig l^alten muffen, meldte Organe bamat«
unb »elt^c ^eute jur güt|rung ber Oberoormunbf^aft berufen
finb, um bie ^ebeutung ber rec^tdgefd)id)tlic^en Sntmidelung
für unfer heutige« SRec^t«leben crmcffen ju fönnen.
ffiir fönnen und an biefer ©teüe begnügen, biefen ^unft
einfach anpbeuten, »eil un« ber nädifte Slbfc^nirt, welcher oon
ber SBermaltung be« ©aifenoermögen« ^anbelt, obnebietJ nöt^igen
ttirb, auf biefe gntwictetung be« öfterreic^ifc^en S3ormunbfd|aft«-
rechte« öon einer anberen ©eite jnrüdjulommen.
VII. ßapitet.
VenoaUuno bra Vermögend bee ^ünbtb.
@d^on bie eine JBemerfung, metc^e koir an bie @pi^e un«
ferer arbeit fteüten, baß ba« ffiefen ber SSormunbfc^aft in ber
oon und betrachteten $eriobe fic^ am beften burc^ bie Sludbrüde
i*)~3ofeflmfcl^e« öefeftbu*, V. ftauptflüd, §. 68.
— 234 —
„cura'^ unb „©orge'' bejeic^nen tftgt^ reicht ^tn, um auf bie
groge Sebeutung- l^tnguipeifen, totii^e beut eben ie^t don und be^
gonnenen älbfc^nttte innetto^nt.
92id|t atd ob an unb für ftd| eben bie 9Sern)a(tung bed
äRünbeloerntögend U)t(^tiger märe a(d bie ©orge für bie ^erfon
bed ^upitlen; nic^t ald ob biefe Se^re an unb für \\fb unfere
äufmerifomteit in einem ^öljeren (Srabe feffeln müßte, atö bie
Se^re oon ber (Sntfletjung unb (Snbigung ber a3ormunb)(^aft —
ift biefe Semevfung oon ber oorpgdmeifen Sebeutung bed gegen^
»artigen Slbfc^nitteiS gemeint.
(Sin anberer, tieferer ®runb ift ed, noelc^er e<{ und atö ge«
boten erfc^einen liefe, bie äufmerffomtcit unfercr Sefer ganj be*
fonberd bei biefem fünfte aufjui^alten.
SBir tonnten nämü^ eben in biefer ^eriobe nal^eju fömmt'^
lic^e 93erfinberungen im $ormunbf(4aftdn)efen auf bie SLenbernngen
in ber 93erm5gendDerma(tung ber 93ormünber ^urücffü^ren unb mir
loerben auf biefe Semerf ung fpäter noe^ öfter gurüdfommen ; eben
ber Umftanb, ba§ bad SEBefen ber ißormunbfd^aft in bie ®orge für
bie $erfon unb bdd 93erm5gen bed 9}2ünbe(d gefegt tourbe, ^atte
bie Siudbel^nung ber früheren furjen 93ogtbarfeitdtermine jur
$oIge, mit melc^er äludbe^nung bie ginf^eit ber öfterreic^ifc^en
3llterdt)ormunbfctaft im innigfteu 3ui^t^^^nbange ftanb; bie er«
roeiterte ©orge für bad 83cfte bed SKünbeld mar ed, meiere ben
(Sinflug ber Sormunbf(^aftdbe^örben er^ebtic^ fteigerte unb ha^
burc^ ben (Sinflufe ber Familie auf bie Sormunbfc^aft abfc^möc^te
unb ^ute^t erlöfdjen machte, unb hieran f(^(o§en fi(4 eine 9iei^e
anberer S^erorbnungen, loie mir fie in ber june^menben Seben^
tung ber Datio-^SEutel in bem SJerfc^minbcn ber petitio neces-
saria unb ber (Sautiondleiftung ber ^rmünber nac^meifen fonnten.
'Die ermeiterte ©orge für bad So^I bed SDtünbeU mar ed,
meiere — - unter bem Sinflufee be« ^errfc^enben ^tit^tifM —
bad feibftftänbige SSertretungdrec^t bed SJormunbee ftetd me^r
unb me^r in ben ^intergrunb ftedte, unb eben berfelbe @runb
mar e<<, mctt^er — mie mir fpäter fe^en merben — auf bie 5Rec^*
nungdlegung ber äSormünber beftimmenb einmirfte, bie actio
tutelae directa et contraria prafti|(^ aud bem Seben brängte
unb eine abminiftratioe ®efc^äftdbe(|anb(ung an ©tede biefer
9ie(^temirte( fegte.
@nblic^ mar ed abermals biefe ermeiterte ©orge für bad
'4Bot)l bed üiiünbefd unb ber baburc^ gefteigerte (Sinflufe ber SSor«
munbfc^aftdbe^örben, meiere bie ©ic^erfteüung in bem 3$ermogen
bed S3ormunbed entbehrlich machten, meiere an ©teile bed gefe^
Uc^en ^fanbrec^ted bed ^Djünbeld an bem 93ermögen bed 9Sor<
munbed eine beftimmte @apitaldan(age bed Snünbeloermögend
unb bie 33erma^rung bed @elbed, ber ^ert^papiere unb ^retiofen
— 235 —
ber SBoifett bei ©eri^t uitb unter 9[uffid)t ber SSormunbfc^aftd«
be^örbe fe^te.
Unter foI(^en SSerl^ättniffen erfc^eint eö bei biefem 9lbf(^nitte
abermals geboten, einen SRüdblid auf ba« tömifcbe unb beutfc^e
Stecht }u toerfen, unb }lDar umfonte^r, a(^ bie germonifd^e ©runb«
läge be« 85orniunbfd)aft«rec^te« in Oefterreid) einerfeit«, unb ber
romanifirenbc (S^arafter ber {Rec^t^bilbung Defterreic^« im 16.,
17. unb 18. 3a^r^unberte anbcrerfeit« unb ber ®ert|abfd^aft«*
orbnung Dom 18. f^ebruor 1669 indbefonbere auf bie beiben
OueQen bed l^eimifc^en 9}ec|ted fo oft prädroeifen.
2. SUtdiOndl tinf ba$ rdmift^e ^t^U
3e me^r SIemente baö fpätere römifc^e S3ormunbfc^aft«re(^t
QU9 ber cura minorum im ^egenfa^e }ur tutela impuberum
aufgenommen ^at, um fo totd|tiger ift ed, ^eroor^u^eben, bag ber
gonje JBegriff ber minor aetas fic^ im römifc^en Siechte an ber Ser»
maltung be^ Sßermögend fotcber ^erfonen ^erangebilbet ^at, melt^e
bem alten 9}ecbtenacb imarDoUftönbig ^anblung^fä^ig n)aren, benen
mon jcboci^ praftift^ o^ne ®efa^r bie ©orge für i^r SBermögen
o^ne befonbere 9Iuffic6t ni^t anoertrauen burfte.
!£)er SRünbige loar j;a nac^ römifcbem Steckte nic^t nur .^ur
@^ef(^Ue6ung, jum 3^"9"iff^ W"b jur Jeftament^erric^tung ooU*
fommen befähigt, fonbern er tonnte S5erbinbtic||feiten nac^ ber Strenge
bed Sioilredite« überneljmen; auc^ richteten fic^ bie älnfänge ber
cura minorum in feiner ifiSeife gegen bie ooQtommene $anb^
lungöfä^igfeit be« SDfünbigen, fonbern fie bejmedten t)ielracf)r einen
blod t^atfäc^Iid^en @(^u^, ben SDlünbigen, mli^tx nocb ein reifed
Sdter nic^t erlangt ^atte, oor ben (folgen übereilter |)anblungen
p bekoa^ren. ^ud t^atföc^lic^en @(^u^magrege(n ^at fic^ fobann
baö 9led)t«inftitut ber cura minorum langfam ^erau^gebilbet, unb
eben bie langfame (Snttoidelung, meiere ftcb an ba0 »irflic^e ^eben
ftet« anfc^loß, befähigte biefe freiere Slrt ber römifc^en aSormunb*
fc^oft ^u bem großen (Sinfluge, roelc^en fie auf ba«> alte ctDilrec^ti»
iid^e 3n>ftitut ber tutela impuberum ausgeübt ^at.
@omo^t bie tutores impuberum tt)ic bie curatores mi-
norum Ratten nac^ römifc^em Siechte eine fogenannte ooUftänbige
Sbminiftration im ©egenfatje gu oerfc^iebenen curatores bo-
norum — meieren nur eine unüoUftänbige S3ermögen«abminiftrotion
juftanb ').
Äraft bicfer ooüftonbigen abminiftration oertrat ber geri«»
renbe Sormunb ber Pupillen unb ^inbertä^rigen bed ^errn
@teQe (domini loco est, personam domini sustinet) unb erfc^ien
in biefer feiner ÜKac^t junä^ft nur burd| ben ^wtd einer reb*
i) 92 u b r f f a. a. C, II. 8b., @. 350 unb 356.
■•»PS
— 236 —
liefen uiib Derftanbigen SBermöflenöDertDaUung eingefc^ränft, toeld^e
©^ranfen t^eild bur(^ bie 99eftimniungen bed prätorif(^en (Sbtcted,
bie tunftifc^en !£^eorien unb iSonftttuttonen im SLQgemeinen nä^tc
beftimmt loaren, t^eild oon ^aQ }u f^aß burc^ ben (efeten ^Bitten
bed 93Qterd Dorgejeic^net iDerben fonnten^ t^eild enbüc^ in ber
Oberottffic^t ber 33ormunbf(^aftdbel^örbe in wichtigen t^aUen ge«
legen »aren^).
£)ie 93erbinbli(^{eit bed 93ormunbed beftanb im äBefentßc^en
in einer jttedentfpre^enben (Srl^altung, SeiDirt^fc^afmng, (&ttoei*
terung unb SSermenbung bed ÜOtünbeloermögend unb ^atte ber
93ormunb in aden biefen 9rten fetner Slbminiftration j[ene ®oxq^
falt, metc^e er in feinen eigenen Angelegenheiten anmenbete^ gu
pröftiren (diligentia, quam suis rebus adhibere solet — dili-
gentia in concreto), für beren SSernac^I&ffigung er bem lD2nnbe(
DerantiDortlic^ toar^).
^ie @rl|altung be^ 9)2ünbe(Dermögend oerpflic^tete ben
Sormunb, bie ©eböube bed 3J2ünbe(ei in gutem @tanbe }u eu
Ratten, (Sachen, meiere bem 93erberben unterlagen, fo fc^neß cid
möglt^ 6U üeröugern, anbere bemeglid^e @acf)en in fieberen ®e«
ma^rfam }u bringen, unfic^ere t^orberungen einzugießen, unb toenn
bie @cßu(bner )aß(ungdunföt)ig uiaren^ fi(ß an bie ^fanber gu
Ratten 4).
3n 9(nfeßung ber Semirtßfcßaftung bed ^RQnbeloer^
mögend l^atte ber S3ormunb bie freie 9Baß(, ®runbftüdte bed
SOtünbeU gu Derpac^ten ober gu t)ermietßen ober biefelben fetbft
gu bemirtßfc^aften, ^anbe(dgef(ßöfte fortgufe^en ober aufjugeben, fe
nacßbem ed für ben ^ünbet Dortßeiißafter toar, unb in ®oaetaten gu
oerbleiben ober biefetben aufgulünbigen; nur fotite ficß beräSormunb
auf gen)agte ®ef(i^äfte, neue $anb(ungen unb Mißachtungen ni^t
einlaffen *).
3n Snfeßung ber 3RüttbeIgetber beftimmtc Suftinian —
nat^ einer öielfacß »ecßfelnben ©efe^gebung — in ber Stooeüe 72,
bag, menn ber SOknbel SmmobiUen ßatte, oon beren dieoenuen
er leben fonnte, ber iBormunb bie freie Saß! ßaben foQte, bie
Selber bed SRünbeU oergincfHcß audguleißen ober ficßer, bocß aber
unDer)indhcß, }u beponiren; ßatte ber SRünbtl bagegen blod ht*
megli^ed ä$ermögen, fo foffte ber 93ormunb fooiel bat)on auf
3infen legen ober aber }um Slnfaufe einträglicher ©runbftücte
Dern)enben, ald }um Unterhalte be« SDSQnbeld notßn)enbig toar^
ben 9teft aber ebenfalls ficßer l^interlegen *).
3) 9luborff a. a. O., II. ^b., 6. 352
3) ebenba, @. 853.
*) ebrabo, @. 357.
^) (Sbrnba, @. sai.
•) (Sbenbo, @. 361.
— 237 —
/Si'xt Sttteiterung bed SRunbefoermögen^, fotoeit biefe(be
ni(^t fc^on in ber (Sinye^ung Don SDliet^« unb ^ac^tjinfen utib
Don 3ntereffen ber SD^ünbelgelber beftanb, verpflichtete ben 9Sor«
tnunb i^u befonberen 93orfic^ten bei 3lnna^me Don ©c^enfungen^
meiere bem iD2ünbe( gemalt mürben, unb bei Srbfc^aften, toelc^e
betnfetben, fei e^ ipso jure anfielen, fei ed blöd beferirt mur^
ben^); fomie er bei ber SSermenbung bed üßünbeloermö«
gen« namenttit^ ^iBebac^t ju nehmen ^atte, bag bie für ben
^au^^alt unb bie ä$ermogendt)er»a(tung bed S02ünbe(0 erforber»
liefen Su^gaben gemod^t unb ©c^ulben unb Slbgaben be^ SRün«
bei« berii^tigt »erben ®).
ÜDie ^efprec^ung ber befonberen ^flic^ten be« iBormunbe« in
3(nfe^ung ber Veräußerung be« 9J2ünbe(Derniögen0 bel^alten koir un«
für einen fpäteren Xfftil biefed Slbfc^nitte« bet)or, in welchem mir
Don biefer SDtaterie nac^ öfterreic^ifc^em 9iec^te ^anbeln merben.
3* SlödBridi auf bas heuif^e Siedet
^ac^ älterem beutfc^en Steckte lam e« oor 9lßem auf bie
Unterfc^eibung an, ob bie SRutter beim 2iobe be« SSater« noc^ am
ii^eben mar, unb ob in biefem ^alle nac^ ben einzelnen Stecbten bie
grau ba« unter bem SRunbium be« äJianned vereinigte ®e^
fammtgut ^u vermalten bad 9ie4t ^atte.
3n biefem ^aüt ^atte ber 93ormunb begreif(i(^ermeife feinerlet
Sermögendoermaltung, mo^I aber bann, menn beim Slbleben be«
Vater« bie SJtutter nic^t me^r am Seben mar, ober menn i^r
ein änfpruc^ auf 3$ermaltung be« ungetrennten ®ute« nic^t ^\x^
ftanb 0-
!Der äSormunb mar rüdfid^tlic^ be« Unterhalte« be« iDIünbel«
nac^ einigen SKed)ten gar nic^t meiter befc^räntt, uad^ anberen mar
ein aliquoter Si^eil be« 93ermögen« jum Unterhalte beftimmt,
mieber nacb anberen Siechten l^atten ber @tabtrat^ unb bie @rbeu
be« SRünbel« bie Unter^alt«foften gu beftimmen ^); mae ben Ueber^
f^uB ber (Sinfünfte be« SRünbeloermögen« betraf, fo fanben fic^
meift nur bie QueQenauöfprüc^e, meiere ba^in gingen,, bag ber
9$ormunb bie« jum 9!u$en be« ^iünbel« ju oermenben ^abe, unb
namentlich foUte er äßünbelgelber in ber Siegel in ®runbftücfen
anlegen ^).
3m Uebrigen mar bie ©eba^rung be« 93ormunbe« in ber
9Sermögen«Dermaltung eine relativ freiere; er ffattt bie S93a^l, ba«
^ün beigut felbft }u bemirt^fc^aften ober burc^ ßnecbte unb SDt&gbe
■') «uborff a. a. O., II. ©b., <g. 367.
») (Ebenba, @. 376.
1) Kraut a. a. £)., II. Sb., @. 32.
2) Qgbeuba, @. 34.
3) (Sbenba, ®. 36 unb 38.
— 238 —
betDtrt^fc^aften, wo^t auc^, menn ed unbebeutenb mar, gaua bcac^
liegen )u laffen; bie Steckte bed iOtünbeld ^atte ber S3ormunb
geltenb in machen, gorberungen eini^utreiben, Se^en^erneuerungen
im Flamen bed 39!ünbetö gu ert^eilen, unb namentlich auif bie
®eri(4tdbarteit, totidft mit bem äßünbelgute oerbunben mar, au^*
juüben ^).
^reUic^ ual^men biefe bieder Dorgetragenen Siet^tdfd^e eine
anbere ®eftatt überaU bort an, mo fi(^ eine tutela usufractuaria
er^a(te;il^atte,fraftn)e((i|erber93ormunb bie iSrträgniffe bed 9)lflnbe(<
guted — nad^bem er ben Unterhalt be^ 9)Mnbe{d aud benfelben
beftritten l^atte — für ficft begatten lonnte *).
97ad) neuem beutfc^em 9{ec^te mürbe bad SSer^altnig bei
93ormunbe^ atö 9Serma(ter bed SSermögend feined 3ßünbe(9 regel«
mägig nac^ ben ®runbfä^en bed römif^en Siechte« beurtbeift; bo(^
mar bie ©tettung bed beutfc^en 93ormunbed im neuen Siechte ftetd
eine meitaud gebunbenere burc^ ben gefteigerten Sinflug ber SSor«
munbfc^aft«be|örbe ^).
@ine 3lbmei(^ung Dom römifc^en Siechte ^anh fic^ gunac^ft
fc^on barin, bag bie obbegogene DtooeQe 72 ^aifer 3uftintan'4
über bie 93ermenbung ber 3)Mnbetge(ber in !Deutfd^(anb nic^t Sin^
gang gefunben ^atte, unb baß bie ^eftimmungen ber ^anbetten unb
be^ (Sobe^, bag ber S3ormunb bad ®e(b be^ Sßünbete niema(« mfifltg
liegen (äffen bürfe, fonbern e« entmeber auf ben älnfauf oon
©runbftüden Dermenben, ober aber gindbar unterbringen muffe,
menn aucb freiUc^ mit ber SOlobification angemenbet mürben, bag
ba« %u«(ei^en bed ®e(be<^ bie Siegel bitben foQte, unb baß ber
9lnfauf oon (ärunbftücfen nur mit Dormunbfc^aft^be^örblic^er ®e«
ne^migung gu erfolgen ^atte ^).
@igent^üm[ici)e Seftimmungen famen in ÜDeutfc^Ianb au<^
iio4l in 9(nfe^ung ber 93erfic^erungen ber audgeUe^enen SJtünbel«
gelber t)or, meiere burd) bie tl^atfäc^Hc^en 93er^ä(tniffe be« geänberten
9{ea(crebited gegeben maren^); hau Verbot, melc^ed bem 9$ormunbe
ni4|t gemattete, ÜMünbcIgetber in feinen Kluften gu gießen, mürbe
gmar recipirt, aber ber 3i"^f^6/ "öc^ meld)em ber Sßormunb biefe
®elber gu öerginfen ^atte, ben reicö^gefefelic^en ©eftimmungen
entfprecftenb, mit 5 ^rocent angenommen®).
Ueberad, mo auc^ nac^ bem neuen beutfc^en e^elic^en ®üter^
rechte bie aWutter einen Slufpruc^ auf SBermaltung be« SKünbel*
vermögend ^atte, lonnte natürlich oon einer SSermbgendDermaltung
*) Äraut a. a. O-, IL »b., @. 38 u. ff.
*) ebenbo, @. 64—85.
ö) ffibenba, <B. 135.
7) (Sbcnba, @. 137.
^) ebenba, e. 139.
ö) ebenbo, @. 141.
— 239 —
bur(^ ben SSormunb feine SRebe fein, totidjtx Dte(mel)r in biefem ^aüt
feine S^ätigfeit auf bie «uffic^t über bic SBertoattung ber SRut*
ter unb auf bie Bußi^^ung ober ^iic^t^uftimmung gu 93er<^
fügungen über @a))tta(ien unb ®runbftüde be^ a)2ünbet« ju be^
]ä)xänUn ^otte *ö).
4« #e^etreii9if4e;s 9^4^«
a) 9$om 16. 3a^r^unbei-te bid )ur®erMlif(!^aftdorbnuiig
bom 18. Sebruar 1669.
aa) 9tf(^te unb Verpflichtungen bed Vormunbe« im SUgemetnen.
£)ag ber SSormunb bad 33ermögen bed ä){ünbe(d getreu Der«
matten foüe, fagten bie ©efefte be« 16. Sal^r^unberte mit ben
öerfc^iebenftcn ®orten.
SDa« „Snn^jjruder ßtbeü*' öom 3al^re 1518*) befo^t fc^on,
^ba§ bie Sinber mit unorbentlic^er Slu^gab ju befc^meren nic^t
gemattet, fonbern bie Sinfommen iu ber Äinber 5Ruft gemenbet
»erben foflen'' ; bie ©iener grei^eiten öom 12. aWärj 1526 oer-
orbneten, bas bie ungeoogten ^nber mit ©ergaben auf bad Sefte
oerfe^en tt)erben fotlen, „bamit in ber ©er^abfc^aft 92i(^t6 ju
3tac^t^eit ge^anblel werbe'' *'^); unb bie nieberöfterreic^ifc^e *^oliäei*
orbnung Dom Saläre 1552 beftimmte enbUc^ au^fü^riic^, ,M^ bie
©ergaben in admeeg j[rer $f)(egf^inber ®uet unnb fac^en^ gum
tretolic^iften, pefften, unb nufelid|iften l^anWen, berfelben nu^ unb
peffted irem I)öciiften oerfteen unb vermögen na(4, förbern, 9iac^t^ei(
unb ®(^aben fürf^eren unb menben, unb aQed bermaffen Raubten
foQen, iDie ®t) bad bttf iren gemiffen oor ®ott (S^riftUc^ fc^utbig
fein unb oor ber »elt Srbar unb piHidi ift"^).
3Benng(ei(^ in biefen ©efe^edfteUen ein unmiberlegüc^ed
3eugnig bafür gefunben merben mugte, bag bie S3ormünber bie
diligentia diligentis patris familias (nic^t b(od bie diligentia
in concreto) präftiren mußten*), fo beftimmten biefelben benn
bo^ neber ben 3nl^a(t ber 93ern)a(tungdpflici)ten bed 93ormunbed
unb bie benfe(ben entfpred^enben Steckte, noc^ geigten fie jene
©^raufen an, an n^elc^e bad Dormunbf(^aft(t(^e @rmeffen bei ber
getreuen SSermaltung bed 9lmted gebunben mar.
10) Ar out a. a. D., II. ©b., @. U3.
*) ©uttingcr, @. 273.
2) Codex aufltr. II, @. 490.
3) gieform guter ^oUget, gol. XX.
*) !S)ag ber Tutor omnis culpa prafHren mußte unb auä^ nic^t blod
auf bie diligentia in concreto befc^räult mar, ergibt fxd^ an^ ai\9 einer
(Sntfd^cibung oom 8. 3(^ri( 1596, n^elc^e (^ u 1 1 i n g e r unter bem @(^(ag*
motte ,,®er^abend^Ob(tgation", @. 274, anführt. 2)ie (Sntfc^eibung lautet:
„Xßenn ein @er^ab bona fide ^anbelt, unb ba«ientge t|ut, toa9 er t^un
fann, ober ein ieber diligens paterfamilias getrau ^ätte, iß er Don 9{ec^td«
roegen ein me^rered }u t^un unoerbunben, qui enim fecit qaod potnit legem
— 240 —
^reiüc^ merben tt)ir iene ob|ectiden ®(^ran{en, meiere bem
9(bminiftrationdrec^te gefegt tuaren, erft bei ben S)etatti)eftttiimungeii
ber (äefege genauer fennen ternen, aQetn ed fragt fid) benn hodf
and), ob nic^t neben ienen gefe^Hd^en Verfügungen ber 93ormunb
auc^ noc^ an ben Tillen anberer ^erfonen gebunben mar, meieren
er bei ber SSermaltung feinet älmted refpectiren mußte.
3n ber Ziiat mangelt ed und in feiner SBeife an QueQen^
i^eugntffen, metc^e nat^meifen, bag ber 93ater bem 93ormunbe in
feinem !£eftamente genaue 33er^a(tungdma6rege(n oorfc^reiben fonnte,
an tpe((^e ber S3ormunb fobann bei ber S3ern)a(tung feinet %mM
gebunben mar ; ed (aßt ft(^ aber au(^ noc^ bed SBeiteren, menigftend
in Snfe^ung ber oberen poUtifc^en @tänbe, bart^un, bag bie i^reunb'
fc^aft, ber Familienrat^, ,)u 3lnfang unferer ^eriobe einen ntc^t
unbebeutenbcn Hinflug auf bie Slmt^fü^rung bed S3ormunbed ^atte,
unb enblic^ merben mir ebenfadd auf jene Stellen jurücttommen
muffen, meiere ben gan} ^eroorragcnben (Sinf(uB ber @tabte unb
äßärlte, bann ber ®runbobrigtetten, aldSSormunbfc^aftdbe^örben be^
zeugen, unb meiere fi(4 füglic^ am beften barau^ erftören (äffen,
ha^ in früherer ^ext bie gänjtic^e älbminiftration, bie gefamntte
eigentUdie 9$ormunbf(^aftdfü^rung in älnfe^ung ber ^upiQen biefer
Staube bei ben Stäbten unb SRärften, unb befonberd bei ben
®runbobrig!eiten, gelegen mar.
T)a« SRcc^t be« SSaterö, bem SSormunbe binbenbc
33orfc!^riften für bie Slbminiftration be« äJiünbelDermögcnö ju
btnter(affen, fanb fid) oor 9lt(em fc^on in ber ^oHjeiorbnung oom
3a^re 1552, bereu Sc^tugbeftimmung über bie ®er^abf(^aft ba^in
(autete, ^rbagin allem unb jiebem (äer^abfc^aften biefe . . . Orbnung
ftät unb Defdtiglic^ gehalten unb berfetben nadigegangen unb ge-
lebt merben foöe, ß^ märe benn fad|, bag ber ieftirer in feinem
2^eftamente ober tetften mitten feiner ^^inber unub oerfaffenfc^afft
t)alber fonbere Orbnung gemacht unb ^inbter fein oertaffen ^ätte,
inbem e^ alßbann babe^ auc^ bleiben foUe, man befunbe benn
fpürttc^e unb augenfc^einlic^e Derbac^tlit^ait unb fc^aben ber
:R!inber, in melc^em ^aa( bie Sachen gu erleutterung unb erf^ent«
uu« ber Obrif^oit ober ®eric^t« unb ber 5Rait^anbIer geftett fein
joücn'' 5).
adimplevit". — 3)ic bemugte ©ebeutung btefei" @ntf(i^cibiiHg gc^t barand f^n»
t)or, ha^, im (Segenfa^e )ur $aftung9pfltc^t bed Sutor«, ber ^ati aufgeftedt
rohbr f^bog ed fürgefe^en 9{f(^ten0 \t\, bag ein curator bonorum )ur ^ra«
flation Don omni» culpa ni(^t, fonbern nur ad dolum et latam culpam
Derbunben fei". — SBenu @nttinger ebenba beu (Srunbfot} auffieQt, Jba%
(Set^aben auc^ 2)adienigf, maS fte per latam culpam oerabfdumt, )u crfe|$en
fc^ulbtg feien" unb ^tcfür eine (Sntfc^eibung üom 31. Sänner 1650 anfflf rt,
fo fle^t biefe Stelle benn bo(^ ftt^er nic^t ber ^nna^me im SS^ege, bag ber
!^ormunb im 9(IIgemeinen au^ für levis culpa ju ^aften ^atte.
5) «ßolijeiorbnnng öon 1652, gol. XXXIIIv.
J
.m-^'- \
— 24X —
Die Sanbt^orbnung Oefterreic^ö unter ber (Snnd Don 1573
beftätigte biefe Siegel ftiUfc^tioeigenb, inbem fie fi^ rucfftd^tHc^ ber
®er^abf(^aft — loie fdjon oft eriDä^nt — einfadi auf bie ^olijei*
orbnung bed da^red 1552^) bejog; bagegen Derfügte bie Sanbt^«
orbnung ffir Oefterreic^ ob ber @nn<( Don 1609 noc^ oie( flarer,
buB, „toenn ben^upiQen bnrdibie @(tern in orbentlid)en Sieftamenten
ober Seiten mitten gemiffe 93ormünber unb ©ergaben benennt ber^
malen auc^^ mie ed mit ber Snoentur unb SJermattung
aller ber ^upiüen Erbgüter ju l^alten, augtrüd^Iic^
9)}ao§ unb orbnung geben märben, tu bei fo((^er ber
ßttern SSerorbnung unb leftamcntö^Qnl^att genjtid^
oerbleiben unb burc^ ber ^uptUen orbentlic^e Dbrig«
t^ait aSef^t unb ®teif barob gel^atten merben foHe, unb
bag nur bann, menn fotc^e S^eftamentUdie ©ergaben in 3^rer 9b«
miniftration mt^reblid) unb offenba^r bcn ^uptQen ju gefa^r unb
f(^aben {)anblen unb fa^r(ä|fig befunbeu murbten, fic^ aber ^irtnn
mit bem Stegtament augreben, fd^ü^en unb 3ne ntt mag geben
taffen moüte, 3nne burc^ 3^re fürgefegte Dbrigf^cit fotc^c« nit
geftattet »erben fotte*^).
®enn e^ nac^ ben angeführten ©teilen feinem 3tt)eifel unter*
toorfen n)erben fann, bag bed 33aterd Sinflug auf bie 9(rt ber SSer»
mögend D er n)a(tung burc^ ben üBormunb nac^ öfterretc^ifc^em Steckte,
menn ani) tein unbefc^ränfter, fo bo4 ^in fe^r bebeutenber ge»
mefen ift, fo U)irb t9 und bagegen meitaud fd^mieriger fein, bie
©puren eined analogen @influged ber ^^amilie auf bie ä^ermögend»
oermattung nac^gumeifen.
3n ber !tl^at ent^öft aud) nur bie Sanbtdorbnung
Cefterreic^ö ob ber 6nnö beuttidie ©puren, baß bei ben ^u=*
piden bed ^errn« unb 9litterftanbed ber t^aittiHenrat^ einen fo
bebeutenben @influg auf bie SSermögendoermattung üben fonnte,
unb ed erfc^eint Diefe 2:^atfaci)e um fo auffaQenber, a(d biefe im
3a^re 1609 erfc^ienene Sanbtdorbnung benn boc^ im SBefentiic^en
bie Seftimmungen ber $o(ijeiorbnung oon 1552 aufgenommen
^otte unb fic^ ba^er offenbar oeranlaßt fanb — ben ©eftim*
mungen biefed ©efe^ed entgegen, n)e(c^ed bie ©onberfteQung bed
^enn* unb 9iitterftanbed mit ©tiüfc^toeigen übergangen ^atte —
bad fortlebenbe ®emo^nl^eitdre(^t, ben guten, nic^t (eicf|t ju über^
minbenben Sanbtdbrauc^ }U bejeugen.
yiadi bem burc^ biefe Sanbtdorbnung bezeugten alten ^er«
tommen Ratten bie nä^ften angebornen ^(utdfreunbe eined ^upiQen
bed ^errn* unb 9litterftanbed bad 9iec^t, „aUbalb nac^ ber @(tern
0) Sanbt«orbnnng für Oeflmeit^ unter ber dm^, III. ^n^, 129. Iittl,
€5. 321r.
T) Sttiibtsorbnung für Oejlerreic^ ob ber @nn«, III. Zf)c\i, 43. Zxut,
@. 661.
fmorinitt}, Sfierr. eoimunbfc^afMcettt. jg
— 242 —
2:obtfaU unb ^egräbnig jufammeu^utommen, unter fi(^ ben taug-
Hc^ften unb nöc^ften ^lutdfreunb jum 3}ormunbe )U lüätilen unb
i^m bie 'ißupiUen fammt i^ren Erbgütern oermoge eine^ Snoen»
tard unb n}te fie folc^e^ ben ^uptden ;\um heften, 92u^ unb
STreuIic^ften oerfe^en, gu überantmorten, anguüertrauen unb gu
befehlen" ^).
"Diefer erforene ißormunb beburfte bemgemaß auc^ burc^aud
tetner Konfirmation burd^ bie Obrigfeit ^) unb toax nur gut
9ie(^nung nQ(4 erreichter ^ogtbarteit ber $u))iOen unb fonft nur
auf (Srforberung bed Sanbe^^auptmanned fd^ulbig, ido fobann
beut (^amilienrat^e eine wichtige ©tedung gegeben U)ar ^^).
©enn l)iefe ©teüung beö gamitienrat^e« — »ic f^ou be*
merft — fic^ fd^on aM ber ^olijeiorbnung be« 3a^re« 1552 bi«
auf einige wenige Diefte berloren ^atte, fo ert|ieU ft^ anbererfeit«
ber ganj befonber« wichtige ginflug ber Stäbte unb 3Äärlte
unb ber ®runbobrigfeit al« 93ormunbfc^aft«be^örbe auf bie 9Ser«
mögendDerlDaltung ber ^upiUen iDettaud länger, toenngleid) bie
"{^oli^eiorbnung bed 3a^red 1552 auc^ biefer gmeiten <Sonber«
fteHung feine befonbere 9?ect)nung getragen l^atte.
9(berma(d aud ber l^anbt^orbnung Defterretc^d ob ber @nn«
ge{|t an« ber beftänbigen (Sntgegenfegung ber 9ie(^tdDer^a(tniffe ber
^Jupillcn ber ©täbtc unb -iIBärfte am Sanbe unb ber Unter*
tränen gegen bie 9lngebövigen ber oberen Stäube beutlic^ ^eroor,
ba§ bie @tabte unb 9J2arf(e unb bie @runbobrigIeiten uoc^ im
16. unb 17. 3a^rt)unberte unb ungeachtet fie burc^ bie 9?eic^«=
gefe^e oerbunben maren, ^ormünber ^u fe^en, bie eigentliche
'ilbminiftration bc« 3){ünbet))ermögen« in Rauben i)atten, unb
eben mit {Rüdfic^t auf biefcn in ber iianbt^orbnung Oefterreic^ö
ob ber (Sund be3eugten i^anbtöbrauc^ laffen fic^ bie Don und fc^on
oben bejogencn, oon ©uttinger überlieferten ©ntfc^eibungen
erflären.
9Jur fo lonnte tu !omraen, ba^ noc^ am 16. äpril 1573 **)
ben Orunb^erren neuerlich eingefc^ärft werben mußte, bag fie ben
SBaifcn if|rer üerftorbenen Untertf|anen ®erl)aben fefeen muffen
unb ba^er bie ä3ern)altung o^ne ©ergaben nic^t an fic^ gießen
bürfen; nur fo lägt fic^ bie ältere gntfc^eibung üom 19. ü)Mrg
15651'-^) beuten, bog bie ©täbte roegen i^rer gehabten
ä3erroaltung fdiulbig feien, ^{ec^nung ^u legen, wä^renb
fonft benn boc^ bie 9iec^nungc^legung nur bem ^ormunbe unb
nic^t ber Oberoormunbfc^aft oblag; nur fo fann bie Qntfc^eibung
8) ?anbt«orbnuwg für Depcrr. o. b. @., HI. St^., 43. St., @. 661 u. 662.
ö) Sbenba, @. 568.
^0) gbciibQ, @. 570.
1*) ©uttinger unter bem «Sc^Iagworte „Otunb^ecr", @. 319.
12) (gbenba unter bem ©t^logworte „Oruwb^err", @. 319.
— 243 —
tom 14. Hprit 1576 »») begriffen iDerbeu, baß bie ©tabt ffiicn
^Da^ienige, ipad unter il^re Öuri^biction auf ungeoogte Sinber
iäüt, allein in oerger^aben unb im künftigen gu Der antworten
i)abe; nur fo eröffnet ftd) bad SSerftfinbnig fär bie Sntfc^eibung
Dom 19. «uguft 1608 1^), „baß bie Obrigfeit, meiere fi^ ber
t^ödigen 9(bminiftration if|rer Pupillen, au§er @r^
fe^ung einiger ®er{|aben0 annehme (meiere trog bed \>o»
fitioen (Seboted bennoc^ feine ®erf|aben fege), ben 'l^upiUen bad
b^rige in ^auptfac^en, Sntereffe unb fcftaben gut niad)eii muffe'', unb
ba§ nacft einer Gntft^eibung au« bem 3a^re 1658 *^) eine Obrig^
f cit Denienigen, welche unter i^rer 3uri«biction ®ai*
fen »erben, ©ergaben oerorbnen foHe ober im cnt*
gegengefegten $a((e felbft ©er^ab fei unb bie <S(^u(b
eine« ®crl)aben tragen muffe.
alle biefe ©teöen ermatten i^re rid)tige üDeutung erft burc^
bie ^e^ie^ung auf bie ©onberfteQung, n)e(c^e eben ben @täbten
unb ÜRörften unb ben ©runbobrigfeiten ald Obergerl^aben i^ufam,
auf jene ©onberfteUung, meiere in ber oberöfterreidiifc^en Sanbtd =
orbnung fo flar unb fcbarf l)eroorge^oben, unb xodä)t aud ben
anberen gleichzeitigen ober felbft früfjeren (Sefegen unb aufge*
jeic^neten ©eiro^n^eiten entfcf)rounben mar.
Diefe ©onberfteUung ber ©tabte unb SÖJärfte unb ber
®runb^errcn erf(ärt e« allein, ba§ i^uen bie ÖeftcUung be« SBor-
munbed, felbft o^ne Stücffic^r auf ^ermanbtfc^aft be« ^er^aben
mit bem Pupillen, anheimgegeben mar, bag fie l'ie Ü)2ünbe(gelber
in Rauben Ratten unb in ber 93errec^nung bed ^aifenoermögen«
eine ganj befonbere ©teöung einnehmen fonnten^").
!Die ^une^menbe Sebeutung ber Dberoormunbfcbaft fc^roäc^te
freiließ in ber ^o(ge biefe eben »a^rgenommcnen lluterft^iebe bei
ber SSergerbobung ber ^upitlen ber oerfc^iebenen ©tftnbe er^eb*
iid) ab; nic^t einmal ber SBiUe bed 33aterd fonnte ben mäditigen
(Hinflug begatten, tt)el(i|en il^m bad überlieferte 9ied)t bema^rt
hatte, unb bie ©ebeutung ber greunbf(^aft üerlor fi^ immer me^r
au« bem geltenben 9ted)te, unb ba bie Stellung bed ä3ormunbed
iiur 95ormunbfc^aft«behörbe felbft bei ben oberen ©täuben immer
eine abhängigere gemorben mar, fo fann eö nic^t ^unber neb«
men, ba§ fchlieglid) bie ©tellung be« SSormunbed in Slbfic^t
") «Suttingcr unter bem ©(^lagroorte „'S)tx ©tabtiÖJien @rb«9lec^t
betrcffenb", @. 891.
^*) (Sbenba unter bem <Sc^Iagn)orte „Obrtgfettlic^e ^bmtutfiration bet
^n^jitten", @. 632.
^^) (Sbenba unter bem (Schlagworte „^upiUen uub ber ST^inberiä^rtgen
<9üter, welcher <9efta(t fte oertaufft tuerben föimen", @. 6:^5.
^^) $Qnbt«orbnung für Oefierrei(h ob ber @nn9, III. 9u(h, 43. Sttet,
©. 668, 670 unb 671 u. ff.
16*
244 —
auf bie S3erm5gendt)erkDa(tttitg bei aQen ^uptQen nur me^r bur(^
bie ©ä^e be^ matertetlen Sterte« unb bnr^ bie Snorbnung ber
33ormunbf(^aftdbel^örbe il^re tiö^ere ^eflitnmuttg erl^ielt
^ac^ biefen einleitenben ^emerfungen fönnten mir fogteic^
auf bie !£)etatlbeftimmungen übet bie Slbminiftration bed 9Runbe(»
Dermögend übergeben, menn mir und nic^t noc^ im SIKgemeiiten
bie f^rage Dorlegen müßten, ob ftc^ eine tatela fructuaria au(^
im öfterrei(^i|(^en Steckte bed 16. nvlb 17. So^r^unbcrtd no4
ermatten ^abe.
S« fönnte om erften Slidfe fc^einen, al« ob biefe ^vaqt
unbebingt oerneint merben muffe, ba bie Stec^t^queden biefer
^eriobe biefen aiudbrud gar niemals gebrauchen unb erft otel
fpätere ©c^riftftetter SSoffiuö*') unb rSannija^^) , nebenher
biefer 9(rt ber Sormunbfc^aft ermähnen/
3nbeffen glauben loir benno^, in ber ^olijeiorbnung be^
3a^red 1552 ©puren ber tutela fructuaria entbeden ju lönnen,
inbem biefed ®efe^ principied an mehreren ©teilen gtoifc^en bem
^Seftanb-'' unb bem „SRait^Sormunbe" unterft^ieb unb ber
^eftanbüormunb nic^td Slnbered a(d ein 9teftbuum bed tutor
fructuarius gemefen fein bürfte.
(Srinnern mir uud t)or 9tlem ber Slnfid^t Sraut'd, bag bie
tutela fructuaria ftc^ enge an bie ä(tgermanif(^en mirt^fi^aft«
(ic^en 93er^ältuiffe anfc^to§, bag ber SBormunb aud bem 3JlünhtU
gute ben Unterhalt bed SDiünbeld beftritt, unb bag er ^rüc^te,
meiere er über biefen älufmanb ^inaud bur(^ eigene. äJ^ü^e^
maltung aud bem SDlünbetoermögen 30g, aU fein SSermögen an«
fe^en lonnte, indbefonbere bann, menn ber ältefte ^Bruber bie
SSormunbfc^aft über feine minberiä^rtgen ®ef(^mifter führte;
erinnern mir und meiter baran, ba§ bie @ntIo^nung bed SSor-
munbed fic^ in Deutfc^tanb im Snfc^tuffe an bie tutela usu-
fructuaria^ gemiffermagen ate (Srfag berfelben, ^eraudgebitbet
^attei»).
Offenbar mit Oe^ug auf biefe beutfc^rec^ttic^e ©emo^ni^eit
foQten nad^ ber ^olijeiorbnung bed 3abred 1552 bie 9iait^änbler
in Uebertegung gießen, ob ed nic^t nü^(i(^ fei, einem ©ergaben
mit SSormiffen ber Obrigfeit ober ber ©eric^te bie ©üter bed
3ßünbe(d in ^eftanbt p geben, unb bann l^atte biefer fogenonnte
„öeftanb'Ser^ab" feine fernere iBefolbung ju genießen; ed ^atte
auc^ gang befonberd ber ättere JBruber bad Sie^t, „ftc^ ber ab«
miniftration ber ®üter ju gebrauchen", in meiern ^aüt bann
*^) 93offtu0, <@. 301: „Remuneratio quoque locnm habere non
potest, cum tutor usufructuarius constitutus est/'
18) ©annijo, @. 23, bann @. 43—49.
lö) Äraut, @. 82—84.
»»;1
•U/^
— 245 —
mit biefem alteren JSruber bie Sachen auf einen Seftanb ge«
^anbett tt)erben mugten, unb jloar im ^eifein ber nöciiften greunbe :^^
unb unter Stn^eige an bie Dbrigfeit, bamit bie lungeren trüber
burt^ bie älteren nit^t benadit^eitigt mürben" ^^).
äBenn au(^ bie tutela fructuaria burd) bie 3lbf(^[iegung
eined Seftanbüertragcd eine gonj befonbere ®efta(t angenommen
^atte, fo lag bod^ in bem Umftanbe, baß bcr ©eftanb»®er^ab fo . ^*m
beftimmt üon bem 9{ait« ©ergaben unterfc^ieben teurbe, umfome^r ;|
eine Erinnerung an bie alte tutela fructuaria, a(d benn au(^ 'i|
noc^ in biefer ^oliieiorbnung bad 9lf^t bed alteften ^ruber«^ —
be« noc^ften ©c^wertmagen — ^ al« Seftanb*®cr^ab einzutreten,
gema^rt toar ^0 "^^^ ^'^ ^^^ SBegfaQ eine« ^onorard für ben Söt^
ftanb'®er^aben beutlic^ geigt, bag eben in bem Seftanbe ber
®üter bed üinünbeld bad Honorar für ben SSormunb aU inbe^
griffen angefe^en mürbe.
bb) !6on ben 9tdittn unb ^flic^ten be« Sormunbed in Sfjte^ung auf bie
Verwaltung bed aRünbrtoetmögen« tni$be{onbere.
SBenben nnr und nac^ biefer allgemeinen Betrachtung ber
Befugniffe unb ^flic^ten, meiere ber ^ormunb in 9tüct[i(^t auf
bie Slbminiftration bed SOtünbel^Dermögend l^atte, ben eingetnen
Beftimmungen ber iRec^tdqueUen gu, fo fallt und:
1. bie $f(id)t bed 93ormunbed in bie äiugen, bad
Vermögen bed 9J2ünbeU in feine ©emalt gu bringen
unb bie IDidpofitiou über badfelbe gu erlangen.
!Da ber Beginn ber Bormunbfc^aft meift burc^ ben £ob
bed 9$aterd nott^menbig rourbe, fo ergab fic^ hieran« bie boppelte
9^ot^menbigfeit, bad Sßermögen bed §}2ünbe(0 oon bem S3er«
mögen ber übertebenben Wlntttv gu trennen unb bie
Srbtbeilung bed uäterltc^en SSermögend unter ben
(Srben bed 93aterd gu betreiben.
Beibe ^xocde mürben in ber ffolge burc^ ein ein^eitUc^ed
Serf a^ren erreicht : burc^ bie im öfterreic^ifc^en 9ie(^te fo micl)tige
SBerlaffenfc^aftdab^anbtung; im 16. unb 17. 3abrt)unberte, in
melden bie 3}erlaffenfd)aftdab{|anb(ung noc^ burd)aud eine beftimmte
®efta(t nic^t angenommen ^atte, mürbe bie ^Abfertigung ber . •<
SRutter unb bie eigentliche (Srbt^eilung genau unterfd^ieben, unb ' ^
mir ^oben bal^er bie 93erpfli(^tung, Don beiben *ißunften getrennt
}u ^anbeln.
©ad nun bie Abfertigung ber SDiutter betrifft, fo enthält
bie Sleform guter ^oligei Dom 3a^re 1552 ©teilen, meiere bie
©id|tigfeit biefed äcted im 3ntereffe ber '^Jupillen fe^r ftarf
betonen. * -^
'».
\ t
.^
^ 9teforni puter ^olij^ei, go(. XXni.
2J) (gbeuba, Sol. XXIII unb XXIIIv.
— 246 —
!£)iefe @teQen lauten: ,,@d foQ auc^ bie obocrtigung foft^cr
ÜRücter (iiQ^mlid^'ber {Rechten* unb@Heff*ü»utter) bur(^ bic ®en
^aben mit möglicher {^örberung befc^e^en, Slngefe^en, bad bm
^inbern baoon ntd^t tDenig nu| unb n^otfart erfprieffen^ unb offt
nachteiliger unb öerberbli^er fd^aben üer^uet merben mag."
„Öh auc^ gteic^mo^t bie SKueter ©er^ab mar, fo foQ nic^t
ntinber bie aboertigung ober aug^aigung burc^ bie ©ergaben be«
fc^e^en, bamit bie unric^ttgf^aitcn, fo aui^ irriger oermifc^ung
ber Ouetter cntfteen mag, oer^üet unb fürfomen werbe." *)
Die SBic^ligfeit ber mütterli^en ?lbfcrtigung cr^elU aber
auc^ atdbalb au^ ben gro§en Steckten, welche, nac^ SQSalt^er'^
3eugniffe (ha^ in biefem fünfte maSgebenb ift unb welchem
uQ^eju alle fpätcren ©c^riftfteüer notftgefc^rieben ^aben), ber ©ttioe
an bem 3$ermögen be« @^egatten }uftanben.
^Sine SiJime (be« Abel«* ober ^errenftanbc«) »ar nämlic^,
nac^ SBalt^er'«3«"9"ifRi^^^^ öcrftorbencn5)au«njirtl^«DerIaffene
$)ab unb®uctter feinen Srben abzutreten nicfet fc^ufbig, fie locrbc benn
^UDor i^re« S3ermäd)t« unb 3'Jft^dung i^re« ^e^rat^isgutd, ^iber»
lag, 3J2orgengab ober ge)ci)enften ®ut«, auc^ ber fo^renben ^aab unb
anbern SScrraögen i^re« ^abenben ^e^rot^^Sriefe gänjlic^ abge*
fertigt, unb folange fie nic^t abgefertigt würbe, foUten i^r alle
92ut^ungen folgen unb bleiben, fo oiel beren oon i^rem oerftorbe«
neu ^au^wirtl} Derlaffenen ^aab unb ®uetter bi« gu i^rcc Sb-'
fertigung gefallen rooren." '^)
£)a biefe« ^tä^t ber ^itwe auf alle 9{u^ungen be«
9?ac^Iaffe<$ t^red @^egatten nit^t nur „unbi^putirlic^'' war, tsenn
ber ^eiratdbrief bie betreffenbe Slaufet enthielt, fonbern auc^ bann,
wenn barin ni(i)td baoon enthalten war , t)ielme]^r eine Söt^
fdirönfung ber SBitwe auf etliche @tü(fe be« 9{ad)laffe« im ^eirat««
briefe befonber« au«gebrücft werben mußtet); ba ferner biefe
SRec^te niclit nur ber rechten, fonbern audj ber (Stiefmutter ju*
famen *) ; ba enblic^ ber redeten unb ber Stiefmutter in
9lnfel|ung biefer i^rer (^orbcrungen ein ftiUf(^weigenbee ^fanbrec^t
an bem SSermögen be« ®atten pftanb^), welche« im fyaOe be«
ßoncurfe« in 9lnfe^ung bc« $eirat«gute« ein prioilegirteö ®) war,
fo ift e« Kar, ba§ bie Abfertigung ber SBitwen im Sntcreffe ber
Pupillen bringenb geboten war, unb bag bie ©ergaben fo ftarf
angetrieben würben, biefe Slbfertigung }u bewirten.
Sattler bezeugt auc^, bag bie Sßitwen fe^r l^aufig au«
1) dtefonn guter Voltgei, Sol. XXIII.
2) 9BQlt§er, Tractatus III, cap. I, @. 962.
=») (gbcnba, ©. 963.
*) (Sbenba.
») (Sbenba, cap. III, @. 966, unb Tractatus VI, cap. VI, @. 982.
*) (Sbenbo, Tractatua VI, cap. VI, @. 988.
— 247 —
biefem ®runbe ficb mit ber SSerger^abung ber Ainber fel^r lauge
3eit Hegen unb ipö^renb biefer ^tit bie ®uter bed berftorbeneu
^oudtotrt^d nu^ten unb gebrauchten — unb er erf(ört fobann,
bag eine SSitme, welche beim SanbmarfdiaU nidit geitlid) anlangte,
ben Äinbern (Serl^abcn ju beftellen, unb welche i^re eigene Slbferti^
gung nid^t betrieb, fd^ulbig mar, fic^ mit ben Sinbern bei beren S3ogt*^
barfeit, be^ie^uugdmetfe mit beren ©ergaben, um bie eingenommenen
5Wutungen ju vergleichen'); allein meber biefe 8Sorfc^rift, noc^
bie weitere ©cftimmung ber ^oli^ciorbnung bcö 3at|re« 1552 8),
nha% eine Sitme, meiere nic^t bie Dbrigfeit nac^ bem jEobe i^red
3)?Qnned um bie Sperrung unb Snoentirung fotc^' iE)red ^audmirt^d
öerlaffenen @titer anlange, i^re ^rioitegien — ben 9luft unb
(äebrauc^ ber 3$er(affenf(^aft, bie ftiUfc^metgenbe ^Qpotljef unb bad
priDÜegirte ^f anbrecht im ßoncurfe — üerliere" ^), oermod^ten
einen ^röbentiofc^u^ entbehrlich }u machen , fonbern ed traf
immer bie ®erl)aben bie SSerbinblic^feif, bie 2Ibfertigung felbft in bie
^onb j(u nebmen unb nac^ Gräften ;\u betreiben.
@« fann nic^t an biefer Stelle unfere aufgäbe fein, ju
untcrfu^en, auf meiere ©eifc biefe Slbfertigung ber ffiitmen er*
folgen mugte; ^ier fei nur conftatirt, bag bie älbfertigung ber
9Bitmen ber oberen @tänbe, menn im ^eiratdbriefe ein älnbered
nic^t bebungen mar, /^mifc^en 3ßeil)nac4ten unb Sic^tmeg gu gefc^el^en
^atte ^% unb bag analoge 9}ec^te, nacf) bem B^ugniffe ber Sanb«
tafel Oefterreic^^ unter ber @nn^, fic^ auc^ bei ben unteren
©täuben Dorfanben ^*).
!l)ie nö^ere !£)arfte(lung eben biefer icf^xt gehört in \>a9 e^e-
lid^e ©üterrec^t, auf melc^ed mir übrigen^, an(ä§lic^ ber Stage
nac^ bem Seftanbe einer e^egattlic^en SSormunbfc^aft, an einem
fpäteren Orte biefer ®ct|rift noct) ju fprec^en tommen »erben ^2).
'^) SBalttier, Tractatus III, cap. XV.
^) 9olt}rioTbnung oon 1552, gol. XXIII; SBalt^er, Tractatus III,
cap. I, @. 963. cap. XIV, @. 970; ©utttnger unter bem ^c^lagioortc
„Wittib ifl fc^ulbig, ein Stioentartum ouf^urtc^ten", ®, 904, unb unter bem
^c^lagmorte „^uoentarium", @. 369.
^ @ie^e S«ote 8 unb inebefoubere Söalt^er, TracUtus VI, cap. VI,
^. 984 unb 985.
*0) ©alt^er, Tractatus III, C4ip. VI.
11) ?anbt«orbnung ffir Oeperretc^ unter ber (Snnd, II. $3u(4, 28. £ttel
%oU 195-205.
12) 2)er Sic^tigtMt falber mögen gleich an bttfcm Orte bie ftauptffic^*
It^fien CueHen bed ^eimifd^en e^eltc^en ®fiterre(^tc« angegeben toerben. @te ^nben
flc!^ A) in 99alti)fr'f) Tractatus aureus, Tract. III: „Sie e« mit Abfertigung
ber Sßittfrauen bei beneu oom %bel unb ^errn-^tanb nad) ^rauc^ be« (SrQ«
^trjogt^um« Oefierreidjd gehalten mirb", @. 962—972; Tract. IV: „De Sac-
cessione mariti uzore mortua*', (g. 973—975, unb Tract. VI. „9Rit maf
Orbnmig in ben (Sriba^anblungen bte ®löubtger unb Anfprcc^er beja^It merben
— 248 —
SSßaren bte $uptC(en oon ber SJtutter abget^eitt, fo oblag
nunmehr bem SSormunbe, foUd nic^t bip SerlaffenfdiQft bed 9$atfr^
fottfti". b) iRa^eju ooQfoininen gletc^Iautenb mit 9S alt^er'd Tractatus aureas,
imb ba^er aud Sßalt^er entnommen, fUtb bie Sitel 81—95 unb 107 — 116 be«
britten ibuc^e« bev Sanbtdorbnung Oef)erret(40 unter bev (Sund, an^ weld^cr
2anbtdorbnung oud) noc^ ber Sitel 28 bed gmriten ^uc^ee „^on ^eurat^d«
guettern, luibertegung, iDlorgengab" zc, goL 195—205, unb ber £tte( 29 be«
itn)etteu I6ut^ed ,,ißon Donationen uub Uebergabrn unter Sebenbigen", goL 20öv.
bt«) 207, p bejte^en ftnb. c) 2)te Sanbtdorbnung Oeflerreic^d ob ber (Snn« ^au*
beft non btefem ^egenfianbe im III. XfitxU, 38. Stitel : ,,$on $et)rat^en, (SCie«
^anblungen unb ärtottfc^aften", @. 515— 520; 39. Xitel: ,,93on $r))rat^«-Hb*
reben , ^et^ratl^e - ©uettern ober C^^efteuer , $BiberIag unb SRorgengab'%
^. 520—588; 40. 2:itel: „©Ott fonberbaljren gretj^eitcn ber (giepcucrn",
<£. 533—540, unb 41. Xitel: „9en 9lbfertigung ber SIttiber unb SSittibeu
nad^ aineS unb be« aubern t^eiU Xöblic^en 3[bgang", (S. 540—550. d) @ut-
tinger indbefonbere unter ben ^(^lagroorten „Donatio'', <8. 136, „Donatio
Parentis inter Liberos", (S. 138, „Dotem numeratam esse oportet", ^, 143,
eroberte ®üter in näftcrnber (g^e", ^, 197, „ga^rnug" @. 228, „(Setüd^r
jugleic^'' @. 290, „(Semä^r auf gefammte $anb", ®. 291, „©erofi^r auf Uebcr*
leben", <g. 291, „^etjrat-®ut", @. 838, „t)ei)rat^««@nt»«or;^ug", ©. 338,
„$e^rat^«=»ermäc^t", @. 341, „^e^rot^-^breb betreffcnb", @. 341. „©cn«
rat^«-«rief", @. 342, „^oc^jeit ^röfent*, 6.342, „iX)poi\itt\ @. 348, „In-
ventaril-Beneficium", (S. 357, „ÖJittiblic^c Abfertigung bfireffenb", @. 900,
„©ittib @riff miib ni^t pü^fixt", @. 908, „tBittib ifl fc^ulbtg, ein Siiüen-
tarium aufzurichten'', «S. 904. e) ^(!^n)ar|}ent Malier in feinem Tractatns de
pignoribus et Hypothecia, 17. bi« 30. dapitti, @. 126-940. f) ^etngfirt«
ler, II. ^ndii, VII. Xitel, ^De Donationlbus", @. 94—106; g) ginflertDal-
ber QQUj befonbere aud|ü^rlid) unb ^auptföc^ltc^ mit 8e^te^ung anf föalt^er
unb bte oberöperrei(^i{c^c Sanbtafel im II. ^ud) Obaervatio 109. „De Pactis
dotalibus etc.", @. 570, unb im IV. f6u6)t Obaervatio 5 biö tnclufioe Obser-
vatio 23, @. 30 bi« 187. h) Äeutter ad Tab. VI, ©.9, ad Tab. XII, @. 13.
i) )6ecfmann unter ben ©(^lagmorten „Concurdus creditorum", @. 72,
„Donatio inter vivoa'*, @. 112; „Donatio propter nuptias", @. 113; „Dos";
^, 114; „Dotalitium", «g. 116; „Oemc^r", B. 179 unb 180; „^f^rat«.
(£ontract sive pacta dotalia'\ @. 190; „$e^ratd^(Sontract unb ^ei^rat««
Jörieff", (g. 191; „Inventarium", <©. 222; „Pacta dotalia", @. 327; „Pa-
raphernalia", ^. 830; „Pignus", @. 333; ,,Successio ab intestato" ig. 465 ;
„Vidua", @. 536 unb 537; „Uxores", (5. 554; „©iberJog", @. 559;
„Witrib", @. 560 unb 561. ©i8 jur (Sinfuftrung eine« neuen ^ntcitotcrb-
re^te« in Oefierretc^ blieben bie 9lec^tdoer^ältuif[e be« überlebrnoen @^egatten
im SBefentlidjen biefelben ; namentlit!^ Ratten bie (S^egatten fein eigentU<!^e9
3nteflaterbred)t auc^ bei bem gSn^Iic^en SDtangel an 9$erinonbten. !3)ie0 bt»'
seugt neben oieleu anbereu (gd)riftf!eUern am beutlic^ften Steutter, ad Tab.
XII, ju ber grage: „Sarumen bie pacta dotalia in Oefierreic^ fo gemein fet^nb".
(Sr fleOt ba« (Srbred^t ber überlebenben ©Regatten nod^ römifc^em Steckte bat
unb fä^n fort: „Sn biefem Sanb mirb ba« contrarinm bnrd)ge^en^6 obferoirt
unb fäUt ber nerflorbenen (i£on))erfon i^erlaffenfc^aft bem giöco beim, ba^ero
fe^nb bie pacta dotalia ober ^e^rat^«'®rieff aüffitt gar gemein." ^lii Md'
ft(^t auf biefen Umftanb mug and) noc^ bier k) bed „neuen ^at^t^ unb (Srb«
redete« auger Xefiameut" gebac^t roerben, metc^er für Oeflerretd) unter ber
(Snn« am 28. Wlax 1720 (Cod. anstr. @up))I.*8b. I, @. 952) unb ffir Ober«
öfierreic^ (unb @teirrmart) am 16. 37^arg 1729 (Cod. austr. @u^p(.-«b. ü.
(g. 504) publicirt, unb in nielc^em im 14. Xitel „S3ann unb mie bie (£(^e*
leute einanber erben mögen'' ein auf bem (S^rnnbfa^^e be« römifc^rn Srbrec^te«
— 249 —
unget^eilt in be« ätteften ^ruberd ^anben ^u uerbleibeit l^atu,
hie (Srbtl^etfung unter ben 9){tterben ju betreiben ; bie @rbt^ei(ung
fonnte nun aüerbing«, nac^ äBoItl^er^« S^^fl^iff^ *'0/ ^^^^^ ben
(Srben freimißig erfolgen; fonnten fie fidj nid|t einigen, fo iDurben
X^eilungdcommifföre ernannt, meiere bie £t|ei(e machen, unb ed
fyittt bann ta^ jüngfte ßinb, rotnn ed b(od mit feinen ©efc^niftern
erbte, bie SBa^t unter ben Zt^eiUrt, nelc^e VHai^i, menn bad ^inb
unDogtbar ttar, Dom ©erl^aben getroffen würbe.
jiraf bagegen bad ftinb mit anberen @rben, aU mit Sinbern
^ufornmen, ober mar nid)t bie @rbf4iaft be^ 9$a ter^, fonbern eine
anbere (Srbfc^aft ju t()eilen, fo batte fein Z^eit bie ^a^(, fonbern
ed mugte ftetd bad Sod entfc^eiben.
!Die nähere ^arfteUung ber Srbt^eitung mu§ jeboc^ aber«
mal^ einem ©peciatmerte über ba^ Srbrec^t Oefterreic^d über«
laffeu bleiben ^^), in welchem auc^ bie 9{ec^t«oerbä(tniffe ber foge*
nannten „oerjie^cnen löc^ter be« ^errn^ unb Ötitterftanbe^'' er*
örtert loerben muffen, meiere regelmäßig, menn ein 9J2anne^ftamm
oor^anben mar, oon ber Däterlidjen unb auc^ t)on ber brüber^
liefen @rbfc^aft auögefc^Ioffen maren '^).
baftrte« 92ad)fotQfTed)t ber (S^fgatten einiicfi'i^vt mürbe. Wn ^tfxdfxdit auf
btefe neuen C^efe^e finb uoc^ 311 ermahnen fiber bte in 9lfbe Üe^enbe grage
n örenef, @. 203, 267—270 unb 297. m) »oHiu«, ©. 226—250,
262—270, 272—276, 336—336. n) i^of. Seou. ©ainiija ü. ©ajan „Dis-
quisitio de Aoalogia juris germauici civilis communis cum jure provinciali
aastriaco quoad snccessionem. Vienuae 1767. o) 5Donner II, <S. 65;
III, 143 unb 145, bann 187—195. p) ftaifer 3offf IL 3utenaterbrr(4t««(ie*
fc^ 00m 11. SD^at 1786, 92r. 548 ;>. (9. e., §§. 23 unb 24, baim q) bad
^ofeftnifc^e bürgerliche (Sefc^bud) im III. $au|)tfta(ie, §§. 51—97.
13) ^alt^er, Tract. V.: „$on ben (Srbfc^aften, luie biefrlben get^eilt
werben foflen."
^*) lieber (ärbt^eilungen fie^e auger bem 92ote 13 belogenen $au))t-
roerfe a) bie SanDteorbnung Oefterreid)«' unter ber (Snnd , III. ^uc^, ^ittl
96 — 102, ^ol. 304— 308 V. b) bie l^anbtdorbnung Oefterretd)« ob ber (Snnd,
V. Xt^tiU 16. Stitel: „«on J^ciluug ber C£rb [(galten", e. 816—830. c) ffieiu-
gd rtler, III. @uct) , I. ^itel , (^. 149. d) ^edmanu unter bem
ecftlagwortc „Srben", „Erbgüter", „erbidjaft", .(grbt^eilmig", e. 136—138.
e) !£)er ^a^ unb Orbnung bed (Erbrechte« auger 2:eflament für Off)errei(^
ob unb unter ber dum unb @teiermarf ('J^ote 12 kj entl)ielt im 17. £itel
„9on S^eilungen ber (Srbfc^aft" neue ^oifc^rifteu, nadj beneu audbrüdtic^
(§. TII) ben (^er^abeu be9 3üng|ten ba« 9ied)t ber Sat)( ber Dom t&elteflen
gemachten ^^ei(e gcroa^rt würbe, menn e« fi(^ um (Srbtl^eilung in obfleigenber
2mit banbelte; bei anberen (Srbf(^afteu mugte über bie (Srbt{^eile ba« Sod ge»
V'OTfen werben (§. X). f) Sßoffiu«, @. 171—173. g) ©annija, in bem in
ber 9lote 13 ongefü^rten ©ertc. h) 2)onner II, e. 69-76.
^^) Heber bie SBeiberberjit^te be« $errn« unb SZitrerflanbe« : a) ®al>
t^er, Tractatus I, cap. VI, (@. 928, unb cap XX, @. 936, in welchem
au«brücflic4 brn SBeibdbilbern oom Übel- unb $errnflanb bad (Srbrec^t —
etft€f)e göUe auegenommeu — abgefproctien mürbe. Uebcreinflimmenb l)iemit
b) 2anbt0orbnung Oef}erret(4« unter ber (Snn9, III. Sac^, 74. 2:ttel, gol. 287v.,
unb 76. Sitel, gel. 289. c) Sunbteorbnung für Oefierrei^ ob ber (Snn0,
— 250 —
2. !Dürftig finb bie Seftimmungeu ber SRec^t^queHen bie gur
©er^abfc^oftdorbnung Dom 18. ^^ebruar 1669 über bie @r^Q(«
tung unb Sen)trt^fd)Qftung befl 3)iünbe(oermögend.
ffiurbc mit bem ©ergaben — ,,mit SSorwiffen ber Obrigfcit
ober bed ©eric^td nadi aigentü(^er unb genuegfamer erf^unbigung
aüer Oefegen^eit ber ©üter" — ein ©eftanbbertrag Qbgef(^fo[[en,
^atte man ed mit einem p.Seftanb«" im ©egenfa^e }u einem 9taiu
ger^aben in t^un : bann mugte bie Obrigfeit nur ä3orforge treffen,
„bog bie (Suetti'r (be^ 3)}ünbel^) nic^t ßefcf)mäUert, unb bt^ $u«
piQen 9(rme Unbertbanen, n)0 beren dor^anben fein, nic^t befc^mert
merben", unb e^ mu^te ber ,,genuegfome Seftannbtbritf mit atten
notfurfftigen ßloufeln gefertigt merben" ^^) ; über bie äbminiftration
be« SSermögend felbfttrof bie^oli^eiorbnung aber feine anbere i^erfü^
gung, a(d bo§, menn fc^cn ein 93erbad)t einer übten SSermaltung fi(t
äußere, ^bie 3lbminiftration unb oenDoliung ber ©üetter burc^
ben äSormunb in oerpot ge(e^]t, unb in fachen gepürlic^ unb not«
menbig, burc^ färberltd)e 3nquifttion, nacf)frag unb erf^unbigung
audi befic^tigung ber ®üetter getjalten unb Dotgenbtd borauf nad)
geftalt unb gelegent^ait ber fadjen, be« Pupillen notturfft bur4
bie Obrigf^ait fürgenommen, oerorbnet unb gebanblet, unb barinn
f^ain faumbnu^, oer^ug, noc^ oerlängerung gebraucht noc^ geftattet
merben foüe" *').
äuöer biefen ©eftimmungen ber 9feform guter ^otisei finbcn
fic^ nur noc^ aud biefer 3^it einige bei ©uttinger oufgejeic^nete
ßntft^eibungen — üom 18. Spril 1569, bo§ bie ©ergaben ben
gerichtlichen 33erorbnungen nadi ^anbe(n unb nic^td beterioriren
faffen foOen '«); — oom 19. äuguft 1608, bag bie $errfc^aft
auf bad Srbgebü^rniß ber Rapiden Sichtung ^u geben, badfelbe 3U
beffern unb barauf }u fe^en ^abe, ba§ e« nid)t übel angelegt, aggraoirt
unb gefcbmö(ert merbe, unb ha% bie ®rünbe nic^t in Slböbung
m. %\it\t, 42. Zittl, <B. 550. d) @ u 1 1 1 it g e r, „&vht, (Sxh^d^afV tc,
@. 174—197, „TestADientum ultimi de familia'', @. 806 , „^rr^tc^teB"«
<S. 837 unb 839. e) 99 e t n g ar 1 1 ( r, @. 151 unb 154. f) ginfteT*
walber. IV. ©u(^, Observatio 27—31, @. 178—222. g) 9{eutter, ad
Tab. XII, ®. 12. h) ^edtmaun untec bem ©djia^roorte „BttiW,
€5. 532. i) Xtx @Q% unb Orbtiung be« Q^rbrec^tr« auger Xr|lament enthielt
im 12. Stitrl bie Seflodgunq be« alten Sanbt6braud^f9. k) $offiu«,
^. 329—332. 1) 8 a n n t i( a in bem [Sfloit 12 n) angeführten SBerfe. m) ^ o fi.
n er, II. !{)b., @. 47 u. ff. ^nfge^oben roxitht biefe« 3nf)itiit ber üergie^enei
Söc^ter burc^ ba« (92ote 12 p) belogene ^nteftatetbvec^tögejfO i^aifer ^ofef IL
(@te^e befonber« §. 27.)
>*) ^olisetorbung t)on 1552, go(. XXv., unb ^temit fiberetnfhmmeol
Sanbt«orbnung für Oeflerrei^ ob ber iSnn«, II. «uc^, VII. £itel, go(. 127.
17) $oi{)eiorbnung oon 1552, gol. XXII; Sanbt^orbnung ffir Oefter'
rei(4 ob ber (Snn9 a. a. O., @. 578.
1^) @utttnger unter bem @(^(ag»orte „^er^ab", (S. 274.
— 251 —
fommcn ^*); — unb cnblic^ oom 2. 3uni 1595, ba§ 3cber, ber
einen SSormunb einer ungebüt)rtic^en ^bminiftration in feiner äSor«
munbfd^aft befc^utbigen TDüüe, bied auc^ ermeifen muffe ^^).
(Sine befonbere SSorfc^rift galt nac^ ben äBiener t$reiE)eiten t)oni
12. aWäri 1526 für bie ffiiener ©ürger, nac^ »eldier Öürger*
meifter unb ißat^ bie Uegenben ®üter ber ^upiQen ade 3at)re
befc^auen (äffen mugten, bamit biefe ®üter mit r^teig unterhatten
unb gebaut »erben ^i).
@nbli(^ ^atte fid^ bie nac^ ber obberennfifc^en Sanbe^orbnung
für bie ^upiQen ber ©tobte unb SOtärfte unb ber ©runbobrigfeiteu
Dorgeft^riebene Slat^Iagfperre '^'^) nac^ einem $Ratt)«befcl)Iuffe ber 9ie*
gierung oom 11. !December 1648, bereit« auf hk oberen ©länbe
ouegebe^ttt ^^), unb eö war »citer im Oa^re 1656 oon berfelben
$)e^örbe bef(^(offen irorbcn, beftimmte dtäti)t ab^uorbnen, meiere
fi^ oon 93ieite(«' }u 93ierte(iat)r nic^t blöd über bie 93erforgung
ber $upiQen, fonbern auc^ über bie ^bminiftration be« ^Jjermögend
berfelben ju erfunbigcn Ratten *^^).
3. 33iel audgebilbeter maren fc^on bie Seftimmungen bed
16. ^a^r^unbertd über bie 93eröugerung bed SOtünbeloer^
mögenß. Die ffiiener grei^eiten oom 12. ü)iär^ 1526 beftimmten,
„ba§ bie Itegenben ©ütcr eine« ^upiUen nur unter ber einzigen
33orau«fe^un9 angegriffen unb mit SSiiffen unb 93ergönnen be«
©ürgermeifler« unö tRot^« oerfauft »erben burften, »enn 3Sater
unb ^JD2uttcr ®etb^@d)ul(en ^interlaffen Ratten, »elc^e ntc^t anber«
beja^tt »erben fonnten, unb bag bie ©ergaben »eber burc^ fic^
fetbft, noc^ burc^ jemanb Slnberen i^rer '^fleg^'^inber ®ut nac^fteUen,
noc^ fouff»ei6 ober auf anbere ©eife an fic^ bringen burften** '^^).
S)ie $o[i}eiorbnung oon 1552 enti)ie(t bagegen fcbon ein«
ge^enbere ^eftimmungen über biefe au« bem römifc^en 9{ec^te ent-
nommenen 93erciuBerung«Derbote.
«tjo^renbe unb be»egUd}e ®üter ber ^upiüen, »elc^e burc^
Siegen oerborbcn, oerloien ober oertrdgen »erben — barau« bann
ben "^upiUen ©c^oben unb 92a(^tbei( erfolgen möchte, foUten nac^
3n^alt be« Snoentarinm« burd) ©c^ä^leute gefc^ö^t unb mit oor<*
»iffen ber Cbrigleit fubl^aftirt, oerfauft unb ju ®elb gemacht
»erben, unb »enn bie ^upiüen ben S3ertauf beftimmter, bem S3er«
'ö) ©utttnger unter htm ©c^Iagwortf ^Obcrgevöabfc^affi", @. 283.
'^^) (Sbenba unter bem (gd^Iogioorte ,,®eT^aben'', <3. 278.
21) Codex austr. II, @. 490.
22) SanM«orbnung für Oefterreic^ ob ber Qnnd a. a. O., @. 564
unb 565.
23) ©uttinger unter bem @(^(agn)orte „diat^efc^Iug in pleno, bie
2fptvx betreffoib", @. 776; ebenba unter bem ^d^logroorte „föaijen )6ud^9
mb etliche @d)iüg in SBaifenfac^en betreffenb", @. 865.
2«) (Sbenoa.
2*) Codex austr. II, @. 490.
•
— 252 —
berben unterlicgenber t^a^rniffe unb Sfletnobien nic^t }ugeben tootlttn,
fo foüte bic DbrigfcU hierüber cntfc^eibcn."
Sa« aber bie liegenben, unbetpegttc^en ©itter betrifft, [o
l^attt bie $oIi}eiorbnung bie SSeröugerung fc^on aud anberen
©rünben a(d aud folc^en, n)e((^e in ben SBiener ^rei^eiten aUettt
ftatt^aft iDaren, gugelaffen; nur mugte bie 93erftuferung „aM Qt^
nuegfamen Urfad)en^ mit 93orlviffen, ftaattic^er (Srivagung unb @r^
fenntnig be« ©eric^td unb ber Stait^itbler erfolgen" unb burfte
(im gatte ber Silotff) auf bie tiegenben ®ütet erft gegriffen toerben,
mfnn }uerft bie fa^renbe ^abe bereite oeröugert mar, fomie unter
manchen (iegenben ®runbftüden bie „ungelegenften'' frä^er ate
bie bcfferen ®äter l^erangejogen merben mußten 2^); aui^ mar
bem ©erl^aben verboten morben, bad (gut bed ^upiQen unter mad
immer für einem ©d^cin in feinen SJuften ju fc^ren^').
®otDoi)l bie Sanbtdorbnung Oefterreic^d unter unb ob ber
@nnd, a[9 auc^ eine groge älnjal^t oon (Sntfc^eibungen, meiere un«
©uttinger überliefert, befc^äftigten fic^ einge^enb mit bem 93cr«
böte, be}ie^ung^fl)eife mit ben (lauteten bei ber 93eräugerung bed
$upiIIart)ermogen9.
3)ie Sanbtdorbnung oon Defterreic^ unter ber (Snnö oerlangte
für ben 93erfauf ber (iegenben unb ber bemeglic^en „^anpu
©netter'' ber Pupillen 2«^), fomie auc^ für bie SBertouft^ung 29)
berfelben einen gerichtlichen SBiübrief; ebenfo foQte ber SSormunb
eine gerit^tlic^e ^emiQigung einholen, menn er einen ^auptbeftanb
über aüe ®üter ber Pupillen — ni(^t aber bann, menn er nur
einen Seftanb über einzelne ®üter bedfelben fc^liegen moQte^^);
bagegen mürbe fogar ber SSerfauf ber ®üter be« ÜRünbel« on
ben SSormunb, menngleit^ unter großen Sauteten, geftattet ^*).
26). ^oltaciorbniuig Don 1552, got. XXII.
2") (gbeiiba, gol. XXIIIv.
^) ?anbt«orbnmifl für Ocßerreic^ unter ber (Snn«, II. ^ud^, I. £ite(,
goL 102, nac^ melc^er Stelle bann roeber oon einer Doraudge^enben ©c^ä^ung
nodf Don (tnrr ©ub^aßattou metir bie 9lebe mar.
29) cjbenba, II. «ut^, 6. a:itel, gol. 126.
30) (gbcnba, IL ^ud), 7. Xitel, gol. 127.
31) (Sbenba, II. »u4, gol. lOlv. gür ben i&ertauf eine« SRuubelgute«
an ben SSormunb roareu folgenbe (Sauteteu gegeben: „1. !S>tr i^ertauf ^atte
palam unb bona fide nnb mit ^orroiffeu ber uä(^f)en ^efreunbten ju ge-
fd^eben, benen bad (Sinfianb^red^t (lewa^rt bleiben mußte. 2. (^9 mußte unüer«
meiblt(^e nottnrft oorlifgen unb oon ber Dbrtgfeit anerfannt roerben. 3. 2>er
^{itgerbab mugte ben $$ertauf beroiUigen. 4. 2)ie ®ueter mußten burc^ uu'
part^eiifdie iSommiffäre ober gef(^n)orne i3erfonen gef(^ä(}t merben. 5. 2>er
(^erbab mußte ienen ^^leie geben, meldjen aud) ein Ruberer über bie @d)äQUBg
binaud )u geben bereit toar; boc^ foUte bi^bei t)on iRiemanbeu, auc^ nti^t
Don ben nöc^fleu i^efreunbten, eine gefäb^^^icbe (Steigerung flattbaben. 6. 5S>tt
^auffc^ifling mußte oon bem faufenben (^erbaben bem ^i)2it*@erbab(n firafd
iiad^ befcbloffenem uub approbtrtem ^aufe in baarem (Selbe gugeflcUt merben,
unb e« mar nicbt geftattet, boß bie 3ablHng be« fiauffcbiQing« btd }ur (St*
— 263 —
4
!£)ie Sanb^orbnung oott Oefierreic^ ob ber (Snnd fi^Iog fic^
einfach an bie ^oligeiorbnung bc9 do^red 1552 ^2) an, unb eben
badfelbe gitt Don ben meiften (Siitfd)eibungen ber ©eric^te^ toeld^t un(^
@uttinger^^) überliefert, wiemo^I nac^ einer (Entfc^eibung ed
bem SBormunbe geftattet n)ar, fe(bft folc^e bemeglic^e ®egenftönbe
)U oertaufen, »elc^e bem SSerberben nic^t unterlegen maren^^).
4. SBad fc^(ieglid^ bie Anlegung ber aRünbe(geIber
betrifft, fo »erben toir fogleit^ fe^en, baß Oefterreic^ in ber
9ie(^t9ent»i(fe(ung be9 16. unb 17. 3a^r^unberte« mit bem
übrigen Deutfc^Ianb ooQfommen gleichen @(^ritt gehalten ^atte,
bag tndbefonbere bie, obfc^on g(offirt, TlooeOe 72 ßaifer 3ufti«
nian'^ bei und niemals beobac^itet, bag oielme^r bie in ben
^anbeften unb im 6obe; niebergelegten Seftimmungen angemenbet
rourben.
3n biefer ^ejiel^ung ftimmen bie ^olijeiorbnung Dom 3a^re
1552 unb bie Sanbtdorbnung Oefterrei^d unter unb ob ber
(Sund Don ben 3a^ren 1573 unb 1609 na^eju ooUIommen
überein.
Sflad; ber ^olijeiorbnung oon 1552 foQte !£)ad)enige, „xoa^
Pottung ber Sled^nung oufgef^oben merbe, unb bog bem ÜJIitg erhoben an ©teile
be« baaren ^elbe« ein @cbu(bbrief gegeben merbe."
32) Sanbtdorbnung für Oefierretc^ ob ber (Snn« a. o. O., @. 679.
'^ ©utttnger unter betn ^d^lac^toovtt ,,$uptIlen-<&fiter«^üenatton",
^Papilloram bona immobilia sine Decreto Praetöris alienari non pos-
sunt". 9Rotio pag. 126. 9[efliDt 9iber contra Ebbtet )u Wl6ld ben 6. Wl&xi
1581, €. 633; ebenba „*S)a9 fc^Iec^te ober Üetne (Bnt oor^ero" in caasa
9Rargaret4a ®ruberin contra Maglstratum btibei: @tabte (£rem§ unb @tetn,
19. Sunt 1695, @. 633; Similiter in causa (Smanuei ^o^enecter contra
(S^renretc^ ^o^eneder, 14. duli An. 1593, @. 633. (Sbenfo in causa Untonii
^tetnader contra £^oniam ©(^mibel, 29. 3änncr 1633, @. 633. (Sbenfo in
causa ©ufanna (Sat^ertna (SaQinin contra $erm Xohia^ (S^crtiger (Srben 24.
2)eceinber 1648, @. 634, in melc^ent galle al6 9{equtflte eine« gültigen
^erfauf^ erforbert lourbe: a) Urgens aes alienum et Decretum Judicis
cum causae cognitione. 2. Qnod debitum pupilli ex aliis bonis mobilibus
soIti non possit. c) Hoc debet per discussionem bonorum liquere judici.
d) Nee facile credendum est tutoribus nee curatoribus, necesse esse di-
strahl bona pupillomm. e) Quod vendatur res minus damnosa. f) Quod
pro paryo debito non vendatur res magna, g) Ista omnia praecedant de-
cretum judicis. h) Quod post decretum interveniant subhastationes et
plus Offerent! vendatur. i) Praedictis non intervenientibus nulla erit
alienatio nullumque decretum judicis et tali casu non obstante decreto
judicis datnr pupillo non solum actio personalls contra tutorem, sed etiam
realis, ad rem ipsam, non legitime alienatam vindicandam, @. 634 — 635.
(Sbenfo in causa 9nna SRarta Sebentin contra bQ9 St9t^um Wim, 30. ^nli
1653, @. 636; bonn unter bem ©^lagtoorte „®er]^aben9 Obltgotion'', (Snt-
fi!(etbnng in causa Raulen 92eu^ofer contra $errn d. jtollonttfc^ 16. October
1623, @. 275.
^) ^uttinger unter bem @4IagttJorte „Oer^oben« Obligation":
„®er^aben fSnnen biejenigen @ad^en, quae servando servari possunt, no(^
too§l oeraltentren", (Sntfci^etbnng Dorn 8. 9pril 1595.
— 254 —
aUe 3ar iärlic^ an (Smpfang aber bie Suggabe im Dorrat^ über^
pleiben tDirbet, »o ed anberft foDi(, ba^ ed ainen genie§ ertragen
t^an, atgpatb ben ^ujpiQen nac^ getegenl^eit folc^ed Dorratd, auff
Serlic^en unnb @^riftUc!^en gekD^nn, genieg unb emf^omen angelegt
unb Derorbnet toerbcn.'*
„iSo aber aine ®ert)abfc^afft anfel^nlic^ unb grog toäxt,
foüte ber ®er^ab oon folc^en SReft ober öorrat über t?unff ober
ba« maift über @ec^dt)unbert gutben ntt in^enbig behalten, fonbern
fold^ geÜt ieberjeit an tigettbe ©ueter ober [onft ben ^upiUen
gu 92u^ unnb guetem anlegen unb oermenben.'
!J)ericnige (Ser^ab enbticb, „xmld^tx ^ierfnn fäumig unb
läffig fein würbet'' , unb ebenfo jener ®er^ab, ber gegen baö
aSerbot be« gemeinen SRed|tcß „foI(^e« überpteibenb (Seilt feine«
atgnen 9]u^ falber jn^enbig bel^aÜten ober fetbft geprauc^en toürbe,
foüte ju ainer ftraff fc^ulbig fein, ben $upi(Ien ba« i^enig, fo
jnen bad beoorfteenb ®eQt ertragen mögen, oöUiglic^ gu erftatnen
unb JU bejaten" ^^).
3n ber '^otigciorbnung oon 1552 mar ein 3i"^f"§* "öc^
metc^em ber 93ormunb ba6 muffig (iegenbe ober aber oon i^m gu
feinem eigenen 9lu^en oermenbete ®e(b bed S92ünbe(« }u oerjinfen
l)atte, noc^ nid)t au^gefproc^en morben; bagegen Derfögte bie
l^anbt^orbnung Defterreict)d unter ber (Sund fc^on gang f(ar, „bag
ber ®er^ab feiner ^flegfinber ^aarfc^aft meber felbft brausen,
noc^ le^endmeife genieffen , nod^ feinen SDhtger^aben audtet^en
foUe" ^ö), unb bag, menn ein ®er^ab ober ßurator bieö o^ne SBor*
toiffen unb fflitten ber Dbrigfeit t^un, er ben ^ftegfinbern ju
feinen oogtbaren Sauren nic^t aQein bie ^auptfumme, fonbern
ou(^ bie gebü^rtid)en 3ntereffen bega^len fotte^'), tDeI(^e
gebül^rtic^e 3ntereffen, loie n?ir gleit^ fe^cn merben, mit 5 $ro^
Cent angenommen mürben.
(Sd mürbe nömlid) ben ®erl^aben unb Kuratoren in biefer
Sanbt(iorbnung auc^ geboten, bie ^aarfc^aft ber ^upitlen unb
3Kinberiä^rigen, bereu fie gu i^rer Sermaltung nic^t beburften,
barle^cnömeife anjulegen^^), unbgmar ^ane^rlid^e, gemö^nlic^e
unb fidlere ortt, mibrigend bie 93ormünber unb Kuratoren a(0
nebräuc^ige 3ntereffen fünff "ißrocent oon bato i^reß
Unfleige« gu begasten l^arten" 3®).
3et|aupteten enbüc^ bie ®er^aben unb (Kuratoren, bag fte
35) «poltscioibnung öon 1562, gol. XXIv.
56) 8anbt«orbnuti9 für Oeflerreicft unter ber (gnn«, IL ©u(§, 8. ZhtU
„Son ®elbfrf|ulben unb ^aren ftirlc^en", gol. 134.
3"^) ©benba, U. «u(^, 12. Xitti: „»on Ufuren, 3ntereffcn unb «er*
jinfungen", go(. 144v.
38) (SbenbQ, II. ©ut^, 8. Xittl, gol, 133v.
39) Sbenba, II. «u(^, 12. Stitel, gol. 146.
— 255 —
eine fiebere Einlage nic^t ftnben tonnten, ober bog fie bad ®elb
^u i^rer pormunbfi^aftlicben 93crn)aUun() benöt^igten, fo (ag
t^nen ber 33ett)ei« biefer Sefiauptung ob *'^).
!Die Sanbtöovbnung Oefterretc^d ob ber (Snnd enblic^, toelc^e
nod> bem 3{eicö«'*!DeputQtion«^äbfc^iebe öora So^re 1600 — burc^
meieren im §. 139 bie Sntercffen a tempore morae mit fünf
oom ^unbert feftgefe^t tourben — erfd)ienen xoax, beftimmte im
9(nfc|Iuffe an biefe Seftinimung bie 93erpfli4tung beö 93ormunbed
|ur SSerginfung be« nid)t angelegten ober eigenmächtig entlel^nten
SD2ünbe(getbe^ mit 5 ^rocent, unb unterfcbieb fi^ nur barin oon
ber ^otigeiorbnung Don 1552, ba§ bad ®elb, met^ed ber 93or«
ntunb ]üh\t bei grogen 93ormunbfd}aften o^ne meirere Slntage in
feinen ^änben be^olten burfte, regelmäßig 400, ^öc^ften« aber
500 (Sttiben betragen burfte^').
?iä^ere ©eftimmungen über bie 2lrt ber Slnlage ber SKünbel^
gelber, über beren SSerfic^erung burc^ $fonb, ^t)pot6ef ober fflürg*
fc^aft mangelten in ben 9{ed|t@queQen bcd 16. unb 17. Oa^r^un*
berted gängüc^, ebeufo njie b« Dbert)ormunb|d)aft auf bie 2lrt
ber SIntage bed SO'Zünbefgelbed einen beftimmenben (Sinflug na(^
ben ©efegen nic^t ;^u nehmen ^atte.
b) ^eptmmiingrit ber ©fr^abfcfiaftdorbtiung oom 18. ge=
briiav 1669.
1. !Die (Ser^abfcftaftöorbnung üom 18. gebruar 1669 geit^*
net fi(^ auc^ in biefer 3){aterie burc^ eine f))ftematifc^e unb mög<
Hc^ft boUftänbige iSe^anblung bed ©egenftanbeö , fomie burc^
ioieIfa(^e Stücfftc^tnatime auf bad gemeine Siecht aud.
S)te Stellung ber Oberger^abfc^aft bat fic^ im SBefentlic^en
gegen bie frühere ^eriobe ni^t öeränbert.
3)cr @influ§ be« SJaterö, ®ro§oater« unb Urgroßüater«
auf bie Slrt ber S3ermögendDertoaltung bed 3)7ünbelguted mar
ein fe^r erheblicher; fie fonnten im legten SSßiüen bie ©ergaben
otter 25erroitung entlaffen unb bei einer folc^en 93erfügung foüte
e« bonn auc^ fein a?crbleibcn Ijaben, menn nic^t bie Dbrigfeiten
ban>iber er^eblic^e JSebenfen Ratten; auger bem SSater, ©rogoater
unb Urgroföater ^atte aber nur no^ ber l^anbe^fürft bie SKa^t,
bie rec^nungdfreie Süf)rung einer 93ormunbfc^aft gu bemilligen;
jjeboc^ waren — »ie bie ®erf|abfct)oft«orbnung bemerft — fo^
roo^l im gälte, menn ein Slfcenbent, aU awi} in bem anberen
i^ofle, menn ber öanbe^fürft bie rcc^nung«freie 3Sermaltung ge*
ftattet ^atte, bie ©ergaben „Wegen be§ in Sinnen gefegten
*^) ^anbtdorbnung für Deflrrr. u. b. (&., II. ^uc^, 12. ^itrl, go(. 145.
*^) Sanbtdorbnung für JDeflerret^ ob ber (&nM a. a. O., @. 576
unb 577.
— 256 —
abfonb etlichen 93 ertrauen«" fc^ulbig, ,,beg ^upiden @utt mit
befto mehreren 9Ui§ unb Zteu. ^u t)ertpatten unb badientge, toai
t)on beg Papillen SSermögen an Sinfünfften in i^ren ^anben
eingegangen, unb aa« fie mieber baoon ausgegeben, liVL befc^reiben" ^).
S^iefe }n)ei einjtgen 3(u0na^men abgerechnet, roar aber ein
jeber ©erlaub rec^nungdpflic^tig ; natnentüc^ ^atte fic^ m ber ®er^
^abfc^aftsorbnung ber Unterfc^ieb imtfc^en bem 9iait>' unb 9e»
ftanbgerl^aben unb ^iemit aud^ bie (e^le @pur einer tatela ubu-
fructuaria, mefc^e bie $o(i}eiorbnung bed 3a^red 1552 noc^ ge^^
wa^rt l^atte, gönjHc^ verloren; j^mar geftattete bad Sefeg noc^
bem ^ormunbe, ®üter bed "ißupiden in JBeftanb ju nehmen ^) ;
allein biefer 93ormunb mar bann mie {eber anbere S3ormunb pr
9te(^nungcftegung oerbunben unb auc^ nic^t me^r non ber 9lemu«
neration au^gefc^Iofjen.
2)er ginfluß ber gamitic auf bie aScrmögenSoerwattung
bed anünbelguteö mar nac^ biefem ©efege fc^on derfc^mtnbenb
Hein; auc^ fanb fic^ in bemfelben burctaud feine irgenb meit«
gel^enbe Unterfc^eibung jmifc^en bet 93erma(tung be« ißermögen«
ber ^upiüen l^ö^erer ©tönbe unb ber f&üvqtv9* unb Sauernieute
me^r oor, obgleich freiließ — mie mir in ben !£)etaUbeftimmungen
fe^en merben — factifc^ ein fold^er Unterfc^ieb, unb »mar in bem
einfc^neibenbften fünfte, in ber Anlage bed 3ßünbe(ge(bed; beftanb,
unb ate factifc^er B^f^^^^ ^^n ber ©er^abfc^aft^orbnung, menn
aud) mit SBiberftreben, jugeftanben merben mugte.
(SnbUc^ mirb auc^ ^ier fc^on im 9l((gemeiuen ^erüorju^eben
fein, bag bie Kenntnig bes römifc^en 9{e(|te(^ bie ©efe^geber in
einigen Seftimmungen über bie 33erma(tung beS 3ßünbelgutes
rec^t beutdd^ geleitet ^at.
2. 3Ba0 fobann bie Ermittlung unb bie älbfon«
berung be«^ SBermögend ber SBaifen betrifft, fo marb
bie SSerfügung erlaffen morben, baß, „menn eine aWutter be« ^u*^
Pillen Don ber ^erlaffenfc^aft bed derftorbenen ©atten ab.^ufer«
tigen fei, bie ber SDhttter i^ugegebenen ©ergaben allein ber ^inber
9tot^burft auf bad Sefte beoba(4ten fotlen"^); inglei^en mar Dor«
gef (^rieben morben, „ha^, menn bie (Ser^abfc^iafft auf einen oogt*
bal^ren trüber falle, melc^er Don ben Unüogtbal^ren ni(^t abge«
tbetit fei, unb menn i^m bie (Sueter insgemein }u genieffen nic^t
gelegen mdre, bie Obrigfeit benen Undogtba^ren gemiffe ©ergaben
gu ber Slbt^eilung oerorbnen foQe, meiere barauf }u fe^en f)ätten,
Da§ bie iüngeren ©cfc^mifter bur^ bie Weiteren nit^t Deroort^eilt
») öeriabf(^aft«orbnung, 8. 5:itfl: „5Jon beu 3nüeutorien", §. 4.
2) (Sbenbo, 11. XxUl: „»on ger^ablit^er «erroaltung ber 'ißiipiOcn
liegenben unb fa^renber ®fiter'', §. 13.
3) (gbenbo, 3. Xittl, §. 3.
— 257 —
tDfTben" *) ; enblic^ mar ben ©ergaben, ^u i^rer unb ber ^upiQen me^«
reren ©idier^eit^Dorgef daneben it)orben^^iebebenen'ißupiüen)urte^enbe,
fei ed eigene ober anbermärtige Srbfc^aft, anberft nic^t a(d cum
beneficio legis et inventarii anzutreten unb fic^ bte fürberlic^fte
Abfertigung ber SEBittmen, !£)tenftbotten unb anberer richtiger
®(aubiger atte^ möglic^ften eficiffed angelegen fein gu laffen''^).
3. !£)ie eigentliche (Erhaltung unb Seroirt^fc^af^
tung bed SBatfenoermögend anlangenb^ tDurbe ben ®er«
i)aben eingefc^ärft, fic^ mit möglic^ftem i^(^t§^ angelegen fein ^u
taffen, bie Kegenben (Süter, ^äufer, äecfer, ©eingärten unb alte
anbeten ®runbftü(fe ber ^upitten in gutem baulichem SBefen }u er«
balten®); bie ©ergaben Ratten fic^ nac^ Ueberna^me ber (iegenben
®rttnbftü({e ,,aUed f^Ieiged gu erfunbigen, ob Se^en, Seibgebing
ober SDienftbarfeiten barunter oorl^anben feien, }ur 93er^ütung
ber S^QiQf^i^ bi^ iefitn \n rechter 3^^^ 3" erfuc^en unb gu em*
^»fangen unb auc^ aUe !2I)ienftbarfeiten, fonberlic^ bie Sanbtdan«
lagen orbent(ic^ abzurichten, »ibrigenfadd fie ben entfte^enben
@4aben ben ^upiQen gut gu machen Ratten'' ^); audgeüe^ene
(Selber, meiere ftc^ unter bed ^upiUen 93ermögen oorfanben, ^atte
ber ©er^ab bei fic^ augernber @efa^r jeitlic^ auf^ufünben unb
einjuforbern^); liegenbe ©rünbe bed ^upiQen enblic^ foUte ber
®er^ab o^ne 93orn)iffen unb Sinmidigung ber Dbrigfeit meber
felbft in ^eftanb nel^men, noc^ 9lnberen in 4Seftanb geben % tote
auc^ fcfilieglic^ ein (Ser^ab einen foftbaren neuen ^au nur im
f^atte aU berfelbe not^menbig ober für brn $upiQen nü^Iic^ toav,
unb ou(^ bann nur mit Sinmidigung ber Obrigfeit beginnen burfte ^^).
4. iDie 9{ege(n über bie 3}eräugerung bedSRünbet^
guted Ratten ftc^ grogent^eüd aM bem alteren 9iect|te erhalten;
ber 93ertauf eined liegenben ®uted bed SRünbeld mar bem 93or*
munbe ol^ne (Genehmigung ber SSormunbfc^aftdbe^örbe nac^ mie
Dor regelmäßig verboten; nur bann foHte eine Sludnafime gelten,
wenn ber 93erfauf oon ben (S(tern im Seftamente befohlen ober
Don benfetben ober anberen (Srb(affern felbft gefcf|(offen morben
unb oon ben (Srben nur me^r }u oodgi^^^n mar; ^atte aber bie
OberDormunbfc^aft bie 3ui(äffi0^^it ^^^^^ 93ertaufed gu beur«
t^eilen, fo foUte fie fic^ gegenmärtig Ratten, bag nur bringenbe
9!ot^ unb Unoermeiblid^feit ben SSertauf rechtfertigen fönnen,
unb anc^ in biefem t^alle mußten bie fa^renbe ^abe unb bie
*) (Set^abfc^afttforbnung, 3. Xitel, §. 9.
») ebenba, 10. £ite(, §. 2.
«) ahtntn, 11. 2:ttel, §. 1.
^) (Sbenba, 10. 2:itel, §. 3.
») (Sbenba, -11. 2:ite(.
0) Sbeuba, 11. ZiUi, §. 18.
i^O <Sbenbo, 11. Xitel §. 14.
— 258 —
f(^Ied)ten SDIobüien juerft angegriffen n^erben, itnb nur menn bie«
nicftt gulangte, durfte auf bie befferen {^a^rniffe unb ouf tiegenbe
®üter, unb unter biefen }uerft ebenfaU^ nur auf bie fc^Iec^teften
unb roenigften, gegriffen werbenM).
Dag unter beut aSerbote be« Serfoufed unb ber bemfelben glei(^«
gefteUten anbermeitigen ä^eraugerung^arten auc^ bie S3erpfanbung
mit inbegriffen gewefen ift, beiüeift bie ©teüe ber ©er^ob*
fc^aft^orbnung, in melc^er bem ®er(|aben aud) bie äJeraugerung
„ber foftbaien üRobilien unb f^o^rnug, aU: @o(b, ©Über unb
ffleinobien ber ^iipiüen", o^ne Sinroißigung ber Dbrigfeit Der*
boten njurbe, inbem an biefer (gtetle ber SSerfauf, Xan\äi
unb 93erfag au^^brüdlic^ unter baefelbe 93erbot fubfumirt
»urben ^^).
(Sine Srmeiterung erl^ielt jeboc^ bed SBormunbe« fclbftftan*
bige 3Jla(t)t in ber ®er^abfcbaft«orbnung infoferne, al« berfelbe
gobrniffe, ttielcbe obne Scl)aben nic^t aufbewahrt werben fonntcn,
unoergiigiidj, autft ol)ne ber Dbrig!eit SSorwiffen, boc^ ju be« $u*
toiüen 9hi^en, nacft treuer ©c^äftung oerfaufen burftc unb fottte ^^).
@bm badfelbe war aud) noc^ aue^brüdlid) in ^nfe^ung bed ®e«
treibet, Seinem unb bed anberen Sintommend aud bed ^upiUen
®üter oerorbnet worben, rütffit^tlic^ welcher grüc^te noc^ in«^
befonbere beftimmt war, baß ber ©ormunb biefclben nur nacb
bem gangbaren 9Beit^e gu oertaufen unb ba^er nic^t fdjulbig
war, fie etwa ouf fünftige ungewiffe Steigerung bed Xßert^ed
auf <\ubel) alten, noc^ an anbere weit entlegene Drte um ber $)off*
nung bed ^oben 93erfd)(ei6ed SBillen }u Derfc^iden; gleic^wo^t
War ed ben ® ergaben gpftattet, folc^e (Soniuncturen ju benü^en,
wenn fie l^ie^u üevnünftige Urfac^en Ijattcn, in welchem ^aüt
®ewinn unb SJerluft bie ^upitlen treffen foUte'*).
SBSar ein ®egenftanb, ber nur mit obrigleittic^er ©ewiüigung
öerfauft werben burfte, obne biefelbe öerfauft worben, ober war
ber öerid)t an bie Oberoormunbfdjaft ein unbegrünbeter gewefen, fo
war ein foldjer SSertauf gwar unfräftig, aber ed fonnte benn bO(6
ber ^upilic nur innerljalb ber nättften fünf 3a^re nat^ erlangter
SJogtbarfeit gegen ben britten öefißer auftreten, in welchem goHe
er bann freiließ bie SWetiorationen nur infoweit, at« bicfelben in
feinen 9hi^en famen, gu erfe^en fc^utbig war^*^).
üDaß ein ®er]^ab fein ®ut feine« ^upiüen eigenmächtig, auc§
nicf|t entgeltlid), an fid) bringen burfte, gel^t ft^on aud bem bidber
") ®er^abf(^Qft«orbnung, 11. SCitel, §. 2.
«) ebcnba, §. 3.
1») ebenba, §. ö.
") ebcnbQ, §. 6.
") ebcnba, §. 4.
— 259 —
©efagten l^erüor; audbräctlic^ ivar ober beut ©ergaben ber %\u
tauf üon gorberungen an hm aWünbel Derboten »orben*^).
5. £)ie mic^tigfteti ^eftimmungrn ber ©er^ab«^
fc^aftdorbnung betreffen bie Slnla^e ber ^Unbel*
gelber. Site bie Seftitntnungen ber ©er^abfc^afteorbnung über
bie Sßeraugerung bed ä)(ünbe(gute^ beutlic^ auf bad römifdie Stecht
AurücfiDeifen unb ben Don und fo oft betonten romanifirenben
@^arafter btefe(^ ©efe^ed bocutnentiren*^), fo gilt ha€ ©(ei^e t)on
ben Seflimmungen bed (^efefted fiber bie Stntage Don üJJünbeU
gelbfrn, roie biefelbe regelmäBig erfolgen foUte.
^00 oor^anbene, fomie bad einfommenbe boare ®eIo mugte
ndntlid); iDenn ed ber (Srblaffer fo beftimmt f|atte^ in iebem ^aüe jur
@r{aufung liegenber @^üter oermenbet n)erben; mangelte ed aber an
einer audbrüdlUc^en 93erfägung bed @rblafferd, bann n)ar ed ber
fl&af)i bed SSormunbed an^eimgefteOt , entroeber nutzbare unb
liegenbe ©runbftüdi» anzulaufen, ober aber bad baare (Selb „an»
gefeffenen unb begüterten Seuten auf iebedma^l (auffenbed jö^rlic^ed
3ntercffe mit geroiffer au«trud(ic^er @a(^S5erfc^reibung ober ge*
nugfamer fflürgfe^aft ober bem <Scf)ulbner eigentbumbltc^ guge*
poriger $fanber aue^uleil^en'', unb mo feine fiebere (Gelegenheit, bad
@elb au^julei^en, oorfiele, mar ed bed 93ormunbed ^fli^^ ^on
93ierteU gu ^iertelia^r bie Slnjeige an bie 93ormunbf(^aftd«
bel^örbe gu crftatten*^).
@d mürbe in ber (S)er^abf(^aftdorbnung bem (Ser^aben ind«
befonbere auc^ geftattet, bad ®elb bed ÜRünbeld felbft gu brauchen
unb au üerginfen, nur foüte bie« mit «SSormiffen ber Dbrigfeit
gefd^e^en unb berfelben eine oerbünblic^e Sanbdbröuc^ige Obli^
gation einge^önbigt merben"*; ed mar ba^er bem ©ergaben oer«
boten, o^ne Sinmilligung ber Dbrigfeit bad (Selb für fic^
felbft in gebrauchen unb bei ben üDarlet^en an britte ^erfonen
einigen ®cminn ober 93ort^ei( gu fuc^en^^).
1«) OcT^obf^aft^orbnung, 11. Xittl, §. 3.
1'^) 2)ie ®ef(^t(^te ber Seräiigfrung«oerbote im romifc^eu Siechte tfi
bei 9tuborff, II. 9b., @. 383—444, bargrfifat.
1») (^er^abf^aftdorbnung, 11. Sttel. §. 8. !3)te Unterfc^eibung sttJtf^en
^o^ unb $p))ot§ef tt)trb fpäter bti bem ^fänbrec^te bcd iO^ünbeU am ^tx»
mögen be« 93ormuubed erörtert iverben.
^^) (Sbenba, §. 8. 2)te näheren (Srforberiüffe einer lanbtdbrauc^igen
Obligation ftnb im (Sefe^e nic^t angegeben, immerhin mug es fe^r jroeifel'
f^aft erfc^etnen, ob in Oetlerretc^ lanbebröiidjige Obligationen auc^ ben foge«
nannten „Sanbf^abe u«9 u n b" enthalten mußten, ^er Sanbfd^abenbnnb,
ber ftd) f(^on in ber ©eric^tdorbnung bed ^erjogt^umd iStet)er oon 1622 oor«
fanb, ^atte, not^ 9lentter'« (Erläuterung ad tab. XVI, 4—10, ®. 14 unb 16,
feineil 9?amen Don einer ^eretniflung ber öfterrric^ifi^en Staube, nionac^ ;^ur
^crnirbtung be<( (Srebited ben @d)ulbDerf(^retbuugen eine beDimmte J^ormel
eingcfc^altet merben mugte. ®iefe gormel oerlie^ fobann bem 6d)ulbf(beine bie
<^f cutiondfö^igteit, gegen meiere ber «^(l^ulbner ni(^t einmal me^r mit ber Sin«
17*
^^^^fi
— 260 —
(Sigent^Qttilic^ geftaltete fic^ ba« 93fr^ö(tni§ bei bec Sitlage
bc9 ®e(bed bcr ^^anbet ber @t&bte unb ilßatrte unb ber ®runb<
obrigfeiten; ba lieferte eben bie ©er^abfc^aftdorbnung fe(bft ben
untpiberleglic^ften Äemeid, baß nac^ mie \)ov bad (Srbgebü^rnii
ber ^upiUen bei ber Dbrigfeit unb nic^t in ben ^änben itü
93ormunbe6 geblieben war, bag nac^ tote oor bie Oberoormunb«
f(^aft ba« ®e(b be« Sltfinbel^^ in $)anben ^afte, unb bag fie t^atfa^^
U^ unb ungeachtet fie burcf) 9let4«' unb t^anbedgefe^e angemtefen
mar, einen 33ormunb )U fe|en, bie Slbminiftration bed tUJünbel'
uermögend fährte unb bie !Di«po[ition über bie SRünbelgelbec
niemals au« ben Rauben gelaffen ^atte.
ÜDeutUc^ f(4rteb hierüber bie ©er^abf^aftdorbnung, meiere
ben genannten DberDormunbfc^aften bie l^it^pofition über bie
9)}ünbe(ge(ber iroax gerne entjie^en tboQte, beut überlieferten ^n*
ftanbe gegenüber aber nic^t bie SDtac^t ^ieju füllte.
(^d foUten nac^ biefent ®eie(je bie Obrigfeiten o^ne gar
mic^tigen Ürfac^en i^re SBaifengetber nt(^t fetbften auf 3in)ung
anne()men unb gebrauchen, fonbern barob fein, ba§ felbige anber«
tDärtd fidler angelegt werben.
SBenn fic^ nun eine folc^e Gelegenheit nic^t ftnben unb bie
geift(id)e ober roeltUc^e Obrigteit ba« föaifengelb felbft brausen
iDÜrbe, bann foUten ntinbeftend fünf '^rocent 3ntereffe ben $tt'
T piQen gereicht unb auc^ bie ®üter ber Obrigfeiten ben Pupillen
bid iur erfolgten 6ejat)(ung fafcroeife üerftaftet fein^*^).
IDiefe ^ei'timmung ber ®erf|abfc^aft0orbnung mar fe^r
»•«
1^ menbung brr S^^t^i^itg ober (Sompenfation auffornmen fonnte. 6tc(e fiber
k* ben Sanbfdiabenbunb: a) @utttnfler unter bem angegebenen ^(^lagmortr,
|v . @. 430—433; b) @ut tinger tn feinen Practicae Observationes; c) 9e(t*
iP'/ mann eben unter bemfelben ^dtta^tooxtt, @. 270. 3n Oeflerreid) bat aber
^V fowo^l na4 bem 3'U0niff( ^on @uttinger, Sedmann mie au4 ^on«
l; ner ber Sanbjd^aoenbunb niemals eine grogc Oebeutuug erlangen {dunen;
^ .' bie« erfc^eint audf mit Stüdpc^t auf bie (S^ecuttondorbnung Dom 27. 3nU
^ 1666 fr^r begretflic^, n)ei( f(!^on ba« mit {)anbf(^nft unb $ctf4aft vcrfe^ene
^ 3nflrument aI9 Instrumentum qiiarentigiatum, paratam executionem na^
l' ftc^ ^atte. ÜDiefe« 9^ed)t ber ^rioatfc^ulboeTfc^retbungen, auf roetc^e @ut-
I tinger in ben Observationes practicae (Obs. 71, ^. 187) 4inmei|l, erflart
t;. etnerfeitd ben §. 298 ber a. &. O., anbererfett« Ifigt ed M btebur^ begreifen,
r- bag bei ber Sridbtigtett, e^ecutton«fä§tge Urfunben )u befommen, 9{otariat«*
p' uttunben fein Sebürfnig geworben fiiib; in ber 2:^ot enthielt bie Sanbt^orbnnng
i.' Ceflerretd)« unter ber Sun«, I. Sut^, 24. 2:itel, go(. 63v., bie Qeftimmung.
bag bie in Oefierrei(^ unter unb ob ber (Sun« burd) bie 9}otare unter i^ren
9{amen aufgerichteten unb oerfertigten UrCunbeu bi^ber für glaubmftrbig mdit
gebalten morben fmb, unb bag e« ^iebei fein iBerbteibcn ^aben fofle; ^iebur^
erf(^eint auc^ fofort bie !6efKmmung be« §. 112 a. ®. O. erflSrt, bag nur bie
SBecbfelprotefte ber 92otare }u ben öffenUic^en Urfunben gerechnet »urben. »eil
biefe« burcb bie fpäteren SS^ec^felorbnnngen au«brfi(f(id^ angeorbnet, »fi^renbis
ben anberen Weiterungen ber alte Sanbtdbrauc^ aufre^ter^olten »urbe.
^) (Sbenba, §. 11.
b..
— 261 —
totc^tig; fie conftituirte nic^t etlDa 6(od ein ftiQfc^kpeigenbe« $fanb«
red^t be9 3Rünbeld am SSermögm ber OberDormunbfc^aft, fonbern,
wie ber „@a§* nac^ öfterreic^ifc^em {Rechte getDiffermaßen publici
juris toar, fo foöte ein folc^e« bcffere« ^fanbrecftt ben ^upiüen
üerfc^offt »erben, unb e« ift fc^on an biefer @teüe tlav, bog bie
eben begogcne SSerfÖgung ber ©er^Qbft^aftöorbnung ben ®runb }u
ber fpater eingeführten OctaDa gelegt t|atte.
Ueberbied toar ben ?ßrälaten unb onberen geiftlit^en Dbrigs
feiten, fomie ben SSorfte^ern ber ©tobte unb 2ff?ärfte unb anberen
Kommunitäten — nit^t aber ben (ärunbobrigfeitcn — verboten
»orben, folc^ed SBaifengetb mit einem betrage üon me^r atd
500 fl. o^ne ben ßonfen« be« ?anbe«furften ober feiner 9?egie*
rung aufgunel^men, unb ed follten auc^ beren ®üter bafür üer^aftet
fein ; aut^ tnor e« ben ©ergaben cingefc^ärft morben, ein 3uiriber*
^anbetn gegen biefe SSorfc^rift am geeigneten Drte anguseigen.
5. ^roceffe bed SKünbeU t)atte ber ©er^ab ni^t blo«
gu füf^ren, fonbern er mar ou(^ ft^ulbig, gu überlegen, ob nic^t
ein Sßergleit^ ber $roceffe anjubal^nen fei 2^); immer mußte ein
SBerg(ei4^ ber Stati^abition ber £)bert)ormunbfc^aft oorbe^alten
tDerben ^2); onbererfeit« tonnte ber SSormunb in uuditigen ^ro*
ceffen bie ©eifteflung eine« curator ad litem begehren, melc^er
bann um bie 9?ec^t0fül^rung gu forgen unb biefelbe neben ben
anberen Oertjaben gu oerantmorten ^atte^^).
6. SBarcn mehrere ®ert|aben öor^anben, fo moren fie
otlc glci^geitig gur SSermaltung unb SSerantmortung öerbunben24)j
bie Obrigfeit tonnte eine ®cfc^äft«tl^eilung unter mel)rercn 95or*=
münbern machen, monac^ j[eber 93ormunb nur feinen Sibcil gu
Derantttorten ^atte; eigenmächtige S^tieilung ber 93ern)a(tung ba«
gegen Wüftte öor-SSerantmortung nad^ bem ganjen Umfange ber
SJorntunbfd^aft nidjt.
Die ©c^riftftcll^r, meiere fic^ fofort an bie ®erl)ab=^
fc^aft^orbnung anf(^Io[fen, finb über bie oon und be^anbclten
f^ragen tl^eile morttarg, tt)eifö bringen fie nidjtö mefentüc^
9?eue« üor.
9?eutter unb ginftermatber enthalten gar nic^t«, 9Öein*
9 artler tjonbelt oon bcm ®egenftanbe fe^r oberf(äd)lic^, unb
ebenfo fommt auc^ ©edmann nic^t auf einen einzigen nennend^
lücrtften ©efic^t^^unft gurücf.
21) ©erl/Qbfc^Qftfiorbnung, 2. Stitct, §. 1.
22) (Sbenba, §. 2.
23} ebeuba, §. 4.
2*) (gbenba, 13. Xhtl §. 1.
— 262 —
!J)ie ©cr^abfc^aftöorbnung oom 18. gcbruar 1669 »ar,
kuie mir gefe^en l^aben^ bid ^u einer oöUigen SBeDormunbung
bed ä3onnunbed noc^ tiic^t oorgefc^rüten ; noc^ (og bie Slrt ber
9lti(age bed ä)2ütibelge(bed, niinbeftend t^eoretifc^, in ber ^anb be«
9$ormunbe^, noc^ Derma^rte er felbft bad a)2ünbetgelb unb ^atte
freie ffiol^t, ba«fe(be Quf eine ober bie anbere SSJeife, »elc^e gefeft»
iid) gebilligt mar,- anzulegen, ol^ne bie 93orniunbf4iaft9be^örbe bt*
fragen gu muffen; ebenfo mar aber, minbeftend bei ben unteren
©tänben, ber facttfd)e bebeutenbe (Sinflug ber Dbrigteit auf bie
93erma(tung bed ^(ünbefguted aufrechterhalten morben, unb ed
foüte berfelbe in bem 18. 3a^r^unbcrte mit ^aft burc^ft^logen.
c) 3m 18. 3a^r ^unbftte bie jum 3ofeftnifd^en ©efeljbuc^e.
3Iuf bie @ntmi(felung bed 93orniunbf4aft«mefen^ über^au^t
unb ouf bie SSermaltung be« SOBaifenüermögen« in«befonbere mar
bie Slu^bilbung be« Snftituted ber 93erlaffenf(^aft«ab^anbtung
Don er!)eb(ic^ftem @inf(uge.
eben im 18. 3a^r^unberte ^atte fic^ biefe officiöfe Oeftion
fo re(^t befeftigt, meiere ba^in ging, bag bad ©eric^t bie ®(äu«
biger, gegatare unb ^flic^tt^cil«ne^mer eine« Serftorbenen oon
ämtfifmegen ju ergeben, für bereu ©efriebigung gu forgen, unb
erft ben reinen Srbfc^aft^reft — deducto aere alieno — na(§
Suf^cbung ber reett ober ftjmbolifc^ angelegten ißadjlagfperre, bem
@rben gu überantmorten l^aite^y
ÜDa nun ber ^Beginn ber 93ormunbf(^aft rrgelmagig mit
bem ©eginne einer S3erloffenft^aft«ab^anb(ung gufammenfiel, fo
mar e« gang begreiflich, baß bie officiöfe ®cftion fic^ immer me^r
auf bad 9Sormunbfdfaft^re(^t au^be^nte, unb bag bie äSermögen««
oermaltung be« 93ormunbe« burc^ bie Sngereng ber ©eri^te
immer me^r beftimmt merben mußte, fo baß f(^ließ(i(^ ein freiet,
felbftt^ötige« ^anbefn be« 93ormunbe« gang au«gefc^(offen blieb.
1. 3unöc^ft bemal^r^eitet fic^ biefe unfere Se^auptung fc^on
in 9Infe^ung ber @rmitt(ung unb ©ic^erftellung bed
SDtünbeloermögen«.
SDJar e« bi« gu ber ®cr^abf(^aft«oibnung oom 18. gebruar
1669 unb auc^ noc^ nad) berfelben bed SJormuubed ^flic^t, be«
äberlebenben S^egatten 9lbfertigung gu bemirfen unb bie (Srbtbei»
lung unter mehreren ÜJiiterben gu betreiben, fo trat nunmehr
an ^teik be« ^ormunbe« in biefer ^egiel^ung ba« ®eri(^t unb
oert^eitte ben 9{ac^Iag be« (Srblafferd oon Slmtdmegen.
T)ad erfte ®e|e@, metc^ed fic^ beutlic^ in biefer Segie^ung
ou«ffprac^, mar bie 5Weform ber SHäiener ^upiUen^SRoitfammer
Unget*« $3etlar[enf(^aft«ab^anblung , tBien 1863; bann (E^o*
rineftj a. a. £)., @. 20—74.
«r-^
— 263 —
oom 29. äpril 1715 2); ^i^^ bicfem ®efcfec ^ottc ber ©tabtratb
^u- folgen, bag namentltdi bann, n)enn ed auf bie Abfertigung
fiberlebenber Sttern anfoihme, bem ^uptQen )ur 9lb^anb(ung ge^
fc^idte unb kDO^Ierfa^rene curatores ad actum beftellt merben;
ber ©tabtrat^ f)atte fomo^I im t^atte einer teftantentarifc^en ald
einer Snteftaterbfc^aft ber ^upiQeu, mie auc^ bann, menn ben«
felben bie legitima in quanto et quali per modum legati
specifice au0gen)orfen n)orben mar^), ex officio nobili p in»
quiriren, ob nic^t bie ®efat|r einer ^fIid)tt^eiI«JDcrte6ung oor*
^onben fei; er l)atte in biefem §a(le n)ie aud^ bann, menn ein
concursuB creditorum j^u beforgen War, bie Sperre ftrad^
rtgorofe gu befteQen unb iebe 93eräu6erung ber tKac^laggüter ent«
iDfber $tt oerbieten ober boc^ nur mit einem „fieberen remedio
provisioDali" ju geftatten; ermatte enbticö aöe Driginalbocuraente
bei ber $upiQen»9laitfammer auf ^ubema^ren unb ed burften ben "ßdx^
ntünbern blod äibfc^riften don benfe(ben in ^änben bclaffen merben.
3n bem im Codex austriacus unter bem ©c^tagmorte
„ßriba^anblung"' aufgenommenen ®efefee oom 5. äuguft 1734 -^j
2) Codex austr., @upp(.-©b. I, @. 787.
^) ^te offtctöie Ueberroac^ung t>tx $fltd)tt6eU«bemeffitng ber $u)>tnen
ertfart ft(^ in Oeflerretc^ Ietcf)t baraud, bag in Difierreid), im bemugteu
<9egenfabe }um gemeinen S^ec^te, fletd nur ein qiiantitatioed ^fli^tt^eil^erbred^t
unb niemals ein 9[nf))ru(^ bei* ^J^ot^erben auf (Srbdeinfetjiing aneifannt
morben »ar. 2)ie ^anptfleUe bilbet bieefaHd SBaltber'ti Tractatus aureus,
TracL li, cap. XI, @. 954. !3)afe(bfl ^etgt ed: „$Bteroo^I bie Steckte ver-
mögen, bog bie Legitima benen j^mbern nic^t per modum Legati et Fidei-
commissi , foubern per modum Institutiouis burd) bie (Sltern Derf(^afft
werben foQe, fo roirb boc^ foldjer Untfrfd)ieb bem Sanbt^bcaiic^ nac^ nidit ge*
galten, fonbern mie unb mad ein ©efd^äfftiger feinen ^tnbern aH bk Legitima
oerorbnet, boron fe^nb fie ftc^ erfättigm }u (affeii fc^ulbig.'^ Uebereinflimmenb
^temit bie 2anbt«orbnung Oeflerreid^d unter ber (Snn6, IIL ^n^, 19. Xitel,
^ol. 229y; bie 9anbt6orbnung Oeflerrei^d ob ber (Snnd, IV. Streit, 17. Stitel,
®. 669. $ergl. auc^ ben oon @ut tinger nnter bem ©t^Iaoroorte „Legitima",
«Quid Sit Legitima de consuetudine**, @. 441, unb ben @. 442 angeführten
CS^rtinbfa|} : „$inber tonnen bad ^äitxlid^t S^eftamrnt ob non integram Le-
gitimam relictam nic^t umflogen, fonbern aUein ad supplementum agiren"
((Sntf (Reibungen Dom 1. Stugujl 1661 unb oom 2« 3ä"uer 1695). Sergl. auc^
^offiud, <^. 157: „Id quod jure romano querelae inofficiosi locum facit,
Bi nempe parentes a liberis et hi a parentibus, a matre sei licet aut avo
materuo heredes instituti non eint, perinde a nobis non obseryatur. Si
modo Illiquid liberis aut parentibus , quocumque etiam titulo, relictum
Sit, querela cessat; Id quod portioni legitimae deest, condictione conse-
qaantur*', unb @. 319: nLegitimam titiilo legati recte liberis relinqui
§. 310 diximus''; ebenfo !S)onner II, @. 94. £ro(}bem finben ftc^ im öfter-
TCtc^ifc^em Steckte au^ ©teilen, roelc^e behaupten, ba§ bie j^tnbcr nid^t fc^ulbig
maren, i^re Legitima in baarem (Selbe anjuue^men, fonbern bag fte Derlangen
lonnten, an ben S^erlaffenfc^aftdgegenflfinben felbfl einen Snt^eil ;\u erhalten.
(@. SBeingftrtler, &, 128 u. ff.; SBecfmann unter bem ^ä)\a%tooxtt
^Legitima", ©. 275 unb nantrntlid^ ginflertoalber Lib. IV, Obs. XLII,
€^. 295, unb bie bafelbfl angeführten ©teOen ou« SBalt^er*« äRanufcripten.)
*) Codex austr., @n^))(.'9b. II, @. 853.
— 264 —
mar weiter beftimtnt toorben, ^bag bie Dbrigfeiten bei ben SSer^
laffenfc^aften für bie @id)er^eit ber ^upiUen Dor (Srdffnung bei
iRac^lagfperre Don 3lmtön)egen $u forgen (^aben", unb in bem
®efefee über bie l^egatc üom 12. äpri( 1737 5) mor htn ®eri(^ten
aufgetragen morben, dou Stnttdmegen über bie @i(^erl)eit bet
l^egatare gu machen, melcbe 93erfügung namentlich in Slnfe^ung
Pflegebefohlener l^egatare forgfältig beobachtet mürbe.
!Den mefentltcbften @tnflug auf bie er^ö^te jf^ötigfeit ber
93ormunb[c^aftdbe^örben übten aber bie Sanbtafetpatente, meiere
für Dberöfterreic^ am 3. October 1764 6), ^„5 fß^ ^Jheberöftcr*
reid) am 24. "DioDember 1758') ertaffcn morben maren, unb enb»
lic^ bad ®efe4 „über Sürmertbü(^er«@infä^rung bei ben ®runb<
büc^ern oom 1. September 1765" ^).
jDie genannten l^anbtafelpatente Ratten au^brücf(ic^ beftimmt,
ba§ bie SRidjter für bie gid^ert^eit be« ben minberjäljrigen Sin*
bem ober ^upiüen angefallenen 9}äter', SDJütter^' ober fonftigen
93ermögend oon älmti^megen fori]en unb bei ben ^bi)anMungen
bie Sperre nicbt e^er abtt)un foÖen, aU bi« bie ©ic^er^eit ^er*
geftellt fei, mibrigenfaü« bie ®eri(^te für allen ©c^aben ju haften
fc^ulbig fein foUten ; ed beftimmten biefe ©efc^e toeiter, baB;
menn fid) ein 9)tinberiäl)riger i)eret)eHd}e, ^ie JWiiitcr öou ämte*
megen „ber SSormcrfung Ijatber* bie nötl)ige 93or|orge }^\i t^iin
Rotten, unb bag bad indbefonbere auct) bann ju gefc^el)en ^abe,
menn ber 3Sater ober bie a)Jiitter minberiä^riger Äinber gu einer
neuen 6t)e fc^ritten unb etmad oon bem ä^ermögen ber ^upiOen
nod) in .^änben hatten; e^ beftimmten enblid) biefe Oefe^e, ba§
ber 9?id)ter brei ^J}{onate nad) ?lb(auf be^ äJermaltungoia^red bie
S}ormunbfcftaftfired)uun9en abyiforbern unb nacf| bereu Srgebniifc
Don SSimt^megen für bie @id)er^fit ber ^upiUen ^u forgen ^abe*;.
(Sans gleiche SSeftimmungen entl^ielt baö gürmertungepateiit
in Slnfc^ung ber SBaifen jener Stäbe unb älMrfte, roeldje eine
eigene ®erid)t?barteit befaöen ^^).
3Diitttermeile l^atte bie SSermirrung, meiere eben auf bem
©ebietc ber 93erlaffenfct)aftöab^anb(ung bei ben ®erid)ten ent*
ftanben mar, bie ^Regierung öeranlafet, am 15. Sücai 1760 eine
eigene Slbbanblungtfcoinmiffion ,^u errichten "), unb im 3"ftiinmen*
bange mit bieftr a^erfügunq erließen bie n. ö. Regierung am
31. 3änncr 1760 unb bie 0. ö. ?anbe«f)auptmannfc^aft am 17. SKai
») Codex austr, ^upp\. 53b. II, ©. 920.
6) (SbeiibQ, iSuppI..©D. III, @. 897.
■^; (Sbmba, e. 12«2.
8) (§bciiba, euppl..5Bb. IV, e. 748.
9) (Sbeuba, euppI.=Söb. VI, ig. 901 mib 1287,
10) (gbciiba, euppl. «ö. IV, (g. 752.
11) Juccn, ^uftiscobff, III. ©b., @. 701.
— 265 —
1760 (gbictc über ba« SJerfa^rcu in SScrlaffenfc^aften, toeidbt bic
offtciöfe ®eflion ber (Senate nur noc6 ernjeitcrtcu unb bie ©ic^ers«
fteüung be« ffiaifenDerrnößcn« in erftcr ßinic ber Dbforgc ber
Oeric^te — unb nidit ber be« SSormunbe« — auflafteten.
Unter fo(d)en Umftänben tann ed ba^er aud) nic^t meiir be««
fremben, bag bem äSormunbe ba^s ditd^t, bad ®elb, bie $retiofen
unb bie ©c^ulbfc^eine bed 9)2unbe(^ gu oerrca^ren, entgo^jen unb
bie ÜDepoftttrung unb nerid)t(tc^e Slufberoa^rung biefer mefentüc^en
Seftanbt^eile be^ SOtünbetDermöoend angebahnt mürbe, ju metd)er
oügcmeinen S3erfüqung inbeffen erft Saifer 3ofef gefdjritten ift.
2)ie ©cbriftfteüer biefer ^ßeriobe beftötigen t>U eben öon und
aufgefteQten Behauptungen ; Banniga nainent(id) fennt nur mel^r
95ormünber, »elc^e an ©teile ber OberDormunbfc^aft baö SBaifen*
üermögen öeriüalten, unb (Srenef, meldier bie SSerlaffenft^aftö:*
ab^anblung am ^anbe barftellt, fprid)t faft immer nur Don ben
gurforge ber ®eric^te über bad ffiaifen* unb aJJünbeloermögen.
2. Die ©eftimmungen über bie SSeräuöerungen be«
SRunbclDerniögen« finb in biefer ^eriobe Dietfac^ biefelben mic
in ber ®erI]abfc^aftdorbnung geblieben; bo^ fann nicbt unbemertt
gelaffen werben, bog nac^ ber *5j}upinen^9taitfammer*9ieformation
fctbft ber 95erfauf unbewegtidjer 9)iünbelgnter in ba»» (Srmeffen
ber Dbrigfeit — wenn folc^cö für bie ^ißupiüen nüfelic^er märe
— gefteüt mürbe, unb bog bie SUerbinMicftfeiten unb bie benfelben
not^menbigermcife entfprec^enben S3efugniffe ber 2lbl)anblung«>
inftanjen ba^in führen mußten, beut ®eric^te eine freie ®d|Qltung
mit bem DiJünbeluermögen ju geftatten, ha [a bie ©laubiger,
Segatare unb iRot^crben üon Slmt^megcn befriebigt merben foUten,
}u welchem ^xotdt ein freiem S3erfügung^ved)t ber 3lb^anblung«*
geriefte* mit ben @vbf(^aft«gütern erforberlid) mar.
3. SSiel erheblicher maren bie 9liiorbnungen ber ©efefee beö
18. 3a^r^unbert« über bie anläge beö lüiünbe(Dermögen«.
^ier muß nun aber jmifc^en ben SBaifen ber oberen ©täube
unb ber ©täbtebürger eincrfeitd unb ben ^li^aifen ber Untertljanen
anbererfeit« ftrenge unterfc^ieben merbeu.
2luc^ l)ier ^otte bie ^upillen*9taittammer*SHeformation ben
SQBeg üorgejeic^nct, inbcm fic beftimmte, „bap ber Pupillen 6rb*
t^eil unb Vermögen, eö möge in fo lleinen Soften befielen, ol«
e« immer moUe, nid)t feiernb gelaffen, fonbern fo gut at«^ mo^Y
li(^ öerinteriBirt, gu bem &ibe bei gemeiner ©tabt Ober ßam*
mer*2lnue, menn allba t)erfd)iebene fold)e fteine Soften anliegen,
folc^e in eine ©ummam gufammeiigefdilagcn, batJon ba« gcmöt)ip
iit^e Sntereffe gereichet unb über fold)e ''}5oftcn, fomotjl bei bem
gebauten Dber^Sammer-Slmte, olö and) bei ber ^upilleu^SRait*
ßammer, ein orbcntlidje^ ^rotofotl, mem biefelben gugel)ören, ge*
galten, unb auc^ bie eingcl)enben Ontereffen bei ermäl)nter Pupillen*
— 266 —
dtait^Samnter unter bie ^arteten pi*o rata portionum audge«
t{|eilet Yonhtn foöen'' i^).
Donner bei^ie^t ein patent Dom 21. gebruar 1760 —
confirmirt am 2. SWoi 1771 — , burc^ roelc^e« befohlen würbe,
bie $upil(engelber bei öffentlichen ©rünben (ba<( ift, »o ber @taat
@d)u(bner ift, unter meieren auc^ bie Sanbftanbe unb ba^ Ober«
tammeramt gejä^tt mürben) anzulegen ^^), unb ber Codex austria-
cus enthält andi eine 93erorbnung oom 26. 3anner 1760 ^^},
meiere bemerft, bag fc^on roieber^oU befolgten teorben fei, ba§
nic^t nur bie bei ^rioatm ertiegenben ©tiftungdcapitalien, fonbern
auc^ bie $upiOenge(ber eingebracht unb ad fundos publicos an^
gelegt »erben foUen, forote bag bie Stiftungen unb Pupillen bei 9lü(f^
^a^lung ber Darleihen bie genannten Obligationen ald reell, mit»
^in nac^ i^rem '}{ennn)ert^ei anjune^men fc^ulbig feien, meld^'
le^tere ^erorbnung erft mit ber SSerorbnung tiom 4. Februar
1762 roieber aufgehoben würbe *^).
8lm 3. 9loüember 1761 mürben bie erlaffenenen SSerfu*
gungeu ba^in gemilbert, baß bie ^upiUengelber, meldte fc^on bei
^rioaten angelegt waren, nic^t aufgefünbigt gu werben brauch»
ten*®), wenn fie anber« eine ungefäfjrbcte ©ic^er^eit gewährten,
unb ^of find bejiel^t augerbem noc^ bie ^wei SJerorbnungen oom
22. april 1761 unb 18. «prit 1767, noc^ weld)en e« neben ber
9[nlegutig ber ^upiUengelber auf öffentliche ®runbe geftattet war,
biefelben an ^rioate oudpleiben, wenn ben "^upitlengelbern ber
erfte ©oft eingeräumt würbe *').
iRacf) Donner'« 3^"8"*f^ fonnten bie Dbrigfeiten gemög
einer SRefolution com 16. 3uli 1774 dou ber Verpflichtung, bie
^uplllengelber bei öffentlichen (grünben anjule^en, bi^penfiren;
nur mugten fie e« unentgeltlich t^un unb follte bad tlnterpfanb
eine« ^rioatmanne« bad geliehene (Sapitat um bie ^ölfte an
ffiert^ überftcigen ^s).
eine aSerorbnung üom 20. auguft 176t ^ö), welche 93 off iu«
überliefert, unb bie im Codex austriaeus enthaltene 9$erorbnung
com 28. 3änner 1765^0) geftatteten außerbem, bafe eine ^anb-
lung, wel^e Don bem @rblaffer geführt worben war, im 3ntereffe
ber Pupillen fortgeführt werbe, fo lange bie Dberoormunbfc^aft
ben lucratiDen ©efc^äftdbetrieb au« ben vorgelegten 9{ec^nungen
^2) Codex austr., @uppr.-©b. I, @. 788.
13) 2)onner, I. «b., @. 21.
^*) Codex austr., @uppl..©b. IV, @. 81.
1») (gbfnba, @. 272.
18) (Bbenba, @. 242.
") «offiu«, @. 499.
«) ©ouner, I. ©b., @. 21.
1«) «offiu«. @. 499.
20) Codex austr., ©uppf.'Sb. IV, @. 669.
^^^^TT
iprr^^
— 267 —
erlenne, tDö^rcnb aKerbtngd in oOen anberen Sejic^ungeu bad
Crmeffen beö SBormunbe« unb felbft bcr S5ormunbf(f)oft«be^örbc
bei ber 3lnlage Don SBaifengelbern bebeutenb befc^ränft lu^rben mar.
SBad bie ®elber ber nntert^önigen jßaifen betraf, fo tüurbe
bie ^eftimtnung ber ©er^abfc^aftdorbtmnq, bQ§ bie Obrigfeiten
leine ^upiüengelber an fid) j^ieben foücn, noc^i bem 3^"fl"^ff^
Donner'«, in feiner SBeife nie^r beobachtet fonbern im ®cgen*
t^eite bie Anlage be<$ SBaijeuDermögen« bei ben Obrigteiten noc^
immer fortgefcfet.
35ic ®efe^gebung felbft befreunbete ncf| mit ber ^nt mit
ber Derbotenen ®elban(age unb bignügte fid) bamit, ben ^rpiUen
nfc|t Don gott ju J^oU, fonbern im 93ort)inein eine ©ic^er^eit im
SBermögen ber Oberoormunbfcbaften ju ermirfen.
üDqö oberöflerrerd)ifd)e Sanbtafelgefefe üom 3. Dctober 1754,
unb noc^ bfutli^er ba« nieberöfterret^ifdie ®efe^ Dom 24. 9}o^
Dember 1758 Ratten namtid) in biefer $e,:\iet)ung bie fogenannte
Octaoa — an Stelle ber in ber ®tTl)abfd)Qft«orbnung oorgefc^rie*
benen fpejieHen fafemeifen 93erpfänbung ber ®üter — eingeführt unb
beftimmt, „\>a%, um ben ^upiUengetbern ber Untertbanen unbebenfo
ben Depofiten= unb Söe^rung^gclbern bie erforbertidje Sidier^eit ^u
oerft^affen/ ber ac^te ÜE^eit be« SBertbe» ber ^errfdjaftlicben ®üter
}u berfelben ©ic^er^eit nic^t nur für beftänbig oorgemerfr, fon»
bem baß aucb eine genaue ©pecificotion einciereidjt, unb n^enn
ficft barau« ergeben mürbe, bo§ ber Setrag bcr ^upiücn*, Depofiten*
unb 8Bff|rung«<® eiber ben ocbten J^eit be« SBertbe« ber ®üter
öberfteigen mürbe, bad super plus gteic^mögig oorgemerft unb
infotange, bi« felbe getilgt fei, Ijaftbor bleiben fotte" 2').
^erPorsu^eben ift nur nod), ha^ burd) bo« Sntereffefteuer*
patent öom 1. aJioi 1766 ber 3i"^f"B ^^^ Sapitat« auf 4 ^roi»
Cent ^erabgefc^t mürbe 22), baber bie Ü)JünbeIgetber auc^ nunmehr
nac^ biefem 3i"^f"6^ üerjinft mürben.
d) 'iflad^ ber 3ofeftnifd}en ©efe^gebung.
ÜDurc^ aße im legten Sopitet aufgeüäblten SSeränbernngen
fanb fid^ bie 3ofefinifd)e ®efe69ebung ^u ben {Reformen oorbereitet,
metc^e biefetbe nunmehr auf einer ein^eitlid^en, gef^Ioffenen ®runb»
tage burc^}ufü^ren fic^ entfdilog.
2)ie Säbfonberung be« ^upiüaroermögen« unb beffen ©itfier*
ftedung mar bem SSormunbe meggenommen unb bem ®eric6te
übergeben morben; bie SSerlaffenfc^aft^fperre bot ben beften anlag,
bte mertl^ooUen, (eic^t enttrogbaren ^eftanbtl)eile bed 3){ünbet'
Dermo gend in gerichtliche 93erma^rung }unel)men; bem 93ormunbe
2») Codex austr., <BvippU»^h. III, @. 902 unb 1288.
22) ebcnba, @up»)t.-©D. IV, @. 796.
~ 268 —
mar bad SRec^t benommen tDorben, bau SDtünbetgelb jum Snfaufe
unbemeglidjer ®äter unb )ur Slnlegung auf 3'"^^" ^^^ feinem
(Srmeffen gu öermenben; bie Slrt ber gructificirung beö 3WünbcU
oermögend tt)ar aügemein gefet^Iic^ oorgefdjrieben morben unb
foüte fortQn in SnlagettJcrt^en erfolgen, ivüi^e unter ber birectcn
Dberauffic^t ber Dberoormunbfci^aft ftonben; benn ft^IieSli^ war
e^ ja bal^tn gefommen, bog bie Dbrtgfeit oU OberDormunbfc^aft
bie SBatfengelber ber Untert^anen gu fid| nabm', bog bie ^upiUen«'
gelber ber SBiener Sürgcr bei ber ^upiüen'SRQittomraer beponirt
mürben, unb ba§ bei ben oberen @iänben unb bei anberen ^ev^
fönen, in Slnfel^ung beren lanbeöfürftlic^e ®eric^te bie Dberoor*
munbfc^aft fül)rten, bie Slnlage in öffentlichen gonbö^ in ©taat«*,
begiet)ung^meife Sanbedobtigationen erfolgen mugte.
SSom SJormunbe mar auf biefe Seife jebmebe eigene ab*
miniftration genommen morben; er fungirte t^atfäc^Iic^ nur ald
!Diencr unb ©efteütcr ber SJormunbfcftaftöbe^örbe, meiere nic^t
me{|r blod bie Ueberfc^reitungen pofitioer SSerbote burcft ben 9Sor*
munb gu ^inbern, fonbern bemfelben oiclmefir aut^ gegen feinen
SBiücn l)ie beftimrate Slrt ber 2ln(age unb @id)erfteüung be«
äBaifenöermögen« oorgufcbreiben tjattc; ba«J SRec^t ber unteren
©tänbe — mefc^eö feit langer ^zit fc^on eine birecte Slbminis'
ftration bed SSBaifenoermögeud burc^ bie Dbrigteiten getannt
^atte — mar in ber Zt^at auf fämmtlic^e Staatsangehörige au»*
gebe^nt morben, unb bie bureaufratifc^e ?luSübung beö Dormunb*
fcboftlic^en ©c^u^e« ^atte jebe freie SJegung te« SSorraunbe« un^^
möglich gemacht.
S)a« erfte ®efe(5 Saifer 3ofef*« IL, meiere« fic^ in umfaffcnbcr
SQBeife mit ber SSermaltung be« SBaifpnoermögenö befdjäfiigte,
mar bie ®erid)t«inftruction öom 9. (September 1785, unb ba«
gmeite baö 3o|efinifd)e bflrgcrlidie ©cfeßbucl).
Sie ermähnte ©eric^t^inftruction entljiett gucrft fcbon bie
2lnmeifung an bie ®erici)tc, baß t>a^ ä3ermögen ber ^upitlen
genau gu erl)eben, unb ba^ babci gu forgen fei, baß e« nac^ 93or*
fcftrift ber ®efe^c fic^crgefteflt, hie ©c^utbbriefe unb "ißretiofcn
aber fogleic^ in gerichtliche äJerma^rung gegeben merben^).
3u biefem 6nbe brauchte ber SBormunb baö Snoentarium
nic^t meftr angufuc^en, fonbern eö mürbe ba^felbe öon ämtö»
megen aufgenommen 2); cbcnfo ^atte ba« ®eric^t nunmehr oon
9lmt«<roegen für bie Öerict)ti9ung ber ben ^upiÜen unb Suranben
QUO einer Grbfc^aft etwa angefallenen SSermäc^tniffe gu forgen
1) (Äcvtdjtfeiiiflvucttoii Dorn 9. September 1785, i^r. 4G4 i^. @. @.
II. 3Ibfcl)uttr, VI. ^auptftüc!, §. 48.
2) (gbciibo, V. $auptftücf, §. 34.
stmutiP, unb bei auSiDärtinen, niinber>
Etrefffii&e ^pegftfcaftSbe^örbe ju oer«
lianoigen'j.
Till ^ffttmmunqcn btS DafefinifAeii täefegbui^eS felbß über
bif SSbmintftraltDii be« ^iinbt[x)txmb%tn9 loaren no(^ Die[ eigen'
tI)üm(ic^eT; [ie begtiüßten |'id| im 9(Unenteinen bamit, ftftjufegen,
roai ber ^ormunb felbft niit bem ^ßermögen bed 3)Mnbe[0 im
eigenen SQ}iTEuitgefrei|e t^un bfirfe unb t^un [oUe ; fie jcii^neteii
a\td) eine ©renje doc, übei ivelt^e ^iiioue ein ^anbrln be« 3}Dr>
muiibea an bie Snteroention ber ^ormunbfc^aflebebörbe gebunbcn
nar, bagcgen unterliegen fie tS tiieifai^ aüä), bad <Srmef fcn bei
3Sormunbf(^aFtdbe^iiibfn felbft an beftimin tc SKegelii ju
binben, fo bag biefetben namentlid) it)tc dicditt unb ä3efugniffe jum
Settauff bee OJ^änbclgute« unb \vx ätnlage ber 3)fünbelcapjtalien
nidit aue biefem ®e[ege, fonbern aa« fpecielleu 93erorbnungen
cntnef)nten mugten; ti mar eben bamalS bie lUnücbt ber @efe|s
gebung, bog bie ^obificationbee^ritiatrei^tee bort inne}u^allen ^abe,
wo t9 fii^ um bie Simitirung ber Üllad^tbefugniffe ber SefiöTben
^anble, unb bog biefer ©egenflanb ber 9tegclung ber freimiUigen
@en(^t«barEeit Dorbe^alten bleiben foQe, meiere in feiner 3Seife
mit bem ^rioatrei^te ]ü »ermengen fei.
X>ie Sefi^reibung be6 3)IünbelDermSgcn0 ivurbe auSbrQdlit^
bem SBormunPfdioftegfrit^te referoirt *), foferne nic^t ®iiter,
meli^e in anbeten $iDOinjen togen, jum SaifenDermögtn ge»
I|örten^); bed ifionnunbed @egenwart bei ber Snoeiitur loar nur
mebr geftaitet, nid)t nie^r geboten; ebenfo würben iftm bie luert^»
DoUen, lei^t tiertragbaren ißermügenebeftanbt^eiU nicbt me^r in
Rauben belogen, fonbern tS lourbe Dorgefi^rieben, ba§ alle bem
XQaifen gcEibcigen ©t^ulbbriefe, iQuittungen unb anbere Urtunben,
nie aud) äuioelen unb Softbarteiten in geric^ttii^e S^erniabrung
genommen, Don bcn Urtunben bem Sjormunbe ÜSerieic^niffe unb
Vbfc^riften mitgel^eitt, bie Urfdiriften felbft aber nur bann einge*
^änbigt roeiben follen, tsenn ee bie Umftänbe forbcrn^).
Hugerbem war in ätnfe^ung beS beweglichen Xlünbeloer«
mbgend nur noi^ oorgefeben, bag X)aeienige, roa« als ein befon^
bereS X^enfmal bei ber Familie ju bemabren, ober beffen ^uf'
bewa^rung buii^ legtwillige ober anbete 91norbnungen anbefoblen
Uorben war, ober wad ben ffiaifen in ber JJotge nütili^ fein tonnte
unb nic^t leitet wieber }u f|aben War, nii^t DerJiugert werben,
unb bat bierüber bei entfteftenben Zweifeln bie aJorraunbf^aft«-
be^ilrbe entfi^eiben folle ').
>) Scnf^tsinflructlDo d. 9. Stpt. 1785, II. 86f<4., VL $au|ilil., %. 43.
*) 3of(fiiii((£ir» Qt\<^iuä), V. ©auptflOrt, g. U.
«) llbtniia.
*) <Simt>a, %: 89.
■=) Cbenba, §. GG.
— 270 -
8lUf0, fon)ol)( n?od auf:\ube^a(ten unb lüad )U oeräugern
befunben ivurbe, mußte gertd)tli(i) gefc^äf^t unb bte greife ben
gerichtlichen Sefcbreibungen beigefügt merben; nur roenn bte
@d)Q^ung mit großem Slufn^anbe orrbunben mar, burfte fie bid
jur (irbt^eilung ober SSeröueerung öerfdioben merben^).
£)er aufjubematjrenbe Hieil beö Ü)iünbeloerraögen« foüte —
moferne er nic^t gericfttlicft ju erlegen mar — entroeber bem S5or*
munbe einge^aubigt ober an einem fidleren Orte t)interlegt merbeti;
bad übrige beioeglic^e S3ermögen foUte bagegen entmeber ba, mo e^
beftnblid) mar ober mo ed am bcften üerfauft merben fonnte,
burc^ gerichtliche geiibietung balbmöglicbft Deröugert merben, außer
loenn e« ©ac^en betraf, meiere mit ber 3^it beffere ffäufer finben
lonnten, ober bei benen man an^unet)men berect)tigt mar, baß fie
burc^ längere älufbema^rung im ^ertl^e fteigen merben. Stieb
bei ber gerichtlichen geilbietung ein (^egeuftanb o^ne Käufer liegen,
fo burfte bem 3$ormunbe beffen S3:rfauf aUenfaUd auc^ unter bem
@4äfeung«preife ubertoffcn merben^).
3n Slnfe^una ber nufjboren (Selber unb ber meiter ein-
gel^enben Srfparniife mar eö be« S5ormunbe« W^c^^ biefelbfn
»erjin^lic^ anjulegen; bad ®efe^ felbft beftimmte nic^t metter bie
Slrt biefer anläge — meiere oiclme^r burc^ ©pecialoerorbnungen
geregelt mar — , fonbern begnügte ficb, nur noc^ ^injujufügen,
baß bie !£ilgung ber $)3aifenfct)ulben, bie Befreiung bed Sßaifen-
oermögend oon barauf laftenben Haftungen, bie 9)2elioriation ber
SBaifengüter unb anbcrmeitige erträgliche fjructificirungen ber
öerjinölicijen Einlage be« üWünbeloermögcn« t)orjugiel)en feien ^*).
Slußerbem mar nur noc^ befohlen morben, t^a^, menn in
einem ©c^ulbbriefe ben ®aifen ein Unterpfanb öerfcl)ricben, aber
noc^ nic^t öorgemerft morben mar, ber SSormunb für beffen 93or*
merfung }u forgen l^abe, baß mettn fein Unterpfanb oerfc^rie»
ben, er ein folc^eö begehren unb im S3eigerung«fatle bie gor*
berung eintreiben follc; baß enblicb t>cr SBormunb unoerbriefte
älu^ftönbe unb gorberungen auc^ o^ne befonbere äJermiUigung
felbft erl^eben unb, menn fie ftreitig maren, biefetben berichtigen
burfte ^0-
Sapitalien, bie ber 35orniunb — mit geric!^tlid)cr öeloilli^
gung — aufgefünbigt l)atte, ober tie i^m aufgefünbigt morben
maren, mußte er, mmn eine onbere 9Sermenbung nic^t öort^eit*
l^after mar, neuerbing^ fieser anlegen, unb n?enn er feinen Ort
finben fonnte, tiefen Umftanb uier SBocfien öor ber 3ö^f*i"9^äci*
ber 49e^örbe anzeigen, meiere bann enttDeber bad (Kapital burc^
^) Sofcftnifc^e« ©efefebiui^, V. C>auptpü(f, §. 67.
öj (Sbenba, §. 68.
10) (äbenbai §. 73.
11) (gbenba, §. 72.
— 271 —
dffenttit^e ^unboiac^ung au^iubieten ober auf anbete Sßetfe äSor-
forge ju treffen l^atte^^).
3ur (Sr^ebung eined einju^a^(enben ßapitated benöt^tgte enb^
(ic^ ber 93ormunb einer ^erorbnung ber 93ormunbfc6aft^be^örbe,
unb ed burfte eine ol^ne biefe ißerorbnung au^gefteUte Quittung
Don leinem ®ertd)te angenommen, auc^ bem 93ormunbe bad Sa^
pita{ Don bem ©c^ulbner nic^t anberd ald auf eigene ®efa^r
audgeja^It, fonbern ed mugte auf Unloften bed SSormunbed }u ®e«
ric^W^anben erlegt »erben ^3).
3(lle biefe Dereinjetten Seftimmungen erj^telten aber bie
erforberüc^e !iDetermintrung erft bur(^ ben an bie ©pi^e geftellten
@runbfa|, bag nur minber beträchtliche ^ormunbfc^aftdgefc^afte
oom 93ormunbe auc^ o^ne (Sinn)i(Iigung ber Se^örbe gefc^Ioffen
»erben burften, bog aber ©efc^äfte oon größerer SBic^tigfeit ganj
nnb gar ungittig feien, menn bie (SinmiUigung ber Se^örbe baju
nic^t eingeholt »orben toar ^^).
SluffaQenb bleibt e^, bag bie ^ebingungen, unter »eichen
(iegenbe ©üter veräußert »erben burften, nic^t me^r angegeben
»urben; bie ffle^örbe felbft ^atte Ijier nunmehr ganj freie ^anb;
fie fonnte biefelben auc^ gegen ben SBiden bei^ 93ormunbed t)eröu6ern,
unb »ar ^iebei nic^t met)r an bie 93oraudfe^ungen einer »a^ren
92otl^(age ober eined flaren unb über»iegenben üBort^ei(ed ber
^upiden gebunben.
!Die öeftimmungen be« Öofefinifc^en ©efefebud^e« — »ie
»ir fie bi^^er oorgetragen ^aben — tonnten mit SRec^t ben
3»eife( erregen, ob benn bie früheren iBerorbnungen, »etc^e bie
äntoge bed SBaifenoermögend in bie öffentUc^en ^^onbd anbefohlen
hatten, aufget)oben »orben feien, unb in ber ÜT^iat finb biefe
3n'eife( entftanben unb ^aben offenbar älnfragen ber ©eric^te an
bie ^offtede ftattgefunben.
e« erfloB benn auc^ fc^on am 2. 3änner 1787, 9lr. 610
3. ®. @., baö erläuternbc §ofbecret, »etc^e« oerfügte, ba§ burc^
bie §§. 70 unb 73 beö fünften ^auptftüde« im erften Steile be«
aUgemetnen bürgerlichen ©efe^buc^e^ bie früt)eren ^öc^ften 9{efo(u^
tionen »egen Hinterlegung bc« fämmtlic^en SBaifenoermögen« in
bie öffentlichen §onbd feined»eg9 aufgehoben »orben feien, unb baß
e« feinem SSormunbe freifte^e, folcfjed Säaifenoermögen auc^ an
^articulier« jur Slufenießung l)intan'jugeben ; nur baö bei ^riöaten
auf bem flachen ßanbe anliegenbe ääaifenöermögen foUte Don
biefer SSerfügung in ^infunft aufgenommen fein.
©iefe merf»ürbige (Srtäuterung — »eldje jraci üRonate
*») 3ofcfintf(f)c« OefcfeBuc^, V. $au|)tpü(f, §. 70.
. «) (gbcnba, §.71.
") (gbcnba, §. 65.
— 272 —
nac^ bem ®efe^e fic^ mit biefem fetbft in fo grellem SSßiberfpruc^e
[teilte — erflärt fic^ Iebig(i4 QUd bem Don und angegebenen
®runbe, bog bie älniaqe bed ^aifenoermögen«^ )e(bft burc^aud
nid)t old ®egenftanb bed allgemeinen ^rioatrec^ted, fonbern
lebiglic^ atd Object ber fretmiUtgen ©ertc^t^barfeit angefe^en
iDurbe, unb bag bie Sofefinifc^e ©efet^gcbung ed überhaupt ^auftg
Dorjog, ^rinctpien in aügemeinen ©efegen in promulgiren, meiere
burc^ bolbige, an bie Beamten erlaffene SSerorbnungen einem
anberroeitigen S3erftänbni[[e gugefü^rt merben foQten.
@o fd)eint benn auc^ |ier mit älbfic^t ber fidca=
lifc^e ®efic^t0punlt bei ber 3(n(age bed ältünbelDer«
mögen« aud bem (Sefe^e I)inn)eggeblieben gu fein, ba
man im ^erorbnung^mege ben gleichen S^'^dF, unb o^ne
bie allgemeine 9lufmertfam(eit auf biefen $untt ju
lenlen, erreichen }u fönnen, fieser mar.
Sßeitaud fdjörfer fprac^ fic^ in ber gleichen 9iic^tung oier
aWonote fpäter bae ©efefe öom 18. SKai 1787, 5Rr. 678 3. ®. ©.,
aud; na(4 biefem ©efe^e burften nic^t blöd alle fünftig ent«
fte^enben geifttic^en unb me(tlid)en ©tiftungd^, jtirc^en^ ^tuhev*
fc^aftd" unb SBaifengelber nur in öffentli^en gonbd angelegt
merben, fonbern ed follten alle f4|on bermalen oon Dbrigfeiten,
Untert^anen ober oon ^rioaten mit ober o^ne ^\)potf)tt bereite
au«i geliehenen (Selber oon ber obermä^nten ©attung aufgefün«
bigt unb jur 3<^§tung eingetrieben merben, Don melc^er SSer«
fügung abermals nur bie Saifengelber auf bem flachen Sanbe
aufgenommen muröen.
^ie 9iüd^ablung ber bei ^rioaten anliegenben ^upiUen^
capitalien mugte fogletc^ betrieben merben) menn bie erforberlt^je
©ic^er^eit ber $riDatl)^pot^et nic^t ju erlangen mar; menn feboc^
eine folc^e ©ic^er^eit beftanb, maren bie bebungenen, bemiUigten
ober ric^terlic^erfeitd guertannten S^^^ungdraten einzuhalten, unb
nur, im t^alle feine 3<^l)(ungdraten feftgefe^t morben maren, mar
ein i£ermin Don 5, rüdffid)tli4l 10 3al|re feftgefefit »orben, inner»
f)alb beffen bie 3u^i^^i<>^^un9 erfolgen mußte.
!£)arait ben ^rioatfc^ulbnern aber eine folc^e 3ufriftung ge»
mö^rt merbenlonnte, mußten fie bie ©ic^er^eit in ber 9lrt audmeifen,
ta^ bad auf einem ^aufe oorgemerfte Kapital bie erfte {»ölfte,
unb ba« auf Sanbgütern unb ©rünben ^aftenbe Kapital bie erften
^mei ©rittt^eile be« magren ffiert^e« ber jum Unterpfanbe be*
[teilten ^Realität nic^t überfc^ritt.
@nblic^ mar no4 mit bem ^ofbecrete oom 17. Suguft
1787, 3tr. 709 3. ®. ©., unter »nberem beftimmt morben, bag
ber '^flic^tt^eil, ben ein (Srblaffer feinen Slotberben hinterließ,
ni4|t mit bem ä^erbote, benfelben in öffentlichen ^onb« anjulegen,
belaftet merben burfte; baß nur bann, menn ben Xßaifen ein
— 273 —
betrog über ben $fli(^tt^ei( mit ber Sebingung Dermad|t würbe,
bag ber gange betrag ^um 9lnfaufe einer S^eolitöt ;iu Dermenben
fei, btefe ^eftimmung beobachtet merben mußte; bag ferner bad^
lenige, ibad oon einem freien Sigent^ume aud freiem Stilen einem
$upiQen jugemenbet mürbe mit bem JBebingniffe, baß baför
iRealitöten angefauft merben foUen, belegt merben fonnte, bag
bagegen bie Sebingung, bad S3ermögen überl^aupt bei ^rioaten
angulegen, 0(0 nic^t beigefe^t angefel^en mürbe.
3um ©c^Iuffe mu§ no4 ^etoorge^oben roerben, bag nac^
ben beiben gulegtgenannten ^ofbecreten badjenige So^itat eined
iffiaifen, meld^ed fc^on bei bem (Srblaffer in einer |)anb(ung ober
ifabrit angelegt mar, nid)t aufgefünbigt ju merben brauchte, bag
ed ober auc^ nic^t aud bem ä3ermögen bed ^JRünbeld oermel^rt
merben burfte, inbem auc^ in biefem gaQe aüe^ ®etb unb aüt
Slctiöforberungen be«felbcn in öffentlichen ^Jonb« angelegt merben
mußten.
ÜDurc^ biefe nachträglichen äSerorbnungen gum 3ofeftnifcf)en
®efe^buc{)e, meiere innerhalb eine^ Sa^re^ nac^ beffen ^romul«
girung erlaffen mürben unb nur badjenige ergänzen follten, mad
im ®efe^e felbft abfic^tlic^ bunfel gelaffen moröen mar, mar bem
9ek)ormunbungdft)fteme bed 93ormunbed ber @c^luBftein einge^
fugt morben.
ÜDad ©aifenoermögen burfte regelmäßig nic^t me^r jum
änfaufe unbemcglic^er Oüter öermenbet merben; ber SSerfauf ber
Unteren unterlag gar feinen materiell^rec^tlic^en Sef^ränfungen,
fonbern nur me^r bem (Srmeffen ber 3Sormunbfc^aft6bet|örbe;
aUed einge^enbe ®elb mugte in Obligationen angelegt merben,
ober ed mürbe oon ben ©runb^erren am !t$anbe gu leiten ge^^
nontmen; bie Obligationen lagen in gerichtlicher 93ermql)rung
unb ber ^ormunb f^atte feine irgenbmie eingeräumte Üßac^t,
bad Vermögen feineö äßünbelcJ auf eine erfprießlic^ere 3lrt gu
Dertoenben.
Sbenfo mie bie richterliche ®eftellung beö SSor-
mnnbe^ oon allen iDetation^grünben natiegu allein praftifc^
äbriggeblieben mar, ebenfo mar auc^ bie freie ^emegung bed
S3ormunbed auf bem ©ebiete ber SJermögen^oermattung aufge^
^obeu unb befeitigt morben; bie Dberüormunbfc^aft oermal^rte
unb Dermaltete allein baö SBaifenoermögen unb — mie mir fc^on
an mehreren ©teilen ^eroorge^oben l^aben — e« mar fenee Stecht
auf alle, auc^ auf bie ^öl)eren Stänbe au^gebe^nt morben, melc^ed
mir im 16. unb 17. Sal^r^unberte nur bti ben SBaifen ber §alb«
freien unb ber Untert^anen gefunben l^aben.
Z.ffOtinHt),i\ltn. 9ormnnbf (i^aftSred^t. 1 8
— 274 —
VIII. Sa))itcf.
190nnun%|(t|aft0red)nuit0 uub )9^aifenbu(l).
1« fittfeUititg.
ÜDie Slenberungen, toelc^e oom 16. bid sunt @nbe bed 18.
Sa^r^unbcrtc^ in ber SJertretung be« a)iünbe(fi» unb in bet SSer*
maltung bed SSermögend burc^ ben SSormunb ftattgefunben Ratten,
mußten fic^ natürlic^ermcife in ben iebedmaügen ^orfc^riften über
bie 9?e(^nungd(eg ung bed 93ormunbed abfpiegeln.
@d ift iwav aQerbingd toaf^v, bag in 9heberöfterreicb [c^on
im 16. 3a^r^unberte bad ®eri(^t allein über bie ©enel^migung
ober 9lic^tgene^mtgung Der oom 93ormunbe gelegten Sfec^nung ju
entfc^eiben ^atte, aber anbererfeitd barf benn boc^ aud) nic^t Der«
geffen werben, ba^ nodj im 17. Oa^r^unbcrte ber ffamilie unb ben
33ern)anbten be^ !l!?ünbeld ein bebeutenber Hinflug auf bie Prüfung
unb Bemänglung ber 97ec^nung gema^rt iDorben mar.
(Solange bie äöminiftration im S35efentli(f)en in ben $änben
be« 35ormnnbe« gelegen mar uiiD ber (5influ§ ber Dberoormunb*
fi^aft noA nic^t iebe felbftftänbige 2:^attgfeit bed 93ormunbe«
au^gefdjloffen Ijatte, ergab firfi i^mifc^en bem SBorraunbe einerfeiW
unb jenen ^erfonen, melcbe bie {Rechnung ju prüfen unb gu be»
mangeln bad Stecht Ratten — bem groBjiä^rig gemorbenen 9)2ünbet,
ben SBerroanbten beöfelben unb eigen« ju biefem Berufe befteUten
^erfonen (5Rait^änblern) — anbererfeit« oon felbft ein SSer^ältniB,
meldte« ber ^arteienfteüung in einem Siec^nungdprqceffe entmeber
oollfommen gleich ober boc^ gum äßinbeften fe^r ö^nlic^ mor;
bie gur Prüfung berufenen ^erfonen Ratten bie S^ec^nung }u ge^
ne^migen ober p bemängeln; in leererem t^alle folgten auf bie
^^ängel bie (Erläuterungen, hierauf bie ©upermängel unb @uper^
er läuter ungen, unb am S^luffe bed SSerfa^rend entfc^ieb bie ^^or^
munbfc^aft«^be^örbe für ober gegen bie 9ie(4nung<)lage, für ober
gegen bie Siic^tigfeit ber oom äSormunbe gelegten 9ie(^nung.
!£)a9 ^arteienDer^öItnig mugte aud ber 9tec^nungdlegung
f^minben, fobalb ber Sinflug ber i^amilie ober eines ^flegfc^aft««
ratl^ed in ber SSormunbfc^aft Derblagt mar; ba auc^ ber 93ormunb
gum blogen Beftellten, gum S^ecutioorgane ber Oberoormunbfc^aft
gemorben mar, fo ermangelte ed ber jUtöglic^Ieit, ein Parteien*
Der^dltnig bei ber 9iec^nung«Iegung l^erguftellen; bie Prüfung ber
S3ormunbf(^aftdrec^nung erfolgte gang fo, mie bie Buchhaltungen
unb (^ontrolbe^örben e« in Slnfe^ung ber anberen 9}ed|nungen ge«
mo^nt maren, unb bie Bormunbfc^aftdbe^öröe entf^ieb nur me^r
im abminiftrattoen SBege.
3u biefer Slenberung ber Sted^nung^Iegung trug aber no^
ein anberer Umftanb mefentlic^ bei.
— 275 —
©o(atigt bit StbrninifliaHon bes ününbrtoermödeiie — tofnige
fünfte au<iqtnDnimen — oUcin in ben ftäiibtn be« 93ocmunbe0
ru^ie, ftatu bit Oberoorniunbicftaft fein ipfjfntlrdjef Ontercffe
baran, ba§ bcc Sormunb ba» 9Ibio(utonum erhielt; fie tonnte
ru^ig auefprei^fn iinb ertenntn, bag bieff unb itr\e iUfängel be*
ftr^m, bQ6 bet Sßormunb bie|rn unb jenen ©rfaß teiften möffe;
benn bie actio subsidiaris gegen bie Dbproormunbfc^aft griff {a
nur $10^, ntenn ein %'eifc^ulben ber 3tl)ürtie Dorlag, mib ee
lag bamal8 not^ fe^r ferne, ein SQerfdiulben bed ^prmunbee mit
bem ber CbetDortnunbfc^afi }u nectpecbfeüi.
Slls ober iebe ni(l)i gonj unbebeutcnbe ^anbluiig bee 9}or>
tnunbee an bte ®enel)miguna ber 9Jormunbfil)aft«ibe^örbe getnSpft
Dorbeii mar, ba tarn bte ^e^drbe in bie Sage, bei ber ^räfung
unb @rlebigung ber {ReAnung t^re eigenen ^anblungen unb ®f
nefimigungen neuerbinge jit beuit^eilen; Oa niii^te i^r baran ge«
legen fein, bai bei SBocmunb mä) ba« StbloUitoriiim er^lte, unb
ba§ ber großjährig getvorbene $u)}iQe ba« ^bfotuiorium audt auf
bie SSoTntunbff^aftebe^erbe auSbe^ne, bamit fte uoc ber nunmehr
fefir erweiterten actio subaidiaria fit^tr fei.
<S8 mußte ber Oberooimunbfii^aft baran gelegen fein, burt^
eine abminiftralioe dtecbnungt^pritfung jebe SLage aud bem doT'
munbf(^af(lid)en 3ierbälluiffe abgufc^ndben , ba ja bie actio
tatelae directa bie regelmägige ©ebingung ber actio Bubsi-
diaria war.
©0 ^otf benn bie abminiftratior Prüfung unb Sti^tigftellung
ber SSormunbfc^afteredfnung nic^t bto« ba;u, au0 biefem «Sefc^äfle
alle jene SeftanbtEieite ju eliminiren, welche an einen Stedinungäs
proce§ erinnern tonnten, fonbern fie biente au(b baju, um all«
mälig alle prioatre^tli^en {{lagen aus btm Sßormunbft^afte*
oeiliäUniffe au« bem praftifc^en iRei^teleben ju oerbrängen, unb
bie actionee tutelae directa et contraria ebenfofe^r bur(^ einen
obminiftratioen Sßorgang ju eefegen , wie bie 3jerlaffen|c^aftü'
ab^anblunq unb bte ömtlit^e ^uweifung bee 9!ai$(affe« an bie Scben
bie alten, guten formen ber &rbt^eilung, weldje bad a[te öfterreii^ifi^e
9!ei^t fiberttefert unb erhalten ^atte, allmütig aufgete^rt (fatten.
Um in ben !!)etoil«i fii^er ;tu ge^en, erft^eint ouä i^itv tin^üä»
blid auf bae gemeine römif^e unb beutfc^e ^ei^t geboten.
3. SlfidUnA «nf bM i<mtC4e «nb gemeine btmtf^i ^$t.
^atb bem rSmifcfien 9?e(^te fanb eine fRet^nungäablegung
(ratioDiim redditio) bei ber Xutel trft nac^ beenbtgter 3}ormunb'
f(f)afl ftatt; nur bie üRttoormfinber tonnten w&^renb ber SSormunb*
fc^aft bie Sufpection ber dtet^nungen oertangen ').
1) Maboiff n, e. 480.
■Tr •
— 276 —
Slnberd (ag bie @a(^e nac^ beutfc^em {Redete; fd)on einzelne
9ie4t^queQen bed 13., no^ ntet)rere aber beö 14. Oa^r^unberteö
onertannten bie $fl[tci)t bed 93ormunbe9; fd)on mct^renb ber !Dauer
ber äSormunbfc^aft über {eine ^ermattung 9tec^nung ju (egen,
menn auc^ biefe 93erpf[ic^tung urfprüngti(^ einen befc^rantten
Umfang ijattt.
I)a« filtere fäc^fifc^e SRec^t gemährte ba« Kec^t, öom SSor*
munbe 9{ec^nungdlegung ^u oerlangen, nur bem näd^ften (Srben
bed Snünbeld, unb ber SSormunb toar ba^er Don bfr 9ie(^nung9«
legung frei, menn er felbft ber nfic^fte @rbe bed ^Ißüubet«^ mor.
9lüein nac^ ben anberen beutf(^en unb auc^ nac^ ben fpfiteren
ffi^fift^en 9tcc^t«queüen mar ber SJormunb bcm näcftften S3e*
freunbeten be« ÜRünbcI«, auc^ roenn er nic^t beffen nac^fter Srbe
mar, 9}ec^nung ^n legen fc^utDtg, unb Don ha angefangen fonnte
man in ber %ijat oon einer im Sntereffe be« äJiünbeC« gebotenen
3SerpfIic^lung bc« äJormunbe» gur 9ie(^nung«Iegung über feine SJer*
maltung reben, n)ät)renb freiließ bie Slec^nung, meiere nac^ älterem
fäc^fifc^cn JRec^te bcm nfidjften firben beö 3Künbele gefegt »erben
-mußte, eben nur im 3ntereffe be« Srben unb nic^t in bcm beö SDiün*
belc^ gelegen mar.
eobalb bie nfic^ftcn SSermanbten beö SDlünbel« ald gam i Ue n*
ratl^ bie 9iec^nungd(egung bed 3Sormunbe« errungen Ratten, mar
ed auc^ fe^r natürlich, ba§ bie Oberoormunbfc^aft einen Stnflug
auf biefe 5rt)ätigfeit erl)ielt; benn menn fidj bie Oberoormunb»
fc^aft in ^eutfc^lanb in allen iöe^iet)ungen neben bie Mamille ge^
fett f)atte, fo fonnte fie benn bod) oon ber fo mit^tigen Eontrole
be« Sßormunbeö nic^t au«gefc^loffen bleiben.
3a im ®egent^et(e, Die Oberüormunbfc^aft mugte fe^r balb
bie gamiüe in ben ^intergrunb ju brängen; e« entroirfefte ft(^
fe^r fdinett bie Slnfc^auung, ba§ bie SRed^nung nic^t mel^r ber ga-
milie, fonbern nur ber öe^örbe gelegt roerben muffe, unb nur fo
meit erl&iett fid) ber Sinfluß ber gamilie noc^, baß bie Prüfung
ber SRec^nung im Seif ein ber Slut^freunbc beö SDiänbetö er*
folgte.
Uebcr bie 3^it ^i^ oft 5Re(^nung gelegt merben muffe, ent*
hielten bie älteren beutfc^en SRcc^t^fquedcn oerfdjiebenc Seftim*
mungen; einjelne oerlangten, baß bie SRec^nung alle 3a^re, anbete,
baß fie aüe 3af)re gmeimal gelegt merben muffe, anbere über(ie§en
e« bem ©utbeflnben ber ©Iut«freunbe be« SlRünbel«, mie oft ftc
ficfi {Rechnung ablegen laffen moUten ^).
@ine 3lenberung führten bie beiben SReic^dpoligeiorbnungen
öon ben Sauren 1548 unb 1577 ein; beibc entbietten bie ge^
meinfc^aftlic^c ©eftimmung, baß ber SSormunb jätirlic^ ber Dbrig«
2) Ärout n, @. 48; I, ©. 92.
— 277 —
feit 9tec^nung ab;(ulegen fc^ulbig fei, o^ne auc^ nur me^r einer
(Soncurreni^ ber ^lut^freunbe }U ern)ö^nen; bogegen h)id)en fie
barin t)on einanber ab, ba§ nac^ ber 9tei(^^poit}etorbnung Don
1548 ber 93onnunb nur bann aQe 3a^re iKe^nung abzulegen
brouc^te, tnenn er oon ber Dberoormunbfc^aft baju aufqeforbert
tDurbe, kDöt)renb bie 9?ei(^d))oli3eiorbnung Don 1577 oerlangte,
ybag ber 93ornmnb ift^rlic^ nit aQein auf (Srforberung ber Dbrig^
feit, fonbern auc^ felbft oermög feinet anbefoQenen 9lmpt«(, auc^
geUifteter $fli(^t unb S^bt gebührliche {Rechnung anbieten unb t^un
foße'^ 3).
$articu{arred)tti4 b(ieb aber auc^ fpater ber ©runbfa^ er<>
Ratten, bag auc^ bie Slut^freunbe ber Prüfung ber 9?ec^nung iu>*
gebogen toerben muffen, feltener bagegen, bag bie Obri^feit matjrenb
ber !&auer ber Sormunbfc^aft überijaupt feine 9te(^nungd(egung
Derlangen bflrfe, unb bag bied nur ben Slutdfreunben bed SDiün*
bete unb beffen äßitDormünbern jufte^e; einzelne ^articularrec^te
»erlangten nic^t immer iäl^rlic^e 9{e(^nungdlegung unb geftatteten
für geringe« 93ermögen längere Siermine, koo^l auc^ gani^Ucbe ®e^
fretung ber 93orniünber Don ber 9?ed)nung6legung; enbtic^ fonnte
particttlorre4tli(^ ber Srblaffer ben Sßormunb oon ber 9ie4)nungd^
legung überhaupt, ober boc^ Don ber {Rechnung über bad ben
$f[i(^tt^eit überfteigenbe 93ermögen feiner ßiuber befreien, in n)eld)en
fallen aber bennoc^ ein SLuffic^tdrec^t ber SSormunbfc^aftdbe^örbe
gema^rt blieb ^).
3. 0efletrei4if4e^ Slr^t.
a) 8i6 )ur (9er ^abf^aftdorb nung Dom 18. gebvuar 1669.
üDad öfterreic^ifd^e diti^t roeift auc^ in biefem fünfte ben
innigen ^uf^^^^i^^^n^ond ^i^ bem beutfc^en Steckte nac^.
Q$ir beft^en Ste^tdqueQen bed 16. Sa^r^unberted — tote
ba« 3nn0pru(fer SibeU oom 3a^re 1518 unb bie SBiener ^rei^
Reiten t)om 12. SRärj 1526 — , loelc^e ölter finb aU bie ^eid^d-
polijeiorbnung bed 3a^red 1548, unb auc^ bie Sanbtdorbnung
Oefterreic^d ob ber (Snnd — ungeachtet fie im 3abre 1609 com«"
pilirt unb im 3a^re 1629 reoibtrt n)orben mar — überlieferte
oielfac^ Seftimmungen be« älteren Steckte«, o^ne ftc^ an bie Ser^»
fügungen ber 97eic^dgefe^e ftrenge gu l^alten.
(Dagegen fc^log fid^ bie 9teform guter $oli}ei für bie fünf
nieberofterreici^ifdben Sanbe unb bie ®raffc^aft ®ör} au« bem 3a^re
1552 enge an bae oier 3a^re früher erlaffene 9{eic^dgefe6 an, unb
ebenfo überlieferte und @uttinger mehrere (Sntfc^eibungen, meiere
bemeifen, baß bie neuen beutfc^en @efe^e fi^ in bie ^ra^id ber
3) Äraut II, (S. 151.
*) Öbeuoa, @. 162.
— 278 —
©eric^te eingelebt Ratten; immerhin b(eibt ed aber ^eroorgu^eben,
bog Quc^ bad ®efe^ bed 3a^red 1552 einjelne porticularrec^tUc^e
^efttmmungen beibe^aüen ^at.
!Da0 3nn^bru(fer SibeK enthielt bltm bie SSor«
fc^rift, „baßburc^ bie ©ergaben ben Dbrigfeiten unb greunbfcfjaff ten,
fo oft 9{ot^ fei, aufrichtige {Rechnung get^an merben foUe ^), unb
beftimtnte burd^aud uidjtd über eine SSerbtnbHc^feit bed SSormunbeö,
3U beftimmten ^^iUn 9ie(^nung ^u (egen; au(^ ift noc^ bemerfend'
roert^, bag bie greunbfc^aften ben Obrigfeiten DoQfommen gteic^«
gefteÜt xoaven,
^Dagegen beftimmten bie ad^t 3a^re fpöter erfc^ienenen
SQSiener 0reit)etten, ba§ bie tider^aben bie Stec^nung alle
3a{|re überreichen, bag fie biefelbe bem ©tabtrat^e ober
jenen ^erfonen, meiere ber @tabtrat^ biegu oer*
orbnen h)ürbe, (egen foUten, baß. bie gelegte ^{ec^nung nur
noc^ im ^eifein etlicher ^reunbe be^ ü){ünbeld p prüfen, bag bem
©ergaben über bie richtige Siec^nung oom JBürgermeifter unb bem
©tabtrat^e }u quittiren fei, unb bag fc^lieglic^ bie 9{aitregtfter
ben ßinbern nad^ erlangter ißogtbarfeit oorgelegt merben foUen ')•
(Singe^enber unb intereffanter finb bie 93orfd)riften ber
^anbt^orbnung Defterreic^d ob ber 6nnd, in
melc^er fic^ brei oerfc^iebene (S^fteme ber 9{ec^nungd(egung gleich*
jeitig erbolten ^aben.
®ei ben Pupillen ber oberen @tänbe ^atte fic^ — n)ie mir
fc^on oben gefe^en baben — in Defterreic^ ob ber (Snnö ber ©ebrauc^
erhalten, bag bie ä$ermanbtcn ben äSormunb mahlen tonnten; ein
folc^er gemä^Iter, »ie auc^ ein teftamentarifc^ beftellter ©er^ab ber
Pupillen ber oberen ©täube l)atte nur ben Pupillen jur ^nt i^rer
^ogtbarfeit unb toä^renb ber !Dauer ber äJormunbfc^aft nur auf
äJerlangen ber Sanbed^auptmannfc^aft 9{ec^nung in legen.
!Die anbermeitig beftellten SSormünber ber Pupillen ber oberen
©tdnbe traf bagegen fc^on bie ä3erbinblic6feit )ur S^ec^nung^legung
alle 3a^re ober boc^ alle jmei 3a^re ; ed mürben i^um Se^ufe ber
Prüfung ber 9iec^nung jmei ober brei ber näc^ften greunbe ber
Pupillen ober in beren Slbgange jmei ober brei „^anbleute", meiere
in bem 33iertel be« ifanbe« angefeffen roaren, in bem bie unbe*
megtic^eu ©üter bed 3){ünbelie$ gelegen maren, beigejogen unb in
©egenmart biefer 9iait^änbler, bed 93ormunbed unb ber uäc^ften
^reunbe be« !Di[ünbeI«, meiere oon bem !£ermine oerftanbigt merben
mugten, erfolgte bie Prüfung ber JHcc^nung, »obei ben „8anbleuten%
folange fie in 91ngelegenbeit ber äJormunbfc^aftdrecbnung abmefenb
mareu, „eine leibliche 3^^ruug" nac^ billigem Srmeffen bed S5or*
^) ©iitttnger unter bem @<:^lagn)orte „(S^crpab", ^. 230.
2) Codex austr. II, ig. 490.
— 279 —
tnunbeö unb !Derienigen^ n)e(d|e bie Stec^nung aufnotfinenr juge^
f^aiiben tourbe.
3n ben ®täbten unb ^J){örfteit unb am Sanbe foQten, analog
ttie ed bei ben ridjterüc^ befteUten SSormünbern ber ^upiüen ber
oberen @tänbe ber ^all mar, alle 3a^re gmei taugliche, erfai)rene
unb ber Sanbtdorbnung funbige '^erfonen beftellt unb in beren
unb ber nac^ften äSerwanbten ber 3){ünbet Setfein bie 93ormunb^
fc^aft^rec^nungen geprüft merben.
Sei ben Untertf^anen enbltct), tt)o ein (äinfluß ber ^amiüe
auf bie 93ormunb)c^aft fc^on oon $au^ aud nid)t gegeben mar,
foÜte bie Dbrigfeit ein 9iaitbuc^ füf)ren, bie SJormünber alle 3o{)re
)ur 93erraittung ber Unfoften oorforbern unb mit benfelben bie
9{e4nung o^ne Seigie^ung oon 9iait^änblern unb ^ermanbten
be« 3)^ünbeld aufnehmen ^).
2Bir tonnten ntc^t mit ©emißEieit conftatiren, ob bie (Sigen*
t^ümlicbteit beö Sanbt^brauc^ei^, meldte Oefterreid) ob ber ^&m\ü
ge^eigtermaßen felbft nacb ber @infu^rung be^ $o(i,:^eige|e(e€( ooii
1552 ben)at)rt f)atte, fic^ auc^ nod) in 9}ieberöfterreic^ erhalten
^aue.
(Sd fc^eint aber ha^ ntd^t ber ^atl gemefen ^u fein, ba
bie nieberöfterreic^ifc^e Sanbt^orbnung oon 1573 im III. Suc^e,
129. 2:itel, gaui^ einfach in älnfe^ung bed iBormunbJ4aftdrec^ted
auf bie ^oUi^eiorbnung be« Sa^red 1552 oerroiefen, unb biefe<$
®e|e^ in feiner Seife ben (Sigent^ümUc^feiten beftimmter @tänbe
SRec^nung getragen ^atte.
3n bem genannten öfterreidüfcften ^olijeigefe^e bed 3aöred
1552 mar offenbar in ber älbfic^t, um entgegenfte^enbeu ®emo^n<
Reiten ^u begegnen, flar unb beut(id) oerorbnet morben, „ha% alle,
e« fe^en 9iait* ober Seftanbä^®erl)aben, oom Seftator, greunben,
Obrigfeit ober ©eric^t gefegt, irer ©erbabfc^aft^^anblungen t)alben
alle iar iärlic^en guete, orbentlic^e Staittung t^uen, unb mo ®t)
für fic6 felbft, folc^e 9taittung ^u t^uen nid^t erfd)ienen, ba§ @^
alfbannauf ber9iait^anbler anruefen,unb auf ber Pupillen Softung
unb ^ottenlon erforbert, auc^ baneben ;\u folc^er 9iaittung a^nem
ober gma^en negften t^reunben bar^u oerfunbt merben fotle, ob biefel^
ben in folc^e Stoittung einrebt ^aben unb in fadjen notbloenbigen
49ericbt tt)uen möditen; mo aber t^aine ?freunbt oori^anben mdren>
ober ju ber 9taittung nid)t erfc^ienen, fo foUe nid)t meniger mit
ber iRaittung fürgegangen merben, unb bie mängel unb unrichtig«
f^aiten burc^ bie JRait^dnbler auggeftellt merben'' *).
3} Satibt0orbnmig Oejlecrelc^« ob ber (Sitn«, ni. !6u(^r 43. Sttel,
@. 670—676. @ir^e aud) ^dftiit @. 16 unb 17, ber iubeffen bec ftgfii«
t^ümlic^en gorm ber Slec^nungeleyung bei ben ^ißupitten ber Untert^anen
gar nic^t me^r pebenft.
*) gol. XXI.
— 280 —
Sd iDucbe biefed ®efe^ in Oefterreid) unter ber (Snnd auc^
befolgt; eine Sutfc^eibunQ Dom 29. Wlävi 1604, meiere ©uttinger
aufbewahrt ^at, begrünbete ben @a|, «bog ein jieber ®er^ab, au(^
auf nic^t@rforberung berObrigfeit, a((tö()r(ic^ SRec^«
nung gu t^un fc^utbig fei'', nic^t nur burc^ bie audbrädUc^e (Snt«
gegenfteQung ber 9ieic^^po(i)eiorbnung bed Sa^red 1548 mit jiener
bed 3a^re0 1577, fonbern auc^ bur(^ bie Sejie^ung bed öfter:"
reic^tfc^en ©efeged oom 3a^re 1552, unb enbüc^ burc^ bie ^e»
rufung auf ben ©eric^t^gebrauc^, „nac^ welchem bei ber Stegierung
ein j[ebh)eber ®tx^ab an 6t)bftatt ju jiö^rlic^er S^uung ber
Stec^nungen ft(b oerpflic^ten muffe, mae au(4 bei bem Sanb«
äRarfc^att'fc^en ® erlebte gu Dtelma^ten burc^ (Sbtcte anbefohlen
toorben fei* ^).
SBa« bad meitere 93erfa^ren mit ber gehegten 9{e(^nung be«
trifft, fo fe^te hit $o(igeiorbnung bei allen 93ormunbf(4aften bie
^etgie^ung Der 9iatt^änb(er Dorauc), o^ne inbeg befonbere JBe^
ftimmungen über beren ^eigie^ung }u enthalten; ^bie 9{ait^anb(er
foQten, nac^bem fie bie 9taittungeu ber notturfft nac^ überfein
unb duftificiert, biefelbigen ber Obrif^ait fürbringen, fambt irem
9lat unb guet bebünf^en, barauf fo(genbd nac^ erlebigung ber
fachen burc^ bie Dbrif^att ben ©ergaben genuegfam Siaitbrif
unb Urf^unbt gefertigt unb barüber fl^ain ®er^ab oerner folc^ec
^anblung falben, burc^ niemanben angefproc^cn, beleffttget, nodf
im ainicb loeeg angemuettet roerben foUte'' ^).
!Die SSirtung bed Sbfolutoriumd mar g(ei(!^mo^{ feine un^
bebingte; benn ^menn in folcben 9}aittungen öffentliche gefor
gebraucht ober qc^ted in ber 9taittung auggelaffen ober nic^t
eingebracht morben, unb mo fo(c^e gefär ober auelaffung in ber
Staittung befunben mirbet, foUte ben Pupillen, unange[ei)en ber
9taitbrif ben ©ergaben gefertigt uno gegeben, jir notturfft gegen
ben ©ergaben je^anblen beDorfteen" ^).
ÜDen gleichen i^runbfa^ fprac^ eine oon ©uttinger überi»
(teferte, in ha^ ü){otioenbuc^ n. 1, pag. 15, eingetragene (Snt*
fc^eibung ber nieberöfterreic^ifc^en ^Regierung Dom 25. ^JOtai 1571
aus, meiere mit audbrüctUc^er ^egieliung auf bie obigen ©teilen
ber ^oligeiorbnung ben Sd^lugfa^ auffteUte: „Habens itaque
quietationem generalem, sive de tutela sive aliis quibus-
cunque rationibus; non et tutus, nisi habeat liberatorium
universale a toto errore calculi et omissi'^ ^).
9luc^ für hae 93erfa^ren, menn ItDMngel tnthtdt morbett
^) @utttugev unter bem ©(^(ogmorte ^^er^abeii Obligation'*,
@. 236.
6) gol. XXI.
^) gol. XXI.
8) ^uttinger unter bem ©(^(agroorte ,,9le(^nung0«8de)', @. 638.
— 281 —
xoaxtn, entl^telt bie $oIi}eiorbnung eine furje SSerfägung, loetd^e
etneproce6ö^nli(^e(SrIebtQung ber beanftönbeten Stec^nung annehmen
lä%t] .»benn ed fottten bie mtgoerftanbt nac^ genuegfamen Sertc^t
ber 9lQit^anb(er — mo^l alfo wad) Dorau^gegangener dinoerne^mung
ber ©ergaben — bur4 ein erf^entnig erleuttert unb entf(^teben
ttnb ben ©ergaben ainic^e oetjugige unb ungepürlic^e Slu^flic^t
nid)t geftattet iDerben" ®).
^Q§ aber ber SJormunb ein ©aumfol ber 9?ait^önbler }u
feinen ®unften ntcf|t ausbeuten nnb bie ^ögernben 9lait^änbler
nic^t contnmaciren tonnte, fc^eint and ber 92atur ber ©ac^e \^tx*
Dorjuge^en, n)e6megen wir bie t)on @uttinger überlieferten (Snt«
fc^eibungen oom 23. gebruor 1647, t)om 12. SDecember 1648
unb öom 24. ICecember 1648 — nac^ tt)et(^en ber SSormunb,
menn man mit ber 9(ufnel)mung ber SKecbnungen fäumig mar,
bur(^ bie ©rabud ber Sollationirung (Snrotulirung) bie älbfoloirung
betreiben fonnte, unb nacb meieren er aldbann, menn er bie (SoU
lationirung ex officio (3nrotuHrung in contumaciam) ermatten
^Qtte, Don ader Riage unb weiteren 3(nfprad)r abfoloirt war —
auf bte 9le4nungdlegung bed 93ormunbed an ben Dogtbar ge«
morbenen SRunbel begießen ^^).
^voav enthielt bie ^oli^eiorbnung bed 3a^red 1552 über
eine folc^e Siec^nungdiegung bed ^Bormunbed nadj ^eenbigung
ber 35ormunbfd|aft feine ©eftimmung, allein e« ift biefe ^pic^t
nic^t nur an unb für fic^ flar, fonbern mir befiljen überbied noc^
eine (Sntfc^eibung Dom 5. ^är^ 1604, me((^e und ©uttinger
überlieferte, monad) ^©erl^aben finita tutela (ben 9){ünbe(n) 9?ec^^
nung t^un unb aüe ©traben gut ma^en mußten" ^^).
SBenn ein ®er{)ab ol^ne triftigen ®ruub unb nac^ Sluf^
forberung ber Dbriqteit feine 9tec^nung iö^rUd) nic^t legen mürbe,
beftimmte bie ^oltjeiorbnung non 1552, ba§ er aU nerbäc^ttg
abgefegt unb ein Slnberer tauglicher an feiner @tatt oerorbnet
»erben foüe ").
Ob ber £eftator bem ißormunbe bie 9iec^nuugd(egung er«
laffen lonnte, mar in biefem ©efege nic^t entfc^ieben morben;
notr möchten und aber für bie beial^enbe Sntfc^eibung biefer t^tage
Qudfprec^en, meit bie ©cbtugftelle bed (SJefe^ed ed bem £eftirer
an^eimfteOte, «»feiner oerlaffenfc^aft falber fonbere Orbnung ju
maxien unb ^inber fein ju nerlaffen", bei melc^er Drbnung ed
benn auc^ fein fernen ben ^aben foUte, menn nic^t ein 33erba(^t
«) gol. XXI.
^^) ©utttnger unter bem ^c^Iagtoorte ,,®er4abf(^aft6«9te(^nungen^
e. 277 unb 278.
^1) C^benba unter bem ©(^(agmorte ,,®er^aben Obligation'', @. 276.
«) gol. XXI.
— 282 —
etiie^ nic^t gerechtfertigten SSorgonqed bie 9Sormunbfc^aftd6e^örbe
ju einem Sinfc^reiten oeranlaßte ^^).
Die ^oU^eiorbnung ^atte }um @(^Iuffe bie Slnferttgung
eined eigenen Staitformulard angefönbigt, nac^ meinem bie SRec^<
nungen aufgenommen n^erben fotiten unb ben 9lait^anb[ern auf«
getragen, ein orbentHc^ed Staitbu^ }tt ()a(ten, in metc^ed ber
ä$ermögendftanb be^ ^upiQen nac^ ben Snoentarien unb bie ift^r«
(id)en Summen bed Gmpfanged^ ber Sludgaben unb ber SRefte ein«
jutrageii waren ^*).
(Sine 93erDQUftönbigung biefed SRaitbuc^e^, melc^ed bie 9iait«
{)änbler gu Rotten fc^uibig maren, mar bie Srric^tung eine^ eigenen
9Baifenbu(^e0; me((^e^ bie 9tegierung — oietletc^t guerft unter allen
®erid|tcn — im 3a^re 1655 ju führen begann.
3n biefe(( ^aifenbuc^ mürben Sllter, (Sonbition, älufentfjaUd«
ort, @r^iet)ungdort unb eine fummarifc^e Ueberfic^t bed 93ermögend
ber ^upiUen, ebenfo bann bie ^efteUung ber @ert)aben eingetragen,
unb mu§te ba«^ SBaifenbuc^ M^ 93iertelj[a^re burc^ befttmmte Statine
ber 9?egierung unterfuc^t merben; ed gab fobann bie Sontrole
für bie Segung ber 9iec^nungen unb biente ba^u, bie Saifen«
angelegen^eiten bei ber (Regierung in (Soibenj }u galten ^^); auc^
mürbe ber bamalige 9tegi erungefecretör 9iott^aeiu(( angemiefen,
menn bie Dierteljä^rige 97eDifton bed liBatfenbuc^ed unter(af[en
merben foUte, bie^ bem Statthalter ober bem Sanfter anjU'
jeigen ^»).
@ine (iterarifc^e ®e^anb(ung ber f^rage aud biefer ^tit
befi^en mir nic^t, ba^er mir uncf mit ben gefe^lic^en ^eftimmungen
unb ben 3ubicaten begnügen möffen.
(Sbenfo ge^en und B^^d^iffe über ben Umftanb ab, ob benn
auc^ bei ben Untert^anen in Defterrei^ unter ber Sund biefe
immerhin complicirte SBeife ber Stec^nungdtegung unb Stec^nungd^.
Prüfung eingehalten iDorben fei.
b) 9^0(4 ber <9er§abf(^aftdorbuung oom 18. gebcuar 1669.
ÜDie (Ser^abfc^aftdorbnung mibmete ber SSormunbfc^aftd«
rec^nung einen eigenen Xitel ^) unb mar fid)tlic^ bemüht, t)ie ge»
fammte Wllattxit möglic^ft genau unb überfidjtlic^ barjufteUen.
SU ®runb)a|} mar an bie @pi^e gefteUt morben, „ba§ ein
jebmeberer (äer^ab, and) bie leibliche ^tutter, oerbunben feien,
alle 3at)re unb tebeis 3a^r befonberd, nidjt nur auf ab;
13) gol. XXIllv.
") %oU XXIv.
1^) (glitt ing er unter bem (Sc^lagteorte „SBaifrn 9u(^ unb etli^e
@(^Iüg tu ^»aifenfac^en betreffeub", <S. 8H5.
1«) (güenba, €. 667.
^) 17. Stitcl.
-- 283 —
forberU; fonbcrn don fi(^ fetbften, ber Dbrigfeit, bereit
ber $upiQ untermorffen, orbentlid^e 9tatttung mit Belegung alter
Sinna^md« unb 9lu($gQbd<Sefct)eintgung be^ ©troff unö toüxU
liebem @tnfe^en, inner ben nec^ften bre^ 3}{onat^en nac^ Derfloffe^
nem Oo^r gu übergeben unb bie älufne^mung berfelben gu be*
treiben" 2). .
9Son bem ©runbfat^e^ bag ieber ®er^ab {Rechnung ^u legen
fc^ulbig fei gab e<f nur jtDei ^ucfna^men: erftend menn bem
©ergaben bie ^erraittung burc^ legten Stilen obfonberlid)
erlaffen roorben roav unb menn bie Obrigteit bamiber fein
Sebenfen ^atte^), unb gleitend menn ber Sanbe^fürft felbft bem
äJormunbe bie 9ied)nuiigdlegung nac^fa^^).
£)ie 9ler^nung mürbe nur bem ©erid^te unb nic^t mef)r
ben greunbfcöaften gelegt; felbft bei ber "ißrüfung ber 9tet^nuug
mar ber (SinfluB ber greunbfc^aften gegen bad frül|ere Stecht be«
beutenb abgifc^mäc^t morben.
Snblic^ mar burd) ben an t^U @pige gefteUten ©ruabfag
bie Seftimmung be<$ Sieic^^polijcigefeged oon 1577 au^^brüdlic^
oufgenommen morben, fo boB bie äJcrbinblic^teit bc« SBormutibe«,
auc^ o^ne 3lufforberung ber 93ormunbfc^aft, iä^rlic^e 9{ec^nung
ju legen, nun nic^t me^r emem 3^^^f^( unterliegen fonnte.
J)en Dbrigtciten mürbe aufgetragen, ,,barob ju fein, bomit
bie ®er^abfc^afft<f«9taittungen unuerjüglic^ auffgenommen , unb
barburdi fomot)l bem ©ergaben ai^ "ißupillen Der^olffen merbe'' ;
bie Obrigfeiten foUten bie ©ergaben, meiere bie 9?ec^nung nac^
ablouf Don brei ÜJJonaten nadj bem 9ied)nung«iat)re nicht einge»
reicht Ratten, mit '2lnbrol)ung eined ^öufaüee ex officio bc*
treiben, unb bamit biefer >^wcd erreicht mürbe, Ue§ ei8 bie ®efefe»
gebung nic^t blo6 bei ber Haltung eiued 'Waifenbuc^e^, in melc^ed
bie ^{amen ber ^upiüen unb ber ©ergaben eingetragen maren,
bemenben, fonbern beftimmte noc^ augerbem, „bag bem @erid)t
eine eigene gefc^morne ^erfo^n bejlellt meröen foUe, meiere bar*
auff il|r fleigige Obfic^t p l)aben, unb, mad für Siaittungen Don
3eit ju 3^it rüdftaubig Derbleiben, ba« ©eric^t ju erinnern oer*
bunben fein foUe" ^).
ÜDen organi|'ct)en SÖJittelpuntt in ber 83ormunbfc^aft«rec^nung
bilbeten aber fortan bie 9iait^änbler, meiere mit ber foge«
nannten ^2luffnel)mung" ber Don ben 23ormünbern übcrgebenen
{Rechnungen betraut maren; in i^nen fann man gefunbe ^eime
eine« ^flegfc^aft«ratf|e« eiblicfen, melc^er au bie ©teile bed ft^ei*
benbeu ßinfluffe« ber gamitie treten foUte.
2) 17. Xitel. §. 1.
3) (£briiba, §. 1, unb 8. Stitel, §. 4.
*) 8. Sitel, §. 4.
») 17. Xitel, §. 2.
*, *
— 284 —
ÜDte ©er^abfc^aftdorbnung felbft entJ^iett teboc^ nur in Sin«
fel^ung ber ^efteUung ber 9{att^änbler bei bem Sanbinarfc^aUifc^ett
©eric^te bcfonDere Sßorfc^riften, nacö rodeten Don nun on be*
ftänbige ^ccfonen, unb ^mor jroei ganbftdnbe au« bem ^evttn^
nnb groei aud bem 9{itterftanbe gu 9lait^önb(ern ernannt werben
foQten^), unb Derfügte in 9lnfe()ung ber Stait^änbler bei ber n. ö.
6) 3n ^nfe^ung ber Siec^nungdaufnr^tner bei bem Sanbmarfc^aQifc^en
(Settc^te enthielt bte (Ser^abfc^aft^orbnung noc^ folgenbe H3efltmniungf n :
§. 8. „'S>tmt\a^ fötr au(^ eine 3eit ^ero, fonberti^ bei unferem Sanb-iDlar«
fc^aOtj^en (S^ertc^te wahrgenommen, bog fomo^I ju bec ^uptQen ^öd^flen
^(^aben, aI9 auc^ ber (^er^aben unb beren (£i'ben @efa^r unb Angelegenheit,
mit Sluffne^mung ber ®erl)ablid^en 9tatttungen aUer^anb ^efc^roäruuffen bar-
umben fürgelauffen, aObieiDeUen feine geraiffen ^^atttungdaufne^mec bereit,
fonbern nur (Sommiffarien, fo gut man^ laben tonnen, ^tei^u oerorbnet, beren
t^eil« in bem ^txd felbfl nietet geuugfamb erfahren, t^eilf^ aber bie Suff-
nefimunq megen i^ren eigenen ®efd}&ften 3a§r unb Sag oertiegen laffen: 911«
tDoütn SBtr binfüro gemi§ unb bef)önbige ^erfonen, gegen eine in bem (eisten
£itul bernac^ audgemorffeneStemuneration^ie^u gnäbig^ uubbergeflaltoerorbnen,
bag unfer Sanb'iDtarfc^aU gleii^b ^^^ $ublicirung biefer ©erbabfc^aftdorbnung,
au« ben 9^ ö. Sanbrec^te-ordinari unb extraordinari - iBe^ft^crn ober
onbem 2anbe0»^itgliebern, ixottn oon bem Ferren- unb )meen oon bem
9{ttter«@taub, unb gmar utd^t nur nac^ bem Slter i^rer !6ebtenung, fonbern
unb Dielme^r nac^ Cualität ber $rtfo^uen, n^ie biefelben mit gueten bitten,
^efc^idüc^feit, aud^ <9eri(^t«9, Sanb«-, SBurbtfci^aftd* uub 9latttung0'(Srfa^ren-
beit oor anberen berühmt fel^nb, mit <9uta(!bten, DermitteU unfer 9^ £. 9te«
gierung, Un« geborfamß oorf(^(agen unb bieienigen, fo Dou Uue gnfibigß
refolüirt, aldbann bei bem Sanb'äJlarfc^aaif^en (^eric^t mit (S^bd'$f[ld^t (bog
fte be^ ^(uffnebmung bec 9laittungen, unb tta« fonflen i^rer iBecric^tung
anbfingig, treulich unb ungefö^rlic^ t^anöeln motten) belegt, auc^ ba in««
tünftig jlcb ein Slbgang unter biefen oieren ereignete, iebedmat« ein anber«
@ubirctum mit gleicher meig, burd^ obeuße^enbed (Sutac^ten fubflituirt merben
foQte." §. 4. „^on biefen oier $ecfobnen foClen iebe«mat nur ^me^ mit unb
neben bem Sanb'@ Treiber ober ®eri(^t««@ecretario (beme ^ir aucb bi^rbetj
ein gleid^möfftge« votum julaffen) au ein biergu abfonbcrlid^ im Sanb-^ang
be^utirten Ortt) bte mirliicbe <5ebienung, ieboc^ ba« !ßraftbium ber Dom
(|errn><Stanb baben. SSenn aucb ber erjle oom ^errn* oDer fRitter-^tanb
nic^t bei ber ©teQe, ober megen ftranfbeit, nabenber ^reuubf^aft, auc^
anberer erbeblicber Urfadjen oer^inbert mfire, fobaun ber anberte im $erru*
ober 9litter-@tanb benfelben oertreten; ba aber beebe beg $errn« ober au4
beebe beg 9titter«@tanb9 oerbtnbert, bie jmeen übrigen, fambt bem Sdnb*
@(breiber ober ®eri4t«-@ecretario, g(ei(^mob(en fortfabren, unb bie bre^ mit
einanber bie 9laittung na(^ SO^aag unb Orbnung, mie bie in biefem j£itu(
begriffen, auffnebmen, unb ba fte fidi ui(^t aQe bret| in einbettiger Ülteiuung
bergleicben tonnten, ibren <^d)Iug, mie au(b auf ba« (9eri(bt lauffenbe« (Sutaditen
per majora eiiiricbten fotten. iGSir motten aucb, bag biefeu 9{aittung«-9iuf-
nebmern ein 9?aitD er (laubiger Gebleuter aug ber 91, £. Sanbfcbaft 9lait>£oaegio
zugegeben werbe, roetd^er mit ibnen in ber ©effton |uglei(b, tciuedioeg« aber abfou-
berltd) gn $aufe bie 9taittungen ju erörtern unb begroegen feiner ^emübung
balber gebübreitbe 9temuneration, fo ebenfatt« im leisten £itul auggemorffen,
gu empfangen b(it." — ^ie erjle Oejlettung oon ^aifenrdtben beim V^anbmar«
fcbaUijcbrn <^eri(bte auf @runb biefer Verfügung erfolgte om 18. 9(prU 1670
(Codex austr. I, (g. 427). ^m 26. iD2är) 1672 mürbe auc^ ein neue«
gormular für bie ®erbabf^aft««9laittungen bei bem Sanbmarfcbattif^en (9e«
ritzte eingefübrt (Codex austr. I, @. 427).
»■
— 285 —
Wegieruna, bei ber ffiicncr Unioerfttat, ber Stabt SBicn unb ben
onbcren Dbrigfeiten nur, bag c« bei bemicnigen verbleiben foöe,
lote ed bidtjer bei biefen ©eric^ten getialten roorben fei, unb bQ§
jebe Obri^ffit ernft(ict) ermahnt merbe, bie ^upiQenfac^en ber«
magen ju bef(4reunigen, bog f{(!^ fänftig meber bie gett)efenen
Lupinen, nocfc bie Oerl^aben ju beft^toeren Urfot^e ^aben'').
S)q« aSerfotiren ber JRatt^änbler bei ber fogenannten 2luf*
net)mung ber ©er^obfc^aft^rec^nungen mar ein aud contenttofen
unb offictofen 9eftanbtl)et(en gemifc^te^, rcie bie^ bie nac^fo(genbe
iDarfleUung jeigen mirb.
^ie Siait^önbler, rcelc^en bie ©er^abfc^aftdrec^nungen ex
officio gugefc^idt tDerben mugten, foQten cor älQem bie näc^ften 3e«
freunbeten ber ^upiQen ober anbere benfelben n)oI)(gemogene $er^
fönen, xodi^t um bereu äSermögen gute Siffenfc^aft Ratten, toie
auc^ anbere ber Slnmartfc^aft ^a(ber babei tntereffirte ^erfonen
einöerne^men ; e« mar fobann bie ^flic^t ber SRait^änbler, bie
Ste^nungen }u überfe^en unb }u ermögen, ob oQe @inna^men nac^
bem 3nPentarium unb fonften rec^t eingebracht unb bie Slu^gaben
mit gehörigen Scheinen belegt feien; t^ ging aber bie 9(ufgabe
ber SJait^änbter meit über bie ®renje einer btogen Prüfung ber
giffermägigen 9{ic^tig!eit ber SRec^nungen l^inaud, benn fie l^atten
auc^ in &:n)ögung ^u gießen, ob bie äludgaben mo^I ober übet
angelegt feien, ob bie ®üter »irflic^ öerroaftet, bie (Selber fit^er
ausgeliehen morben feien, fur^, ob Wlt^ uou ben CSer^aben beob«
achtet morben fei, mad ein getreuer unb fleißiger ^audoater in
feinen eigenen ©oc^en getban Ijätte^).
3n änfebung ber 2)?ängel, meiere bie 5Rait^änbIer oorfau*
ben, mar ein Unterfc^ieb gemacht morben; jene üJtöngef, meiere
me^r ein @inf(^reiten ber Obrigfeit not^menbig machten, a(0 fie
einer Srtäuterung ber ©ergaben beburften, fötlten öon ben 5Rait*
^änblern blo« ber Dbrigfeit mit i^reu ®utad)ten beric^ttic^ oor<
gelegt merben, meld)c bann bie meitere aSerbefd^cibung ju ertaffen
ftatte — unb l^ierin j^eigte fic^ ber officiofe ßf)arafter ber SE^ätig-
feit ber SRait^onbler'^); bie anberen 9)iänget aber, meiere bie
{Rait^änbter fanben, mürben — ebenfo mie in einem SRec^nunge*
proceffc — ben ©erl^aben um i^re Srläuterungen innerhalb eine«
perejnptorifc^en Jermineö jugefteüt; erfolgte innerhalb biefe« %tx^
mine« eine (Srläuterung nic^t, fo foßten bie SDfänget für einbe*
fannt unb ridjtig gesotten, bie SRec^nung gefcf)(offen unb Don ben
JRait^änblern ber Dbrigfeit mit i^ren (äutac^ten eingereicht
merben ^®).
7) 17. Sitel, §. 6.
8) ebenba, §. 6.
9) (gbcnba, §. 8.
»0) ebenba, §. 6.
— ^86 —
f>atten baqegen bie ©ergaben tbre (SHöuterungen eingereicht,
fo Rotten bie SRaittuttgdaufne^mer unb bie anberen gugegogenen
^erfonen biefelben allen ^^leiged burd^^ufel^en unb bie etroatgen
ferneren SSJläwqtl ben ®erl)aben um i^re enbttc^en (Erläuterungen,
meiere ebenfalls innerbalb eined perentptorifc^en Xermine^ gu
erftatten »arcn, i^u^ufteüen *^).
'Die ^ufne^mung ber Stec^nung burfte bo^er nur aud toter
©d^riften : 1. aud ben ^^öngeln, 2. ben Sriauterungen, 3. ben
ferneren üRängeln, unb 4. ben enblit^en Erörterungen befte^en;
e« burften me^r ©(^ritten nid)t jugelaffen merben ^^) unb rourbe
bad ganj^e SSerfa^ren ben funtmorifc^en ©ac^en beigegä^(t ^^).
SBie ba@ 93erfa^ren ein oud offtciofen unb contentiofen
3eftanbtt)ei(en gemifd)ted toar, fo mugte bied auc^ bei ber
@ntf(l)eiöung ber ^aii fein. SQurben bie 3nönge( ridjtig befuu'
ben, fo erfolgte eine gemö^nlic^e Sntfc^eibung loelc^e nur noc^
fc^lieglic^ mit ben erforberlic^en Slufträgen an bie ©ergaben Der«
feilen rourbe; lourbe bagegen bie 9iec^nung ald richtig anerfannt,
fo n)ar ba« ©eric^t ben ©erl^aben einen gemöl^nltt^en 9Iaitbrief
gu ertl)eilen fd)ulbig^*).
ÜCie üBirtungen eined folcben 9?aitbriefed gingen auc^ nac^ ber
®er^abf(^aft0orbnung nur ba^in, bag bie ©ergaben unb bereu
@rben über ba^ienige, mad in ber Stec^nung in Empfang unb in
Sudgabe gefteQt n)orben mar, ft^ermaren; foQte aber „in folc^en
SRaittungen einige ©efä^rb gebraucht, ein (Smpfang auggelaffen
ober in caiculo geirrt roorben fein, fo maren bie (Ser^aben, unge*
l^inbert be0 9{ait'®rieff0, barüber 9{eb unb 9lntroort gu geben
fc^ufbig" J5).
Säumige 9?e(^nung9aufua^men foQten bon ber Obrtglett
auf älnfucbcn ber Sntereffirten ober auc^ oon Slmtdloegen betrieb
ben »erben ^®).
Sie ®er^abf(^aft9orbnung enthielt aber nic^t b(o6 über bie
9lec^nungen mö^renb ber Stauer, fonbern auc^ über bie
©c^lugrec^nung nac^ beenbeter 93ormunbf(^aft einge^enbe ^eflim«
mungen.
SSor älUem mar ed eiu ©runbfa^, baß bie (Ser^aben bem
Dogtbar gemorbeneu ^upillen {Rechnung gu legeu fd^ulbig maren;
l^atten fie i^m aber bie 9}ec^nung gelegt unb mar er nic^t bagu
gu bemegen, fie gu genehmigen ober gu bemängeln, bann fonnten
fie ibn um Sbfolution unb @ntlaffung oUer ferneren 93erantmor«
") 17. 2:iter, §. 7.
") (gbenba, §. 8.
13; (g)uttinger, Observationes practicae, Obs. U, §. 8.
") 17. Xittl, §. 9.
1^) (Sbenba.
1«) (Sbenba, §. 10.
,» ».
— 287 —
tung burc^ WlitUl ber @o(Iatiomrung(<Derorbnungen (3nrotuUrung
in contumacia) k)er^a(ten, unb über biefen Stec^nungdprocel
(finita tutela) töurbe rote über jeben anberen $roceg t)erl^anbelt
unb entfcftieben *■').
Ratten bie ©ergaben fc^on Dor ber SSogtbarfett ber $u«
ptUen bie 9tec^nung überreicht, unb roar bie äjogtborfeit ber $u^
piUen eingetreten, beDor bie SRec^nungdaufne^mung beenbet unb
bie (Sntfc^eibung erfloffen koar, fo foUte mit ber SSorntunbfc^aft^«
rec^nung ebenfo dorgegangen roerben, tcie bie« bei ben lö^rü^ien
SRec^nungen angeorbnet roorben mar, nur mugte ber Dogtbar ge^
roorbene $ut)iUe pg^^ogen roerben ^^).
SoUte ber Dogtbar geroorbene ^upiQe bie 9}ec^nung
gor nid^t an« unb aufnehmen, fo tiatten bie ©ergaben bie 9?ecb^
nung bei ®eric^t einj^ureic^en, roo fie bann ebenfalls im Seifein
bed 93ogtbaren aufgenommen rourbe^^).
^enn enblic^ nur einer ober mehrere $u))it(en Dogtbar ge^
roorben unb einer ober mehrere anbere noc^ unoogtbar roaren, fo
rourbe ba« geroö^nlic^e SSerfa^ren ebenfaUd eingeleitet unb bie 97ec^»
nungdaufna^me in ©egenroart ber oogtbar geroorbenen ^uptQen
öerf ügt ^o).
^ie ^ormunbfc^aftdrec^nungen mußten bei ®eric^t aufbe^
roa^rt roerben, bi« oier 3al^re nac^ ber 33ogtbarfeit be« ^upiüen
öerftrid)cn roaren ; roä^renb biefer 3^it !onnte fie ber ®er^ab nur
mit SeroiQigung be« ©eric^red ^roar o^ne Za^t, aber gegen Sie«
Cognition ergeben, roenn er bem ®eri(^te ©rünbe angab, rooju
er bie iRec^nungen brauche; ber geroefene ^upiUe fonnte fie aber
too^renb biefer ^tit nur mit SSorroiffen feine« ehemaligen ®er*
^aben ober fetner @rben begeben; nac^ Slblauf ber Dier Sa^re
aber roar bad ©eric^t fc^utbig, bem $upiUen ol^ne Unterfc^ieb,
ob er ed begehrte ober nic^t, bie 9?ec^nungen fammt allen Sertt«
flcaten gegen Quittung jebo^ ol)ne Saje, gufteüen ju laffen'^^).
Slu4 in \änfe^ung bed Saifenbuc^ed entl)telt hit ©er^ab«
fc^aftdorbnung }uerft eine allgemeine beutlidje ißorfc^rift unb roar
jeber Dbrigfeit gur $ftt(^t gemacht roorben, „ein richtig öerläß*
lic^e^ SSaifen^Suc^ }u [)a(ten unb in badfelbe bed 'ißupi&en Sülaf^s
mm, 9l(ter, inoentirted SJermögen, ©ergaben, auc^ ob unb roann
biefe(ben 9?atttung getrau unb anbere SBaifen>^anb(ungen oon
3eit ;^u ^eit fleißig einschreiben unb fürmerfen }u (äffen, bamit
ber $upiU nac^ erlangenber 93ogtbarfeit fic^ im SBaifen^^Suc^
unb anberen ge^anbelten 92ot^burfften erfel^en unb im roibrigen
17) 17. Xittl §.11.
«) ©benba, §. 13.
") ebenba, §. 14.
M) ebenba, §. 12.
31) (Sbenba, §. 15.
— 288 —
f^aü beg ©habend bei ber nac^Iäfftgen Obrtgfeit ju erholen nic^t
Urfac^ ^aben möge" 2^).
Die ©cöriftfleüer biefer ^eriobe: JReutter^'), fflSeingärN
ler*-^^) unb ©ecfmonn^^), toiffen nicht« ©efonbcre« über biefen
©egenftanb anjufü^ren unb begnügen fic^ meift bamit, ben Unter«
fd)ieb bed beutfc^en unb öfterreic^ifc^en Steckte« üom römifc^eii
Steckte (^eroorju^eben, nämlid^ bag nac^ erfterem bie Siec^nung
nur nac^ beenbeter 93ormunbt(4aft geforbert »erben fonnte, toat)*
renb gegenwärtig jä^rlic^e Sied^nung^legung Dorgefi^rieben fei.
!Dad Urt^eit über bie (Serf^abfc^aft^orbnung U)irb auc^ in
bief em fünfte ein f e^r günftige« fein muffen ; bie (Sinri(fttunfl ber
Sioit^önbter , 9ie(^nung«aufne^mer ober Saifenrät^e oerbiente
DoQe ^SBeac^tung. unb auc^ bie ^orfcfiriften ber Stec^nungd^rüfung
. in Dermidelten f^äden muffen bem 93organge bei einer blod ab'
miniftratioen Prüfung unb (Srlebigung ber 9tec^nung Dorgcjogen
werben.
@d fann übrigen« toof^l nic^t angenommen werben, bog ba«
gefammte ißerfa^ren ungednbert auc^ am Sanbe bei ben Unter«
tränen Eingang gefunben t)ätte; oielmebr bürfte bort bie ^etge^
brachte rein abminiftratioe Prüfung ber 9?ec^nungen burti^ bie
Dbrigfeit fortgebauert ^aben, worauf ber S^f^anb ber diec^nung«»
ablegung im 18. 3af|r]^unbertc umfomel)r ^injuweifen fc^eint,
atd auc^ bie groge S92ad)t ber Oberoormunbfc^aft am t^anbe
einen fo umftanblic^en (Sontrotapparat nic^t Ieici)t neben fic^ qt*
bulbet t)aben würbe.
c) ^ad^ bem ^tä^tt be« 18. So^rNnbertd bf« jum 3ofefint<
fc^en ®efe^bu(^e.
SBor e« bem 18. Oa^r^unberte üorbe^alten gewefen, bie
officiofe ST^ätigfeit ber ©eric^te im ©ormunbfcftaftöwefen über*
^aupt in aßen Se^ie^ungen ^u Ijeben, fo mugte fic^ bie« andf
in ber 3(rt ber 9{ec^nung«(egung ber 93ormünbrr au§ern.
J)ie ©tabt SBiener ?}upißen*9iait*6ammer*5Reformation 00m
29. aprü 1715, bie 3nftruction für bie bei bem ganbrnarfc^affi*
fc^en ®erid|te in SBaifenfac^en öerorbncten SRet^nungft^errcn unb
{Re(^nung«aufnel^mer Dom 24. IDecember 1725, unb bie 8anb*
marfc^oflifc^e ®er^abfc^aft^orbnung üom 3. äpril 1727, welche
fi(^ etnge^enb mit ber 9{ec^nung«tegung be« iBormunbe« befaßten,
bestätigten bie eben DorangefteUte ^e^auptung, unb bie 8anbtafe(«
gefefee für Dberöfterreic^ t)om 3. October 1754 unb für Siicber*
^) 4. Xitti, §. 5.
23) aieutte'r, ad. Tab. II. 25, 0. 4.
2*) Söeingcrtler, I. SBut^, XXII. Xitti, @. 36.
^^) ^edmann unter bem ©c^lagroorte „Tutela", @. 616.
— 289 —
öftcrreic^ öom 24. Sloöembcr 1758, foiüie enbtid) ba« (Sefefe über
bie ©nfu^rung Don t^ürmerfbüc^ern bei ben ©runbbüc^ern Dom
1. ©eptember 1765, jjeigten recftt beutlic^, »ie fe^r ber rein abmi*
niftrattoe S^arafter bei ber ^e^onblung ber SBaifenrec^nungen
zugenommen l^atte.
jDie ©tabt SSSiener ^upi((en*9iait*6ammer*9iefor*
mation fc^arfte fe^r ftrenge ein, bQ§ bie Segung ber 93ormunb^
fc^aft^re^nung mät)renb ber Dauer ber 3$ormunb|(^Qft nöt^igen«
]aM bur^ $önfatl unb ^auptfperre betrieben roerben foUe, unb
toenn fie ed au(^ bei ber 9tec^nungdlegung finita tutela im '^rtn^
cipe hei ben gemö^nüc^en proceffnalen 9iect)tiSmitte(n bemenben
lieg, burc^ melcbe ber Dogtbare $upiQe ben ®er()aben unb biefer
umgefeört ben Pupillen jur Segung, be^ie^ungöroeife Äncrfennung,
Bemänglung unb (Erläuterung ber Siec^nung bemegen tonnte ^),
fo äußerte ficft bie erweiterte Dfficiattt)ätigfeit ber 9Sormunbfc^aft«*
be^örbe borin, bog, n)enn ein ^upiüe nad) erreichter 93ogtbarfeit
ni^t a(dbQlb fein @rbt^et( in (Smpfang na^m, er oon bem @tabt<
magiftratc al« Dberger^oben in f^bfteigcner ©it^er^eit unb 9Ser*
meibung ber etroa fonft gu beforgen {)abenben actio subsidiaria
Dorgeforbert unb i^m fein ßrbt^eil gegen bie gemö^nlic^e ^er^
^((^t^quittung {)inau9gegeben tuerben foÜte '^).
!£)ie 3nftructton für bie Sanbmarfc^aKifc^en
SRr(^nungdaufnet)mer behielt jmar noc^ im ää$e[entlic^en bie
?$orm ber 9ied)nung9legung nac^ ber ©er^abfc^aft^orbnung bei;
inbeffen }eigte fic^ ber abminiftratioe (St)arafter ber ©efc^äfte«^
be^anblung nic^t b(o^ barin, bag an ©teüe einer perfönlic^en
SSerne^mung ber ©efrcunbeten bc« SRünbel«, ber leftomentdejce^*
cutoren unb fol^er "ißerfonen , in meiere ber @rblaffer ein be^
fonbered SSertrauen gefegt ^atte, eine fc^riftlic^e 9leugerung biefer
$erfonen treten tonnte, fonbern namentlich auc^ abermald in
ber @orge bed ©ertc^ted, ein Slbfolutorium unb eine SSerjic^t^«
quittung, fon)ie einen ©c^abto^^altungdreoerd be^ Dogtbar ge«
loorbenen Pupillen gu erhalten, loelc^er felbft bann geforbert
xonvht, menu fic^ ä3ormunb unb Pupille außergerichtlich über bie
©c^luBrec^nung geeinigt Ratten ^j.
S)ie ^mei 3a^re fpäter erfc^ienene Sanbmar^
fc^allifc^e (Ser^bfcijaftdorbnung ging noc^ rceiter unb
oerorbnete bem Siec^nungdfü^rer, alle i^m jufommenben SRängel
ober 3lu6fteUungen , @upermängel ober ©uperau^fteOungen in
oier SBoc^en gu erläutern, bie @rfat^poften, Stec^nungdrefte unb
»geiler bem Pupillen allfogleic^ ^u !}lu^en ju mad)en unb auc^
fonft bie gehörige unb ooUftänbige 9tic^tig!eit ju pflegen.
1) Codex austr., @uppr..©b. I, (S. 787, 9tcn«.
^) Sbenba, 12tend.
3) (gbcnba, @upp(.-«b. II, @. 372.
— 290 —
^ie über 14 Sage au^ftänbigen Siec^nungett, Erläuterungen
unb @upererlöuterungen foUten ferner Don ben ©ergaben nic^t
nur bei ^nbro^ung unb [o^iniger Einhebung eined ^önfaQed Don
10 üDucaten, tDe((^er bei fortgrfrt^ter Säumnis DerboppeU n^urbe,
geforbert, fonbern auc^ bie in ben diec^nungen gefunbenen 6r^
fe^ung^poften, JRedjnungörefte unb ^^Je^ler per executionem ein*
getrieben werben.
ÜDie Stnoerne^mung ber nac^ften Sefreunbeten unb fonftigen
3ntereffirten erfolgte nur me^r burt^ Slbforberung eine« fc^rift*
liefen ^eric^te«, unb auf bie 33er^i(^t«quittung bed Dogtbar ge^
morbenen ^upiQen lourbe ein fo entfd^eibenbe« ©erntet gelegt,
bag fogar ein Formular einer fo(cf)en Quittung entn)orfen mürbe,
in tt)elc^em enthalten mar^ bag ber uogtbar geworbene ^upiQe
hai^ Sanbmarfc^aUtfc^e i^eric^t lebig unb muffig fprec^en unb
fc^abloc^ 2U i)alten derfid^erte, n)eld)em Formular noc^ bie meit-
läufigften (Slaufeln beigefügt n^aren , bie beutlid) geigten, iDte
fe^r ha^ ®eric^t fi(^ nac^ überfommencr SSermattung beö Sßw-
piUarDerntögend Dor ber 3lnftrenguug ber actio subsidiaria fürc^^
ten inu^te^).
9lu(^ ^Qtte nic^t nur bie 3nftruction für bie Stec^nung^auf«
neunter bed l^anbrnarfc^oUifc^en ©eric^ted ein neue« umfaffenbe^
(£d)ema eine« 9Baifenbuct)e« angeorbnet, fonbern ed tt)ar auc^ ber
!^anbniarfct)aUif(^en ©er^abfc^aftdorbnung ein bi« in bie !&etaito
*) Codex austr., ^u)^pU 99b. II, @.427. Um )u )etgeii, tot\dit9 (9etot(4t auf
bie oon brm Dogtbar getvorbrnen iDJünbfl oboerlangte tlbfodition gelegt tourbe,
mag ein Steril bei' gormel t)ter aufgenommen merben; ber $uptfle mugte oer-
fpvrc^en, „baß Don nun an ju en^tc^en ^tittn meber er noc^ feine CSrben unb
^J^ac^fommen megen borbemelbtev üäterltc^- ober mütterlich« ober anbertt)eittger
(Sibic^afft unb in 3cit ter (^er^abfd)afft erjpa^rte, Dermc^rte, auc^ fouß ge-
fallene 9}2itteln, unter toa^ immer oor einem uuDerantm örtlichen ^ormanb, SBcg
unb SEBet« e« fein tonnte, ober möchte, nic^t bad geringfle me^r forbern unb
prätenbiren motte unb foOe; mie er benn burc^ gegenmörtigen SReberö ni(^t attein
QU unb ieber ratione paternae velmaternae, vel cujus cunque alterius haeredi-
tatis gehabten ^nfprüc^e gönjltc^ unb ma^r^aft fic^ oeruit)e unb begebe, fon«
bern au^ att erftnnlii^en juribus, privilegiis et exceptiouibus ingenere: in
Kpecie autem non confecti et non completi inventarii, sapplementi ad
legitimam, non exhibitorum vel non dispositoram rationnm, persuasionis,
metus reverentialis, non numeratae pecuniae, rei non sie, sed aliter gestae,
laesionis enormis etc. unb beriet) ^llueflüd^te, SBorfc^ö^- ober (Stnroenbungeit
l)termtt legaliter renuntiire; Stted getreulich unb o^ne (Sefä^rbe auc^ bei
$^erbinbung be« aflgemetnen Sanb-<^c^aben>^unb0 in biefem (Sr}*$erjogt§um
Öfierretc^ unter ber (Snn«.'' — @0 mirb biefe« gormular mo^l genflaen«
tuie not^menbigermeife ber unmittelbare @d)u^ ber iBormunbfc^aftfitbe^örbe
mö^renb ber SDauer ber S^ormunbf(^aft ba}u führen mugte, in bem eben aud'
tretenben Pupillen einen möglichen (Gegner gu flnben, gegen ben man ft<i^ nur
baburc^ fc^ü(}en ju tdnnen glaubte, bag man i§m in bem SRomente ber
^ecmögenoübergabe eine (SrÜäning abforbeite, burc^ meldte er auf alle t^m
burc^ ha9 ffttä^t gefiederten Snfptüc^e oer^ic^ten mugte.
-rr^
— 291 —
ber (Stuna^md^ unb Sludgaböpoften aufgearbeitete^ Formular einer
5Bormunb)^aftdrec^nung beigegeben.
!£)ie Saubtafeln unb ba« ^ürmerfungdpatent enblic^ entl^ielten
bie Seifung an ben 9tic^ter, iö^rlic^ nac^ (Sriebigung ber 9Sor^
munbfcbaft^rec^nung Don 3lmtätx)egen }ur <3ic^er(}eit ber ^upiUen
bad 9{ött)ige Dorgufe^ren, unb um bied für bie »ergangene ^t\i
t^un ivL lönnen, menn bie ^z\i gu furg xoixxt, burc^ eine ®enera^
uortnerfung (auf bie ©üter becf ä3ormunbed) bie 9}?änbe( t)or
@4aben gu bema^ren.
äuc^ bie Sc^riftfteÜer bieferä^it: ©anniga^), 23offiu«®)
unb S^onner^), enthalten über biefen $unft ntct)t9 jSrl^eb(id)e^;
am SBiditigften ift nur noc^ ba« 3^"9"i6 (ärenef'«^), nac^ »et*
4em am Sanbe bie 93ormunbfc^aftdrec^nungen fe^r einfach be^an«
belt, bie 33ormänber blöd münblic^ befragt unb bie (Erläuterungen
im furzen Sege berichtigt n)urben; auc^ bad fd)eint inbeffen nic^t
immer ber ^M gewcfen ju fein, inbem ®renet unb ©onner
barüber Slage führen, bag am Sanbe fo üiele ®ert)abfc^aften gu
@nbe ge^en, o^ne bag eine 9iec^nung gepflogen n)orben roöre.
!lDa§ bie $)err|c^often auf ber Sluöftcßung ber 33erjic^tö-
quittung Dor Sludfolgung bed äSermögend an ben SJ^ünbel be^
ftanben, mar einerfeitd mol)! begreifCi^, meit bie ^errfc^aften hxt
SBaifengelber unmittelbar in ^önben l^atten; anbererfeitd (ag
aber eben ^ier eine @efa^r in ber fditeunigen Slbforberung ber
93ergid)tdquittungen, meil baburc^ bed Dogtbar geworbenen $u^
pitlen gute0 9{e^t (eicbt Der(oren ge^en fonnte.
d) 92a(^ beut (»efetje ^atfer 3ofef'« II.
^aifer 3ofef ^at bie S3ormunbfc^aft{(recbnung fomol^t in ber
®ert(^tdinftruction uom 9. (September 1785, a(d auc^ in bem
bürgerlidien ®efe|buc^e neu geregelt; im ©efe^buc^e finb meiftenö
nur bie materieü*rec^tlic^en Seftimmungen über bie SSerbinblic^*
feit bed äSormunbed gur 9{ec^nungdlegung aufgenommen, mä^renb
bie Srt ber Prüfung unb ©ene^m^altung ber 9tec^nungen in ber
©eric^tdinftruction entf)alten mar.
Die rein abminiftratlDe ®efd)aftfibe^anb[ung tritt in beiben
(äefefeen fc^arf fieroor; ber JRait^Dfficiant ift ein bloger ^Beamter
be« ©eric^ted, melc^er ber ^e^örbe unterfte^t, bie bie Siec^«
nungen gu prüfen ^at; ber S^arafrer eined ^flegfc^aftdrat^ed,
meieren mir in ben Slnfangen bed 3nftitute0 ber 9{ait^äubler ent«
becfen lonnten, ^atte fic^ fomit gönjlic^ oertoren; folgerichtig lannten
au(^ bie proceffualen ober proce§ä]^nli(^en formen bed ^erfe^red
5) ©onntja, @. 92—94.
6) »olfin«, @- 195-
T) ©onncv, @. 32—38.
«) Orenel, @. 272-274.
19*
— 292 —
}n)if(^en 9{ec^nunod(eger unb JRec^nungdaufne^m er nic^t me^r fort^
bauern unb bad !5ecret bed 9tic^terd mar nic^t me^r eine (Sntfc^eu
bung ^mtfc^en Bemänglung unb Erläuterung ber 9?ec^nung, fonbern
ein abmtniftratiDer @r(ag, welcher fic^ auf bad ®u tackten eineddtec^«
nungdbeamten über bad Don bem 93ormunbe gelegte Operat ftü^te.
3^aß ber- Stec^nungdbeamte baburc^ facti)' c^ jum ^errn ber
©ittttation gema^^t mürbe, ift mo^l leicht begreiflich, unb fo bi(«
bete fic^ bie ^rajiö ^erau«, baß boö 'Dccret beö 9tic^terd über
bie S3ormunbfc^aftdrec^nung me^r ober minber ^u einer (Sopie
bed Bertc^ted be« 9iaitofficia(ed ^erabfant.
ÜDa^J 3o|efintfc^e ©efe^buc^ regelte fomol^l bie dtec^nungd«»
(egung bed 93ormunbed loä^renb ber ^auer, al9 auc^ bie na^l
Beenbtgung ber Sormuubfc^aft.
311le äSormünber, felbft ber SSater, foQten fortan 9iec^nung
legen; auf eine entgegengefe^te lebjeitige ober le^ttDiQige Slnorbnung
beejenigeu; oon bem ba9 Vermögen an Die SBaifen gelangt mar,
burfte feine dtüdfic^t genommen merben; auc^ mar Don einem Srlaffe
ber 93ormunb[c^aft^rec^nung burc^ ben {^anbe^Sfürften im ®efe^e uir^
genbö meör bie Siebe ^).
ÜDie 35ormunbf(f|aft«re4nung mu§te iebe^ 3a^r gelegt mer*
ben unb fo eingerichtet fein, baß barau^ bie Einnahmen unb älud^
gaben unb ber gan^e Sßermögendj'tanb be^ SQSatfen entnommen
merben fonnten; ber Empfang fomo^l, menn er aud ber 9{ec^nung
nic^t erbeute, mie auc^ bie 3(udgaben, menn tegtere über Einen
Bulben betrugen, muBten mit Beitagen bemä^rt merbeu^).
SBirt^fc^aftö* unb anbere befonbere SRecftnungen maren beizulegen,
in bie SJormunbfc^aftöredjnung felbft mußten biefe ©peciatretft*
nungen unter Empfang ober Sluögabc eiugeftellt merben^).
S)ie Bormunbfc^afr^rec^nung follte bie klagen au^ bem
Dormunbf(^aftlid)en 93ert)ättniffe möglic^ft abfc^neiben ; «auBer bem,
mad in ber 9?ec4nung^erlebigung beftimmt audgebrüdt mar,
fonnte in Slnfe^ung ber 3Sormunbf(^aft«rec^nung meöer ber SBor*
munb an ben SBaifen, noc^ ber SBaife an ben Bormuub eine
meitere ^Jorberung ftellen; ein error calculi jeboc^ ober ein
3rrt^um ober eine Slu^laffung in Empfang ober 'Jlu^gabe, foUte
Siieraanben gum Schaben ober jum SSort^eile gereichen; miffent*
lic^e 3u^ü(f^<^ltung be9 ^ißünbeloermögend burc^ beu Bormunb
macftte benfelben nic^t blo« erfafepflit^tig, fonbern ftraffällig**).
*) V. ^Quptjlud, §.77. @ie^c aut^' hierüber Crciirfc ^ium Sommcntarbe«
betreff eiiöen @efe|}e« öoii ?faff unb Jpofmann, *ö. lö, in bem 7. fünfte
bed Antrages auf (Smanatton be9 ^ateiited ))om 22. gebruar 1791 würbe
guerf) bie UnjutÖmmltc^teit jä^rlt^er dtet^nungelegung bei noc^ !» geringem
^ermogendflanbe ^eroorqe^oben.
2) V. 4>aaptftä(f. §. 78.
3) V. ^auptftöd. §. 79.
*) V. ^auptftüd, §. 81.
— 293 —
!Die (Sriebigung ber Sted^nung tnugte enthalten, toad ber
iBormunb betn S^aifen unb ber SBaife bem äSormunbe bebtngt
ober unbebingt ju eiferen l^obe^); bie 9iec^tdmitte( gegen bie
{Rechnungslegung ttaren, tt)enn bie üDef^tnerbe eine ^örmUcbfeit
betraf, ber 9Iecur« an ben oberen 9iid)ter; wenn aber bem SBor^^
munbe eine SSergütung abgefc^Iagen, ober ein @rfa|, ben er nic^t
fc^ulbig ju [ein glaubte, auferlegt U)orben mar, fo foUte er bie
SBefteÜung eine« ßurator« für feinen ÜWünbel oerlangen unb mit
biefem bie 9lnge(egen^eit oor ber SSormunbfc^aftdbe^örbe, alfo lool^I
nur im abminiftrotioen SBege, abtl^un^).
'äni) bie ©c^tugrec^nung, midie ber 93ormunb ober beffen
iSrben jeber^eit p (egen l^atten, burfte nur gerichtlich aufge^
nommen toerben; fie n)urbe ba^er nic^t me^r, koie bisher, bem
SDiünbel, fonbern ber JBe^örbe gefegf); bie gerichtliche Urfunbe,
n)e(c^e htm 93ormunb ober beffen @rben nacii Berichtigung ber
{Rechnung einge^änbigt mürbe, fodte ben 93ormunb unb
beffen (Srbcn oon allen ferneren Slnfprüc^en in Setreff ber
geführten 93ormunbfcf)aft [oSja^Ien^).
{Bad bie 9iec^nung« aufnähme betrifft, fo unterfc^ieb baS
Sofefintf^e ©efe^ gtoifctien ben S3ormunbfc^aftSrec^nungen bei ber
SBolteclaffe einerfeitö, unb bei ben onbcren ^erfonen anbcrerfeit«.
ÜDie 9{eci)nungen über bie 93ormunbfc^aften ber ^öl^eren
®efeBfc^aft«daffen foUten «nacft ben beftet)cnben aSorfc^riften" —
olfo nar^ bem ?}ateute oom 9. September 1785 — unterfue^t unb
eriebigt »erben ^).
Die betreffenben SJorfc^riften loaren in bem 7. abfdinitte
bed ^meiten Sl^eiled ber genannten ©eric^tj^inftruction , meiere
oon bem ^Sene^men ber erften Snftangen in SRec^nungdfac^en ^an«
hüte*', enthalten.
2)ie SSorfc^riften biefer ®eric^t«inftruction gingen fe^r in'«
ÜDetait; fie i^etc^neten ben inneren ©efc^äftdgang gmifc^en bem
9^ec^nung«officianten unb bem 9ieferenten auf ba« ©enauefte t)or;
ber {Referent mochte n)oI)( auc^ ben {Rec^nungSofficianten über il^m
bunfel fc^einenbe ^untte oerne^men, aUein baoon, bag ber 9?ec^^
nungdbeamte mit bem 33ormunbe fetbft unb birecte fic^ au«ein«
anberfe^te, mar nic^t met)r bie {Rebe; feine äI2ange( maren in feiner
Seife angriffe gegen ben {Rec^nungdleger, fonbern nur me^r ©e*
merfungen für ben {Referenten, ber fie berüdfic^tigen ober faöen
loffen fonnte; auc^ ber SSormunb trat mit bem ©erlebte nic^t me^r
in einen münblic^en SSerle^r; er ^atte — menn er nic^t einen {Re*
5) V. ©ouptflücf, §. 80.
ö) V. ^aiiptftüd, §. 82.
7) V. 4)auptftücf, §. 91.
8) V. ^aiiptnüd, §. 94.
9) V. .g)aupipücf, §. 83.
— 294 —
curd t)erfu(^en moQte — fic^ ben SInorbnungen ber SSormunbfc^aft^^
bc^örbe ftrenge in fügen, unb [elbft bad 9{ec^t«mitte[ ber Stlage
iDor i^m burc^ ben abniiniftratiDen SSorgang abgefc^nitfen »orbcn.
35em bureaufratifc^en ß^arafter entfprec^enb, enthielt hie
©eric^tdinftructton fd|lieg(i(^ noc^ bie Seftttnmung über bie ^üt)-
rung etne^ eigenen ^rototoUeö über fammtlic^e Siec^nungen; rüd^
fic^tlic^ beffen bie tninutiöfeften IDetaiU mit ^Begie^ung auf @^«
^ibtten^a^l unb ^{egiftraturbegeic^nung Dorgefc^rteben ivaren, fo
bag bem ®ertc^tdt)ofprafibium nur bie ^^rei^eit genarrt toorben
war, bie JRubrifcn be« ^rotofoüeö »jur ßrleic^teruug ber ©c^rei*
berei unter Beibehaltung eined gleiten gormated auf Schreib«
papier in gehöriger ®röBe brucfen ju taffen".
(Segenüber ben ftrengen gormoorf Triften ber SRcc^nung«-
Prüfung bei ben fogenannten beffcren ®efeüf4aft«claffen foüte
«bie SSoIt^ctoffe" mit ben gormen mögttcftft öerfc^ont werben;
l)ier foüte man cd [icft an einer „ben Segriffen be« gemeinen
ajjanned angemeffcnen SRedinung^art" genug fein laffen unb bie
SRec^nung auf bie einfac^fte unb fürjefte 9lrt erlebigen.
®erabe beim gemeinen Sßanne fc^eint aber auc^ )u ^aifer
Sofef'd ^e\t bei ber 93ormunb|c^aftßred)nung fe^r oiel unterlaf*
fen lüorben ^u fein, felbft »enn ^inreic^enbeö SSermögen oor*
Rauben mar; minbeftend berichtet und ^auer Don mehreren
SSerorbnungen , meiere beri Sreidämtern bie Ueberwac^ung ber
Segung unb Prüfung ber 93ormunbfc^aftdrec^nungen }ur ^flid^t
machen unb ben eingefc^ic^enen ^JDhßbrauc^ abfteUen mußten.
Die ^ü^rung bed äBaifenbuc^ed mar im 3ofeftnif(^en
®efe^buc^e allen 93ormunb)c^aftdbe^örben jur $f{i^t gemacht
morbcn^o); auc^ über biefen ^un!t batte bie ®eric6t«inftructioii
üom 9. (September 1785 im 6. ^auptftütfe be« jmeiten J^eitc«^
bie genauen Seftimmungen Dorgefc^rieben unb ein aud neun
{Rubrifen beftctjenbed gormulare aufgefteüt
Daß ungeachtet ber genau rubricirten 9iec^nung«protofot(e
unb SBaifenbüc^er mit gleichem Formate bed Rapier« unb Drudd
bad Oofefinifc^e ©efegOuc^ einen gortfc^ritt bei Öe^anblung ber
SBaifenrec^nungen nic^t begrünbet l^at, mirb einem öfterrei(^tfc^en
^raftifer rool)( oiel leichter einleuchten aU 3enen, meiere ber
^rayi« ber ®erid)te fernefte^cn.
@o üiel aber fann 3ebermann leirfjt faffen, ba§ nacö ber
alten guten 2lrt ber 9tec^nung«aufnat)me in einer proceßä^n«
Iid)en gorm ber SRic^ter jmifd^en SOiangel unb ßrläuterung cnt*
ft^eiben mußte, mäfirenb ba« rein interne ®utad|ten ber 9tec^*
nungdofficianten eö bem 9ii(^ter ganj leicht an bie ^anb %ab,
10; V. ©auptpüd, §. 48.
— 295 —
bte ERedinung nic^t eiiimat me^r ^u lefrn, fonbein ha» ©utoc^fen
mit SIenbfrunfl einiger meniger SBorle in ein 'Ctctet uinämrian=
bedi, bie ® e(d|üfia(ol)( iu erlebigen unb bos eigentütöe ®t'
fi^fift felbft üiif onbere, jur Sntf^eibung nidjt berufene,
^erfonen ju überroäljen.
IX. ßopitet.
jSrtnIrigung "btt ^Itcreoomtuntifdfaft.
@ine SSoTinunbfcbaft foiiii eiiimeber oöütg auffiöreii, wenn
ba€ :i8ebüifnt^ beifelben roegfäßt, ober fie fann blöd in ber
^erfon beö SBormunbc« enben, ohne baß ber SJiünbet boburtft
Bormunbfi^Qftsfrei mürbe; im erfteren i^aüe tonn ber ajfönbfl
Dom 9}ormunbe bie Uebergabe bed äSermbgen«, unb ber SJormunb
Dom 3)!ünbel bie SludfteUiing einee Stbfolutoiiume »erUngen,
ivogegen im jineiien %aüe, wenn bie SJ(irmunbfd)aft bloa in ber
^rrfon bea bieberigen Sjormunbeü enbet, lebigli(i bie ^Üeftellung
eine« neuen SBornmubeö nolljroEnbiü mirb, ber ffine SCmtäiDirt'
famteit av. bie feines Sßnrganfler» anjufnüpfeit tjat.
ffiir roetben bo^er in bcm oorticgcnben Eapitel brei 3(b'
fdinitte unterfdieiben : in bfiit etflni con Ben (Srünben ber gänj=
liefen, — in bem jmeiren non ben ßlnlnben ber Ideenbiguitg ber
Sormimb)diaft in ber ^erfon bt8 bie^eri^en SJorinunbed, — unb
im hritien Don ben i^otgen ber bcenbeien SJormunbic^nfl ^onbeln.
(Sa empftehlt (icft bei biefem Steile uufertr 3(rbeii, ebenfo
»ie bei ber ^ei)re oon ben Ddaiionagrünben ber 3)ormunb=
f(t)oft, eine matttienroeifc Stbt^eilung bee ©tofffi« au« bem iSrunbe,
weil mir bei einer bas gefammle SRec^t jebe3 3l0|'(öiu»ea umfuffenbeii
^iftorifc^en £ar[teUung genüi^igt mären, fteta wieber auf bereits er°
örterte fünfte jurüdäutommen.
1. glaube tintt viSigt» SSeenbigntiA bn fittmv«tmuiii(^»fU
'S>it roic^tigften @rünbr, aiia loelc^en eine älLter^Dormunb'S
((^aft fi<^ gäntli{4 enbel, finb: a) :&er 3:ob be« ^lünbeU,
b) beffen ajofltborteit, rü(Jiiii)i[id) aJolliä&rigteit, unb
c) bie ertbeiite 9(iteranai^ fii^t (venia aetatie); bia
ä}{aria j£^erefia anerfannte bae öfteri'eic^i|cf)e dtet^t noi^ jmei
roeiiere ©riinbe: d) bie Serc t)elicbung bea aJifinbela, unb
e) beffen Eintritt in ben geiftCid|en @tanb unb bie 9lb<
legung ber Orbenöprofc§; oon ^JJMria 3:^erefia rourbe enbtid)
f) au(f) no(5 bie ertfjeitung be« 2IJeifter.red)teö aia roeiterer
tj^runb bec (Snbigung ber äJormunbfcfeafi ^injngi'fügt.
n) S:uv<6 btii Zo\i b<e äRrmDile.
©aß ber Xob be^ aiiünbeta bie ^Bormunbfc^aft gäni(i{^
beenbe, ift eine fc fefbftoerftänbfit^e I^atfacfte, baHÄon Xionel»
- 296 —
(ud fic^ barüber tDunberte, biefen ®runb im römifc^cii (Rechte
fpecieU aufgeführt 3u feljcn.
Die romaiüfiretibe ©er^abft^afi^orbnung unb mehrere ©cftrift«
fteQer unferer ^eriobe ^aben nic^tdbeftoroeniger auc^ biefen ^utitt
befonbcr« ^erüorge^oben i).
b) !2)ui-(^ @rret(^ung be9 o orgef(^rtebenen HIterd.
9luc^ bei biefem fünfte fönnen roir und lurg aufhalten,
nac^bem b)ir fc^on in früheren Slbf(^nitten auf bie Sntmicfetung
ber öfterreict)ifc^en ältterdtermine^ ebenfo iDie auf bie ein^eittiii^e
92atur ber öfterreic^ifc^en äKter^Dormunbfc^aft, ^iugemiefen l^aben.
!Die 33ogtbarfcir, SDiünbigfeit, äJoöiä^rigfeit — biefe ©orte
ald ©^non^me genommen — trat bemna^ ba(b bei beiben (3e»
fcblec^tern mit bem DoUenbeten 20.^ batb blod bei bem männlichen
(Sefc^tec^te mit bem uoQenbeten 22. 8ebendial)re, unb fc^Uegttc^
feit bem ®efcfec ÜJiaria Itjerefia'« öom 12. april 1753 abermat«
bei beiben ®efc^(ec^tern mit bem DoUenbeten 24. It^eben^ia^re ein.
©emeinrec^tUc^ tonnte ber älUerdtermin in !Deutfc^lanb
über bie burd^ ©emol^n^eit ober ®efe^ erweiterte ©ren^e nicfet
nudgebe^nt merben; mar ber dJ2ünbe( ein prodigus ober ein
fdriosus, ober lag fonft ein ©runb Dor, a\i^ meld^em fetbft ein
:j3oQjiöf)riger unter 93ormunbfc^aft gefteüt merben fonnte, batin
bauerte mo^( auc^ bieSSormunbfc^aft über ben 9l(terdtermin ^inaud;
nur lag bann nic^t mebr eine SKterdoormunbfc^aft, fonbern eine
cura prodigi seu furiosi öor.
$articu(arrec^t(ic^ fam ed bagegen aderbingö auc^ fc^on
in !£)eutfcblanb oor, baß ber 93ater ober auc^ bie oormunbfd^aft^
lic^e ^e^örbe bie äKterdoormunbfc^aft auc^ noc^ auf eine gemiffe
3cit über ben gefeglict)en ällterdtermin ^inoud anorbnen tonnten,
in mefc^em gaüe — nad) einzelnen ^articularrec^ten — bie öffent«
(id^e ^efanntmadiung ber oerlängerten SSormunbfc^aft Dorge«
fc^rieben roar *). .
!Dad dltii^t Oefterreic^d unter ber (Snnd gehörte au ienen
^articularrec^ten, nac^ benen eine SSerlängerung ber 33ormunb^
fc^aft geftattet tt)ar.
I)ie« beftiramte fc^on bie ^olijeiorbnung be« 3a^rc« 1552 ;
nac6 biefem ®efe^e mar gmar ha^ DoUenbete 20. Sebendjia^r für
beibe ®efcb(e*ter nid|t au«brü(flicö atß 33ogtbarfeit«tcrrain —
expressis verbis — beftimmt morben; t^oc^ fann bie SJerfügung,
bag gu biefem ^dtpawUt bad 33ermögen bem $upitlen eingeam«
1) Äraut II, @. 171.
7''."'ir.
— 297 —
•
»ortet merben fode, füglic^ nic^t anberd aU auf einen SJogtbar»
feitdtermin gebeutet toerben; e« mar ober weiter« nit^t nur üor*
gefc^rieben »orben, bog bie aSermögenöübergabe an ben Pupillen
{ebe^maf nur mit SRat^, SSorroiffen unb grfenntniS bcr Dbrigfcit
ober bc« Oeric^te« unb bcr 9toitf)änbter erfolgen bürfe — moburt^
fi(^ fc^on oon fclbft bie SKögli^teit ergab, minbcftcn«» bie SBir*
tungcn Der erlangten gSo^tbarteit ^inau^pfcftieben — , fonbern eö
»ar au«brü(JIi(ft not^ befohlen morben, wenn ber ^upittc „nitftt
^äuglic^ unb 2:ugentli(^er aigend)afft \Däv, fonbern lieberüc^ unb
oert^unfic^ gefpürt tourbe", bie SSermögen«übergabe an bcnfelben
— unb l^iemit aucft bie ajogtbarteit — auf ba« öoüenbete 22. geben«*
ia^r ju Derfcf)ieben.
3nbeffen fc^eint eine loeitere äuöbe^nung bcr Sllter^öor:»
munbfc^aft über ba« ooüenbete 22. Scbcn^jal^r nic^t ftatt^afl
gctt)cfcn JU fein, ba für ben gaü, wenn ein 20* ober 22j[ä^riger
ober no4 älterer äWenfd) ,rgan§ öcrttjunlic^ unb fic^ fclbft öcr*
f(^roenbli(^ unb öerbcrblic^ gefpürt unb bcfunben ttjurbe'' — beffcn
SSerfegung unter Suratel megcn Serfc^mcnbung bcfonbcr« oorge*
f(^riebcn mar ^).
®(eic^e ®runbfa|e mit bcr ^olijeiorbnung be« 3a^te« 1552
entf|ielt bie 2anbt«orbnung Ocfterreit^iJ ob ber Snnd mit ber
einzigen 2lu«na^mc, ba§ fie an Stelle be« 20. unb 22. 3a^re«
ba« 22. unb 24. 3a^r gefegt batte 3).
35ie Ocrl^abfc^aftöorbnung oom 18. gebruar 1669 bcftimmtc
im Slnfc^luffe an bad überlieferte 9}e4t, bag bie ©erbabfd^aft
fic^ }mar (regctmägig) bei 9)Mnnern mit bem Dollenbetcn 22.,
unb bei i^rauen mit bem ooQcnbetcn 20. Seben«j[a^re enbe , allein
aucb nac^ biefcn üollcnbcten Sauren foUten ienen ^erfonen, bei
tvelc^en ein oerfc^ioenberifc^er unb licbcrlic^cr Scben^manbel entbecft
mürbe, bie @üter nic^t foglcic^ eingcantraortet, fonbern bie Snt*
fc^eibung ber Dbrigfcit abgekartet merben *),
jDie ®erbabfc^aft«orbnung anerlannte ba^er eine SSert&n«
gerung ber SllterdDormunbfc^aft neben unb auger ber in
biefem ©efefee gleichfalls recipirten cura prodigi^), unb e«
unterf(^ieb ft(^ biefe« Oefefe nur baburc^ oon ber früheren {Rechte«
entmidelung, bag ba« (Snbe ber Dcrlöngerten ^lter«oormunbfc^aft
nunmel^r gar nic^t me^r befc^ränft mürbe, unb bie 9lttei«Dormunbfcbcift
fortbauern fonnte, obne in eine cura prodigi übergeben ju muffen.
5)urc^ ba« ©efeß üWaria 2:f)erefia'« über 5IWaiorennität«iabrc*=
©eftimmung oom 12. äpril 1753 *) mürbe bie 2llter«grenje jmar auf
ba« ooUenbete 24. Scbcn«jiabr ^inau«gcfc^oben, bagegen mar bie
3) $oItgetOTbnung bon 1652, go(. XXIIv.
3) ganbtoffi Oeftcrieic^« ob ber (gnn«, III. 2:^1., 43. Sitcl, B. 540.
*) ®et^obf(!^aft«orbnung, XVI. Xitti, §. 2.
5) (gbenbo, V. Xxttl, §. 1.
ö) Codex austr., @ii^|)I.»©b. III, @. 757.
— 298 —
(^rage, ob bie 93ormunbf(^aft auc^ über tiefen Siermiu ^inau9 oer^
längert luerben lönne, nid^t fpecied beantwortet morben.
!Do(^ fann biefeö ©tidfc^meigen nic^t ba^in gebeutet »erben,
al9 feien burc^ biefed ®efe^ bie früheren ^eftimmungen ber
®er^abf(^aft^orbnung aufgehoben n)orben; bielmebr fc^eint )i(ii
eben ju biefer 3^'^ ^i^ älnfdjouuug ftarf audgebilbet }u ^aben^
bog bie S3ogtbarfeit ntc^t ipso facto fdion burd) beu 9lb(auf be«<
lemiinee eintrete, fonberu Dag fie jebe^nial oom 9tic^ter befonber«
audgefproc^en »werben tnüffe.
(bonner^) ergä^U nämlit^, bog e^ in Sien ganj adgemetn
übli4 fei, baö bie ^upitlen nad^ öoüenbetem 24. geben^ja^re um
t^re ®ro6iä^rigtettderflörung einfommen, unb obmol)! er jugefte^t,
\>a^ bied auf bem ü^anbe nic^t fo genau beobachtet n^urbe, bog bied
an ben meiften Orten gar nicbt befannt fei, unb ba§ man ^ierinfaUö
fein ®efe^ tiahe, fo oert^eibigt er bennocb ben ©ebrauc^ ber ©tabt
Sßien unb erftärt auf^brüdlic^, bag bie SDHnberiä^rigen bei ber
Dbrigfeit einfommen muffen, um — ua^ öoüenbetem 24. Seben«*
ja^re — für oogtbar erhört i\u »erben.
^anni.^a^) enblid) fügt gan.3 aQgemein ju bem @a^e:
^Respectu pupilli tutela non tinitur adveniente pubertate, sed
majorennitate", ben »eiteren bei: „Imo et ne tunc quidem ipso
jure, sed semper prius exigitur causae cogüitio".
9(n biefen ®erid)tdgebrauc^ unb an bie bemfelben entfprecf)enbe
!J)octrin I)at fic^ mo^l bie öefttmmung beö ^ofefinif^cn ®efe^*
buc^ed angefd)loffen, bog ber ^{inbcrjiä^rige ;;»ar mit ber Soli«
enbung bed 24. 3a()red bie ®ro6id^ngfeit erreiche, bog aber bie
S3ormunbftftaft«bc^örbe erft noc^ ben ÜBunbel auf fein än^
langen für grogiä^rii; ju erflören ^abe.
^nxö^ biefe diot^menbigfeit einer iebe^maügen Unterfu(!^ung
unb eined borauf bafirten 9lu9fprud)ed ber 93ormunbfd)aftdbebörbe
»ar fc^on an unb für fidj ftiüfc^meigenb bie S^^öffißfcit ber ©er*
(dngerung ber Sllter^oormunbfdiaft anerfanut loorben; gubeni
fügte aber aud) ba« 3ofefinifc^e (Sefe^buc^ nod) au^brücfUc^ bei, bag,
»enn „Sieibeii^ ober ®emüt^«gcbrec^en ben gropjäbrig geworbenen
a)?ünbel jur Selbftbeforgung feine« 35ermöQenö unfähig machen,
bie 35ormunb|4aft ungead)tet ber erreid^ten ©rogjä^rigfeit über
tt)n fortgefegt werben fode''. gür biefen S'<iü war aber nun auc^
SSeröffentlic^ung ber getroffenen SJerfügung üorv^eft^rieben worben ^).
■7) 'J)onnec I, @. 27.
»; JöauHii^Q, @. 102.
ö) Solepuijc^c« ©cfetjbiit^, V. ,{>auptnüd, §. 88. @if^c awd) bie bejo«
genen @;:ciirfe 17 011 ^{$faff unb ^ofmann, ^. 25. 1^a9 ^otum bed $ro«
fcffor« 3cfleiit) über Den (gntiuurf giim eriieucitcu eificu Xfftxi be« (3of.)
^Qg. bürgert. ®efe(jbiidied ^atte ebciifofli^ fd)Dti biefen $inift gerügt imb beroor«
gehoben, Xüit utirtditig cd fei, bie ©vofjiä^rigfeitsertläruiig anä) no(^ nad^
erlangter major aetas 511 ücrlangeii.
— 290 —
c) iE>iir(^ (Srt^eihing ber SUer^nac^ fic^t.
?Rac^ bem römifc^en SRec^tc galt bic grt^eilung bcr venia
aetatis Q(d ein lua^rer ^ct ber gefeggebenben ®en)a(t ct(d ein
faiferli^e« SleferDarrec^t; feit (Sonftantin follte bie venia aetatis
für SDiänner erft imd) bem ooUetibeten 20., unb für grauen nad^
bem DoUenbeten 18. Sebendjia^re na(4gefucf|t tDerben; für bie gorm
be« 95erfa^rend »aren geiiaui» 9Sor|(iriften erfaffeii unb in ^n^
fe^ung ber venia aetatis beftimmt »orben^ ba^ ber ÜKinber*
|ai)rige jrcar aUeröingd bie freie 2lbminiftration feinet äJermögend
erlangte^ baß ober ber SSerfauf oon ©runbftuden immer noc^
an ba^ obrigfettlic^e (beeret gcbunben blieb ^).
53ie beutfdjcn Äaifer übten frfjon im 13., häufiger aber
nodj im 14. 3al)rt)unberte — biefe« JReferoatrec^t be« römifc^en
3mperatoren felbft aud unb überließen biffen Slu^übung aud) mol}t
ben ^ofpfoljurofen; bogegen ift e« fel^r ;|meifel^aft, ob im lliittel«
alter ben iJonbeef|erien biefee {Rec^t jugeftanben l)obe; ba§ feit ber
Sluflöfung be« beutfc^en Stcit^eö alle Öaubeötjerren bie venia
aetatis ertl^eilten, mar bie natürliche i$olge ber erlangten ©ou«
oeränitöt.
üDie ßaifer Ratten fic^ niemaliS an eine ^{inimalgrenje bed
Sllterd gebunben, unter meldier bie venia aetatis nic^t ert^eilt
tperben follte; ald febod) bie @rt^rilung ber 3llterdnac^)id|t iu
neuerer ^tit öielfac^ an bie ©et)örben — mciften« an bie 33or*
iriunbf(ftoft^geric^te — gelangt irar, »urben ^i)iinimalgrenjcn —
Dielfac^ bie beö röraifdjen JRec^ted — oorgefcbrieben.
®cmeinred)tlid) mürben auc^ bie befctiränften ^irfungen
bcr venia aetatis aud bem römifct)en Siechte recipirt, mobci
freiließ bem SRciienten öorbe^alten blieb, biefe 5S}irfungen ju er*
meitern; nad) einigen ^articularrec^ten bagegen ^atte bie %lux^*
nac^fic^t gleiche Sßiitungen mit ber erreid|ten äJolljäl)rigfeit 2).
JDefterreic^ ift anfangt in biefem fünfte gleid)en «Schritt mit
!X)eutfd)lanb gegangen.
ÜDie ßrtljeilung ber venia aetatis galt al« ein Äeferoatrci^t,
wetc^e« aber freilid) fc^on burc^ bie ganjc oon un« betrachtete
^eriobe oon ben öfterreic^ifc^en l!anbed^erren ebenfall« ausgeübt
tDurbe.
3um Semeife biefer ©e^auptung fann man fic^ fc^on auf
bic Sanbt^orbnung Oeft»»rreid)«J unter ber Snn« oom 3al)re 1573
berufen, meldje au^brüdlic^ bie (Srtt)ei(ung ber venia aetatis burd}
ben Saifer unb burd) ben Öaubecfürften unterfc^ieb ^% unb bie
1) a^uborff III, @. 221—227.
2j Ärout II. @. 86 unb 186.
^ ganbtofel OefteiTetdiö mitcv bev (gnn«, I. S3ucf), 24. Xitel : „8on
bell re(!^ttnS6igfn @tnrebeu, oppositiones unb exctptiones", gol. 24.
— 300 —
®er^Qbf(^aft^orbnung Dom 7. Februar 1669 brüdte ed no(^
beutlic^er an^, bag ber (Sefe^geber atd Sanbedt^err „einem $U'
ptüen auc^ no(^ oor erteilter ^ogtbarfeit veniam aetatis ett^ei«
len founte*' ^).
(Sin beftimmted Sebendalter, oor me(ct)ein bie 9[(terdnat^fi(^t
ntc^t ert^eilt merben foUte, fannte bad öfterreic^ift^e Partie ular*
rec^t ni(^t, unb in Stnfe^ung bed SSerfa^rend loar burc^ bie
(Ser^abfc^aftdorbnung 1}M bie Sinoerne^mung ber Dberoormunb>
fc^aft beftimmt tDorben.
!DQgegen »urben bur(^ bad (e^tgenannte ®efe^ bie ®e«
fc^ränfungen in ben Siirfungen ber venia aetatis nic^t nur au9
bem römifc^en Siechte beibehalten, fonbern fogar erf|eb(t^ erweitert,
inbcm ^ber gemefte ^upiü bennoti^ nic^t befugt fein foUte, oon
feinen liegenben ®ütern, ober ba beffen meifted Vermögen in Saar«
fdjaft, dapttaUen ober anberen föftlicf)en dJ^obilien beftänbe, etn^ad
IDierflidied o^ne SBormiffen ber Obrigfeit auc^ unter bem SSor»
manb einer Stecompend, gu Derfc^enfen ober fonften ju oeralieniren
ober ju perfd)n)enben*'.
SSon ben ©c^riftftettern unferer ^eriobe ift 53 ed mann
^ert)orp^eben, melc^er beftötigt, bog praftifc^ bie 9(ter«na(^fic6t
Dor bem 20. Seben^jatire nic^t ertt)eilt ju merben pf(egte, fomie
bag ber V^anbe^fürft aud) bie gemö^nlicfjen Sefc^ranfungen nac^^
feigen fonnte; ferner 9leutter unb nac^ it)m ^^inftermalber,
koelc^e namentlich bie venia aetatis ^um Se^ufe ber !£eftamentd»
erri(|tung ^eroor^oben ^).
(Sinen eigentbümlic^en S^arafter trug bad ®cfe6 SRaria
!£()erefia'd ilber bie SDtaiorennitätt^ia^re^Seftimmung Dom 12. Slpril
1753; e^ fct)eint faft, a{d ob fid) bie ^aiferin blöd für gmei be«
ftimmie 3ludna^men bie @rt^ei(ung ber venia aetatis Dorbe^alten
moQte, nämlic^ für minberiä^rige t^rauen^^immer, meiere jur &it
fc^ritteU; unb für SDtönner unter 20, unb für f^ranen unter 18 Sagten,
benen bie facultas testandi burc^ faiferlic^e @naben eingeräumt
merben foUte; in Slnfe^ung aOer anberen ^erfonen unb in aQen
anberen Se^^ie^ungen foOten bagegen bie ^eftimmungen be9 ®t*
fe^ed fortbauern unb 9^iemanb Dor bem DoUenbeten 24. gebend^
ja^re bie freie SJermögcnöoermaltung erlangen^).
!Diefe ^nfc^auung fprac^ auc^ SSoffind*^) aud^ mogegen
«) ®ei^abf(^aft9orbnung, XVI. Ziiti, §. 3.
^) ^ecfmanii unter bem ©(^(agroorte „Venia aetAtis*', @. 625;
Steutter ad Tab. II, 31 unb 32, @. 4, unb ad Tab. VII, 12, @. 10;
ginPermarbcv, II. ©u(ft, Obs. CXII, @. 681
ö) Codex austr., @uppl.-©b. III, 7. unb 8., @. 759.
"^j $offtu^, @. 288; „Finitiir tutela . . . venia aetatis impetrata.
Per quam tarnen pupillus plenam et iiberain dispositionem bonorum sno-
rum non adipiscitur , fructibus solis illius dispositioni relictis, usqne
dum ad perfectam aetatem pervenit/*
— 301 —
Sanniga ^) bte äOßirfungen ber erti)eilten venia aetatis b{od nac^
ber ®er()abLfcbQftdorbnung beurtl^eilte.
(Sine rpffcntlic^c Slenbcrung in bem ganjen 3nftitute bemirfte
ober ba« ©efefe oom 20. Sluguft 1768 »), burcft welche« SDfaria
S^^erefio bie @rt^ei{ung ber venia aetatis, meiere üom {Bürger^
ftanbe ober üon ben Bimpliciter nobilitatis Derlaugt mürbe,
ben gfinberfteUen überließ ; eö toar bie« ba« erfte ®efefe in SHcber*«
öfterreic^, bur(^ meldie« bie 9lu<iäbung bed SKeferüatred^te« an bie
83el)örben gelangt mar *ö).
'iRac^ biefem ©efe^e blieb bie Srt^eilung ber venia aetatis
b(oö für ben 9}itterftanb unb bie ^ö^eren Slbet^grabe ein SReferoat«
rec^t bed Sanbedfürften; bagegen mar in bemfelben meber über
ben Termin, nod) über bie SBirfungen ber venia aetatis etmad
beftimmt morben.
J)UTC^ ba« $)ofbccret Dom 9. 2D?ai 1785 ^^) mürbe bie aSer*
iei^ung ber veuia aetatis enblic^ in aden ^äüen ber ^erfonal«
inftanj bed SD^ünbeld eingeräumt, meiere nac^ gepflogener Unter«
fuc^ung hierüber entfcl)eiben foütc, .unb biefe fflcftimniung ging
fobann aud| in bad Sofefinifd^e ®efe|$buc^ über.
^aifer dofef beftimmte, bag ba« ©efud^ um Sltterdnac^fic^t
Don bem 9Rinberiäf|rigen fomo{)(, mie Don feinen aSermanbten unb
feinem 93ormunbe überreifst merben fönne, unb bag ber 93ormunb in
aßen ^-äüen borüber einDcrnommen merben muffe; eine ältere*
grcnje mar niiftt oorgefcftrieben morben; ebenfo aber mar nic^t
me^r oon JBefc^ranfungen ber SSiirfung ber ®rogj[ät)rigfeitdertlarung
bie 9iebe, fo bog nunmetir bie 9l(terdnad|fi(St g(eid|c äBirtungen
mit ber mirllic^ erreichten SSoüiä^rigteit ^atte^^).
3um ©(^luffe foü norfi bemerft merben, baß fieser bie
äudbe^nung ber StUer^grenje ouf 24 3a^re bie Srmeiterung ber
Slterdnac^ftc^t jur golge ^atte, meiere oon nun angefangen fe^r
(ett^t erlangt merben tonnte.
d) 2)ur(l^ Sere^eltc^ung be« iD^ünbel«.
5Ko(S älterem beutfcften Weckte ^örte bie S5ormunbfd)aft bei
beiben ®ef(3^(ecStern mit ber SSere^elic^ung beö SKünbet« auf^);
8) «onniga, @. 104.
9) Codex austr., @up^t..©b. IV, @. 1135; 3)onner I, @. 30.
10) iDie ftnQuläreii ^eftimmungeii bec Sanbtdorbnung Deflerreic^s ob
ber (Snnd (®. 680), baß ber ^ater bem @o(ne bie 3a^re nac^iaffen burfte,
unb bog au(^ ber @runb^err feine Untert^anen — um einen @ttfft«niann
)u ^aben — üor errei^tem Sllter für oogtbar ertlären burfte, fonnten mir in
OePerrei(^ unter ber (Snn« nic^t aufftnben.
11) yix. 429 % ®. @., @. 30.
12) V. ^ouptftiKf. §. 89.
1) Ä r a u t II, @. 89.
— 302 —
nad^ bem (Sinbringen bed römifc^en Siec^ted fonnte ed ftrettiq fein,
ob fid) biefe Siegel gemeinrechtlich c^ud) nocf) erhalten ^abe; ^raut
bejaht aber biefe t^rage foiDO^C in ^nfel^ung bed toeibüc^en aU
auc^ bed männlicben ®efc^(ec^te« ^).
©Qö öfterreic^ifdie 9ied^t bid gu SWaria Xöerefia'« ©efeft
über ^aj[orennität^ia^re«$eftimmung l^Qtte ebenfaOd ben ©runbfag
angenommen, bog bie 93ogtbarfett burc^ bie @befc^lie§u|ig bed
^iünbetd ben)irft merbe, unb biefen @a^ in na^ep fammtlic^en
@efe^en für beibe (J$efct)(e(ijter auögefproc^en.
^iefe ffiel^anptung (ägt fici) in ber 2^^at burc^ eine Steige
üon Stellen nac^meifen, Don benen nur bie mic^tigften angeführt
»erben foüen.
3ufrft »aren e« bie ffiiener i^veitititen oom 12. ü)?ärg 1526,
welche beftimmten, baß 3üngling unb 3ungfrau, menn fte tior her
93ogtbarIeit fic^ Dere^elicljen — at^balb nac^ gepflogener SSei*
ttjo^nung — , für öogtbor ge&alten luerben foüen^).
SDBaltfjer betätigte biefen 5Rec^t«fa6 *) mit bem Seifügen,
bog bie Dere^elid)ten äßünbel auc^ bann fc^on für üogtbar angu«
fct)en feien, „menn ouc^ bie $et)rot^ mit bem Öe^jfcfelaff noc^
ni^t t^oU^ogen märe'', unb biefe älnfc^auung machte fid^ fobann im
öfterreict)ifc{)en 9?ec^te auc^ meiter geltenb.
9lud SBalt^er'd SBerfe ging biefer 9}ec^tdfa^ na^eju unoer»
änbert in bie 8anbt«Drbnung Deftcrreic^ö unter ^) unb ob ber (Snnö*)
über, unb auc^ ©uttinger brachte eine @ntfc^eibung, meiere
bad ©emo^n^eir^rec^t in biefer <83e}iet)ung beftätigte.
I)a« ®efefe über bie „3Serger]^abung unb SJerforgung" ber
^upiüen ber oberen @tänbe öom 2. Slpril 1631 (repetirt am
10. 9foüember 1634)7) moüte bie aSer^eiratung nur bei bcn
i^rauendperfonen al9 ®runb ber SSogtbarfeit gelten laffen, aber
fci)on bie ®erI)abfc^aftdorbnung oom 18. Februar 1669fteUte mieber
bad a(te 8anbe@red)t l^er unb oerfügte, bog bie ©erl^abfc^aft fic^
öor bem regelmäßigen aSogtbarfeitötermine enbe, menn ber Pupille,
SDiann«* ober äBeibßpcrfon, fic^ oor bemfelbcn oerl^eirate ®), eine
2; Sraut n, @. 172,
3) Codex austr. II, @. 490.
*) $8 a 1 1 ^ e r, Tractatus aureus, Tract. II, cap. IX (bei @ u 1 1 i n*
ger @. 961).
<^) Sanbtdorbniing Oefleueic^d unter bev (Snn«, III. 9ut^, II. Xittl,
gol. 213.
^) Sanbtdorbnung für Deflerveic^ ob ber (Sund, IV. Zfinl, in. XM,
@. 609; @utttnger unter bem (Sc^Iafltoorte „Seibrr j^eflament", @. 805,
baß einer Jungfrau Seflameut, roelc^ed fte im 17. 3a^re i^red ^(ter« errief«
tet ^atte, für fräftig erfanut mürbe, meil bie Jungfrau fd^on in $eirat ge-
f)anben unb olfo ex hoc für oofltbar ge^altrn mürbe.
7) Codex austr. U, @. 187, unb ©uttinger unter bem ^(^(agtoorte
„^upiOen", @. 628.
») ©er^obfd^Qftdorbnung, XVI. £tte(, §. 4.
— 303 —
4Bcftimmun0, auf mid)t fic^ fobann aDe ©c^riftftfüer unfercr
^eriobe begogen ®).
3n bem ©cfefte SKaria S^l^ercfta'ö über ÜKaiorennität«ia^re«*
59eftunmung würbe biefer {Reditdfafe guerft aufgehoben; toebcr
SOtänner noc^ t^rauen foQten burc^ bie erfolgte 93ere^e(ic^ung bor
bem öoücubeteii 24. Sebenöia^re großjährig werben, unb nur in
Slnfe^ung ber grauen hatte ficft ber ©cfcfegeber öorbe^alten, etwa
erforbcrlic^e ©iepenfen eintreten in laffen ^o).
Äaifcr 3ofef bel^iclt, im 5lnfc^Iuffe an biefe« ®efe|j, ben
gleichen ©runbfa^ bei unb l^ob au^brädUc^ l^eroor, bag bie ä$ere^e^
lic^ung Don ber S3orniunbfd^aft nic^t befreie ^^).
Oleic^wo^t ^atte biefer ®runbfa^ im Sofefinifc^cn ®efe|*
buc^e nic^t me^r bie gleiche SBirfung wie frütfer, ta bie @r«
t^eilung ber 9liter^na(^fic^t an bie 93ormunbfc^aft^be^örben über«
tragen worben war unb bie ^otliäl^rigfeit antaglic^ ber 93ere()e''
lic^ung auf biefem Sege (ei^t erreicf)t werben fonnte, umfome^r,
ba ein SJiinimaklter t^ux @rt^et(ung ber venia aetatis nid^t bor«"
gefc^rieben worben war.
S)ie Siteratur, wetcfie bem 3Dtaiorennitätdia^re*83eftimmungö«
gefefee nachgefolgt ift, ent{|ält über biefen ^unft nichts ffiefenlüdie« ^2).
e)2)ur(^ ben (Sintrttt bed iD2üube(9 in ben getftltc^en
(^tanb ober burc^ ^btegnng ber Drbeiid^rofeffton.
3uerft ^atte baö oben bejogcne ®efefe über ^upiüenöer*
ger^abung unb *33erforgung bom 2. Slpril 1631 — aber blo«
für unoogtbare JJrauen ber oberen ©täube — beftimmt, bag bie*
felben, wenn fic fic^ „in ben geiftfi^en ©taub oerliebt l^aben",
für Dogtbor gehalten werben foflen ^), unb erft bie ®er^abfc^aft«orb*
nung bel^nte bied aut^ auf bie männlichen "ißupiaen a\x^, inbem
fie bcftimmte, baß bie ®er^abfc^aft fic^ enbige, wenn ein ^upiße,
SKann«* ober 2Beib«perfon, im geiftlidjen ©taube wirflic^ ^rofe§
getrau ^ätte 2).
9) Sßeingärticv, @. 32; atcutter ad Tab. II, 33, @. 4; giu;*
fleraalber, II. ^nOi, Obs. CXII, @. 682, ber ft(4 biebet anf OBalt^er'«
ni^t gebrudted SBert „De jure consuetudinario*^ lib. 3, tit. 2, n. 10, be«
ruft; Sedntann unter bem (Sc^^lagiDorte nTutela'\ @. 516.
10) Codex austr., @uppl.»©b. III, @. 759.
11) V. ^ouptflütf, §. 87.
12) S3onni)a, @. 105, fü^rt bte 9$erebe(i(^ung aud) aU (Srunb ber
Sonia^rigtett an, obmo^I er nad) bem 3)>2aiorennttät0gefe^e ^JJUria £§erffta*0
fc^tteb; er begrünbete feine ^nfc^auung bamit, bag bie £ute( ber minber«
i&^rigen (S^efrau auf ben Tlann ald gefeilteren 93ormunb übergebe unb über«
fa| babei, bag benn hodj oon einer gänglic^eu Seenbtgung ber ^ormunb»
fi^Qft ni(!§t me^r bie S^ebe fei; ©renef, (g. 278; 9$offiud, @. 288,
i>er bie HbSnberung ber ©erbabfc^aft^orbnung audbrüdlic^ ermähnte.
1) Codex austr. II, (g. 187.
^ ©er^abfi^aft^orbnung, XVI. 2:ite(, §. 4.
— 304 —
!Diefc Seftimtniinfl nurbe aberma(d burc^ bad ®efe^ aber
SDIajorennitat^ia^re^^eftimmung anfqeffoben, ba nac^ bemfetben
®etft(i<^e unb föeltlic^e erft mit bem Doüenbeten 24. Seben^ia^re
bie ©rogiä^rigfeit erlangen foQten ^), iDetd^e Sefttmmung burc^
bod ®efeg Dom 17. October 1770 ba^in audgebet)nt mürbe, bag
9tiemanb oor Dotlenbetem 24. Sebenqo^re bie Orbendprofeg ab^
legen burfte*).
riefer ©runbfa^ ift auc^ burc^ haß 3o|eftnifc^e ©efegbuc^
niC^t Qbgeänbert morben.
f) 2)iirc^ bte Erlangung be« SD^etflerrec^ted.
@d^on bod ®efe^ über 3Rinorennen|c^u(beuetnfc6rantung dorn
26. gebruar 1751 Ijatte für bie ^rofeffioniften unb ^erfoncn Dom
^anbmerfdftanbe eine Slu^na^me gemacht unb beftimmt, bog bte»
fetben g(ei^ nad) erreichter 93ogtbQrIeit — alfo nac^ Doüenbetem
22. 8eben«|af)re — o^ne gerichtliche 3uftitttmung ßontracte fc^Ueßen
fönnen, unb ben ^D^ogiftraten unb anberen 3nftan^en mürbe nur
befot)len, ben genannten ^ßerfonen nic^t o^ne genaue unb forg««
faltige Prüfung i^rer ßigenfc^aften bie gü^rung einer ^anblung
unb bie äu«übung einer ^rofeffion ^u geftatten *).
9ln biefem ©efege moUte bad ä}2aiorennität0ge|eg Dom 12. 3(pri(
1753 nic^tö änbern; ed mürbe Dielmc^r beftimmt, bag bie SDieifter*
merbung bie ©roßjäftrigfeit in ficti fc^tiege, unb bag nur bie
3nagiftrate ^iebei Dorfic^tig Dorge^en unb bad 9)2eifterrec^t nic^t
(eic^t an it^eute Dor bem Dollenbeten 20. Sebendja^re oerlei^en
foüten 2).
S)onner ^at mit Unred^t in ber SSerfei^ung be« SKeifter*
rechte« hiixd) ben ü)Ja9iftrat eine veuia aetatis erblitfen motten,
ba ja boc^ nid)t bie 9illter($nac^fic^t, fonbern nur ba« üßeifterrec^t
Don bem ÜRogiftate ertl^eilt. mürbe , mit melc^em Sßeifterrec^te
ipso facto bie (Srogjä^rigfeit Derbunben morben mar ^).
Da« 3ofefinifc^e ®efefebu(^ ^at biefen ®runb ber ©cenbi*
gung ber S^ormunbfc^aft nict)t me^r reciptrt; oielme^r mugte §ter
ebenfo mie bei ber 93ere^elic^ung ber Pupillen ba« ber 93ormunb'
fctjaft^be^örbe eingeräumte 9^ec^t, bie 3llter«nac^fic^t ju ert^eilen,
Dermittclnb eintreten.
3luc^ bei bem ^eenbigundacte ber 93ormunbfc^aft ^atte fic^
abermals ber polizeiliche ®eift be« Sofefinifc^en ®efe^e« gejeigt,
inbem fic^ Don allen (Snbigung^arten ber ^ormunbfc^aft nur me^r
«) Codex austr., @u^pl.-©b. III, ©. 767.
*) (gbenba, @uppl.*©b. IV, @ 1379.
i) (gbfnba, @uppl..ieb. III, @. 560.
2) (gbenba, e. 757.
3) 2) n n e r I, ^. 30.
'. 1/
— 305 —
bie @r(angung bed p^l)fifc^en 9l(terd unb bie 3llterdnad)ft(^t exffaU
ten Rotten unb bie ))bt|)ifc^e ©ro^ta^rigfeit fe(bft mieber an eine
®ro§ictt)rigfeit^erflärung burc^ bie ©eri^te geiDiefen morben mar,
welche nac^ freiem Srmeffen ben 3l(ter9termin l^inaudfc^ieben
fonnten.
3. ^bi0ttitg bet ^oxmnnt^fd^aft in bet '^nfon bts bisf^eti^m 9or-
S)ie ®rünbe, meiere t)ie^er gehören, fo baß ficfi bie 9Sor*
munbfc^aft b(o« in ber '^Jerfon be« 35ormunbe« enbigt, ol^ne baß
ber ^upiUe gugfeic^ oormunbfc^aftefrei roirb, fdjeiöen fic^ in jroci
@(af(en: einige Orünbe beiüirfen ipso facto bie 3luff|ebung ber
©er^abfc^aft, anbere (oüen ober fönnen ben SJic^ter beftimmen,
ben bi^^erigen aSonniinb ju 'entf offen ober ^u entf)eben.
3« ^^ti ipso facto tt)irfenben (Srünbeti rechnen mir: a) ben
j£ob bed SSormunbe«; b) beffen (abfolute) Unfätjigteit; c) hm Sin*
tritt eine« (gnbtermineö ober eine 9ie|otutiDbebin£iung, unter melc^er
ber 95ormunb ernannt morben mar; d) bie SBieberDeref)e(ic^ung
ber 3Jimter ober ®ro§mutter, mel^e al« SSormiinberin beftcüt morben
mar; e) nac^ bcm Don ajkria S^tjerefia am 12. 2lpril 1753 er»
laffenen ©efelje bi« gum 3ofefinifd)cn ©efe^buc^e aud| not^ bie
93ereI)eHc^ung einer minberjä^rigcn ^^rau mit einem t)o(Ijiä^rigen
Tlannt ; unb f) nad| bem 3ofefinifc^en ©efegbuc^e auc^ bie 3lbop«
tion be« aJiünbel«.
ÜDie Snt^ebung be« SSormunbe^ burc^ ein obrigfeitlic^eö
3!)ecret fonnte aii^ me^rfacfien ®rünben erfolgen; mir merben in
erfter ßinie g) üon ber öntfaffung bed unmürbigen SJormunbe«,
unb fobann h) oon ben anberen ©rünben ^anbeln^ au« meieren
ber {Richter ben SSormunb enttaffen mußte ober entlaffen fonnte.
a) ^ur(^ ben Sob bt9 ^ormuiibed.
3)aB ber !£ob bes 3Sormunbe« bie 3Sorraunbfc^aft beenbe,
ift ebenfo felbftoerftänblic^, aU bag bie^ burc^ ben 2iob bed
SKünbelö gefc^efie; oon einer SSererbung ber SSormunbfc^aft meiere
ia ftet« burc^ bie ganje oon un« betradjtete ^eriobe al« ein 2lmt
angefe^en mürbe, fonnte moI)[ nie bie SRebe fein; ba§ mit ber
Unoererblit^feit beö öorraunbfdjaftlic^en Slmte« bie SScrerbung ber
bereite au« bem Dorraunbfc^aftlic^en 2lmte entfprungenen iRec^te
unb 3SerbinbHc^feitcn be« 3}ormunbe« an beffen Srben fe^r mot)t
uereinbar fei, ift mo^( Don fetbft flar ^).
!Die älteren öfterreic^ifc^en 5Rec^t«queüen — bie ^oli,^eiorbnung
be« Sa^re« 1552 2) unb inöbefonbere bie ®er^abfc^aft«orbnung
1) «uborff m, @. 233; Ar out I, ©. 198.
2) «ßoajeiorbnunfl, gol. XXII.
- 306 —
öom 18. gebruar 1669 ^) — ^oben biefcn (Snbigung^örunb bcr
SBormunbfcbaft au9brücf[t(4 ^eroor, unb btefem 3$orbtlbe folgten
mehrere öftcrrcidjifdje ©djriftfteüer *).
SDae Sofefinifc^e ©efej^bud) ^at aber biefen fclbftoerftänb*
liefen ©runb ber @nbtgung ber 93ormunbf(^aft mit @tiUf(^tDetgen
übergangen.
b) ^urc^ Unfä^gfett bed ^ormunbe9.
£)ad römtfc^e 9?ed)t anerfannte in ber maxima unb media
capitis deminutio ipso jure u^irfenbe (Snbtgungdgrünbe ber 93or«^
ntunbfcbafl ; felbft bie minima capitis deminutio übte auf bie le-
gitimae tutelae unb curationes urfprünglic^ ben gleichen Sin«
f[u§ aud 1); nac^ bem alteren beutfc^en Siedete erlofc^ bad 91mt
be« SSormunbe« ebenfalls ipso jure Burc^ beffen eingetretene Un*
fä^igfeit 2).
3in öfterreic^ifc^en SRedjte unferer ^eriobe fonnten »rr
nirgenb« ©teilen finben, welche öon einer ipso jure eintretenben
(Snbigung ber S3ormunbfc^aft burc^ Unföl)igfeit bed bi^^erigen
93ormunbe9 Baubeiten; ed lag aiid) ba^ ^ebürfnig ^ieju nic^t fo
feljr öor, ba bie auffielt ber Dberüormunbft^aft unb beren ge*
fteigerte Dfficialtöätigfeit cinerfeit« ein Sinfdjreiten berfelben überall,
tüü fic^ bie ^J^otl^menbigfeit geigte, ben 93ormunb oom 9lmte ^n
entfernen, möglich machte, unb ba anbererfeit« e« ber Obce ber
richterlichen Konfirmation jeber SBormunbfcbaft entfprac^, bie $rü*
fung ber Unfä{|ig(eit auc^ ber Oberoormmibfc^aft }U überlaffen.
3nbeffen möchten mir au^ biefem ©tillfd^toeigen ber Quellen
benn boc^ nic^t mit ^eftimmtbeit behaupten, ai« ob niemcil^ eine
SBormunbfc^aft megen Unfä^igfeit bed 93ormunbed ftc^ nac^ öfter«^
reic^ifcfeem Steckte ipso jure enben tonnte.
@in fo ^eroorragenbcr ©c^riftftcUer toie ißoffiud »otfte
fogar ^Deportation, 9ie(egatton, 3nfamia unb lebendlanglicbe Sin-'
ferterung bed 93ormunbe9 audbrüdlic^ aU ipso jure loirtenbe
@nbigungdgrünbeber93ormunbfc^aftbegeic^net Ijaben; freiließ mugte
aber auc^ biefer ©d^riftfieUer geftet^en, bag fic^ pofittoe ®efe6e«$<
fteßen nad^ öfterreic^i)c^em 9iec^te für feine ^iSe^auptung nic^t
finben liegen.
c) jS)ur(!^ ben (Eintritt eines QSnbtermine« ober eine fftt*
folutiobebtngung.
9iac^ römifc^em 9iec^te {onnte bie SefteQung etned Stutor^
in einem Sieftamente gn^ar aderbingd sub conditione ober ad
3) XVI. Zittl, §. 1.
*) SQSeingärtler, @. 32; Sofftu«, @. 287 ; 2) o nn e t, @.26.
1) »luborff in, @. 232.
2) (gbcnba UI, @. 232.
— 307 —
diem erfofqen ^); bagegen toav bie tic^tcrlid): öefteüuufl eine«
!£utord gang ntcbtig, iDenn berfelben eine ^ebingung ober eine
3eitbeftinnnung hinzugefügt toorben mar 2).
Siie ®erbabfd)Qft«orönung Dom 18. gebrnar 1669 mar in
bem etften fünfte fic^tlic^ bem römifien JRecftte gefolgt unb ^atte
au«gefprocf)en, ba§, ,,n)enn ein (Ser^ab mit geiüiffen Öebing
ober auf eine geioiffe ^tit in einem legten SBiflen üerorbnet
worbcn fei, na^ ouffgeöebtem ©ebing ober oerloffencr 3^^^ ^i^
Seftameutarifcbe ®er^abfc^afft erlofd)en fei" 3).
Un0 fcteint aber aud), ba& fcf)on nad) bem früheren ^ed^U
badfelbein Deftcrreic^ gegolten ^abe, madbie®er^abfc^aft9orbnung
fpeciflt au^gefprcd}en i^atte; benn bie $o(i,;^etorbnung bed 3at)red
1552 fAon unb no(6 weiter gurucf bie ffiiener grei^eiten oom
3a^re 1526 unb ba« 3nn«bru(fer ßibeü Dorn 3at)re 1518 fjatten
bie tpftamentarifd}e 93ormunbfc^aft fo fid)t(id) au« bem römifc^en
Sterte übernommen, ta^ nic^t ju ^^meifeln ift, bog auc^ bie ein*»
gelnen 9?ec^t^fäfte, meldje fid| auf biefen 2)etation«grunb bejogen,
gteic^fadd recipirt n)urben.
äuc^ für ba^ Sofcfinifdje ©efefebut^ finb »ir geneigt, an*
junebmeu, bag ber S^eftator gittig ben ä3ormunb sub conditione
unb ad diem befteilen tonnte, ba gar nid^t abgufe^en ift, marum
ber fo maggebenDe IBiUe be« 95arerö fi(^ nid)t felbft eine Se*
fc^ranfung batte auflegen fönnen.
SBäfingärtler ^) unb 3Soffiu«^) fcbtoffen fic^ einfad^ an
ben SBortlaut in biefer ^e^^ie^ung an; ^anuiga enblic^ reifte
an bie gleid)e $el^anb(ung biefer Ifrage b\t ^e^auptung an, bag
naif gegenmärtigem Steckte auc^ ben Obrigfeiten bad yit(i)t }u«
fte^en muffe, einen 3Sormunb auf eine beftimmte ^nt ober unter
einer iRefolutiobebingung^u ernennen; er moQte bieöbarau« fc^Uegen,
bafe bie Quettc be« öfterreic^ifc^en SSormunbfd^aftdrec^te« bto« im
beutfc^en 9{ed^te gu fuc^en fei, baB bemnac^ oon bem 9$erbote be«
romifdben 9ied}ted, einen SSormunb burd) ein richterliche« beeret
ad diem ober sub conditione gu ernennen, nic^t me^r bie 9lebe
fein fönne»).
@o muffig im ®runbe biefe Erörterung auc^ ift, unb fo
n^enig praftifc^e JBebeutung fie in älnfprudi nefjmen tann, glauben
loir bennod) auc^, ba% ber eben begogene @a^ bed römifc^en
Siedete« bei und nid^t Geltung erlangte, unb bag bie Dbrigteit
») «uborff m, @. 232.
2) ebenda I, e. 440.
3) XVI. ZittU §. 6.
*) SSfingärtler, ©. 88.
») iöoffiu«, @. 289.
^ ©ountga, @. 110.
20^
— 308 —
aderbino^ einen 93ormunb auf bie angegebene befc^ränFte älrt
ernennen fonnte.
d) ^ur(^ Sieberoere^eltd^ung bet a(« iBormünbertn be-
fleUtena^ntter oberiS^rogmutter.
9iac^ röinifc^em {Rechte erfofcö nic^t nur ipso jure bie
33ormunbfc^aft bec ^JJJutter ober ®ro§mutter, roenn biefelben ^ur
jtoeiten Söe ((^ritten, fonbern e« trafen biefe ?Jerfonen in fotc^cm
^alie [o^ar bie Strafen bed äReineibed, toenn fie ed unter(te§en,
ben ^tnbern unb @nfe(n einen SJormunb ,:^u erbieten, n)enn fie biefem
nic^t {Rechnung legten ober bie reliqua nic^t reftituirten *).
35iefcr @runbfa(} galt auc^ in Oefterreic^; fc^on bie ^olijet*
orbnung Dom 3at)re 1552 erf(ärte, „\>ü^ bie SDiutter oon ber ftunb
an ber (Ser^abfc^aft bemüffigt fei, fobalb fie gur jroeiten ß^e
fd)reiten toürbe" '% unb bie ®er§abfc^aft«orbnung oom Saijre
1669 fprac^ e^ aberma(^ aud, „baß einer leiblichen äßutter
©er^abfc^aft fid) enbe, wenn fie gur ferneren S^e fc^reite" ^).
äucb bie ©(^riftftetter biefer $eriobe ftimmten barin überein,
bag bie SBieberoere^etic^ung ber llßutter bie ©er^abfc^aft ipso
jure beenbe^).
Saifer Sofef beftätigte im äögemeincn in biefem fünfte ba^
überlieferte Stecht; bie aJiuttcr fottte, folange fie im SBitioenftanbe
lebte, ein 3lnrecl)t auf bie ißormunbfc^aft i^rer ffiinber ^oben, unb
eö erloft^ nic^t nur biefer Slnfpruc^, toenn fie pc^ früher gum jnjciten*
male oere^etic^t ^atte, fonbern fie mußte aud) bie bereite über*
tommene SJormunbfc^aft fogtcic^ abtreten, wenn fie jur jmeiten
@^e gefc^ritten mar; nur infoferne enthielt ba« 3ofefinif(^e (Sefefe*
buc^ eine ^iJtilberung be« [)ergebra(^ten Siechte«, bag ed ber ä)iutter
geftattet fein foUte, im gafle i^rer ©ieb^rDere^eüc^ung eine be>
fonbere ^eroiüigung bet 3Jormunbfc^aft«be^örbe gur gübrung ber
93ormunbfct)aft nac^gufuc^en, unb ed fonnte biefem ^nfuc^en rnitl«
fa^rt werben, wenn ber neue (Seemann fic^ herbeiließ/ im galle,
ba^ bie 3){utter nic^t ^inreic^enb oermögtic^ war, ba9 SBaifengut
neben i^r ju oerlc^crn *).
8lu£^ ^ier fet)en wir im 3ofcfinifc^cn ©cfefebuc^e bie dueUe
unfere« geltenben 9ied|tc«.
J) 31 u b V f f III, @. 240.
2) ^oli^eiorbnung, gol. XXIv.
3) @eriabf(^aft«orbiiunci, III. Xxttl, §. 4, unb XVI. XittU §. 6.
*) S8 ein gärt! er @. 19; 6edtnaun itinei* bem <^ci)(agn)OTte
„vidua", @. 636 ; SB o ([ i u « ©. 289 ; 5B o ii 11 i ;^ a, ^. 110 ; 5) 11 n e t I,
(S. 10, ber übrigeui^ be^eui)t, baß fc^on Dor bem ^oreflnifc^eii ®effQbu(^f bie
^iltutter öfter, ungeachtet ber ^iebecoeret)e(ic^ung, bie iBonnunbfc^aft über
i^rc Ktnber bei)ielt.
5) V. $am)tpücf, §§. 11 unb 12.
— 309 —
e) 2)uvc^ $ere^f(id^ung einer tntnberiä^rtgen grau mit
einem DoIIio^rigen a72anne.
äRaria Si^erefia ^tie in betn oftbe,)ogenen patente Dom
12. ?lj)rtl 1753 über üJJaiorenmtät«ia^rc»Seftimmun0 gleic^jettig
mit ber SSerfügung, bag bie 93ere^e(id^ung eiwt^ 2){ünbeld nun
nic^t mcl^r beffen a<oniät)ri9feit jur golgc tioben folle, bic weitere
JBeftimmung getroffen, ha%, kDenn eine $upi(Iin fic^ mit einem
majiorennen Spanne vereheliche, bie bi« batjin über fie geführte
®ert)abfd)aft aufl)öre unb fetbe bi^ )ur erreichten, neu feftgeftellten
®rogiä^rtgfeit unter ber Zuratet i^red @t)egatten ftet)en foUe, unb
ed ift feinem 3^^'f^^ unterworfen, bo^ biefer @nbtgungdgrunb
ber bisherigen SSormunbfcöaft ipso jure wirfte *).
ftaifer Oofef ^ob aber — tt)ie bereit« gefagt — biefe öe*
ftimmung mieber auf unb berfügte, bag ed in biefem ^^aüe Don
ber ®eE|örbe abhänge, einer foidjen f^rau bie vorige 33ormunbfc^aft
}n (äffen ober biefetbe il)rem @^egatten aufzutragen 2).
©omit mar in biefem gatle öon einer ipso jure eintretenben
^eenbigung ber 93ormunbfci)aft na^ bem Sofeftnifc^en ®e|e|bu(^e
nic^t me^r bic 9tebe.
f) 7>ux^ Sbot)tiou be« ÜRünbel«.
S)a§ ba« öfterreic^ifctie SRec^t be« 17. Oa^r^unbert« bie
SIboption befif r5mifcf)en ÜRec^ted angenommen ^atte, {ä^t fic^ aud
mand)en @teQen erfe^en; fc^(ieg(ic^ beftimmte bad ®efe^ über ba0
3nteftaterbrecöt üom 28. SDiai 1720 noc^ befouber« bie gorm einer
ooUfliltigcn äboption. 3mmer mu6 eö ober fe^r gmeifel^aft fein,
KAUXJkf VIC ^^U/llflflCUCI. , IIUIUCIIIIIU^ -iU? K l II () U t i «. & I. J UllV
SSoffiuS^), tonnten und in biefer Sejie^ung nic^t DoQftanbig
auftlören.
SDad 3ofefinifc^e ©efe^buc^ löfte enbüdi in biefer ^e^ie^ung
ieben S^^^^f^t' inbem e<) verfügte, bag, menn bad SBa^ltinb vor
ber Slboption bereit« unter äSormunbfc^aft geftanben [ei, ber 9Sor«
munb biefelbe bem Sa^(vater abtreten muffe ^).
Sa übrigen« bie Slboption in biefem t^ade mit (Genehmigung
ber Sormunt)f(^aft«bebörbe erfolgen mugte, fo lag in ber ®t*
ne^migung ber 9lboption implicite fc^on bie (Snbigung ber SSor^^
munbfc^aft in ber ^erfon be« bisherigen SSormunbe«.
>) Codex aastr., @upp(.«8b. III, @. 789, 7ten8.
2j V. ^oiiptflücf, §. 87.
1) Codex austr., eupp(.-8b. I, lU. 2:itet, §§. 1 unb 3, @. 960.
2) ® einflär tier, @. 16.
3) © f f i u «, @. 68.
*) 3offfiiiifd)e« (»efetjbut^, IV. ©ouptpütf, §. 29.
— 310 —
ÜDa§ eine ntcf)t förmliche 3(boptton — o6tie Sonfend bed
ganbe^fürften, bejie^ung^ireife ber Dbrigfcit — bie ©croalt über
hae Sinb auf ben SBa^loater in {einen gade übertrug, ge^t eben«
fadd au@ bem obbejogenen 3nteftaterbrec^t«(gefe^e ^eroor.
g) ^urc^ ein SDrcret ber OberoormunbfC^aft roegen Unraurbtg-
teit be9 9$ormnn5e«.
©oiDO^I bad römifc^e a(0 ba« beutfc^e SRec^t enthielten über
biefen $unft eingeEjenbe ^eftiminungen.
9t ad) römi feiern diec^te entfprac^ bie excusatio — po-
stulatio — actio suspecti tutoris seu curatoris bem gleid^namigcn
SSerbrec^en; bem beutfc^en 9iec^te entflammte bae „^üalmunben"
be^ unioürDigeu Sormunbe^.
i^lad) rörai)4cm dltöi^ie tonnte ber *?}fIegebefo^Iene felbft —
toenn er })erfönlic^ bie erforbcrlic^e Sä^igteit bcfoB — j. ©. ein
niünbiöcr iJlinberiä^riger — bie Sloge auftrengen ; mar ber
Pflegling felbft ^u flagen unfähig, fo galt bann bie ^tage aU
^opu(arfIage, meiere 3eber aud bem ^olte er(|eben tonnte, ber
überhaupt im fremben 9tamen flogen burfte; enölic^ ^atte bad
römifc^e Siecht gerabe bei biefem Judicium }u (fünften bed $u*
pillen eine äludnatjme oon feinem principe gimac^t unb ben
3nquifitiond^ neben bem getDöl)n(ic^en älccufation^proceffe geftattet.
üDie $(age richtete fic^ nur gegen folc^e Vormünder, meiere
Slbminiftrationörec^te trotten, o^ne aber meiter ^mifc^en teftamen«
tarifc^en, gefef^Uc^en unb ric^terlid^en !£utoren einerfeite, unb ^mU
fc^en ifutoren unb Kuratoren anbererfeitd einen Unterfd^ieb ju
madien.
S)en allgemeinen ®runb ber Stage bilbete bie 33erbä4ttgleit
bed 33ormunbe«i, unb oerbäc^tig mar ber SSormunb, menn er fein
officium; feine fides unb bie bem Pfleglinge fc^ulbige «Sorgfalt
in ber 93ermaltung be^ 93ermögen0 entmeber mtrflic^ ^intanfe^te
ober ^intangufe^en fc^ien.
>Dag dolus ober dolus unb lata culpa unerläßlich not^<
menbig maren, um bie ^{emotion bed 2:utorc( gu begrunoen, löst
fidi allgemein nid)t behaupten; ed fam ^4Ued otelmei^r barauf an,
baß bie Unfä^igfeit be«( 93ormunbed }ur ferneren ^Uermögeudoer^
maltung ob feiner perjbnlic^en fd^lec^ten CSigenfc^aftrn conftatirt
mürbe, unb biefer ^öemei^ tonnte burc^ ben ^ta^ioeiö bed fort«
mä^renben iDiangeld ber diligentia eine^ fleißigen ^auei^aterö
gemig gefütjrt merben.
^ie 9tettiotion«grünbe ^u beurtf)cilen, mar bem (ärmeffen
bed 9?ic^terd überlaffen morben; boc^ Ratten bie Quellen einzelne
befonberc (Sjrünbe fpeciell teroorgeljoben unb unter bieftlben
älbemtion ber STutel burd) ^eftec^nng ber Unterbeamten bed
^rätor« ober fonftige« 3"^röngen jur Julei — Seffation
— 311 —
ober iSontutnacta in ber SSertDoItung — oertDetgerte Sautiond«
leiftuiig, untcrlaffene Snoentur, öermeigcrte SKimcntation be«
^ppglingö, SSciouBcrung be« ^upKIenqute« ol)nc Dccrct, Dcrfäumte
i)fpofition beö baoren ®elbcd ober untetloffener Slufauf Don
(Srunbftüden, unDorfid)tige Sludfc^Iagung einer üort^eiltjoften @rb«
fc^aft, oertoeigcrte ober oergögette Sefenfion beö Pflegling« —
gerechnet
Der näebfte ^xotd be« conbemnirenben @r(enntni[fed toor
bie 9t emotion be«( S3orniunbed; bie toixtli&je älbntiniftration
rourbe ober bem SJormunbc fcbon früher — unb gmar am ©e*
ginne bcr förmlichen cognitio — nieggenommen unb bem jugleic^
befteUten 3nterim^curQtor übertragen; bad jus tutelae et cura-
tionis ging meift erft bur(^ bie :93efteÜung bed neuen rit^tertic^en
93ormunbe9 unter.
211« Slebenftrafen famen 3nfamia ober felbft peinliche ©trafen
oor; biefe fott)ol)t mie bie alte gorm beö S3erfa[)rend tonnen mir
©o^t mit ©tillfc^meigen übergelien ^).
9iac^ älterem beutfc^en 9?ed|te fonnte ber SSormunb eben<
foU« äur Strafe obgefeßt — gebalmunbet — , ba« ^eigt für einen
jc^lec^tm äSormunb erfiärt werben; namentlich maren ed Streue«
oerle^ungen, megen beren ber S3ormunb gebalmunbet werben burfte.
Sfla(b bem (Einbringen be« r5mi)d)en 97eci)ted in !iDeutf(i)(anb
oerloren fid) bie ^eimifc^en @runb|ä|e über ba« „8alinunben" unb
on beren ©teile traten — mierool)! mit mandjen ÜJJobificationen —
bie (ärunbfäge be« römif(t)en 9?ec^ted über bie Üiemotion be«
tator suspectus.
3u biefen 3}2obificationen ^ätjUw mir ni^t b(o« bie Der«
änberten ßompeten^beftimmungen , fonbern in erfter !Bmie ben
Umftanb, baß ber önquifition^proceg — meieren ba« römifc^e
Ktä^t nur auenabmdmeife grftattet t^atte — nunmehr in S!)eutfc^«
lanb bei biefer ^lage bie ^ege( bilbete.
'CieiJ hatte fc^on bie Oteic^^poli^eiorbnung oon 1577 — im
32. 2iitel, §. 3 — oorgefc^rieben unb oerfügt, ba§ ^attc unb
iebc Obrtgfeit uermög göttlid)em unb — Ketiferlic^em ®ebott fon*
ber« fleigige« äluf je^en« ju tt)uen, aud tragenben^2lmptfi^ f(^u(«
big erfennen unb barumb feine« 33ormünber« f^atjrlögigfeit, nod)
Weniger SSeroort^eilung be^ feinem ^flegtinb ober beffen ©ütern
ungeftrafft ^inge^en laffen folle" 2).
2)a« öfterreid|ifcl)e SRecfetljatte im 16. unb 17. Sa^r^un*
berte bie ^efiimmungen be« römifc^en Siechte« über hit actio
suspecti tutoris mit ben in üDeutfd)ianb gem()l)ntict)en URobiftcais
tionen ebenfalls recipirt; bie« bemeifen fomo^l bie ^^olijeiorbnung
^) 91 u b r f f m, <S. 176-204.
2) Ar out I, @. 397—406.
"/ —
— 312 —
bed 3a6red 1552, ai^ auc^ bie Sanbt^orbnung Oefterreic^d ob
ber Snnd oon 1609, unb bie ©er^obfc^ofte^orbnutig Dom 18. ^t-
bruar 1669.
2)te ^otigeiorbnung fc^on beftimmte, bag ber (Ser^ab oU
Derbäd^tig ber ©er^obfc^aft entfel^t merben foQe, roenn er fein
3noentartum erridjtet, be^ie^ung^iueife ba«|entge, „mad nac^ auf«
ric^tung folc^e« Onoentaiii erf^aiifft, erfragt, ererbt ober mit
SRec^t überfommen irurbe", nidjt jju bem 3m)entarimn ^ebrat^t
unb ben 9{aiti)änb(ern }ur Eintragung in bad 9{aitbud| nit^t
angezeigt l)atte^); eben biefeß ®cfe^ Der(angte bie Sntfefeung be«
©ergaben ,,atd Derbac^tig, ipenn er feine died^nmiq legte", unb
gan} allgemein mar enbti^ gefagt morben, bai bie @ntfe^ung
bed SSonnunbe^ p(aggreifen fönne, h)enn ber ®er^ab „bem $u«
ptllen übel, uerböc^tlit^ unb fc^öblic^ geliaufet ober in biefer Sdt*
gie^ung einen fc^meren 93erba(^t auf fic^ gelaben ^ätte"^).
S3Ba^ bie ^orm be« SSerfa^ren« betrifft, fo beftimmte bie
^oli^eiorbnung — im änfc^luffe an ba« römifc^e 9?ec^t unb an bie
belogene Steic^^polijeiorbnung com da^re 1548, ,,ba§ bem 93or«
munbe — noc^ Dor ber Urtl)eilöfc^öpfung — bie Sibminiftration
unb üerioaltung ber ©ütter in nerpott gelegt loerbe'', unb bag
fobann „in fa(|en gepürlic^ unb not^menbig, boc^ fürberlic^e 3n«
quifition, nac^frag unb erf^unbigung, auc^ befic^tigung ber ®uet«
ter gehalten unb Dolgenbtd barauf nac^ geftalt unb gelegen^ait
ber fa^en ber Pupillen notturfft burc^ bie Obrigt^ait fürgenom*
men^ Derorbnet unb get)anblet, unb bar^nn f^ain faumbnug, Derjug
noi) öerlengerung gebraucht noc^ geftattet merben foüe" *).
9lnaloge Sieftimraungen enthielt bie Sanbtdorbnung Oefter«"
rei(^($ ob ber dum.
S)ie (äerljabfc^afteorbnung njibmete bcn 15. litet ben „Der»
böd^Ugen ®erl)aben" unb trug no(4 mebr ben 6f)arafter einer
9{eception bed römifc^en SRecbted aU bie belogene ^olijeiorbnung.
Da« Srmeffen ber Dbrigfeit — „ber Obrigfcit gutbünfen"
— follte im allgemeinen über bie Sntfefeung ber oerbäc^tigen
©erl^aben entf treiben; iroav maren aiü fpecielle ©rünbe, aud benen
auf 9?emotion gu erfennen »ar, metirere gälle aufgegä^lt morben:
„menn fic^ ein ®erl)ab burc^ ©efc^anfe ober anbere unjiemtic^e
SKittel gur Oerl^abfc^afft eingetrungen; wenn er fein 3nöentarium
auffgeric^tet, bie Pupillen übel auffergogen, mit be« Pupillen guet
betrüglic^ unb eigennu^ig ge^anblet, badfelbe obne IRotb ober ge>
ric^tlit^e SSertoiÜigung (in benen ^Jäüen, mo felbigc öonnöt^en) ocr^
t^aufft ober fonften oeröuBert , unb bie ©teuern unb anbere
3) gol. XX V.
*) goI. XXI.
5) goI. XXII.
i
— 313 —
Sanbd'Snlogen onmoc^fen getaffen ^at'' —, aQetn e^ tourbe noc^
audbrücflic^ ^injugefügt, p,ba6 umb biefer unb berg(etc^en
Urfadien millen" ein ®er^ab entfe^t iperben lönne, fo bag
ed feftfte^t, ba§ bie eben angeführten Slemottondgrünbe nur bei^
fpiet^roeife aufgeiä^ft »orben waren ^),
'Den iSefreunbeten unb äOhtger^aben war j^mar aufgetragen wor*
ben, ^^ierauff (auf folc^e 9{etnotiondgrünbe) fleiffige Obfic^t gu
^aben unb e« ber Obrigfeit anju^eigen" ; aUein auc^ abgelesen
oon btefer Sln^eigepflic^t bcr Sefreunbeten unb SRitger^aben bed
SRünbel^, würbe ed ben Dbrtgfeiten etngebunben, ^bag fie Don
fic^ felbften auf ber (äer()aben ^anblungen fleißig 3l(^tung
geben foUen".
SSSenn fic^ nun ^ein ftarfer SJerbac^t ber ungetreuen ®er*
6abfc^afft(<DerwaItung gtaubwürbig bet) einem ober anberen ®er^
^aben ereignet ^ätte, fo foUte i^m (üor 9lQem) bie 93erwaltung
bi§ )ur (Srfinbung bed eigentUd^en @r unbed Derbotten
unb in @ad)en gan| fürberlic^e Ttac^frag auc^ Sefic^tigung ber
®üter ge{|a(ten, unb wenn ed \\&j atfo befunben, ber untreue
Oer^ab borauff nac^ ©efc^affen^eit ber Sachen beftrafft, ber ®er*
^abfd)offt entfegt unb j^ur (Srftattung beg bein ']$upiUcn oerur^'
fochten €c^abend ernftü^ ange^atten werben"^).
S)ie öfterreic^ifc^en ©c^riftfteüer, welche ber (Ser^abfc^aftö-
orbnung unmittelbar nacl|gefo(gt finb — ©ein gärt Icr*) unb
Öecfmann^) — , wußten über biefen ®egenftanb nidjt oiel me^r
ald ber belogene %ziX ber ®er(|ab|c^aftdorbnung gu bringen; ba-
qegen fcbwanb im 18. Sa^r^unberte fd^on bie Sebeutung ber
actio suspecti tutoris in i^rer fpecieQ ert)a(tenen unö überlieferten
gorm, weil fic^ bie Slnfc^auung immer me^r ®eltung öer^^
fc^offt ^atte, bag bie Dbrigfeit jeben 95ormunb — wenn eö i^r im
3ntereffe be« ^ßupiüen gelegen erfc^ien — ieberjeit unb o^ne ben
5ßac^weiö einer ©c^ulb abwarten \\x muffen, entfernen lönne —
eine älnfic^t, we(c^e e^ gan,^ entbehrlich machte, neben biefer gro'
§en bidcretionaren ®ewalt ber Obrigteit bte accusatio suspecti
tutoris fpeciell ^eroor^u^eben.
SSoffiud^o) blieb ^war noc^ ganj auf bcm J@oben ber
®ert)abt4aft«orbnung; allein >Donner^^) ^atte biefed ®efeg fc^on
offenbar migüerftanben, wenn er meinte, ba§ ein wegen SSerbäc^«
tigfeit entlaffener 93ormunb niemals für une^rlic^ ertlört werben
fönne, weil ed ta ein bloßer SSerbac^t fei, um beffenwiUen
6) XV. Viitl, §. 1; »ergl. augerbem IV. Xitel, §. 1; vm. Sitet, §. 7.
7) XV. Xitel, §. 2.
•) © e ! n 9 i- 1 1 c r, @. 44.
•) © e (f m a n n untec bem ©^(agloorte „Tatela", @. 676.
10) « f f i u «, @. 290.
"; ©onntr, @. 26.
— 314 —
ein 93ormunb in einem fo((^en ^aQe ent(affen mcrbe; San^
n i ^ a ^^) enblic^ ftanb mit feiner Stnfc^auung, ba§ ber äJormunb
ieber^eit ent(affen n)erben fönne^ „quotiescumque principi aut
magistratui, utpote supremis tutoribus, justa ad esse causa
videbitur", fc^on fo fe^r auf bem Soben eine« ni^t weiter be'
grenzten ridjterlic^en (Srmeffen«, bog ed in ber Xt^at gu munbern
ift, baß biefer ®ete^rte ^be« oerbät^tigen ©erhoben" noc^ in«*
befonbere gebeerte *3).
S)a« 3ofefinifc^e ©efe^buc^ 6atte aQerbing« noc^ ben
@runbfa^ au«gefprod)en, bag ein ä^ormunb, totid^et einer üblen SSer»
Haltung ober einer Untreue ubern)iefen xoüxht, ber äSormunbfc^aft
{u entfe^en fei, baß bagegen, fo lange nur ein äJerbac^t gegen
ben 93orniunb obmalte, haii ®eric|t blo« @ic^erfteUung«mittet er«'
greifen foDe, um ben 9)2ünbe( ;^u Derfic^ern; oüein e« ^atte
biefed ®efe^ ba« rict)terlic^e @rme[fen bei ber (Ernennung
unb bei ber Konfirmation ber 33ormünber fo er^ebK(^ ge»
fteigert, ba§ an bem 9iec^te ber OberDormunbf^aft, ben 93or'
munb auc^ o^ne eine förmliche accusatio tutoris suspecti gu
entfetten, nii^t gejmeifelt werben fann *^).
h) (Sntfejjung bee Sormunbes au« anbeven ®runben.
'Die ®rünbe, aui5 benen ein SSormunb — ofjne fein 38er*
fc^ulben — enthoben merben fonnte, werben wir gumeift in ben
excusationes necessariae et voluntariae^ in ber potioris no-
minatio, unb enblid) in bem @treite um ba« nätjere ditd^t gur
93ormunbfc^aft fuc^en muffen.
S)a wir aber oon biefen ©egenftönben fc^on oben bei ber
Se^re oon ber Sntfte^ung ber 33ormunb|d)aft ge^anbelt ^aben, fo
fönnen wir un« in biefer ^egie^ung auf ba« Obgefagte einfach
berufen.
Sefonber« woßen wir nocf) erinnern — wa« wir ebcnfaO«
f(^on oben erörtert ^aben — , bafe ein oogtbor geworbener ®ruber
feine ^efteUung }um ©ergaben feiner minberj[at)ri9en ©efc^wifter
unb bie Snt^ebung bed bid^erigeu ©ergaben beget^ren tonnte ^),
unb bog bie ^{utter — welcher bie 93ormunbfc^aft \a nur auf
i^r SSerfangen übertragen Werben burfte — jeberjeit berechtigt
war, it)r 9lmt al« S3ormünberin nieberjuiei^en.
ÜCa« weiter au«gebe^nte (Srmeffen be« 9{ic^ter« nac^ bem
3ofefinif4en (äefctjbuc^e in bicfem fünfte ^aben mir ebenfalls
fc^on früher betont.
12) ©Qnnija, @. 111.
13) ebmba, @. 107.
") 3üfefiiiif(^c« (Sifct}bu(^, V. ©auptflürf, §§. 74 unb 90.
1) XVI. Zitti, §. 7.
..'R'.?-^
— 315 —
3. pon hex SSirftung bex detnbittn ^oxnnn^fdiafU
Sbenfo wie fic^ bie ©eenbiflunfl^artcn ber 95orniunbf4aft
ouf imi |)auptc(offen prücffü^ren laffen, ebciifo ift bie« bei bcn
£3tr{unqeii ber beenbeten ^ovmiinb|d)aft ber tS^^Ü; im SlU^enteinen
ergibt [ic^ bei einer gätiglicfien Seetibi^ung ber SSormutibf^aft bie
9(0tbn)enbiqfeit ber Uebergabe be« SSermögen« an ben ehemaligen
ü)^ünbe( ober be[fen ßrben, wogegen im fjaüe, roenn fic^ bie SSor*
tnunbfc^aft blo« in ber ^erfou bed bi«l)erigen äSormunbed enbet,
lebiglic^ bie ^eftetlung eine« neuen S3ormunbed geboten erfc^eint.
t>a U'ir aber Don ber S5ormunDfc^aft«befteüung fc^on oben
gel^anbett ^aben, unb eö in biefer ^f/^ie^ung unerf)ebUc^ ift, ob
ber erfte, jtoeite ober britte SSormunb befteüt rourbe, fo werben
n)ir ba^er in biefem ^bfcbnitte nur uon ber Uebergabe be^
äUünbeloermögend nac^ bcenbeter Sormunbfc^aft ^u fprec^en ^aben.
Silad) ber ^oli^eiorbnuiig beß öa^reö 1552 burfte auc^ an
einen SJogtbaren baö SSermögen erft in ©emäßbeit einer oberoor*
munbfc^aftlicben ®enet)migung überantwortet werben, ba ia bie[ed
®efe§ oorgeft^rieben ^aite, ha^ audj an einen 20 ober felbft 22